Seit einiger Zeit dürfen wir den Bulletins der einschlägigen Bundesfürsorgestellen entnehmen, dass „Hass“ und „Hetze“ an die Spitze der Plagen getreten sind. Ich würde sagen, es begann ungefähr anno 2015, also im Jahre des Willkommensstaatsstreichs. Warum gerade in dieser Zeit, gilt allgemein als rätselhaft. Die Frage, ob man als Bürger eine Regierung hassen darf, die so massiv das Recht bricht wie das Kabinett Merkel in den Zeiten der sogenannten Flüchtlingskrise, ist bekanntlich mit Nein beantwortet und bereits als Frage sanktioniert worden. Erstens nämlich, belehrten und belehren uns einige furchtbare, aber auch fruchtbare Juristen, sei die Einwanderung von bis zu zwei Millionen meist kulturfremden und bildungsfernen Migranten, überwiegend jungen Männern, mit all ihren unvorteilhaften Folgen für Leben, Gesundheit, sexuelle Selbstbestimmung, Eigentum und Staatsfinanzen der angemaßten Einheimischen kein Rechtsbruch, sondern durch Artikel 1 Grundgesetz gedeckt gewesen.
Der deutsche Menschenwürdepassus, der die militärische durch die moralische Expansion vollwertig ersetzt hat, gilt nämlich für die gesamte Welt, während die Wehrmacht ja über Nordafrika nicht hinauskam.
Zweitens und noch wichtiger: Wie geschulte Hass-Diagnostiker aus Politik, Medien und den universitären Widerstandsnestern der Sozialwissenschaften versichern, bricht diese Aversion gegen alles Gute und Gutgemeinte vollkommen grundlos aus, verbreitet sich als eine Art mentale Pest und befällt vor allem sich als männlich definierende Weiße, speziell deutsche und ganz besonders ostdeutsche. Wer nach Ursachen für den Hass sucht, ist wahrscheinlich bereits selbst infiziert. Nur die Verhängung einer strengen Quarantäne über die Hasser kann uns vor ihnen retten, begleitet von rigiden Maßnahmen der Hassprophylaxe, die auch schon mal die Grundrechte tangieren dürfen. Wenn erst der Atlantikwall des Hasses bzw. die Wohnungen der Hasser erstürmt sind, steht dem Diversity-Glück aller frommen Erdenkinder nichts mehr im Wege.
Deswegen muss die Bundesregierung Maßnahmen gegen diesen Hass und die ihm als symbiotische Klette anhängende Hetze ergreifen.
Der erste woke deutsche Justizminister Heiko „Aufstehen statt wegducken“ Maas – für Gourmets: das kroatische Wort Ustascha bedeutet übrigens „Aufstehen“ –, unser Heiko Maas hatte die Verfolgung von „Hate speech“ im Internet als erster zur Chefsache erklärt und mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz in eine Rechtsform gegossen, die in Ländern wie der Türkei, Weißrussland und Malaysia penibel studiert und zumindest in Teilen übernommen wurde. Obwohl er nie wirklich produktiv gearbeitet hat, besitzt auch unser Genosse Heiko – er lebe hoch! Hoch! Hoch! – seinen Anteil am exzellenten Ruf Deutschlands als Exportnation von nunmehr sogar Zensurgesetzen.
Seit dem 30. März 2021 gilt in Kein-schöner-Land-zu-dieser-Zeit ein „Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität“. Im Grunde ist ja beides dasselbe. Hass ist rechts. Wer hasst, ist rechts. Fragen Sie Ralf Stegner. Wer vorher nicht rechts war, wird es durch den Hass. Wenn Linke oder Moslems hassen, verwandeln sie sich praktisch in Rechte. Wenn Sie sich linke Gegendemonstranten bei einer rechten Kundgebung anschauen, sehen Sie, wie sich Linke durch Hass in Rechte verwandeln.
