Wenn man Existenzen wie Judith Butler oder Jürgen Habermas nicht mehr als „Philosophen” – oder wie auch immer man ihre Profession nennen mag –, sondern als Geschäftsleute betrachtet, wirken sie auf einmal vollkommen plausibel.
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Demokratie, ich will dich preisen, eins.
Demokratie, ich will dich preisen, zwei.
(Zur Erinnerung: Die hätten zusammen 35 Prozent, für CDU und AfD votierten 56,4 Prozent der Wähler.)
Demokratie, ich will dich preisen, drei.
(Dann hätten sie die Mehrheit.)
Demokratie, ich will dich preisen, vier.
Demokratie, ich will dich preisen, fünf.
Demokratie, ich will dich preisen, sechs.
(Siehe zur Erklärung: Punkt eins.)
Demokratie, ich will dich preisen, Zusatzzahl.
Wer hätte diesen schneidigen und gutgenährten Widerstandskämpfer nicht gern an seiner Seite beim Aus-dem-Fenster-Lehnen?
PS: Irgendwas hat unsere Ricarda da wohl losgetreten.
Wohlgeratenheit und Unseredemokratie hängen so fest zusammen wie Gesinnung und Brotkorb.
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Demokratie, ich will dich preisen, Appendix.
Zitat Bild: „In Schleswig-Holstein werden ab diesem Schuljahr, das am Montag gestartet ist, in Deutsch keine Rechtschreibfehler mehr gezählt! Laut Ministerium ist es das letzte Bundesland, das diese Reform umsetzt.”
Damit zieht die Vielfalt endlich auch in die stereotype Orthographie und die faschistische Grammatik ein.
PS. Leser *** zürnt: „Ich lese ihre acta gerne, aber manchmal verleidet es einem die Freude. Das da z.B. ist völliger Unsinn, der mit dem tatsächlich Geschehenen nicht viel gemeinsam hat. ‚Man merkt die Absicht und ist verstimmt!’ Ich bin schon gespannt ob sie die Fähigkeit besitzen sich für Fehler zu entschuldigen.” (Die beiden fehlenden Kommas werden nur für eins gezählt.)
Huch, bin ich einer Bild-Ente auf den Leim gegangen? Man muss genau differenzieren: Sprechen und schreiben die Schüler immer schlechter oder so schlecht wie immer? Schauen wir hin.
„Anstelle eines Fehlerquotienten, bei dem sich die Note aus der Zahl unrichtiger Wörter oder fehlerhafter Zeichensetzung ergibt, erfolgt künftig eine ‚qualitative Rückmeldung’ ”, erklärt Bild. „Diese soll sich eher auf die Fehlertypen als ausschließlich auf die Häufigkeit konzentrieren. (…) Anhand von sogenannten Beurteilungsbögen wird die Leistung in Rechtschreibung weiter gemessen – im klassischen Notenrahmen! Auszug: ’sehr gut’ ist, wer ‚keine nennenswerten Verstöße gegen orthografische Regeln, keine grammatischen Fehler und durchweg sichere Beherrschung der Zeichensetzung’ nachweist. Also einen ‚korrekt verfassten Text’.”
Danach zitiert die Gazette die Professorin Susanne Lin-Klitzing, Vorsitzende des Deutschen Philologenverbands, die nicht ganz einverstanden mit der Änderung ist, denn: „Eine gänzliche Abschaffung des Fehlerquotienten halte ich für das falsche Signal. Denn er zeigt beispielsweise auf, wie flüchtig jemand gearbeitet hat. Der Verzicht auf dieses Instrument vermittelt den Eindruck, es sei egal, ob ein Wort richtig oder falsch geschrieben ist.“
Auf einer lokalen Webseite heißt es: „Die Rechtschreibung wurde nicht abgeschafft, sondern die Art, wie Rechtschreibfehler bewertet werden, soll geändert werden. Das Bundesland ist mit diesem Schritt laut Medienberichten nicht das erste, sondern das vorletzte in Deutschland.” Statt das Verhältnis von geschriebenen Wörtern zu Fehlern zu errechnen, werde künftig ein „Analysebogen” eingesetzt, durch den Schüler eine „qualitative Rückmeldung über Fehlerschwerpunkte und über die Systematik ihrer Fehler“ erhalten. Schleswig-Holsteins Schulministerin wird zitiert mit den Worten: „Unabhängig davon bleibt die Bewertung der Rechtschreibung und Zeichensetzung weiterhin wichtiger Bestandteil der Note.“
Die Bild-Überschrift ist korrekt. Es handelt sich um eine Aufweichung der Standards. Der Lehrer schätzt ein. Aber mein Kommentar war völlig überzogen. Auch die beiden Krebse Orthographie und Grammatik werden sehr langsam gekocht.
