Richard Strauss: Vier letzte Lieder

 

Die „Vier letz­ten Lie­der“ sind das Welt­ab­schieds­werk von Richard Strauss. Aller­dings hat er sie weder als Zyklus kom­po­niert, noch stammt der Titel von ihm, son­dern es sind eben die letz­ten Wer­ke des grei­sen, welt­be­rühm­ten Musi­kers. Die vier Orches­ter­lie­der han­deln von den schwin­den­den Kräf­ten und der Ver­lö­schens­be­reit­schaft eines Men­schen, sind aber mit einer der­ar­ti­gen Kön­ner­schaft kom­po­niert und mit so viel Pracht und Raf­fi­ne­ment orches­triert, als sei der Tod der rau­schen­de Höhe­punkt eines Fes­tes, und viel­leicht ist er das ja auch. Fol­ge­rich­tig wer­den die­se eigent­lich inti­men Stü­cke nicht von einem Kam­mer­en­sem­ble vor­ge­tra­gen, son­dern vom spät­ro­man­ti­schen Groß­or­ches­ter. Es wal­tet aller­spä­tes­ter Okto­ber, das Licht der Son­ne schwin­det, Nacht legt sich aufs Land. Noch steigt Wär­me aus dem Boden, Erin­ne­run­gen klin­gen nach – es ist wie ein letz­tes Mal vors Haus gehen… Die Stim­mung die­ser Lie­der ist lebens­s­att und „wan­der­mü­de“, wie es im vier­ten heißt, aber es herrscht kei­ner­lei Ver­zweif­lung, kein Kum­mer, son­dern tiefs­ter Frie­de. Das Leben war schön… Goe­thes „Und solang du das nicht hast/Dieses: Stirb und werde!/Bist du nur ein trü­ber Gast/Auf der dunk­len Erde“, kommt einem in den Sinn. Strauss hat­te es ohrenscheinlich. 

Ich erwähn­te bereits das vier­te Lied, in ihm wird der Tod dann direkt ange­spro­chen, text­lich erfolgt ein Sprung von Hes­se zu Eichen­dorff, also so hoch hin­auf wie über­haupt mög­lich, und die­ses Stück gehört zu den aller­größ­ten Kost­bar­kei­ten der Musik. Hier strahlt tat­säch­lich das Licht von der ande­ren Sei­te zu uns. (Frei­lich spricht sogar dar­aus noch die typisch Strauss’sche Unbe­küm­mert­heit, die bereit ist, auch Freund Hein letzt­lich als Instru­men­tie­rungs­pro­blem zu behandeln.) 

Es gibt eine rei­che Aus­wahl an Ein­spie­lun­gen, ich favo­ri­sie­re zwei, sozu­sa­gen die apol­li­ni­sche (mit Eli­sa­beth Schwarz­kopf und Geor­ge Szell) und die dio­ny­si­sche Ver­si­on, und da ich eine emp­feh­len muss, wäh­le ich denn doch die Let­ze­re, mit Kurt Masur und dem Gewand­haus­or­ches­ter Leip­zig, in unglaub­li­cher Brei­te aus­mu­si­ziert, mit der Nor­man als Solis­tin, die ein­fach dem Mys­te­ri­um näher ist. 

 

Richard Strauss: Vier letz­te Lie­der, Jes­sye Nor­man; Kurt Masur, Gewand­haus­or­ches­ter Leip­zig (Phil­ips)

 

Erschie­nen in: eigen­tüm­lich frei, Juni 2012

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