Aus der Sicht unseres Kleinen Doktors wäre die Erfindung der Lehnitzseekonferenz durch das Referat Correctiv eine auszeichnungswürdige Aktion gewesen. Praktisch aus dem Nichts wurde ein die gesamte Öffentlichkeit durchzitternder Skandal geschaffen. Und wie alle Medien mitzogen, sogar noch schlimme Details hinzuerfanden, die Öffentlich-Rechtlichen vorneweg, wie auch die Kunstszene mobil machte und die Schauspieler am Berliner Ensemble sich das letzte verbliebene Peinlichkeitsempfinden von der Lippe bissen! Gut, die haben allesamt den Staat als Geldgeber, die kriechen stets durch weit offene Türen, es war alles von langer Hand vorbereitet und abgesprochen, aber wie die Faktenerfinder und ihre zahlreichen Echogeber die Gelegenheit genutzt haben, die schlagzeilenbeherrschenden Bauernproteste durch eine creatio ex nihilo zu verdrängen, der Maxime folgend, dass die Öffentlichkeit immer nur einen Skandal verträgt und jeder neue den vorherigen beiseite schiebt, à la bonne heure! Es war ein Lehrstück der Lügenätheranrührung – niemand habe am fraglichen Abend im Landhaus Adlon über Vertreibungen oder Deportationen geredet, versicherten mir zwei Teilnehmer, denen ich vertraue –, dessen einziger Zweck darin besteht, die Grünroten an der Macht zu halten, indem der politische Konkurrent gerufmordet und so als Koalitionspartner der Union unmöglich gemacht wird.
Im Berliner Ensemble hospitierte ich zuletzt im November 1989 einer Lesung aus dem Buch „Schwierigkeiten mit der Wahrheit” von Walter Janka, eines „Reformkommunisten” (ich muss immer lachen bei dem Begriff), den das Oberste Gericht der DDR wegen „konterrevolutionärer Umtriebe” und „Boykotthetze” 1957 zu fünf Jahren Zuchthaus mit verschärfter Einzelhaft verurteilt hatte – es las übrigens Ulrich Mühe. Szenische Lesungen über das Wirken staatlich bestellter Spitzel und ihre Beobachtungsobjekte gehören seither gewissermaßen zum Repertoire des Hauses, wobei heute bloß berufliche und soziale Existenzen zerstört werden und kaum jemand, sofern er keine Armbrüste gehortet hat, noch als politischer Häftling in verträumte Einzelzellen wandert. Im Gesinnungsexhibitionismuswettstreit allein der Ostberliner Theater hat das BE mit der (Täter-)Volksbühne und dem Maxim-Gorki-Theater eine bärinnenstarke Konkurrenz, weshalb die höchstspontane szenische Darbietung der von Correctiv überwiegend erfundenen Protokolle der Hetzer von Potsdam ein Gebot der Aufmerksamkeitsökonomie unter den Bedingungen genereller kulturbetrieblicher Linksgrünversifftheit war.
„Ich weiß gar nicht, womit man das vergleichen könnte. Selbst im primitivsten NVA-Theater habe ich solches Zeug nicht gesehen”, schrieb mir ein sächsischer Bekannter mit DDR-Expertise über den Auftritt der Zäpfchen im BE. Er hatte noch nicht der tags darauf im Bundestag zelebrierten sogenannten Debatte zum selben Thema gelauscht, die ja nichts weniger als das war, sondern einmal mehr ein crescendierendes kollektives und sich gegenseitig überbietendes Einheulen auf die gemeinsame Tonfrequenz im rhetorischen Kampf gegen die rechte Opposition, deren Existenz nicht unbedingt die, aber „unsere” Demokratie so sehr bedroht.
Am bemerkenswertesten an der großen Redeschlacht, deren Wiederholung ich gern bei Waffengleichheit erlebte, erschien mir, dass alle Sprecher der Wehrparteien so taten, als sei das staatlich eingefettete Faktenerfinderkollektiv von Correctiv eine seriöse Informationsquelle. Unisono plapperten alle nach, was die Agitprop-Combo verbreitet hatte, speziell die Mär, man habe zu Potsam die „Deportation von Millionen Ausländern” beraten, obwohl dafür nicht der kleinste Beleg vorliegt.