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Nicht nur ich preise die Demokratie. Auch die DKB Bank stimmt ein. Dieses Schreiben erhielt der thüringische Landtagsabgordnete Sascha Schlösser, Schwefelpartei, nach seiner Wahl.
Die Nazi-Mentalität auf Nazi-Suche, unbeirrt.
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Immer diese Sachsen.
(Irgendwo im Erzgebirge, zugesendet von Leser ***.)
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Das Philosophie Magazin – fehlende Bindestriche werden nicht mehr gezählt – stellt klar:
Der Text zusammengefasst: Sie wollen keine Exoten sein, sie wollen kein Mitleid, und sie wollen erst recht nicht ambitionierten Unversehrten als Vorbilder gelten, was sogar ein Krüppel alles leisten kann. Der Parasport, notiert das Magazin, sei „auch eine Möglichkeit, gegen die mit Behinderung verbundenen Stereotypen anzukämpfen, die oft nur leidende, eingeschränkte Körper zeigen. Im Gegensatz zu diesen Bildern der Hypervulnerabilität, die Mitleid erregen, zeigen auch die verschiedenen Disziplinen der Paralympischen Spiele Menschen auf dem Höhepunkt ihrer Fähigkeiten, die von einer begeisterten Menge getragen werden. Mit einem Wort: Zu sehen sind Hochleistungssportler und keine ‚Superhelden’.”
Mag sein. Dafür spricht auch, dass es bei den Paralympics seit einiger Zeit immer mal wieder Dopingfälle gibt. Gleichwohl empfinde ich eine besondere Hochachtung für die gehandicapten Athleten, weil ich mir nicht ausreden lasse, dass sie für ihre Leistungen (noch) mehr leiden müssen als normale Spitzensportler. (Normal heißt übrigens: der Norm entsprechend; ein Einarmiger entspricht ihr nicht – das am Rande für Wortklauber.)
Ich habe hin und wieder im Alpenvorland einen einbeinigen Rennradfahrer getroffen – die Klickpedale machen diese Art der Fortbewegung möglich –, und wenn ich mir nur ausmale, wie sich seine Sitzfläche anfühlen muss, weil der Mann ja niemals aus dem Sattel gehen kann und außerdem der Druck des zweiten Beines auf die Pedale fehlt, der das auf dem Sattel lastende Körpergewicht mindert, wie die Muskulatur der verbliebenen Extremität schmerzt, die, vor allem bergauf, ohne ihr natürliches Pendant pausenlos treten und ziehen muss, ganz abgesehen von der ständigen Möglichkeit, versehentlich auf die falsche Seite zu kippen, wo kein Fuß den Sturz auffangen kann, dann ist das ein anderer Sport.
Freilich bin ich, trotz aller Bewunderung, nicht willens, mir diese Wettkämpfe anzuschauen, und zwar ungefähr aus demselben Grund, weshalb ich mir keine expressionistischen Maler in die Wohnung hängen würde. Ich finde es nicht schön.
Die antiken Griechen hätten wohl keine Paralympics veranstaltet. (Die kitzelsüchtigen Römer schon eher, aber mit anderem Setting.)
Aber wie gesagt: Hochachtung vor den Leistungen.
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Ein „Österreicher” namens Emrah I. ist heute, am Jahrestag des Olympia-Attentats von 1972, mit einer „Langwaffe” nach München gefahren und in der Nähe des israelischen Konsulats von der Polizei erschossen worden.