Das Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität wurde noch durch die Merkel-Regierung installiert, also unter dem Innenminister Horst Seehofer. Gleich nach ihrer Wahl und Ernennung zog die neue Nanny für Inneres, Nancy Faeser, nach. Am 17. Dezember drohte die wonnige Sozialdemokratin via Twitter: „Wer im Netz Hass und Hetze verbreitet, bekommt es mit der Polizei zu tun.“ Eine Innenministerin, die nicht zu wissen vorgibt, dass die Strafverfolgung der Justiz und nicht der Polizei obliegt, hat den Rechtsstaat verlassen – ich wollte ursprünglich schreiben: hat den Rechtsstaat geistig verlassen, aber Faeser und geistig, das ist wie Hofreiter und gepflegt. Eine Innenministerin, die dem Volk für Gesinnungsdelikte mit der Polizei droht, ist reif für jede Art Diktatur.
Am 22. März meldete das ZDF Vollzug. Unter der Schlagzeile „Bundesweite Hausdurchsuchungen“ las man: „Mehr als 100 Beschuldigte in 13 Bundesländern: Im Kampf gegen Hass im Netz haben Ermittler bundesweit Verdächtige vernommen sowie Häuser und Wohnungen durchsucht.“ Es verhält sich aber nicht so, dass erst Frau Faeser die Hausdurchsuchung als Schild und Schwert im Allparteienkampf gegen Gesinnungsdelinquenten eingeführt hätte. So interviewte beispielsweise der im Felde des Hasses unbesiegte Süddeutsche Beobachter im Juli 2019 einen Staatsanwalt, der schon damals auf diese Weise gegen Hasskriminelle vorging. „Die Beschuldigten sind extrem erstaunt, wenn die Polizei vor der Tür steht”, erklärte der Strafverfolger. Denn damit haben diese Hetzer doch nie und nimmer gerechnet! Sie dachten wohl, in einem Staat, dessen Gerichte überlastet sind, der abertausende Haftbefehle nicht vollstreckt, viele nichtvirtuelle Täter laufen lässt – eben sind in Frankfurt sechs Schwerkriminelle, die wegen versuchten Totschlags, Raubs und Körperverletzung in der Untersuchungshaft saßen, entlassen worden, weil kein Gerichtstermin frei war –, und der sich von Clans vorführen lässt, sie dachten wohl, sage ich, in einem solchen Staat kämen sie mit ihrem Verbalgefurze unbehelligt durch!
Darf man ein Land bzw. die Funktionseliten eines Landes hassen, in dem die Polizei bei Gesinnungsdelinquenten Hausdurchsuchungen veranstaltet, während wirkliche Gewaltkriminelle in Freiheit gesetzt werden? Nein! Denn: Hass ist keine Meinung.
Unter diesem Motto startete das Landeskriminalamt Niedersachsen im April unter anderem via Twitter eine Kampagne. Das BKA unterstützte und retweetete den Aufruf:
„Wir gegen Hass und Hetze! Sei dabei. Erstelle ein Foto mit #HassistkeineMeinung. Kopiere diesen Text für deinen eigenen Post. Und raus damit.
Melde Hasskommentare.
Erstatte Anzeige bei der Polizei.“
Also man kann über die Bullen in der Zone viel Übles sagen. Aber pauschal geduzt haben sie einen nicht. Der Tonfall erinnert eher an die FDJ. Oder an die Grüne Jugend.
Diese Kampagne ist in mehrerlei Hinsicht pikant. Zunächst einmal ist die Polizei nicht im Mindesten dazu berufen oder gar berechtigt, die Strafwürdigkeit irgendwelcher Handlungen festzulegen; das ist die Sache der Legislative. BKA und LKA verfolgen Straftaten, aber weder können noch dürfen sie definieren, was eine Straftat ist. Mit anderen Worten: Die Exekutive wird hier eindeutig übergriffig, und zwar in Richtung einer politischen Polizei.