(Bernd Zeller)
Zum Geheimtreffen am Lehnitzsee hat Ulrich Vosgerau gestern im Weltwoche-Interview alles Nötige gesagt. Ich kann dem nichts hinzufügen, sondern fasse nur die aus meiner Sicht relevanten Aussagen zusammen: Eine private Zusammenkunft wird mit nachrichtendienstlichen Mitteln, zumindest teilfinanziert aus Steuergeldern, bespitzelt; eine Propagandatruppe, staatlich zumindest teilfinanziert, verbreitet Lügen über den Inhalt eines dort gehaltenen Vortrags zur Abschiebungsfrage, der sich tatsächlich ungefähr auf jener politischen Linie bewegte, wie sie von der Regierung immerhin im Koalitionsvertrag angekündigt und von Olaf Scholz vor kurzem im Spiegel-Gespräch bestätigt, wenn auch nicht im Ansatz realisiert worden ist; diese Lügen werden von den etablierten Medien und den Altparteirednern ungeprüft übernommen, und da drei AfD-Politiker im Gästehaus Adlon anwesend waren, unterstellt man nun der gesamten Opposition im Bundestag, sie verfolge die herbeigelogene Absicht, Millionen Ausländer mit Gewalt aus Deutschland zu deportieren, weshalb sie vom Verfassungsschutz überwacht oder am besten gleich verboten werden müsse. Denn dann stünde, trotz des gewaltigen Abschmierens der Grünen, einer künftigen schwarz-grünen Koalition, die von den Medien rasch in eine grün-schwarze verwandelt werden würde, nichts mehr im Wege.
Und wie die Zivilgesellschaft nachzog und überall spontane Kundgebungen gegen „rechts” inszenierte, zum Beispiel in Potsdam! – Oder mit 50.000 Demonstranten in Hamburg, wie eben die Tagesschau meldet; viele Nettosteuerzahler dürften sich nicht darunter befunden haben.
Damals handelte es sich womöglich – wenn Sie mich fragen: wahrscheinlich – um eine False-flag-Aktion der Stasi, die braven Ossis gingen gegen ein Phantom auf die Straße. Nichts anderes läuft derzeit. 50.000 Hamburger demonstrieren gegen eine fiktive Bedrohung, erfunden von einer Art Chimäre aus schwarzer Propagandaeinheit und Neostasi.
Gestern erreichte mich eine Rundmail der Veranstalterin des „Konservativen Aperitifs” – ich stehe auf dem Verteiler, weil ich dort auch einmal aufgetreten bin und unter großem Hallo die Wiedereinführung der Sklaverei und die Aushungerung von Stadtbezirken mit grüner Wählermehrheit gefordert habe –, in der sie mitteilt, dass das geplante nächste Zusammentreffen nicht stattfinden könne; bei der per Livestream übertragenen Kampagne im Berliner Ensemble seien Termin und Ort öffentlich verkündet wurden, „um die Durchführung unseres Treffens zunichte zu machen. Obgleich ich mich in den letzten Tagen bereits um Sicherheitspersonal gekümmert hatte, führt die Offenlegung unseres Termins nun zu einer Situation, in der weder ich, noch die Hausherren des Landhauses Adlon mit gutem Gewissen für die Sicherheit der Veranstaltung eintreten können.”
Diese Linksextremisten verhindern inzwischen also bereits private Zusammenkünfte politisch Andersdenkender – mir ist kein einziger umgekehrter Fall bekannt. Ihnen? Das wird uns dann als Rechtsruck verkauft. Die Warnung vor einem angeblich drohenden Faschismus ist das konstante Begleitgeräusch bei der Errichtung eines linken Regimes.
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1. Man erlangt Kenntnis von irgendwelchen Informationen, die, für sich allein genommen, wenig spektakulär und von begrenztem Interesse für die Öffentlichkeit sind. Im Falle der Cerne Jezero-Aktion waren das alte Nazi-Unterlagen, bei Correctiv war das Sellners Buch und die Nachricht, dass er auf einer Zusammenkunft sprechen würde, wo auch AfD-Leute anwesend wären.