Immerhin scheint er das Messerverbot von Nanny Faeser akzeptiert zu haben.
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Apropos.
In den Wahrheits- und Qualitätsmedien kommen die Angehörigen deutscher Opfer von importierten Messermännern selten – ich würde fast sagen: nie – zu Wort.
Wahrscheinlich, weil feiste Krumbiegels die Kanäle verstopfen.
Oder weil sie nolens volens die Regierung delegitimieren könnten.
(Link)
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Gegen den Widerstand Serbiens hat die UN-Vollversammlung das Massaker von Srebrenica als „Völkermord” eingestuft und beschlossen, dass künftig weltweit am 11. Juli an diesen „Völkermord” erinnert werden soll. Das geschah bereits im Mai vergangenen Jahres; ich hatte es nicht registriert. Die Resolution hatten pikanterweise Deutschland und Ruanda eingebracht.
Hauptsächlich mit türkischen und EU-Geldern ist ein monumentaler Gedenkort für die rund 8000 ausschließlich männlichen Opfer errichtet worden. Warum die Ermordung von 8000 Männern ein „Völkermord” sein soll, kann niemand erklären und wird niemand jemals erklären können (bereits die Frage würde den Verdacht nähren, sie sei von antimuslimischem Rassismus motiviert). Die Ausstellung am Gedenkort unterschlägt vollständig, dass die serbische Armee damals die Frauen sowie fast alle Minderjährigen verschonte und dass diesem Kriegsverbrechen über Jahre hinweg von bosnischen Muslimen verübte Massaker an Serben vorangegangen waren, in diesem Falle die Ermordung von Frauen und Kindern inbegriffen.
Die Türkei, die für diese Einstufung des Massakers als Völkermord trommelte, ist bis heute der Ansicht, es habe 1915/16 keinen Völkermord an bis zu 1,5 Millionen Armeniern gegeben.
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Meine Frage, warum in den amerikanischen Filmen immer die Psychopathen, Serienmörder und problematischen Charaktere klassische Musik hören, beantwortet Leser *** mit einem Hinweis auf das 1944 in Übersee erschienene Buch „What To Do With Germany” von Louis Nizer (1902–1994). Der New Yorker Anwalt aus jüdischer Familie hatte mit den Nationalsozialisten naturgemäß eine spezielle Rechnung offen, was die Plakativität und auch Primitivität seines Umerziehungspropagandatextes erklären mag, wenngleich der sich neben dem bekannten Plan des Herrn Morgenthau oder „Germany must be perish” von Theodore N. Kaufman – dort kommt die appetitliche Idee in Vorschlag, alle Deutschen aus „Nie-wieder!”-Gründen zu sterilisieren – schon wieder differenziert ausnimmt.
Nizer identifiziert – und das steht im Zusammenhang mit unserer Frage – Richard Wagner als wichtige Inspirationsquelle des Nationalsozialismus. „Die Kriegslust des deutschen Volkes”, schreibt er, „besteht nicht nur aus einer Eroberungsphilosophie, sondern auch aus einer Rassentheorie, die sie rechtfertigt. Es gibt noch eine weitere Zutat, die eine mystische religiöse Qualität verleiht und die politische Bewegung in einen fanatischen heidnischen Ritus verwandelt.” Wagner habe diese Zutat zwar nicht erfunden, „aber er gab ihr eine attraktive und beliebte Form in brillanter Musik und Story. Für den Rest der Welt waren Wagners Opern lediglich künstlerische Phantasien. Für die Deutschen waren sie Realität, wenn auch nur unbewusst.” Hitler selbst habe die herausragende Rolle des Komponisten bei der Formung seiner Weltanschauung bestätigt.
