Der sogenannte Aufreger des gestrigen Tages bescherte der linken Twitteria den Eindruck, zwischen russischen Hackern bzw. Bots und einem amerikanischen Milliardär eingekeilt zu sein wie Hoths 4. Panzerarmee zwischen Watutin und Rokossowski.
„Unwürdig und hochproblematisch“, fand Bild zufolge unser würdiger und entzückend unproblematischer Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) diesen Tweet, die Regierungssprecherin Christiane Hoffmann, eine Journalistin (FAZ, Spiegel), die von den Grünen in diesen Job gehisst wurde, zeigte sich „besorgt über die Entwicklung auf X“, während Elmar Brok (CDU), „der frühere Chef-Außenpolitiker des EU-Parlaments” (Bild), erklärte: „Das sind die Weltbeherrschungs-Fantasien der amerikanischen Tech-Könige.“
Mit der AfD zur Weltherrschaft. Klar soweit (Savvy)?
Apropos.
Freilich hat die gesamte Berliner politische (und mediale) Klasse mit Ausnahme einer Partei gegen Donald Trump getwittert, gepfiffen und getrötet, 2016 wie heuer, nur käme eben niemand in Übersee auf die Idee, dass diese Deutschen sich damit in den amerikanischen Wahlkampf eingemischt haben könnten, denn kein Mensch dort weiß, wer diese Typen sind. Was sie wiederum selbst wissen.
Klar soweit (Savvy)?
Ein Exempel will ich gleichwohl herausgreifen.
„Kennen Sie Kowalczuk? Völlig gaga, was die AfD betrifft”, schreibt Leser ***, der mir diesen Ausschnitt sandte.
Selbstverständlich kennt ein zum Sehen geborener und zum Schauen bestellter Diarist auch Geschöpfe, die sich in gehegten Gärten normalerweise irgendwo unter Steinen verstecken. Ich würde aber sacht widersprechen, was das gaga betrifft. Der tut nur so. Er muss ja irgendwie versuchen, aus der Schar derer hervorzustechen, die mit ihrem Engagement gegen „Rechts” Aufmerksamkeit, Posten, Preise und vor allem Staatsknete abgreifen wollen, und das dabei entstehende Gegröle mag auf zartere Gemüter gelegentlich ein bisschen gaga wirken. Kennern der neueren deutschen Geschichte aber ist dieser Typus urvertraut.
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Gewiss, der eigentliche Aufreger gestern war der Einzelfall von Magdeburg, auch wenn der Musk-Tweet in the long run weit mehr Todesopfer fordern (aber nicht bekommen) wird.
Um mich als gewaltbereiter Islamkritiker zu offenbaren, käme mir unter den möglichen Anschlagszielen nach dem Petersdom, Notre-Dame und den Neuköllner Freibädern auch recht schnell ein mitteldeutscher Weihnachtsmarkt in den Sinn.
Das klingt zunächst etwas verwirrend bzw. nach einem schweren Dachschaden, doch ich las im Netz, der Mann werde bereits als „AfD-Anhänger” gelabelt. Damit entfiele die psychische Störung als Motiv. AfD-Anhänger sind immer bei Trost.
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Ungern widerspreche ich dem geschätzten Kameraden Wallasch, der den russischen Staatschef unter die Kriminellen reihen will.
Putin ist aus zwei Gründen kein Verbrecher.
Der erste, sentimentale – unter Deutschen immer mit den Gemütsargumenten beginnen! –, lautet: Wenn Putin, weil er einen Krieg begonnen hat, bei dem auch Zivilisten sterben, ein Verbrecher wäre, dann wären ja George W. Bush, Bill Clinton, Madeleine Albright, Barack Obama oder Hillary Clinton, um eine höchst lückenhafte Aufzählung einzurücken, ebenfalls Verbrecher, und das geht ja nicht, denn es sind unsere Verbündeten.