Zugleich fuchteln die Kriminaler mit einem juristisch praktisch undefinierten Begriff herum. Der Begriff „Hass“ wie auch sein siamesischer Zwilling „Hetze“ kommt explizit nur im Straftatbestand der Volksverhetzung (§ 130 StGB) vor. Hier wird unter Strafe gestellt, gegen „eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe“ zum Hass aufzustacheln, wenn dies in einer Weise geschieht, „die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören”. Das StGB stellt also nicht den Hass als solchen unter Strafandrohung, sondern dessen Aufstacheler unter bestimmten Bedingungen.
Darüber hinaus ist Hass kein Delikt, nicht einmal eine Handlung, sondern ein Gefühl – und für eine Tat allenfalls ein Motiv. Die Aussage, Hass sei keine „Meinung”, ist semantisch ungefähr so sinnvoll wie die, Geschwindigkeit sei kein Bildungskriterium. Es ist schierer Nonsens. Wie verhält es sich, nebenbei, mit der Liebe? Oder dem Neid? Ist Liebe eine Meinung?
Das LKA Niedersachen und das Bundeskriminalamt werben also mit einem Slogan, der semantischer Bullshit ist, dafür, dass Bürger andere Bürger anzeigen. In einem Rechtsstaat mit funktionierender Vierter Gewalt wäre das der Anfang vom Ende einiger politischer Karrieren.
Es gibt ein Vorbild für den von BKA und LKA weiterverwursteten Spruch, nämlich die von Linksextremisten verbreitete Floskel: „Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.” Den zweiten Teil sollen wir uns automatisch hinzudenken: Hass ist ein Verbrechen. Wie wir gesehen haben, stimmt auch das nicht, weil Hass eine Emotion ist, gegen die sich der Mensch oft gar nicht wehren kann. Es stimmt ja auch nicht, dass Faschismus keine Meinung ist. Zum Beispiel hatten viele Faschisten eine dezidierte Meinung von den Marxisten bzw. Kommunisten, denn ohne deren massenmörderische und kulturvernichtende Bewegung hätte es den Faschismus ja gar nicht gegeben. Ist Marxismus keine Meinung, sondern ein Verbrechen? Ist Sozialismus keine Meinung? (Ich frage für Nancy Faeser.)
Und last but not least kommt hinzu: Auch Hass ist von der Meinungsfreiheit gedeckt, sofern der Hasser mit seinen Äußerungen nicht in die strafrechtsrelevanten Bereiche wie Beleidigung, Verleumdung usw. vordringt.
Am 5. Dezember 2016 veröffentlichten die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages ein Gutachten „Hass und Hetze im Strafrecht”. Hass, heißt es dort, werde „seitens der höchstrichterlichen Rechtsprechung definiert als ‚eine gesteigerte, über die bloße Ablehnung oder Verachtung hinausgehende feindselige Haltung gegen den betreffenden Bevölkerungsteil’“. Allerdings könne eine sachliche, wahrheitsgemäße Berichterstattung in keinem Fall als Aufstacheln zum Hass angesehen werden, auch wenn sie „in tendenzieller Absicht“ erfolge und geeignet sei, „ein feindseliges Klima gegen einen Teil der Bevölkerung zu schaffen“.
Das geltende Strafrecht „knüpft die Strafbarkeit stets an Handlungen, nicht allein an Meinungen, Überzeugungen oder die Täterpersönlichkeit“, heißt es weiter. „Gedanken, Überzeugungen und Meinungen können für sich genommen nicht strafrechtlich relevant sein. Hass an sich mag also etwa aus moralischen Gründen abgelehnt werden, ist jedoch nicht strafbar. Auch die Qualifikation einer Äußerung als ‘Hetze’ besagt noch nichts über deren strafrechtliche Relevanz.“
Hass ist nicht strafbar, schön dass hin und wieder jemand diese Tatsache in Erinnerung ruft. Der Mensch darf hassen, er muss bisweilen hassen, Nazis zum Beispiel oder Grüne, Trump oder Biden, Pinochet oder Pinocchio oder Deutschland, dieses miese Stück Scheiße, was macht das für einen Unterschied?