Der „Ring des Nibelungen”, schreibt Nizer, enthalte alle mystischen, heidnischen Elemente der deutschen Frühgeschichte, die vom deutschen Volk als seine Bestimmung angenommen wurden. „Wotan ist der typische Führer. Als Oberhaupt der alten germanischen Götter macht er seine eigenen Gesetze und ist allmächtig. Er ist ständig bestrebt, seine Macht zu steigern. Wotan missachtet bewusst seine Pakte. (…) Er verlässt sich darauf, dass sein schlauer Kanzler Loki ihn aus seinen Schwierigkeiten befreit. Goebbels könnte sich durchaus als den Loki von Wotan Hitler begreifen. Als Wotan Geld braucht, beschafft er es sich mit Gewalt. Er nimmt den Herrscher der Nibelungen gefangen und erpresst von ihm Lösegeld. Den Juden wurde von den Nazis diese Rolle zugewiesen.”
Um den Ring der Macht zurückzuerobern, benutzt Wotan den hehrsten Helden der Welt, seinen eigenen Enkel Siegfried. Siegfried tötet den Drachen, wird aber später von Hagen, einem „Lustkind” – dieses Symbol bezeichne die „Unreinheit des Blutes”, ein üblicherweise den Juden zugeschriebenes Attribut –, hinterrücks getötet. Der „Stoß von hinten” sei „ein weiteres Wagner-Konzept”, mit dem der Komponist die Dolchstoß-Legende von 1918 vorweggenommen habe. „Deutschland, diesem Symbol zufolge, kann niemals auf dem Schlachtfeld geschlagen werden. Aber es muss eine Erklärung für die wiederholten Niederlagen geben, und Wagner hat eine klassische Erklärung dafür konstruiert.”
Wagner habe – neben Nietzsche – den Weg bereitet für die Außerkraftsetzung der jüdisch-christlichen Moral und die Etablierung der Herrenmenschen-Ideologie.
„Die deutsche Kriegslust beruht also nicht nur auf der falschen Tiefgründigkeit der Kriegsphilosophie und der Rassenüberlegenheit, sondern auch auf der Wiederbelebung heidnischer Epen. Was zunächst ein grundlegender Kampfinstinkt war, blühte über philosophische, wissenschaftliche und dann mystische Phasen zu einem vollwertigen religiös-politischen Programm der Welteroberung auf.”
(Den gesamten Text kann, wer will, hier nachlesen).
Diese These ist im Nachkriegsdeutschland viel diskutiert und auch flatuliert worden, am plumpesten in Joachim Köhlers Buch „Wagners Hitler”. Sie beruht auf Missverständnissen, Halbwahrheiten und Fehldeutungen Wagners (allein die Tatsache, dass Wotan als „Führer” grandios scheitert, spricht eine andere Sprache; ich habe Wagners Motive hier ausführlicher beschrieben), bei denen sich schwer trennen lässt, was von den Nationalsozialisten und „den” Deutschen während der NS-Zeit tatsächlich geglaubt wurde und was nachträglich hineininterpretiert wurde. Aber wir müssen zurückkehren zur Eingangsfrage, und dazu schreibt Leser *** nun:
„Die These dürfte zusammengefasst lauten, dass sich aus Tradition und Kultur eine Form von Überlegenheit ableiten lässt. Deshalb ist es eine zielführende Strategie, einfach alles abzureißen, die Städte, die Kunst, die Musik, die Traditionen, einfach alles. Wenn man aus dem Fenster schaut und nur noch Beton sieht, wenn Skulpturen wie Sperrmüll wirken, wenn Exkremente im Museum ausgestellt werden (Merda d’Artista) und wenn Musik keine Melodien mehr erkennen lässt, kommt in Deutschland garantiert kein Jogginghosenträger mehr auf falsche Ideen und glaubt, er sei etwas besseres. Da Wagner mit seinen Werken eine Verbindung zwischen Heldensagen und der deutschen Geschichte hergestellt hat, ist er als nationaler Propagandist als Erster aus dem öffentlichen Raum zu entfernen.
Das ist die Antwort auf Ihre Frage in die Runde. Diktatoren, Superbösewichte und sonstige Hollywood-Zielpersonen für Attentate hören klassische Musik, weil sie daraus ihre Überlegenheit ableiten, nicht unbedingt die eigene, aber zumindest die Überlegenheit ihres Volkes. Wer klassische Musik hört, ist quasi ein Rassist. Da Hollywood nur eine Geschichte erzählt – tötet Hitler –, passt es ins Bild.”