Der zweite, staatsrechtlich-nüchterne: Krieg ist kein Verbrechen, sondern ein legitimes Mittel eines souveränen Staates, seine politischen Ziele durchzusetzen. Ist scheiße, ist aber so. Es gibt Verbrechen im Krieg, der Krieg selbst ist keines. Für Kriegsverbrechen haftet, im Falle des Sieges der beschuldigten Seite, niemand, im Falle der Niederlage für gewöhnlich derjenige, der sie angeordnet hat. Was uns zum Unterpunkt 2.1. führt: Putin ist schon allein deshalb kein Verbrecher, weil man mit einem Verbrecher keinen Frieden schließen kann. Deswegen muss man der Kriminalisierung des Feindes – bei gleichzeitiger Nichtkriminalisierung des dasselbe veranstaltenden Verbündeten, was auf Dritte verlogen wirkt – aus dem Wege gehen. Das alte europäische Völkerrecht war so organisiert, dass ein Friedensschluss jederzeit möglich war. Die Sieger von Versailles und vor allem die USA haben es mit ihrer „Wendung zum diskriminierenden Kriegsbegriff” (Carl Schmitt) zerstört und aus dem Feind den Verbrecher gemacht, mit dem man keinen Frieden schließen kann. Dass sie einmal recht hatten – damals allerdings als Verbündete eines anderen Diktators und Massenmörders, was auf Dritte verlogen wirkte, aber der Zweck heiligte die Mittel –, ändert nichts an der Verwerflichkeit der moralischen Aufladung des Feindbegriffs.
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Die Neue Zürcher Zeitung, näherhin der Chefredakteur der Deutschland-Ausgabe Marc Felix Serrao, hat den Historiker Karlheinz Weißmann interviewt, den als rechten Historiker vorzustellen von weit größerer Dringlichkeit ist als beispielsweise Ilko-Sascha Kowalczuk als linken Narren.
Mein innerer Theologe lugte und linste natürlich nach dem Thema Nummer eins, und verlässlich, wenn auch mit gesetzter Verzögerung – in der Zeit wäre sein Auftritt bei Frage zwei oder drei fällig gewesen –, betrat es das Podium.
Und zwar nachdem Weißmann den SPD-Mann Peter Glotz zitierte, der in den 1990ern vorausgesagt hatte, dass in Deutschland eine Partei entstehen werde, die dafür eintrete, „dass Deutschland genauso agiere wie andere Nationen auch” – Glotz habe dafür den Begriff „Normalisierungsnationalisten” geprägt. „Diese Vorstellung”, fährt Weißmann fort, „hat eine besondere Resonanz im Osten des wiedervereinigten Deutschland gefunden, weil dort zwei Vorstellungen nie verankert werden konnten, auch wenn man das nach 1990 von westlicher Seite intensiv versucht hat. Das eine ist die Vorstellung von der Vergangenheitsbewältigung als Prozess ad infinitum. Und das Zweite ist damit verknüpft: die Vorstellung von einer Kollektivschuld, die alles moralisch in den Schatten stellt, was andere Völker in der Vergangenheit getan haben.”
Darauf repliziert der Interviewer: „ ‚Kollektivschuld’ ist ein Kampfbegriff. Damit hantieren vor allem Rechte, um das Gedenken an den Holocaust zu diskreditieren. Ich kenne niemanden, der den Deutschen von heute eine Schuld an den Verbrechen der Nazis gibt. Was – zu Recht – gefordert wird, ist ein Bewusstsein für die historische Verantwortung des Landes, damit sich so etwas nie wiederholt. Es waren Deutsche, die im Rassenwahn zwei Drittel aller damals in Europa lebenden Juden ermordet haben. Das bleibt singulär.”
Weißmann: „ ‚Kollektivschuld’ ist genau das, was den Alliierten zur Rechtfertigung ihrer Kriegführung gegen die deutsche Zivilbevölkerung, der Abtrennung der Ostgebiete und der Massenvertreibungen diente, aber auch zur Begründung für die Art und Weise, wie sie das Besatzungsregime ausgeübt haben.”
Interviewer: „Den Krieg gegen die Zivilbevölkerungen Europas haben die Nazis geführt. Es ist, mit Verlaub, verstörend, wie Sie die Notwendigkeit der Zerstörung des Hitler-Regimes und seines Rückhalts im Volk hier zu einem Verbrechen an den Deutschen umdeuten. Die Alliierten haben keinen Krieg gegen die deutsche Zivilbevölkerung geführt.”