Die erste Kammer des ersten Senates des Bundesverfassungsgerichts, damals noch unter Paul Kirchhof, hat am 28. November 2011 in einem Beschluss erklärt (und man sollte diese Worte, wie es heißt, an alle Wände schreiben):
„Vom Schutzbereich der Meinungsfreiheit umfasst sind zum einen Meinungen, das heißt durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens geprägte Äußerungen. Sie fallen stets in den Schutzbereich von Art. 5 GG, ohne dass es dabei darauf ankäme, ob sie sich als wahr oder unwahr erweisen, ob sie begründet oder grundlos, emotional oder rational sind, oder ob sie als wertvoll oder wertlos, gefährlich oder harmlos eingeschätzt werden. Sie verlieren diesen Schutz auch dann nicht, wenn sie scharf und überzogen geäußert werden. Der Meinungsäußernde ist insbesondere auch nicht gehalten, die der Verfassung zugrunde liegenden Wertsetzungen zu teilen, da das Grundgesetz zwar auf die Werteloyalität baut, diese aber nicht erzwingt. Neben Meinungen sind vom Schutz des Art. 5 GG aber auch Tatsachenmitteilungen umfasst, soweit sie Voraussetzung für die Bildung von Meinungen sind beziehungsweise sein können. Nicht mehr in den Schutzbereich des Art. 5 GG fallen hingegen bewusst oder erwiesen unwahre Tatsachenbehauptungen, da sie zu der verfassungsrechtlich gewährleisteten Meinungsbildung nichts beitragen können. Allerdings dürfen die Anforderungen an die Wahrheitspflicht nicht so bemessen werden, dass darunter die Funktion der Meinungsfreiheit leidet.”
Hinter diesen Sätzen kann die Meinungsfreiheit ein dauerhaftes Biwak aufschlagen, das wissen auch Gevatterin Faeser, Genosse Stegner und Kamerad Haldenwang. Nicht einmal unter Merkels Gefolgsmann und Protegé Stephan Harbarth wird das Bundesverfassungsgericht es wagen, diesen eigentlich unverzeihlichen Beschluss rückgängig zu machen. Deswegen gehen unsere Woken andere, smartere Wege. Beim Netzwerkdurchsetzungsgesetz legten sie die unmögliche Entscheidung darüber, was Hass und Hetze sei, in die Hände der großen online-Unternehmen, die sie zugleich mit der Androhung monströser Geldstrafen unter Löschdruck setzten.
Da man nicht die gesamte Opposition sperren kann und viele es schaffen, sich über einen Anwalt in ihr Netzwerk zurückzuklagen, übernimmt heute die sogenannte Zivilgesellschaft, an der Nase herumgeführt von sogenannten NGOs, die Exklusion und Stigmatisierung der Falschmeiner. Die Neofa, die sich Antifa nennt, kümmert sich um deren analoge Betreuung. Die Polizei bittet um Mithilfe bei der Auswahl.
Den eigentlichen Sinn der Hausdurchsuchungen hat ein roter Klassiker, Mao Tse-tung, in die geflügelten Worte gefasst: „Bestrafe einen, erziehe hundert.“ Diejenigen Falschmeiner, denen man polizeilich oder juristisch nicht beikommen kann, werden stattdessen vom Twittermob, den gelenkten Medien und linksextremen Anschwärzercombos wie der Amadeu Antonio Stiftung in der Öffentlichkeit zu Unberührbaren erklärt, mit denen man nicht verkehrt, keine Geschäfte macht, bei denen man keine Werbung schaltet usw. All das geschieht mit freundlicher Unterstützung von SPD und Grünen. Überall, wo die Meinungsfreiheit eingeschränkt und an der Gewaltenteilung herummanipuliert wird, haben Rote und Grüne ihre Finger im Spiel. Zartere Gemüter könnten in Versuchung geraten, sie sie dafür zu hassen.
