27. April 2023

Bei der Wahl des Regie­ren­den Bür­ger­meis­ters in Ber­lin feh­len dem CDU-Kan­di­da­ten aktu­ell acht Stim­men. Was, wenn jetzt die AfD für ihn stimmt?
***

Neu­es Wort: Wie­der­gut­ma­chungs­ras­sis­mus. Auch kri­ti­sche Weiß­seins­for­schung bzw. Anti­ras­sis­mus (= Ras­sis­mus gegen Wei­ße = gibt’s gar nicht) genannt.

Danisch hat eine groß­ar­ti­ge Selbst­be­trach­tung dazu geschrieben:

„Ich wüss­te ja zu ger­ne, was die lin­ke rot-grü­ne Gesell­schaft mit Leu­ten wie mir vor hat.
Was ich mache, mei­ne, sage, passt ihnen nicht.
Mein Blog passt ihnen nicht.
Mei­ne Haut­far­be passt ihnen nicht.
Mein Geschlecht passt ihnen nicht. Und dass ich nicht schwul bin, auch nicht.
Ich als Per­son pas­se ihnen nicht. 
Gele­gent­lich beschimp­fen sie mich wegen des Blogs.
Was sie aber nie sagen: Was ich denn deren Mei­nung nach eigent­lich machen sollte.

(Wei­ter hier.)

***

Der Regie­rungs­schutz teilt mit:

„Das BfV rich­tet sein Augen­merk nicht nur auf gewalt­ori­en­tier­te Extre­mis­ten, son­dern hat auch die­je­ni­gen Per­so­nen­zu­sam­men­schlüs­se im Blick, die men­schen­wür­de­wid­ri­ge und demo­kra­tie­feind­li­che Ideo­lo­gien und Kon­zep­te per­ma­nent ver­brei­ten. Das IfS, ‚Ein Pro­zent e.V.‘ und die JA zie­len auf die Aus­gren­zung ver­meint­lich ‚Frem­der‘ und ver­su­chen, die­se Posi­tio­nen gesell­schaft­lich anschluss­fä­hig zu machen. Das geziel­te Pro­pa­gie­ren von Feind­bil­dern und das Schü­ren von Res­sen­ti­ments in der Bevöl­ke­rung sind zudem gene­rell geeig­net, den Boden für unfried­li­che Ver­hal­tens­wei­sen gegen­über den Betrof­fe­nen zu bereiten.”

Auch die Ein­wan­de­rung feind­li­cher Frem­der, wie es wohl von Zeit zu Zeit bzw. von Kohor­te zu Kohor­te gesche­hen mag, wovon u.a. die täg­li­chen Mes­ser­at­ta­cken und Ver­ge­wal­ti­gun­gen zeu­gen, ist kein Grund für frem­den­feind­li­ches Ver­hal­ten! Fremd ist der Frem­de nur unter Fremdelnden!

Las­sen wir die­se Pro­pa­gie­rung eines „Rei­ches der Lüge” (Arnold Geh­len), in dem die Unter­ta­nen ihren eige­nen Augen, ihren täg­li­chen Erfah­run­gen in Kitas, Schu­len und Innen­städ­ten nicht mehr trau­en dür­fen sol­len, heu­te besei­te, und kon­zen­trie­ren wir uns auf die Aus­sa­ge: „Die pro­pa­gier­te Vor­stel­lung, dass es ein deut­sches Volk jen­seits des im Grund­ge­setz als der Gesamt­heit der deut­schen Staats­an­ge­hö­ri­gen defi­nier­ten Staats­vol­kes gebe”, sei ein Grund für den VS, jeman­den zum Beob­ach­tungs­fall zu nobilitieren.