Weißmann: „Das ist in der Sache falsch, aber bevor wir unser Thema ganz aus dem Blick verlieren: Rudolf Augstein, der Ihnen politisch sicher nähersteht als mir, hat einmal festgehalten, dass nach den Massstäben des Nürnberger Kriegsverbrecherprozesses nicht nur Stalin, sondern auch Churchill und Truman hätten hängen müssen. Darüber hinaus sei darauf hingewiesen, dass sich in der Geschichte noch nie irgendetwas wiederholt hat, es sei denn, Sie meinen jene Konstellationen im elementarsten Sinn, die aus der Anthropologie selbst hervorgehen: Feigheit, Korruption, Sadismus, Machtmissbrauch und alles, was Macht ‚böse’ werden lässt. Im Übrigen: Ich habe noch nie gehört, dass irgendein anderes Volk für die Verbrechen ‚historische Verantwortung’ übernehmen musste, die in seinem Namen unter einem diktatorischen Regime verübt wurden.”
Interviewer: „Noch einmal: Der Holocaust mit seinem Rassenwahn und seiner industriellen Dimension ist ein singuläres Verbrechen. Es gab nichts Vergleichbares. Und das Regime war auch nicht losgelöst von den Deutschen. Weite Teile des Volkes lagen Hitler zu Füssen. Wofür plädieren Sie hier eigentlich? Soll Deutschland mit der Erinnerung an die Verbrechen der Nazis aufhören?”
Hier muss ich denn erstmals einhaken, und zwar nicht wegen Weißmann. Derjenige, der mit dem Begriff der „Singularität” außerhalb der relativistischen Physik herumhantiert, muss dringend darauf hingewiesen werden, dass nicht nur die Shoa oder Monica Bellucci, sondern jede Schneeflocke und jeder Hundehaufen singulär sind; singulär ist alles. Ähnlich wie der im selben Zusammenhang gern herbeigewuchtete Terminus „Relativierung” ist „singulär” ein Euphemismus, der nur deshalb im Raum steht, weil sich dessen Benutzer nicht recht trauen, das auszusprechen, was sie offenbar meinen, nämlich: Die Shoa – oder der Holocaust – war das schlimmste Verbrechen aller Zeiten und Völker, weshalb ein Vergleich mit anderen Verbrechen es relativieren würde. Das Gegenteil von relativ ist absolut, und absolut ist nur Gott. Solche Begriffe illustrieren, wenn auch verdruckst, die sakrale Dimension der Sache. Vom logischen Kabolz, dass ein Vergleichsverbot den Vergleich zwingend voraussetzt, künde ich ein andermal. Außerdem setzt Sakrales die Logik verlässlich außer Kraft.
Der NZZ-Interviewer meint also offenbar, die Shoa sei das schlimmste aller jemals in der Weltgeschichte verübten Verbrechen, das man mit keinem anderen Verbrechen vergleichen könne, weshalb man es mit keinen anderen Verbrechen vergleichen dürfe. Ich bin zwar bereit, Gevatter Serrao auf halbem Wege entgegenzukommen und zu sagen: Diejenigen Deutschen (und deren Hiwis), die das verbrochen haben, vom Denunzianten bis zum SS-Obergruppenführer, sollen an der Spitze der Verfluchten stehen bis zum jüngsten Tag, aber ich bin nicht bereit, das Vergleichsverbot bezüglich der Opfer zu akzeptieren. Deshalb muss die Frage gestellt werden, weshalb der eine Massenmord schändlicher sein soll als die anderen. Das elementarste Kriterium, jenes der schieren Zahl, spricht gegen eine „spezielle” Singularität der NS-Massenmorde. Unter der Herrschaft Lenins und vor allem Stalins wurden mindestens ebenso viele Kulaken, ukrainische Bauern und „Staatsfeinde” umgebracht wie Juden unter Hitler, Kinder, Alte und Frauen eingeschlossen, und Mao Zedong opferte beispielsweise beim „Großen Sprung nach vorn” ein damit verglichen Mehrfaches an chinesischen Bauern samt ihren Familien. Auch die bevorzugte Todesart, welche die jeweiligen Regimes ihren Opfern zumaßen, spricht gegen eine alle anderen überbietende Brutalität der Nazis; Gevatter Serrao muss in diesem Zusammenhang nur das makabre Gedankenexperiment anstellen, ob er seinen Kindern lieber beim tagelangen qualvollen Verhungern zusähe oder beim vergleichsweise schnellen Ersticken in einer Gaskammer.