Neuerdings finden also in Kein-schöner-Land regelmäßig Hausdurchsuchungen wegen Propagandadelikten statt. Morgens klingelt die Polizei, durchwühlt die Wohnung und beschlagnahmt Laptops, Händis und was weiß ich noch. Welchen Sinn mag eine Hausdurchsuchung bei einem Menschen erfüllen, der Politiker oder Migranten beschimpft hat? Was soll bei ihm daheim gefunden werden? Welche Beweismittel will man beschlagnahmen? Noch nicht veröffentlichte Folgebeschimpfungen?
Aber will ich etwa leugnen, dass im Netz und andernorts Hass und Hetze verbreitet werden? Keineswegs. Ich will nur bestreiten, dass es sich um Straftaten handelt. Ein paar einschlägige Exempel.
So haben beispielsweise der „Bodensatz des Gesellschaft“ (Winfried Kretschmann, Grüne) und allerlei anderes „Pack“ (Sigmar Gabriel, SPD) die „rechtsextreme AfD-Bande“ (Ralf Stegner, SPD) bzw. „Brut“ (Cem Özdemir, Grüne) bzw. die „AfD-Idioten“ (nochmals kennerisch der idiotenkundige Stegner) oder eben die „Schande für Deutschland“ (das war Martin Schulz, Würselen) in den Bundestag gewählt. Seither haben wir den Salat, nämlich „einen Haufen rechtsradikaler Arschlöcher im Parlament“ (so der arschlochkundige ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs).
An Weihnachten meldeten die Medien, dass der Rastatter AfD-Fraktionsvorsitzende Roland Oberst nach einer Corona-Infektion verstorben sei. Der Grünen-Politiker Jürgen Kasek, zuletzt sächsischer Landesvorstandssprecher der Partei für die moralisch gehobeneren Stände, twitterte die Todesnachricht versehen mit dem Kommentar: „Corona hat mehr gegen Nazis getan als die Sicherheitsbehörden.“
„Alle AfDler gehören in die Gaskammer“, twitterte wiederum eine in Gießen ansässige Politikerin der Linken, also der SED, mit dem entzückenden Namen Bianca Deubel. Später wollte sie sich schlau mit der Beteuerung aus der Sache winden, es sei – nein, diesmal keine Satire, zur Satire kommen wir gleich – Pädagogik gewesen: Die Schwefelparteiler sollten die Gaskammern bzw. deren Überreste zur politisch-historischen Schulung aufsuchen. Der langjährigen CDU-Bundestagsabgeordneten Erika Steinbach, heute AfD, hatte Deubel übrigens am selben Tag ebenfalls via Twitter zugerufen: „Ich freue mich schon, wenn ich auf ihrem Grab tanzen kann.“ Was nicht zwingend bedeutet, dass die Linke einer politischen Konkurrentin den Tod gewünscht hat; möglicherweise sollte Frau Steinbach ihr Grab auch nur zu Schulungszwecken aufsuchen, sagen wir: zur spirituellen Schulung.
Für eine gewisse Ausgewogenheit der Weiterbildungslokalitäten votierte Jonas Stickelbroeck, Chef der Grünen Jugend in Krefeld, als er den Tweet absetzte: „Ich bin dafür, dass der nächste Parteitag der Jungen Union im Gulag stattfindet.“ Später entschuldigte er sich für seine missverstandene „Satire“.
Merke: Der Rechte hetzt, der Linke macht nur einen Witz. Die rechten Flachpfeifen sind obendrein noch zu blöd, um Satire zu kapieren. Oma Umweltsau? Satire! Deniz Yücels „Der baldige Abgang der Deutschen ist Völkersterben von seiner schönsten Seite.“ Satire! Eine Grazie namens Hengameh Yaghoobifarah, die in ihrer taz-Kolumne Polizeibeamte als „Müllmenschen“ und „Abfall“ bezeichnete? Was für eine begnadete Satirikerin!
