Aufbewahren für alle Zeit

„Ich glau­be, dass der Bruch der Ampel oder der Ver­lust der Mehr­heit der Ampel eine viel tie­fer­ge­hen­de Her­aus­for­de­rung für unse­re Par­tei­en­de­mo­kra­tie dar­stellt als ‚Oh, da ist eine Mehr­heit weg, juhu, jetzt machen wir Neu­wah­len, dann fin­den wir eine ande­re Mehr­heit!’ Denn eine Mehr­heit hat­ten wir ja, und auch nach einer nächs­ten Wahl wer­den unter­schied­li­che Koali­ti­ons­part­ner zusam­men­kom­men müs­sen. Wir müs­sen also erst ein­mal den Raum des Poli­ti­schen wie­der­eröff­nen, zuhö­ren, ver­ste­hen, mit­ein­an­der reden, und dar­aus wächst viel­leicht etwas oder auch nicht.

Ich habe gesagt, ich bie­te mich an mit mei­ner Erfah­rung, mit dem, was ich kann, mit mei­ner Kraft. Was dar­aus wird, ist nicht an mir zu ent­schei­den. Das machen die Bür­ge­rin­nen und die Bür­ger, und des­we­gen kann es auch sein, dass es natür­lich nicht genug Zustim­mung gibt, um ernst­haft die­sen Kampf um die Eins zu füh­ren, aber viel­leicht ja doch. Das liegt an den Men­schen jetzt.”

Die­sen seman­ti­schen Stuss sprach, mit Dackel­blick und brü­chi­ger Stim­me, ein Schwa­fel­hans, der Kanz­ler wer­den will.

(Link)

Leser *** schreibt: „Sagt ihm mal jemand, wie man den Raum des Poli­ti­schen wiedereröffnet?
– Man dele­giert nicht die Zen­sur an regie­rungs­fi­nan­zier­te ‚N’GOs und ‚trus­ted’ flag­ger, denen außer den aktu­el­len Eli­ten nie­mand ver­traut, aber deren Lied sie bezahl­ter­ma­ßen sin­gen, und man for­dert es erst recht nicht erneut ein paar Tage, nach­dem die eige­ne Koali­ti­on geschei­tert ist.
– Man behaup­tet nicht, Bür­ger könn­ten ihren Staat dele­gi­ti­mie­ren, außer man ist Marie Antoi­net­te. Oder Maxi­mi­li­en Robes­pierre. Oder Nico­lae Ceau­ses­cu. Oder wähnt sich schon auf deren Spu­ren, was in Deutsch­land his­to­risch nach­ge­ra­de para­no­id ist. Die letz­ten toten Dele­gi­ti­mie­rer waren dage­gen Robert Blum, Diet­rich Bon­hoef­fer und Chris Guef­froy. Das pas­siert in Deutsch­land, wenn man den Raum des Poli­ti­schen einengt.
– Man dros­selt den Arbei­tern und vor allem der Indus­trie – neben der Mei­nung – nicht auch noch den Strom.
– Man reißt nicht, wie in Ham­burg-Moor­burg, emis­si­ons­ar­me neu Kraft­wer­ke ab, um alte, dre­cki­ge wei­ter­zu­be­trei­ben. Schon gar nicht als Grü­ner. Sie­he auch: Kernenergie.
– Man behaup­tet nicht, von Land­wir­ten ange­grif­fen wor­den zu sein, wenn nichts davon jus­ti­zia­bel ist.
– Man rei­tet nicht auf der Wel­le von Kam­pa­gnen gegen Rechts, wenn auch an den angeb­li­chen Umtrie­ben der ‚Rech­ten’ nichts jus­ti­zia­bel ist.
– Man han­delt im Sin­ne des Lan­des, nicht im Sin­ne von Partikularinteressen.
– Wenn man schon im Sin­ne von Par­ti­ku­lar­in­ter­es­sen Geld aus­ge­ben will, dann schafft man zuerst Bedin­gun­gen, die­ses Geld anders als per Steu­er­erhö­hun­gen, getarn­ten Abga­ben und Infla­ti­on zu erwirt­schaf­ten, denen weder eige­ne noch frem­de Leis­tungs­stei­ge­rung gegen­über­steht, dazu betreibt man Dere­gu­lie­rung, Ent­bü­ro­kra­ti­sie­rung, Libe­ra­li­sie­rung und zuvo­ri­ge Prio­ri­sie­rung. Ansons­ten: Sie­he oben. (In den Wind gehus­tet; das kapiert kein Linker.)
– Man hört ins­ge­samt sei­nen Geg­nern zu, anstatt sie pri­mär zu dif­fa­mie­ren. Dass man ihnen sekun­där sehr deut­lich ant­wor­tet und nöti­gen­falls scharf strei­tig, bleibt davon unbenommen.
So ver­prellt man dann auch nicht sei­ne eige­ne Wäh­ler­schaft, eröff­net und wei­tet den Raum des Poli­ti­schen, sogar für sich selbst. Denn: ‚…Aber Herr Bun­des­kanz­ler, ich bit­te sie, wir leben doch alle unter dem­sel­ben Him­mel.’ – ‚Ja, aber wir haben nicht alle den­sel­ben Hori­zont.’ (Dia­log zwi­schen Erich Ollen­hau­er und Kon­rad Adenauer)
Alles ande­re bewah­re ich lie­ber nicht auf; denn es ist reif für die Müll­ton­ne. Ob die ande­ren Wäh­ler das auf­be­wah­ren wol­len, was reif für die Müll­ton­ne ist, das ist aller­dings ihre Ent­schei­dung. Da hat der Mann recht.

PS: Und wenn man mir als Gegen­bei­spie­le zu den toten Dele­gi­ti­mie­rern mit Walt­her Rathen­au und Wal­ter Lüb­cke kommt: Ja, poli­ti­sche Mor­de von rechts gibt es. Es gab auch den NSU. Es gab auch die RAF. Es gibt auch den IS. Eine Demo­kra­tie muss wehr­haft sein. Aber nicht gegen die Kri­ti­ker ihrer Poli­tik, son­dern gegen ihre Fein­de und gegen Ter­ro­ris­ten. Wer die Brand­mau­er zwi­schen denen nicht kor­rekt zie­hen kann, dem ist bei allen ande­ren Brand­mau­ern zu misstrauen.

Erich Miel­ke war schon ein Mör­der, bevor er ins Amt kam, Himm­ler und Heyd­rich wur­den es; Auf­trags-Mör­der. Die­ses Land zieht sei­ne Brand­mau­ern an der fal­schen Stel­le und schlägt Löcher in sie an der fal­schen Stel­le; und selbst das ist noch eine Ver­harm­lo­sung. Dafür oder bes­ser dage­gen soll­te der Ver­fas­sungs­schutz als Inlands­ge­heim­dienst da sein, und damit hat er genug zu tun.”
Vorheriger Beitrag

10. November 2024

Nächster Beitrag

13. November 2024

Ebenfalls lesenswert

Überleben ist alles

Wie­der­vor­la­ge: Ein Wich­tig­keits­kas­per wünsch­te sich was. Vergeblich. Im Umkehr­schluss ist die AfD folg­lich dafür mit­ver­ant­wort­lich, dass Hel­ges Hirn…

5. März 2023

Scha­de, exakt eine Gene­ra­ti­on zu spät. *** Wenn Ber­lin – wie wei­land Pom­pe­ji – durch einen Vul­kan­aus­bruch ver­schüt­tet wür­de…