Ansonsten pferchten sowohl die National- als auch die Internationalsozialisten ihre Opfer in Lagern zusammen, um sie durch Krankheiten, Arbeit, Hunger, Kälte und seelische Qual sukzessive aus der Welt zu schaffen, oder sie ließen diese Arbeit durch Genickschusskommandos erledigen. Das Argument, dass nur die Nazis Lager betrieben haben, die einzig und allein der Menschenvernichtung dienten, verliert an Aussagekraft vor dem Hintergrund der roten Hungermassenmorde, für die nicht einmal Lager nötig waren. Überdies wird man schwerlich der Tatsache widersprechen können, dass die Massenmorde der Sowjets jenen der Nazis zeitlich und in gewissem Sinne auch kausal vorausgingen, letzteres zumindest insofern, als die NS-Führer das rote Schreck- und Vorbild bei ihren Taten stets vor Augen hatten, wie die berüchtigte Posener Rede Heinrich Himmlers bezeugt.
Da alle historischen Fakten gegen eine „unvergleichbare” Qualität der NS-Verbrechen sprechen, wurde schließlich die „Singularitäts”-Letztbegründung statuiert, dass die Nationalsozialisten tendenziell sämtliche Juden auf dem Planeten umbringen wollten, während bei den Kommunisten der unter falschem Klassensternbild Geborene zumindest gelegentlich die Chance erhielt, zu überleben – und sei es nur, um nach einer ausgiebigen Gehirnwäsche in einem Umerziehungslager als roter Kämpfer auf das eigene Herkunftsmilieu gehetzt zu werden. Damit hätten wir aber die Perspektive der Opfer wieder mit jener der Täter vertauscht, an deren Verfluchung ich, wie gesagt, gern teilhabe, sofern sie nicht allzu öffentlich stattfindet; dazu gleich. Das ganze Singularitäts-Gefuchtel und Zerknirschungs-Getue – „Vergangenheitsbewältigung als Prozess ad infinitum”, weil die deutsche Schuld „alles moralisch in den Schatten stellt, was andere Völker in der Vergangenheit getan haben” (Weißmann), mögen die Wortführer die Schuld auch zur „Verantwortung” schrumpfen – dient ja höchst profanen Zwecken, weshalb es mich so anwidert. Diese Verantwortung existierte schließlich vor allem gegenüber den Nachfahren der Opfer der Shoa, weshalb es keinem Grünen ansteht, sie zum Beispiel mir gegenüber im Munde zu führen oder gar zu fordern. Wobei ich die Frage hier zwar stellen, wenn auch nicht weiter erläutern will, warum die Russen, die im Zweiten Weltkrieg allein unter der Zivilbevölkerung mehr Menschen verloren haben als alle anderen beteiligten Nationen auf dem europäischen Kriegsschauplatz zusammen, dem einstigen deutschen Kriegsgegner nicht ständig mit dessen Schuld und Verantwortung in den Ohren liegen.
Aber weiter im Interview.
Weißmann: „Ich glaube, dass die Konzentration auf diesen Aspekt unserer Geschichte beendet werden muss und mit der ‚Historisierung’ endlich Ernst gemacht werden sollte, die Martin Broszat – einst Direktor des Instituts für Zeitgeschichte und fraglos ein Linker – schon vor vier Jahrzehnten angemahnt hat. Und um noch einmal auf Gauck zu kommen: Der hat davon gesprochen, dass die Beschäftigung mit der NS-Zeit längst ’neurotische Dimensionen’ angenommen habe und man die Nachgeborenen zu ‚Quasischuldigen’ mache. Was – kaum überraschend – die geringe Selbstachtung und ein vermindertes Ja zur eigenen Nation bei den Deutschen erkläre. Ich bin ganz seiner Meinung: Die Fixierung der kollektiven Erinnerung auf diesen Punkt hat meiner Meinung nach die nachteiligsten psychischen Folgen für das, was man einmal ‚Volksseele’ nannte. Mehr noch: Es ist ein Instrument, mit dem man die Menschen fügsam hält.”