Keinesfalls fehlen darf in dieser Gottbegnadeten-Galerie der Moderator Jan Böhmermann, der in seiner ZDF-Sendung zur letzten Landtagswahl in Sachsen sagte: „Das einzige, was dieses Bundesland noch retten kann, ist eine Koalition aus Roter Armee und Royal Air Force.“ (Rote Armee würde er heute nicht mehr sagen, der Jan hat nämlich immer Lunte und Witterung!) Einen ähnlichen feuchten satirischen Traum hatte in der WDR-Sendung NightWash ein Mädel namens Maria Clara Groppler, ihrer Stellenbeschreibung zufolge Komödiantin, die nach den von einer anderen Komödiantin erfundenen „Hetzjagden“ zu Chemnitz empfahl, die Nazistadt mit Napalm zur Räson zu bringen.
Eine Sarah Bosetti indes, ihrer Selbsteinschätzung nach Komikerin, fragte in ihrer ZDF-Sendung: „Wäre die Spaltung der Gesellschaft wirklich etwas so Schlimmes? Sie würde ja nicht in der Mitte auseinanderbrechen, sondern ziemlich weit rechts unten. Und so ein Blinddarm ist ja nicht im strengeren Sinne essentiell für das Überleben des Gesamtkomplexes.“ Vom überflüssigen Organ zum Parasiten ist es nur ein kleiner Schritt. Der erwähnte Gevatter Böhmermann bezeichnete als im Dienste der Volksgesundheit maulwerkender Sozialhygieniker alle Kinder als „unverantwortliche kleine Halbmenschen“, die sich ständig infizierten. „Was Ratten in der Zeit der Pest waren, sind Kinder zurzeit für Covid-19: Wirtstiere.“
Langweilt Sie der woke Hass schon?
Eine durch zahlreiche Medien-Auftritte im Zusammenhang mit dem G7-Gipfel auf Schloss Elmau bekannt gewordene und trotz ihrer Gewaltphantasien bis ins ZDF-Morgenmagazin durchgereichte sogenannte Aktivistin namens Lisa Pöttinger teilte via Twitter mit: „Ich halte es für legitim, die Adressen von Nazis, Klimafaschos und Konzerneigentümer:innen zu veröffentlichen. Die Frage ist halt, was dann damit gemacht wird: Das Haus mit Farbe bewerfen oder Grafitti, cool. Gewalt gegen Leute schwierig…“. Aber Schwierigkeiten sind bekanntlich dazu da, um überwunden zu werden!
All diese sympathischen Äußerungen haben eines gemein: Wegen ihnen wird niemand gesperrt. Wegen ihnen wird niemals eine Hausdurchsuchung stattfinden. Und immerhin das ist gut so. Aber wie verhält es sich mit dem Hass, den die Urheber solcher Statements zum Ausdruck bringen?
Die etwas Älteren werden sich noch an die Kolumnen „100 Zeilen Hass“ des Schriftstellers Maxim Biller erinnern, die von 1987 bis 1996 im Magazin Tempo erschienen sind und schon etwas mit Edelschimmel überzogen sein mögen. 2017 hat der Verlag Hoffmann & Campe-Verlag Billers gesammelte Hasstiraden als Buch veröffentlicht. Also ist Hass doch nicht so schlecht? „Jede Kolumne ist ein pointierter Indizienprozess im Dienst nur einer Sache: dem Kampf für das Gute und gegen alles Schlechte“, beruhigt der Klappentextautomat des Verlages. Natürlich glaubt außer ein paar Zeit-Abonnentinnen niemand über acht Jahren solcher Kindergärtnerinnenprosa, doch sie führt uns näher an den Kern des neuen deutschen Hassproblems. Hass ist nämlich nicht gleich Hass, so wie Brandstiftung nicht gleich Brandstiftung ist. Entscheidend sind die Motive.