Der Ver­fas­sungs­schutz teilt mit, dass es nur Staats­völ­ker gibt, also kein kur­di­sches Volk, kei­ne Sor­ben, kei­ne Deutsch­stäm­mi­gen im Aus­land, bis 1948 kein jüdi­sches Volk, von 1795 bis 1918 kein pol­ni­sches Volk etc. pp. Der Ver­fas­sungs­schutz teilt fer­ner mit, dass der Begriff „Viel­völ­ker­staat” dem­nächst wohl ver­bo­ten wird. Und dass nie­mand für­der­hin etwa unter den Wal­lo­nen wagen soll, einen Fla­men scheel anzu­se­hen bzw. anders­her­um oder kreuz­wei­se! Fer­ner wird nach dem Dik­tum des VS künf­tig der Lehr­plan im Stu­di­um der Poli­tik­wis­sen­schaf­ten dahin­ge­hend geän­dert, dass die bis­lang als Stan­dard gel­ten­de Defi­ni­ti­on, das eth­ni­sche Volk bzw. die eth­ni­schen Völ­ker sei(en) ein Teil des jewei­li­gen Staats­vol­kes, nun­mehr als „men­schen­wür­de­wid­ri­ge und demo­kra­tie­feind­li­che Ideo­lo­gie” gilt.

Als ver­fas­sungs­feind­lich ist in Zukunft fer­ner die Bemer­kung von H. Maas, wei­land Außen­mi­nis­ter im Kabi­nett Mer­kel IV, vom 3. August 2018 zu wer­ten, in Deutsch­land leb­ten „drei Mil­lio­nen tür­kisch­stäm­mi­ge Bür­ger“. Wenn es kein vom Staats­volk unter­schie­de­nes deut­sches Volk gibt, kann es auch kei­ne deut­schen Min­der­hei­ten im Aus­land geben. Dem­zu­fol­ge hat sich das Bun­des­mi­nis­te­ri­um des Innern eben­falls ver­fas­sungs­feind­lich geäu­ßert, als es die Bro­schü­re „Deut­sche Min­der­hei­ten stel­len sich vor“ ver­öf­fent­lich­te, in wel­cher rechts­extre­me Behaup­tun­gen zu lesen sind wie etwa: „Heu­te leben etwa 8000 usbe­ki­sche Staats­bür­ger deut­scher Volks­zu­ge­hö­rig­keit in Usbekistan.“

Frei­lich, da wäre noch die­ses Din­gens, das ein Ver­fas­sungs­schutz eigent­lich schüt­zen soll.

Voll­rohr eth­no­plu­ra­lis­tisch und damit rechts­extrem ist auch die Ver­fas­sung des Frei­staats Sach­sen, aber was hat­te man von denen auch ande­res erwartet?

Im „Gesetz über die Ange­le­gen­hei­ten der Ver­trie­be­nen und Flücht­lin­ge (Bun­des­ver­trie­be­nen­ge­setz – BVFG) § 6 Volks­zu­ge­hö­rig­keit” heißt es:

„1) Deut­scher Volks­zu­ge­hö­ri­ger im Sin­ne die­ses Geset­zes ist, wer sich in sei­ner Hei­mat zum deut­schen Volks­tum bekannt hat, sofern die­ses Bekennt­nis durch bestimm­te Merk­ma­le wie Abstam­mung, Spra­che, Erzie­hung, Kul­tur bestä­tigt wird.”
Im „Gesetz zur Klar­stel­lung des Spät­aus­sied­ler­sta­tus (Spät­aus­sied­ler­sta­tus­ge­setz – SpStatG)” vom 30. August 2001 wiederum:
„(2) Wer nach dem 31. Dezem­ber 1923 gebo­ren worden ist, ist deut­scher Volks­zu­ge­hö­ri­ger, wenn er von einem deut­schen Staats­an­ge­hö­ri­gen oder deut­schen Volks­zu­ge­hö­ri­gen abstammt und sich bis zum Ver­lassen der Aus­sied­lungs­ge­bie­te durch eine ent­spre­chende Natio­na­li­tä­ten­er­klä­rung oder auf ver­gleich­ba­re Wei­se nur zum deut­schen Volks­tum bekannt oder nach dem Recht des Her­kunfts­staa­tes zur deut­schen Nationali­tät gehört hat. Das Bekennt­nis zum deut­schen Volks­tum oder die recht­li­che Zuord­nung zur deut­schen Natio­na­li­tät muss bestä­tigt wer­den durch die fami­liä­re Ver­mitt­lung der deut­schen Spra­che. (…) Ihre Fest­stel­lung ent­fällt, wenn die fami­liä­re Ver­mitt­lung wegen der Verhält­nis­se in dem jewei­li­gen Aus­sied­lungs­ge­biet nicht mög­lich oder nicht zumut­bar war. Ein Bekennt­nis zum deut­schen Volks­tum wird unter­stellt, wenn es unterblie­ben ist, weil es mit Gefahr für Leib und Leben oder schwer­wie­gen­den beruf­li­chen oder wirt­schaft­li­chen Nach­tei­len ver­bun­den war, jedoch auf­grund der Gesamt­um­stän­de der Wil­le unzwei­fel­haft ist, der deutschen Volks­grup­pe und kei­ner ande­ren anzugehören.”
Wem jetzt der Gedan­ke im Kopf kreist (oder kreißt), der VS kön­ne even­tu­ell ver­fas­sungs­feind­lich agie­ren: Bezäh­men Sie sich! Sonst holt Sie schon bald der Haldenwang!

Im Som­mer 2016 frag­te Allens­bach: „Gibt es so etwas wie einen deut­schen Natio­nal­cha­rak­ter?” 57 Pro­zent der Befrag­ten ant­wor­te­ten mit Ja (Grü­nen-Anhän­ger: 46 Pro­zent), 26 Pro­zent mit Nein. Wenn Hal­den­wang, der die­sen angeb­li­chen deut­schen Natio­nal­cha­rak­ter fast so gut ver­kör­pert wie E. Miel­ke, mor­gen nach Ango­la aus­wan­der­te und die ango­la­ni­sche Staats­bür­ger­schaft annäh­me, um dort zum Bei­spiel gegen das grund­ge­setz­feind­li­che und men­schen­wür­de­wid­ri­ge Islam-Ver­bot zu pro­tes­tie­ren, wür­de er sich dann qua­si über Nacht in einen Ban­tu ver­wan­deln? Na was denn sonst!

Der Aus­sa­ge: „Deutsch sein hat nicht unbe­dingt mit Her­kunft und Tra­di­ti­on zu tun; Deut­sche sind Men­schen mit deut­schem Pass”, stimm­ten 39 Pro­zent der Befrag­ten zu, der gegen­tei­li­gen Mei­nung: „Deutsch sein hat mit Her­kunft und Tra­di­ti­on zu tun, nur der Pass macht noch kei­ne ‚rich­ti­gen’ Deut­schen”, pflich­te­ten 49 Pro­zent bei.

„Nach den Maß­stä­ben des Bun­des­am­tes für Ver­fas­sungs­schutz kann dem­nach etwa die Hälf­te der Deut­schen als latent oder offen rechts­extre­mis­tisch ein­ge­stuft wer­den“, kom­men­tiert der Poli­tik­wis­sen­schaft­ler Mar­tin Wage­ner; nach VS-Defi­ni­ti­on „rückt eine Per­son in die Nähe der Ver­fas­sungs­feind­lich­keit, sobald sie sich einem Volk zuge­hö­rig fühlt und dies über den Gesichts­punkt der Abstam­mung begründet“.

Dass außer­halb der Gren­zen des Bun­des­am­tes für Ver­fas­sungs­schutz bzw. der grü­nen Par­tei von 2023 über­all auf der Welt Völ­ker leben, die sich, unab­hän­gig vom Staats­volk, für eth­nisch-kul­tu­rell defi­nier­te Gemein­schaf­ten hal­ten, ist der bedau­er­li­chen Nicht­zu­stän­dig­keit des VS für den rechts­extre­men Rest der Welt geschuldet.