Interviewer: „Herrje. Und wer hält dieses Instrument in den Händen? Die bösen Amerikaner?”
Weißmann: „In erster Linie ist das unsere politisch-mediale Klasse – oder wie immer Sie das nennen wollen.”
Interviewer: „Das ist doch eine Verschwörungserzählung. Können Sie sich allen Ernstes nicht vorstellen, dass es vielen Deutschen ein Anliegen ist, die Erinnerung an die Verbrechen der Nazis wachzuhalten – nicht fremdgesteuert, sondern aus eigener Überzeugung?”
Weißmann: „Natürlich gibt es die ehrlich Überzeugten. Aber um die geht es nicht. Johannes Gross, bei dem Sie wohl kaum bestreiten werden, dass er ein intimer Kenner unserer politischen Klasse war, hat einmal gesagt, dass die ‚Verwaltung der deutschen Schuld und die Pflege des deutschen Schuldbewusstseins’ vor allem ‚Herrschaftsinstrumente’ seien. Es gab Zeiten einer offenen Debatte, heute kaum vorstellbar, da konnten sie derlei sogar in der ‚Frankfurter Allgemeinen Zeitung’ lesen.
Interviewer: „Wenn eine These verschwindet, liegt das nicht immer an der mangelnden Offenheit der Debatte. Manchmal setzt sich auch die Erkenntnis durch, dass es sich um dunkles Geraune handelt.”
Sie sehen, der NZZ-Mann bedient die Tastatur der deutschen Triggerworte mit derselben Sicherheit, mit welcher ein guter Akupunkteur sich an den Meridianen seiner Klienten entlangnadelt. Bei der Allpräsenz des Dritten Reichs und der deutschen Schuld in der ’schländischen Öffentlichkeit handelt es sich also nach seiner – fingierten – Meinung einerseits um dunkles Geraune, andererseits um ein Herzensanliegen der meisten indigenen Almans, aber keineswegs um eine Instrumentalisierung der Geschichte im politischen Tagesgeschäft bzw. dem mit jenem nahezu identischen „Kampf” gegen „Rechts”. Obwohl allein seine Interviewführung diese These schon widerlegt. Er bestreitet den zentralen Staatskult der BRD und behauptet, dieser sei eine Privatreligion der braven Bürger. Das ist selbstentlarvend grotesk. Dass die einzige Oppositionspartei, ob nun im Bundestag oder auf allen Bühnen, Podien, Kanzeln und Kanälen, praktisch täglich in NS-Verbindung gebracht wird, dass bei jeder Bundestagsdebatte oder Talkshow A. Hitler mit im Raum sitzt, dass im Ausland regelmäßig die NS-Jahre politisch gegen Deutschland instrumentalisiert werden, sei es, dass Polen neue Reparationen fordert oder La Republica ein Interview mit einem deutschen Politiker mit Fragen nach der SS beginnt, ist den meisten Deutschen also ein Herzensanliegen; die demokratisch überstimmten dunklen Rauner (= Nazis) natürlich ausgenommen. Ich glaube das keine Sekunde; vielmehr hat mir meine nunmehr vierunddreißig Jahre währende entomologische Beobachtung des Homo sapiens bundesrepublikanensis die Erkenntnis beschert, dass es sich fast immer um Lippenbekenntnisse, sei es aus Karrierismus, sei es aus Anpassung, also um Zerknirschungssimulation zu Fortkommens- und Herrschaftszwecken handelt. Dass sich überhaupt dieser Typus zwar gern hochmoralisch und endaufgeklärt gibt, aber so perfide, missgünstig, hasserfüllt, niederträchtig, feindselig und vor allem feige ist wie der alte Adam seit eh und je. Mit demselben Eifer wie an der Judenverfolgung beteiligt sich Diederich Heßling eben am „Kampf” gegen Rechts (oder gegen Ungeimpfte, Maskenverweigerer, Klimaleugner, Trumpisten etc.). Allein daran kann man studieren, dass die Vergangenheitsbewältigung (VB) für die Mehrheit, von den ehrenwerten oder auch närrischen Ausnahmen abgesehen, bloß eine konformistische Show war und ist, aus der buchstäblich nichts folgt.