2. Nun muss der Stoff so ‚aufbereitet’ werden, dass man ihn als ‚Sensation’ verkaufen kann, um so die Voraussetzung für seine politische Wirkung zu schaffen. Im Falle der Tschechen war dies der inszenierte Fund der Nazi-Unterlagen in einem See, bei Correctiv die verdeckte Lauschoperation bei einem ‚geheimen’ Treffen.
3. Des weiteren sorgt man dann unterstützend dafür, dass die Sensationsgeschichte mit Hilfe von Trittbrettfahrern weitergesponnen wird und so ein Eigenleben gewinnt. Die Tschechen nutzten dazu den Kontakt zu österreichischen Historikern und die deutsche Linkspresse, Correctiv füttert damit ein Theaterstück. Von den ÖR-Medien werden dann eigenständig Aspekte wie Hautfarbe und Ethnie zu den Sellner-Aussagen dazugedichtet.
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Correctiv brachte es bekanntlich auch fertig, das private (= geheime) Treffen am Lehnitzsee rhetorisch mit der Wannseekonferenz zu verleimen. Dieselbe Klientel, die eine solche Assoziation in die Öffentlichkeit stemmt, regt sich darüber auf, wenn der eine oder andere DDR-gestählte Zeitgenosse gewisse Vergleiche zwischen der Correctiv-Aktion und Mielkes Neugier auf „Das Leben der Anderen” zieht. Der Wannseekonferenzvergleich ist nicht nur wegen einer mindestens bastonadewürdigen Obszönität festhaltenswert, sondern auch unter dem Aspekt, dass die Verharmlosung des Nationalsozialismus hierzulande bekanntlich als sozialer Ächtungsgrund oder sogar als Straftatbestand gilt. Aber nur in eine Richtung.
Ein Beispiel. Der ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete Florian Jäger veröffentlichte am 6. Dezember 2021 ein Video bei YouTube, in dem er unter anderem die Worte sprach: „Im Herbst 1938 entlud sich in der Pogromnacht ein sogenannter Volkszorn gegen Juden im Deutschen Reich. (…) Aktuell wird nach bekanntem Muster ein Sündenbock für das katastrophale Politikversagen der Regierenden gesucht und Söder hat ihn gefunden. Es ist der ‚Ungeimpfte’.“ Im Video wird überdies ein Statement von Joe Biden („Meine Geduld mit den Ungeimpften ist jetzt vorbei”) einem Zitat von Joseph Goebbels gegenübergestellt („Unsere Geduld mit den Juden geht zu Ende”).
Zwei Wochen nach der Veröffentlichung, am 21. Dezember, stand morgens die Polizei vor Jägers offenbar aus dem besten Deutschland aller Zeiten herausführenden Tür. Ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft bestätigte später dem Journalisten Alexander Wallasch, „dass die von Ihnen angesprochene Hausdurchsuchung bei der von Ihnen genannten Person wegen des Tatverdachts der Volksverhetzung gemäß § 130 StGB stattgefunden hat. Das zugrunde liegende Ermittlungsverfahren wird vom Zentralen Antisemitismusbeauftragten der Bayerischen Justiz, der bei der Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) bei der Generalstaatsanwaltschaft München angesiedelt ist, geführt.“
Nein, liebe Kinder, in einem Rechtsstaat wäre so etwas nicht möglich, weder das Verfahren wegen eines Meinungsdeliktes noch eine Hausdurchsuchung deswegen – was sollen, nebenbei, die Beamten dort eigentlich aufstöbern? Gesinnungsarsenale? Argumentationsmunition? Strenggenommen gäbe es auch den Paragraphen 130 in seiner inzwischen vorliegenden Form zwar in einer DDR 2.0., aber in einem Rechtsstaat nicht.
Am 6. Juli 2022 verurteilte das Amtsgericht Fürstenfeldbruck Jäger gleichwohl wegen Volksverhetzung (eigentlich: Tätervolksverhetzung) zu 90 Tagessätzen à 60 Euro. Zur Begründung hieß es: „Dem Angeklagten war bewusst, dass der Inhalt des Videos sowie der hierzu von ihm verfasste Kommentar geeignet waren, die während der Herrschaft des Nationalsozialismus systematisch durchgeführte Verfolgung von Juden und deren konsequente Tötung in den Konzentrationslagern zu verharmlosen, indem der Angeklagte dieses Vorgehen und diese Handlungen mit den Maßnahmen und Äußerung gegenüber ungeimpften Personen vergleicht.”