„Wir sehen gera­de, wie Deutsch­land vor unse­ren Augen in eine extre­mis­ti­sche links­fa­schis­to­ide Gesin­nungs­dik­ta­tur (oder soll­te ich sagen mora­li­sie­ren­de Dif­fa­mie­rungs­dik­ta­tur?) umge­wan­delt wird, und eine reflek­tie­rend-kor­ri­gie­ren­de vier­te Gewalt exis­tiert offen­sicht­lich nur im Nischen­be­reich”, meint Leser *** und schickt mir den Link zu die­sem FAZ-Arti­kel.

„Jeder”, fährt *** fort, „der ein Volks­ver­ständ­nis hat, das irgend­wie noch ansatz­wei­se mit Spra­che, Kul­tur und Her­kunft zusam­men­hängt, was etwa 99.9% der Mensch­heit ent­spricht, ist laut VS ein Ver­fas­sungs­feind, wie auch jeder, der noch wagt, zwi­schen den ’schon hier län­ger Leben­den’ und ‚den neu zu uns Gesto­ße­nen’ zu unter­schei­den. Eigent­lich wären prak­tisch alle Deut­schen vor 20 Jah­ren noch Ver­fas­sungs­fein­de gewesen.

Aktu­ell wer­den Zehn­tau­sen­de (!), die 2015 ohne Papie­re irgend­wie ins Land spa­ziert sind, nicht all­zu kri­mi­nell auf­fie­len und Grund­kennt­nis­se in Deutsch erwor­ben haben, mas­sen­haft erleich­tert ein­ge­bür­gert, ohne dass ein Wort dar­über im Main­stream steht. Jeder, der da nur die Nase rümpft, wäre laut Hal­den­wang ein Ver­fas­sungs­feind, hat er doch noch ein Volks­ver­ständ­nis, das über einen admi­nis­tra­ti­ven Ver­wal­tungs­akt und ein Papier mit dem Auf­druck ‚Bür­ger der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land’ hinausgeht.

Kurz: Radi­ka­le tota­li­tä­re Stand­punk­te wer­den hier als demo­kra­ti­sche Nor­ma­li­tät ver­kauft, und völ­lig selbst­ver­ständ­li­che Ansich­ten, die anzu­zwei­feln einem Groß­teil der Mensch­heit nicht ein­mal in den Sinn käme, als unde­mo­kra­ti­sche kri­mi­nel­le Radi­ka­li­tät dargestellt.

Übri­gens war der Kom­men­tar­be­reich des Arti­kels ursprüng­lich geöff­net, und es gab Kom­men­ta­re, aber nicht die gewünsch­ten, und auch die ‚Likes’ waren ein­deu­tig. Inter­es­san­ter­wei­se wur­de der Kom­men­tar­be­reich nicht geschlos­sen, wie in so Fäl­len üblich, son­dern ein­fach gelöscht.”

Der Poli­tik­wis­sen­schaft­ler Wage­ner spricht von einer „Zwangs­na­ti­on”, einem völ­lig neu­en Phä­no­men in der Geschich­te offi­zi­ell demo­kra­tisch ver­fass­ter Gemein­we­sen. Die DDR sei bereits eine sol­che Zwangs­na­ti­on gewe­sen, kein Deutsch­land, son­dern ein „sozia­lis­ti­scher Staat der Arbei­ter und Bau­ern“, in dem nicht Deut­sche, son­dern „Bür­ger der DDR” leb­ten. „Damals wie heu­te ging es dar­um, die deut­sche Kul­tur­na­ti­on abzu­schaf­fen. In bei­den Fäl­len soll­te und soll eine neue Wil­lens­na­ti­on kre­iert werden.“