Auch dieser Erklärungsversuch befriedigt mich nur teilweise, unter anderem weil er die Frage nicht beantwortet, warum oft Psychopathen und Irre in Filmen klassische Musik hören. Allenfalls könnte man es so interpretieren, dass die musikalische Hochkultur durch dieses Personal eben diskreditiert werden soll, was auf den von mir bereits angesprochenen anti-elitären Affekt hinausliefe, womit sich überdies gut verträgt, dass die klassische Musik in hohem Maße ein Werk deutscher (oder deutschsprachiger) Komponisten ist.
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Der Ägypter schüttelte den Kopf. „Es gibt kein London mehr. Es ist verschwunden.”
„Aber wieso denn?” fragte ich entsetzt.
„Nun, wie es immer geht… Kriege… Revolutionen… es ist immer dasselbe. Euch Abendländer erschreckt das noch, weil Ihr zu jung seid. Eure Geschichte hat kein Alter, und euer Alter hat keine Geschichte. Aber wie sollte es denn anders sein? Jeder Krieg gebiert eine Revolution, und jede Revolution einen Krieg. Aber wenn es sie interessiert? Es begann mit dem Streit um die Polkappen…”
„Nein!” wehrte ich hastig ab. „Es interessiert mich gar nicht! Wenn Sie mir jetzt die Geschichte der nächsten zweihundert Jahre nach rückwärts erzählen, so bleibt mir nichts übrig, als mich aufzuhängen. Wenn ich den Roman vorblättere, wie dies gewisse törichte und ungezogene Leser tun, so hat er jeden Reiz für mich verloren. Die beiden großen Mächte, die uns zwingen, unser Dasein auch unter widrigen Umständen fortzusetzen, sind die Hoffnung und die Neugierde. Sie sind die starken Fittiche, die unser Leben tragen und emportragen. Unsere Unwissenheit ist der Motor, der uns zu unseren kühnsten Abenteuern antreibt, die Wurzel unserer Tatkraft. Ein Mensch, der alle Verknotungen und Verschränkung des Schicksals in ihrem Zusammenhang zu erblicken vermöchte, brächte nicht mehr den Mut zu einer Tat auf. Wer weiß, kann nicht mehr handeln.”
„Das ist sehr weise gesprochen”, sagte der Ägypter, „aber muss man denn handeln?”
Aus: Egon Friedell, „Die Rückkehr der Zeitmaschine” (1935)
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Bevor ich mich gestern auf meinen Hausberg begab …,
… um teils Gottes Werk am Himmel zu betrachten, teils ins Tal zu schauen …,
… las ich in der Bahn zum ersten Mal Hofmannsthals „Jedermann” und war durchaus bestürzt. Wie kann es sein, frug ich mich, dass der Autor der „Frau ohne Schatten”, des „Rosenkavalier”, des „Schwierigen” oder des Chandos-Briefes ein dramaturgisch und sprachlich so flaches und überdies – spätmittelalterliche Reminiszenzen hin oder her – religiös-kitschiges Stück geschrieben hat, dessen einzig halbwegs tiefer Gedanke das fundamentale Desinteresse der Menschen aneinander ist? Und warum ist ausgerechnet „Jedermann” das womöglich populärste Werk dieses letzten deutschen Dichters geworden, zum sogenannten Markenzeichen der Salzburger Festspiele?
Aber das sei doch immer so, versicherte mit Freund *** später beim Biere in der Ebene. Von den Großen seien stets die flachesten Sachen die populärsten. Von Mozart „Der Vogelfänger bin ich ja” und die kleine Nachtmusik, von Beethoven das Finale der Neunten, von Wagner der Walkürenritt, von Mahler das Adagietto aus der Fünften, von Verdi der Triumphmarsch aus der „Aida”… (Er ist ein bisschen musikfixiert, der Bub, aber da scheint schon was dran zu sein.)