Und: „Indem der Angeklagte die Verbrechen, die im Rahmen der Reichspogromnacht begangen wurden, den Maßnahmen und Äußerungen gegenüber ungeimpften Personen gegenüberstellt und hierdurch einen Zusammenhang herstellt, verharmlost und bagatellisiert der Angeklagte diese Verbrechen.”
Na gottseidank hat er keinen Zusammenhang zwischen der Wannseekonferenz und einem Treffen von Lauterbach und dem Tierarzt mit der STIKO hergestellt!
5400 Steine, das ist zwar allenfalls das Sechstel einer Wärmepumpe, aber der unbelehrbare Mann ging trotzdem in Berufung. Das Landgericht München II, 6. Strafkammer, wies sie im August 2023 ab. Zur Begründung verstieg sich das Gericht vor allem in die Kommentare unter dem Video – es gab derer 530, neben 2954 Likes, und sie waren, wie das Gericht feststellte, teilweise zustimmend, teilweise ablehnend (die Pointe folgt noch). Freilich arbeitete die Münchner 6. Strafkammer ungefähr wie die isarstädtische Gesinnungspresse, indem sie ausschließlich solche Kommentare in Justitias Waagschale legte, aus denen sich folgern ließ, dem Angeklagten müsse bewusst gewesen sein, „dass sein Video geeignet war, den öffentlichen Frieden zu stören”. Mehr noch: „Es liegt auf der Hand und war auch dem Angeklagten klar, dass Rezipienten des Videos dies als Aufruf zum Handeln und schlimmstenfalls sogar zur Begehung von Gewalttaten verstehen würden.”
Das Berufungsgericht beschäftigte sich ebenfalls mit dem Problem der Verharmlosung und erklärte: „Ein Verharmlosen liegt auch in den Fällen vor, in denen die Verbrechen gegen die Juden nicht negiert werden, sondern mit der gegenwärtigen (oder eigenen) Situation verglichen werden, um die gegenwärtigen politischen Entscheidungen zu kritisieren.” Da der Angeklagte sich damit verteidigte, er habe keineswegs die Ermordung der Juden verharmlosen, sondern auf menschenverachtende Propagandamuster hinweisen wollen, beschieden die Richter, dies sei „unter Berücksichtigung der Begleitumstände nicht der alleinige Inhalt des Videos”.
Man muss theoretisch also nur zehn Kommentatoren in die Spur schicken, die unter Aliasnamen bekunden, es reiche jetzt, die Regierung gehe zu weit, nun müsse gehandelt werden, und schon steht die Polizei vor der Tür und der Videoverbreiter später vor Gericht – oder interpretiere ich da etwas falsch?
Aber es gibt noch die angekündigte Pointe beziehungsweise Richter in München. (Ich sage noch, da es für einen Paradigmenwechsel exakt einer Juristengeneration bedarf, dann können wir ohne große Änderungen im GG und im StGB wieder DDR oder schon Great reset oder sonstwas spielen, und alle werden mitmachen; die Jurisprudenz ist so wenig eine exakte Wissenschaft wie die Philosophie oder die Geschichtsschreibung und folgt wie diese dem Zeitgeist.) Mit einem einstimmigen Beschluss hob der 7. Strafsenat des Bayerischen Obersten Landgerichtes am 15. Januar 2024 die Urteile des Amtsgerichts Fürstenfeldbruck und des Landgerichts München II auf. Der Angeklagte wurde freigesprochen, die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten entstandenen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.