Die Bun­des­re­gie­rung sto­ße dabei auf die­sel­ben Pro­ble­me wie die DDR-Regie­rung: Mehr­hei­ten für ein sol­ches Pro­jekt gebe es nicht. Die offi­zi­ell ange­streb­te neue Iden­ti­tät kön­ne erst mög­lich wer­den, wenn die alte besei­tigt sei. „Wer die Bun­des­re­pu­blik der 1990er Jah­re erlebt hat, dürf­te das eige­ne Land mehr als 30 Jah­re nach der Wie­der­ver­ei­ni­gung kaum wie­der­erken­nen. Um es in ein Bild zu fas­sen: Der über Jahr­hun­der­te gewach­se­ne deut­sche Wald wird nicht nur abge­holzt, son­dern so stark ver­nach­läs­sigt, dass sein geschwäch­tes Wur­zel­werk den Stür­men der Zeit bald nicht mehr trot­zen kann. Für die Wald­wäch­ter ist dies kein Pro­blem. Sie haben längst mit der Neu­pflan­zung begonnen.“

Für sol­che zwar grund­ge­setz­treu­en, aber die Bun­des­re­gie­rung dele­gi­ti­mie­ren­den Äuße­run­gen hat er bekannt­lich sei­ne Pro­fes­so­ren­stel­le ver­lo­ren. In einer Zwangs­na­ti­on ist die Behaup­tung, man lebe in einer Zwangs­na­ti­on, logi­scher­wei­se verboten.

PS: Man mag über die­se Regie­rung den­ken, was man will, aber ihre jour­na­lis­ti­sche Darm­flo­ra funk­tio­niert tadellos.

PPS: Eine wirk­li­che Trou­vail­le habe ich noch übersehen.

Die JF ver­mel­det fol­gen­de Bemer­kung der auch als „Schild & Schwert der Bun­des­re­gie­rung” bekann­ten Tätervolksüberwachungsbehörde:

Straf­ge­setz­buch der DDR von 1984:

Um das aktu­el­le Sys­tem der BRD her­ab­zu­wür­di­gen, bedarf es aller­dings kei­ner JA; es genügt voll­auf, wenn sich Nan­cy Fae­ser und irgend­ei­ner aus Hal­den­wangs Hoch­be­gab­ten­com­bo oder unser First Hal­tungs­me­cki selbst auf ein Podi­um set­zen, um ihre macht­ge­stütz­ten grund­rechts­feind­li­chen Unver­schämt­hei­ten und intel­lek­tu­el­len Offen­ba­rungs­ei­de abzu­son­dern. War das jetzt schon Her­ab­wür­di­gung? Haldenwang?

PPPS: Soeben erfah­re ich, dass die Bun­des­re­gie­rung Wagen­ers Buch „Kul­tur­kampf um das Volk” mit 7.500 Euro Coro­na­hil­fen geför­dert hat, was der Deutsch­land­funk Kul­tur erschüt­tert ver­merkt. Damit hat die Regie­rung Kri­tik am VS und an Hal­den­wang finan­zi­ell unter­stützt. Cha­peau! Mit­un­ter scheint es in den „obe­ren Rän­gen” (Tho­mas Mann) noch so etwas wie ein Gespür für Qua­li­tät zu geben.

***

Einer noch.

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„Er sagt immer Aischy­los statt Asyl­cha­os, so sehr hat er die Grie­chen gelesen.”
(Leser ***)