Billers Hassziele waren fast immer kompatibel mit dem linken, „linksliberalen“, grünen Zeitgeist. Mochte er auch mal den Vegetarismus verspotten, geschah dies natürlich nicht ohne Hinweis auf jenen eines ehemaligen Reichskanzlers. Seine Hasskolumne hatte neben einer grundsoliden, ja grundanständigen Aversion gegen alles Deutsche nur ein Motiv: Geltungssucht. Er wollte sich nach oben hassen. Das ist nicht schön, aber Brauch, und somit gewissermaßen aus Gewohnheit legitim. Außerdem ist die Prosa der Geltungssüchtigen oft besser als die der Bescheidenen. Aber das ist hier nicht das Thema. Halten wir fest: So lange die Richtung stimmt, darf gehasst werden.
Erinnern wir uns an die linke Folklore gegen das „Schweinesystem“ und den „Bullenstaat“ – die Hassworte galten der Bundesrepublik der 1980er Jahre, dem zweitfriedlichsten Sozialparadies nach dem Auenland. Wenn der Nachwuchs der rotgrünen Funktionäre die „Hasskappe“ aufsetzte, war das tolerabel.
In einem Land, wo die Vizepräsidentin des Parlaments in einer Demo mitlief, welcher ein Spruchband „Deutschland, du mieses Stück Scheiße“ vorangetragen wurde – unsere Claudi weiß ja gar nicht, wie wahr diese Aussage ist –, in einem Land, dessen Justizminister eine Punkband für ihr Engagement gegen „rechts“ lobte, die in ihren Liedern unter anderem: „Deutschland ist scheiße – Deutschland ist Dreck!“ oder „Deutschland verrecke, das wäre wunderbar!“ grölt, in einem solchen Land scheint der Hass in der Tat ein Problem zu sein. Unsere Bessermenschen tun also gut daran, den gesellschaftsfähigen Hass vom verwerflichen zu trennen.
Im Februar 2014 ließ sich die – man sagt wohl: Aktivistin – Anne Helm, damals Piratenpartei, heute Mitglied der Linken, mit der Aufschrift „Thanks Bomber Harris“ auf ihrem nackten und durchaus charaktervollen Oberkörper zusammen mit einer anderen Menschenfreundin in Dresden fotografieren, um dem seit Brexit-Tagen aber auch nicht mehr ganz koscheren englischen Nachbarn für die Einäscherung der Schuldstadt ihren nachträglichen Dank abzustatten. Frau Helm ist inzwischen Fraktionsvorsitzende der SED im Berliner Abgeordnetenhaus.
Julia Schramm, früher ebenfalls Piraten‑, heute ebenfalls Linkspartei, begrüßte die Aktion mit dem Tweet „Sauerkraut, Kartoffelbrei – Bomber Harris, Feuer frei“. Das Wort „Kartoffelbrei“ bezog sich nach Darstellung der taz darauf, dass die deutschen Kartoffeln in Dresden zu Brei gebombt wurden. Kann es, fragt sich der unbeteiligte sagen wir mal: Polynesier, etwas Hasserfüllteres geben, als die Bombardierung einer Stadt zu feiern und deren Wiederholung herbeizuphantasieren, weil dort Personen mit anderer Gesinnung demonstrieren?
Offenbar. Hätte die Dame denn sonst für die Amadeu-Antonio-Stiftung arbeiten können, welche wiederum dem Justizministerium bei der Ausmerzung von „Hate Speech” auf Facebook assistiert?
Und dann erst der geifernde Hass auf Donald Trump, die hemmungslosen Beschimpfungen, die öffentlich ausgelebten Ermordungsphantasien – unmöglich kann aller Hass schlecht sein. Die besten Teile der deutschen Bevölkerung stünden ja sonst unter Verdacht!