Das Oberste Landgericht bescheinigte den Volksverhetzungsdetektoren eine „rechtsfehlerhafte” Auslegung, überdies hätten die Kollegen „die Reichweite des Art. 5 Abs. 1 GG in entscheidungserheblicher Weise verkannt. Der Sinngehalt der inkriminierten Äußerung des Angeklagten ist – anders als das Landgericht meint – keineswegs zwingend dahingehend auszulegen, dass der Umgang mit Ungeimpften vergleichbar sei mit den Maßnahmen, denen die jüdische Bevölkerung in Deutschland bereits bei den Novemberpogromen 1938 ausgesetzt war; eine derartige Aussage würde den Tatbestand des § 130 Abs. 3 StGB allerdings grundsätzlich erfüllen (…). Es liegt nach dem Gesamtzusammenhang des Beitrages vielmehr mindestens genauso nahe, dass der Angeklagte damit zum Ausdruck bringen wollte, dass von der Politik immer einfache und populistische Lösungen und ‚Sündenböcke’ gesucht würden, und dass das 1938 die Juden und heute die Ungeimpften seien. Dafür spricht bereits, dass der Angeklagte die Verfolgung der Juden nicht negiert oder relativiert, sondern darauf verweist, dass die Juden an der damaligen wirtschaftlichen Situation im Reich genauso wenig schuld gewesen seien wie die Ungeimpften an der Pandemie. Die Politik sei vielmehr damals wie heute auf der Suche nach Schuldigen, gegen die sich der Volkszorn richten solle. In dieser letztgenannten Deutung wäre die Äußerung des Angeklagten offensichtlich vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt.”
Diese mögliche Auslegung habe das Landgericht zwar erkannt, aber ohne nähere Begründung verworfen und dabei insbesondere auf Kommentare unter dem Beitrag des Angeklagten verwiesen, die seine Äußerungen im Sinne der Auslegung des Landgerichts verstanden hätten. Da es aber auch anderslautende Kommentare gab, wie die Kammer selbst angemerkt hatte, sei damit bewiesen, dass man das Video auch im Sinne des Angeklagten verstehen konnte.
Um solche liberalen – im Sinne der Liberalität, nicht des Liberalismus – und weisen Entscheidungen künftig auszuschließen, muss wohl das Netzwerkdurchsetzungsgesetz dahingehend verschärft werden, dass die Plattformbetreiber fehldeutbare Kommentare sofort löschen müssen.
Der Süddeutsche Beobachter ist jedenfalls sauer über diesen Sieg der Meinungsfreiheit.
Die Holocaust-Verharmlosung durch Wannseekonferenzvergleiche, wie sie die Propagandisten von Correctiv in tausende arglose Hirne pflanzten, hat die süddeutsche Regionalgazette meines Wissens nicht moralisch verurteilt.
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Apropos unstatthafte DDR-Vergleiche.
Hören Sie sich diese Worte der Bundesfamilienministerin an. Das schreit nicht nur nach dem Vergleich, das tendiert in Richtung Nachfolge.
Und der noch.
– Aber wir kämpfen doch gegen den Faschismus!
– Ja, das haben wir doch auch getan!
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Zur Remigration.
Leser *** sendet mir einen Artikel aus dem Badischen Tagblatt und schreibt dazu: „Gambier, 2014 illegal eingereist, ausgewiesen, wieder eingereist, kurz in U‑Haft, danach eineinhalb Jahre Haft wg. schwerer Körperverletzung (mit Messer) und nochmals knapp 2 1/2 Jahre wg. Drogenhandels. Nach 1 Jahr draußen (warum nicht danach abgeschoben??) die bestialische Vergewaltigung… Wer hat das zugelassen? Und warum sind Gesprächstreffen über Remigration solcher Gestalten grundgesetzwidrig?!”
Dazu passend:
Bei Correctiv, den Grünen, im BE und an der Hamburger Relotiusspitze heißt das aber deportieren!
Allons enfants de la patrie!
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Zur aktuellen Wetterlage.
„Bei verschiedenen deutschen Fernseh- und Hörfunksendern ist Mojib Latif häufig zu Gast im Studio als Experte zum Thema globale Erwärmung (‚Klimawandel’). Für seine Forschungsarbeit und die Fähigkeit zur Vermittlung der Wissenschaft in der Öffentlichkeit erhielt er 2015 den Deutschen Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt. Er sei ein Wissenschaftler, ‚der Wissen schaffe, der dieses Wissen aber auch in die Breite vermittle’. (…) Am 19. November 2021 wurde Mojib Latif zum neuen Präsidenten der Akademie der Wissenschaften in Hamburg gewählt.”