***

„Ver­gan­ge­nes Wochen­en­de”, schreibt Leser ***, „kam ich mit einem Bekann­ten über Gott und die Welt auf das Phä­no­men der ‚PoC’ in der Wer­bung. Mir geht es zuneh­mend aufs Gemüt, wie immer auf­dring­li­cher Pla­ka­te, Wer­be­an­zei­gen und TV-Spots mir fast schon gewalt­sam eine ‚Nor­ma­li­tät’ andre­hen wol­len, die ein­fach nicht exis­tiert (zumin­dest noch nicht, auch wenn wir uns migra­ti­ons­tech­nisch auf pro­pe­rem Weg in die groß­flä­chi­ge Ver­dun­ke­lung befin­den). Rea­li­ter: Gut aus­se­hen­de, satu­rier­te far­bi­ge Deut­sche wie in der Wer­bung gibt es, ja natür­lich. Aber sie haben mit nor­malteu­to­ni­scher Selbst­ver­ständ­lich- und All­täg­lich­keit so viel gemein wie Moni­ka Gru­ber mit Caro­lin Kebekus.

Vor­ges­tern nun stieß ich im Web auf ein DlF-Inter­view mit Bran­don Keith Brown aus 2020. Gewiss kein Unbe­kann­ter für Sie. US-Ame­ri­ka­ner, Schwar­zer, Diri­gent mit Ambi­tio­nen, aber chan­cen­los zur Pre­mier­League. Die Klas­sik, so sein Cré­do, sei zutiefst und struk­tu­rell ras­sis­tisch. Halt das, was heu­er gene­rell ange­sagt ist, wenn man als qua Geburt dis­kri­mi­nier­ter Schwar­zer den qua Geburt pri­vi­le­gier­ten wei­ßen Ras­sis­ten­är­schen mög­lichst tief in die Taschen grei­fen will. Glei­che Schall­plat­te in etwa, auf der Beet­ho­ven mut­maß­lich far­big war. Heu­te früh dann habe ich mir auf You­Tube ein Shost­a­ko­vich-Kon­zert mit dem Orchest­re Phil­har­mo­ni­que de Radio France angehört/angesehen. Das Orches­ter ist mehr­mals in der Tota­len zu sehen. Und ein­ge­denk mei­nes Gesprächs vom Wochen­en­de und des Inter­views mit Mr. Brown lug­te ich nach schwar­zen Musi­kan­ten. Ganz spe­zi­ell bei den Franz­män­nern, deren Fuß­ball-Natio­nal­mann­schaft bei der letz­ten WM ein­mal mit immer­hin neun (von elf) far­bi­gen Kickern den Rasen pflüg­te, hät­te ich einen zumin­dest nen­nens­wer­ten Anteil an Far­be erwar­tet. Aber: Null. Von gut hun­dert. Alle blü­ten­weiß mit ein paar asia­ti­schen Spren­keln. Ori­en­ta­len sind optisch nicht so ein­fach aus­zu­ma­chen, nur grob geschätzt wür­de ich mei­nen, eben­falls nahe bei null. Das hat mich neu­gie­rig gemacht, und ich habe mir von Goog­le die 20 bes­ten deut­schen und inter­na­tio­na­len klas­si­schen Orches­ter nen­nen las­sen (kein Anspruch auf Voll­stän­dig­keit der Lis­te). Die habe ich dann im Web ein­zeln besucht und mir die Ensem­ble-Fotos ange­se­hen. Genau ange­se­hen. Hier das Ergebnis:

— Ber­li­ner Phil­har­mo­ni­ker: 0
— Staats­ka­pel­le Dres­den: 0
— Gewand­haus­or­ches­ter Leip­zig: 0
— Sym­pho­nie­or­ches­ter des BR: 0
— WDR Sin­fo­nie­or­ches­ter: 0
— HR-Sym­pho­nie­or­ches­ter: 0
— Con­cert­ge­bouw Orches­ter: 0
— Wie­ner Phil­har­mo­ni­ker: 0
— Wie­ner Sym­pho­ni­ker: 0
— Lon­don Sym­pho­ny Orches­tra: 0
— Fes­ti­val Orches­ter Buda­pest: 0
— Orchest­re Natio­nal de France: 0
— Rus­si­sches Natio­nal­or­ches­ter: 0
— Orches­tra dell’Accademia Nazio­na­le di San­ta Ceci­lia: 0
— Orques­tra Sim­fò­ni­ca de Bar­ce­lo­na: 0
— New York Phil­har­mo­nic Orches­tra: 0
— Chi­ca­go Phil­har­mo­nic Orches­tra: 0
— Bos­ton Sym­pho­nic Orches­tra: 0
— Los Ange­les Phil­har­mo­nie Orches­tra: 0