Der Letzte übrigens, der für die Offenlegung des kultischen Charakters der VB postum von habituellen Nazis bis hinauf in die Professorenriege dieses tiefenverlogenen Landes mit den üblichen Invektiven geschmäht und bespuckt wurde, war Rolf Peter Sieferle, er ruhe in Frieden.
Wenn es „den” guten Deutschen und deutschen Guten wirklich ernst wäre mit ihrer sogenannten Vergangenheitsbewältigung und einer daraus resultierenden persönlichen Zerknirschung – gegen die ich, wie gesagt, nichts einzuwenden hätte, solange sie sich nicht beifallerheischend umschauen –, dann würden sie, erstens, nicht jeden x‑beliebigen Andersmeinenden jenseits von Gut und Höcke als „Nazi” schmähen (und damit, um der Deppenterminologie zu folgen, die NS-Verbrechen relativieren); dann würden sie, zweitens, nicht lauthals und fortkommensdienlich mit ihrer Bewältigungsgesinnung hausieren gehen wie zum Beispiel der Genosse H. Maas, SPD, der, als eine Obszönitätsprotuberanz sui generis, für sich reklamiert hat, er sei „wegen Auschwitz in die Politik gegangen”; dann wären sie, drittens, nicht von einem derart monströsen Desinteresse an den Opfern und Tätern des Kommunismus. Und sie würden sich, viertens, nicht vorranging für tote Juden interessieren, für Herrn und Frau Stolperstein, sondern für die lebenden, doch denen werfen die Wiedergutmachungsdeutschen eher vor, dass sie ihren Staat allzu rustikal verteidigen, während sie zugleich Hunderttausende Judenfeinde ins Bewältigungs’schland holen bzw. ihrer Herholung applaudieren, was zu den erlesensten Perversionen dieses seelisch verkrüppelten Volkes gehört.
Damit haben wir den Glutkern unseres Themas erreicht. Welchem Zweck nämlich dient die beharrliche Erinnerung an die NS-Verbrechen, wofür wird die Wunde immer schön offen und eiternd gehalten? Um die deutschen Täternachkommen darauf zu konditionieren, dass sie nicht nur ihren Wohlstand abgeben, sondern auch ihr Land, dass sie die nicht endende, ihre genetische Wolfssubstanz letztlich aus der Welt tilgende Masseneinwanderung als Sühne für die Taten ihrer Vorfahren klaglos hinnehmen. Deswegen ist jeder ein Nazi, der gegen neue Asylantenherbergen in seiner Kommune protestiert, denn es ist gar nicht seine. Die gesamte Ideologie des Postkolonialismus funktioniert übrigens so – Deutschland ist nur ein Fall besonderes inniger Autoaggressivität –, und deshalb gilt Israel heute bei den postkolonialistischen Linken als „rechter” Staat, das heißt, der Antizionismus gehört inzwischen zum „Kampf” gegen „Rechts”.
Es hat allmählich den Charakter einer Kampagne.
Wie eigentlich in jedem Falle, wenn deutsche Volkspädagogen ein neues Erziehungskollektiv gefunden zu haben meinen.
Bereits die summarische Reduktion auf den Begriff „Alkohol” ist barbarisch. Es gibt keine Gemeinsamkeit zwischen einem Becks-Bier, einem Jägermeister und einem Château d’Yquem.
Das ist ja in Ordnung – aber warum nicht mal andersherum?
Diese Überschrift ist so blitzdämlich, dass es sogar einen Jean-Claude Juncker graust. Selbstredend bedarf es zum Entkorken einer Flasche Weines nur wenig mehr Mutes als zur Teilnahme am „Kampf” gegen Rechts. Aber vielleicht sollte er es mal, für den Kick, coram publico in Mekka oder Islamabad versuchen?
Außerdem: Wem der Kick billig erscheint, der spart bloß an der falschen Stelle.
Zuletzt: Ich fand es immer traurig, dass Namenswitze im Focus verpönt waren; schauen Sie auf den Interviewer.