(Quelle: Zeitgeistschrottsammelstelle)
Die Klimakatastrophiker leiden wahrscheinlich am meisten unter der Kürze des Menschenlebens. Während politische Apokalyptiker hin und wieder noch erleben dürfen, wie zutreffend ihre Prognosen waren, sterben die Klimaorakler weg, bevor sie auch nur den Hauch einer grundlegenden Veränderung beobachten können.
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Eine Anmerkung pro domo. Im aktuellen Heft von Tichys Einblick bin ich derjenige, der den Fragebogen beantwortet. Bedauerlicherweise hat jemand in der Redaktion Hand an einige Antworten gelegt, sicherlich mit guten Absichten, aber wie das so ist, nutzen manchmal selbst die besten nichts. (Es sei denn, man ist Muslim; der zweite Kalif Umar hat einem Hadith zufolge über das Jüngste Gericht gesagt: „Die Handlungen werden nach den Absichten beurteilt. Jedem Mann wird zuteil, was er beabsichtigt hat.“) Die erwähnten Änderungen fallen, mit einer Ausnahme, niemandem außer mir auf – ich würde bei Vermeer oder Chopin nie den Vornamen mitschreiben, und bei Tschechows Tschebutykin nicht obendrein noch den Vatersnamen; ich sage „bei Tische” und nicht „bei Tisch” („Vor Tische las man’s anders”) und frage mich, was einen Menschen reitet, dieses e wegzustreichen –, doch die besagte Ausnahme möchte ich hier richtigstellen, weil sie unter Sachkundigen den Eindruck erwecken könnte, dass ich nicht weiß, worum es eigentlich geht. Es handelt sich um diese Antwort:
Ich hatte geschrieben: Mallory. Den Namen seines Begleiters setzte der oder die wohlmeinende Redakteur(in) dazu. Immerhin stiegen beide ja gemeinsam los an jenem 8. Juni 1924 – und kehrten nie zurück. Seitdem diskutieren Alpinisten, ob Mallory auf dem Gipfel war, und zwar nur er. Irvine traut das niemand zu. Während Irvine ein eher unerfahrener Bergsteiger war, stand Mallory im Ruf, der beste Kletterer seiner Zeit zu sein. Die beiden wählten den Aufstieg über Nordostgrat – die erste dokumentierte Bezwingung des höchsten Berges der Erde durch Edmund Hillary und Tenzing Norgay erfolgte anno 1953 über den weniger schwierigen Südostgrat –, und auf diesem Weg liegen, durchweg bereits in der Todeszone, drei Felsstufen. Die zweite davon ist der sogenannte Second Step.
Diese Wand wäre für sportliche Kletterer im Elbsandsteingebirge oder in den Dolomiten keine Hürde, aber der Second Step liegt auf 8.610 Metern Höhe, was wegen der extremen Temperaturen allein bekleidungstechnisch zu erheblichen Bewegungseinschränkungen führt, von der dünnen Luft ganz abgesehen; Mallory und Irivine schleppten deshalb noch schwere Sauerstoffflaschen auf Tragegestellen mit. Die Leiter, die Sie auf dem Photo sehen, steht dort übrigens erst seit 1975.
Was 50 Jahre zuvor an dieser Stelle geschah, wissen wir nicht. Womöglich war Irvine an irgendeiner Stelle zurückgeblieben und Mallory allein weitergestiegen. Man ist heute gemeinhin der Ansicht, dass er den Second Step unter den damaligen Voraussetzungen nicht überwinden konnte und umkehren musste. Als spleeniger Brite hatte es sich Mallory allerdings in den Kopf gesetzt, unbedingt den höchsten aller Gipfel zu bezwingen – „Because it’s there”, antwortete er einmal auf die Frage, warum –, und er gehörte einem Schlag von Kletterern an, denen das Hinaufkommen wichtiger als die Rückkehr sein konnte.
George Mallory trug stets ein Foto seiner Frau Ruth am Körper. Er hatte ihr versprochen, dass er es auf dem Gipfel des Everest ablegen werde. 1999 fanden Alpinisten 700 Meter unterhalb des Gipfels seinen Leichnam – der von Irvine ist bis heute verschollen –, mit der Vorderseite nach unten liegend und sehr gut erhalten. In seiner Brusttasche trug der Tote einen Brief von Ruth, aber das Bild war nicht mehr da …