Das sind zusam­men­ge­nom­men weit über 2.000 klas­si­sche Musi­ker. Nicht einer davon schwarz. Nun fra­ge ich mich/Sie: Was ist der Grund für die­ses (für mich) kras­se Miss­ver­hält­nis zwi­schen dem, was ist, und dem, was man uns fast schon gewalt­sam ein­bläu­en will? Ist es viel­leicht mög­lich, dass Mr. Brown doch Recht hat? Schwar­ze sind ja per se nicht unmu­si­ka­lisch, im Gegen­teil, die far­bi­gen Musi­ker von Welt­rang sind doch seit Jahr­zehn­ten Legi­on. Hal­ten wir die gezielt aus die­ser unse­rer ‚Domä­ne’ her­aus? Oder geht denen prin­zi­pi­ell die Jahr­hun­der­te alte ‚wei­ße’ Musik­kul­tur am Arsch vor­bei, und wenn ja: War­um? Und ist es stei­ni­gungs­wür­dig, wenn ich eine gewis­se intel­lek­tu­el­le Grund­aus­stat­tung ver­mu­te, hoch­kom­ple­xe Noten­ge­bir­ge mit ver­schwen­de­risch üppi­ger Instru­men­tie­rung und Orches­trie­rung sowohl als Werk zu ersin­nen wie auch dar­in mit­zu­spie­len (wobei selbst das blo­ße Genie­ßen nicht des Moh­ren Plai­sir ist, wie der Blick über die zu 97 Pro­zent wei­ßen Rei­hen der Kon­zert­be­su­cher belegt)? War­um gibt es kei­ne schwar­ze Musik­kul­tur etwa ver­gleich­bar mit der wei­ßen? Liegt James Wat­son tat­säch­lich falsch, wenn er sich ‚tief in Sor­ge über die Aus­sich­ten Afri­kas’ zeigt und dabei auf gene­ti­sche Aspekt wie ins­be­son­de­re den Durch­schnitts-IQ des Kon­ti­nents von 64 Bezug nimmt – ein Wert, der hie­nie­den als, nun ja, maxi­mal her­aus­ge­for­dert gilt? Und lie­ge ich falsch, wenn ich eben die­sen IQ als den Ele­fan­ten im Raum erach­te, den nie­mand benen­nen will, wenn die Spra­che auf die aktu­el­len poli­ti­schen, öko­no­mi­schen, gesell­schaft­li­chen und, ja auch, kul­tu­rel­len Ver­hält­nis­se auf dem schwar­zen Kon­ti­nent kommt?

Bin ich etwa Rassist?”

Das, geehr­ter Herr ***, ent­schei­den bekannt­lich Sie ja nicht.

Ich kann mir vor­stel­len, dass unse­re woken Sozi­al­in­ge­nieu­re von einer gene­rel­len Ver­mi­schung tag­träu­men, was für die einen eine gewis­se Hebung und für die ande­ren eine gewis­se Sen­kung bedeu­ten wür­de – wie das ja auch mit der Neu­ver­tei­lung des Wohl­stands gesche­hen soll –, und das nivel­lier­te Gesamt­ergeb­nis wäre dann auch leich­ter zu beherrschen.
Die tra­di­tio­nel­len Kom­mu­nis­ten haben ein­fach den Feh­ler gemacht, sich nicht mit den Mil­li­ar­dä­ren gegen die Völ­ker zu ver­bün­den – und umge­kehrt. Das pas­siert bei­den kein zwei­tes Mal.
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