Den Hass wiederum vieler neu zu uns gestoßener Mitbürger auf Christen, Kirchen und vor allem auf Juden, wie er sich in „Hamas, Hamas, Juden ins Gas!“-Rufen oder im Frohlocken über die Waldbrände in Israel artikulierte, lassen wir hier mal kultursensibel weg, sonst geraten wir noch in den Ruch der Ausländerfeindlichkeit.
Aber und apropos: Wie verhält es sich eigentlich mit jener? Der Antipathie gegen eine gewisse ins Land strömende Klientel zu wehren, scheint ja das eigentliche Ziel aller taktvollen Zensurbestrebungen zu sein. Wenn mich meine Beobachtungen nicht täuschen, begann die große Zeit des Hasses und der Hetze erst im Jahr des freundlichen Gesichts der Bundeskanzlerin. Die Bundesregierung wäre ja nicht die erste Staatsführung, die Symptome bekämpft, welche sie mit ihrer Politik selber hervorgerufen hat.
Der Protest gegen eine Massenimmigration von überwiegend Analphabeten, die meistens jung, männlich, zum Teil gewalttätig, naturgemäß auf der Suche nach Sex sind und immer mehr öffentlichen Raum beanspruchen, ist keineswegs „dumpf“ oder „irrational“, sondern hat ökonomische und soziale Gründe. Die Verwandlung eines ethnisch relativ homogenen Landes in einen Vielvölkerstaat innerhalb von ein, zwei Generationen kann sich schwerlich konfliktfrei vollziehen, von beiden Seiten. In Politik, Medien und der woken Schickeria hofft man offenbar, diesem Problem durch Diskriminierung und Verfolgung der Protestierenden unter den Einheimischen begegnen zu können, weil von dort der geringste Widerstand droht.
Bislang sprachen wir lediglich von Hass und Hetze mit Worten. Es soll aber auch handfeste Hassstraftaten geben. Schauen wir auf die Zeitgeistschrottsammelstelle (beim letzten Podcast monierte ein Zuseher, die Wikipedia sei viel zu unseriös, um daraus zu zitieren; aber als Symptom taugt sie allemal). Unter dem Stichwort „Hasskriminalität“ steht dort:
„Eine EU-Studie identifizierte im Jahr 2006 18.142 Fälle von Hasskriminalität in Deutschland, von denen 17.597 von rechtsextremen Ideologien motiviert waren; Im Vergleich gab es 2006 in den USA 7.722 Fälle von Hasskriminalität.“
Ich halte kurz inne: Ohne dass die Polizei viel davon mitbekam – und Sie, meine Damen und Toxischen, sofern Sie damals schon aufnahmefähig waren, wahrscheinlich auch nicht –, gab es in Deutschland 2006 zweieinhalbmal so viele Hassstraftaten wie in den USA, obwohl die USA viermal so viele Einwohner haben. Es mag vielleicht auch daran liegen, dass die Zahlen in Amerika nicht von der EU erhoben wurden. Warum 2006?, werden manche fragen. Wahrscheinlich weil keine späteren Studien vorliegen. Aber warum hat man dieses offenbar furchtbare Problem in den Folgejahren einfach ignoriert?
Ich nehme an, Sie kennen diese Art von Studien. Sie ähneln jenen über Feinstaub und Stickoxide. Alles steht und fällt mit der Definition des Begriffs Hasskriminalität. Als Beleg dafür, dass Ermittlungsbehörden, Justiz oder Medien das Hassmotiv nicht thematisierten, führt Wikipedia nur ein einziges Beispiel an:
„So wurde 2016 ein antisemitischer versuchter Totschlag in Nürnberg im Urteil und in der Pressearbeit von Justiz und Polizei als unpolitisches Trunkenheitsdelikt bagatellisiert. Auch weite Teile der Berichterstattung thematisierten das Motiv nicht. Der Täter, der das Opfer ins U‑Bahn-Gleisbett stieß und durch Tritte daran hinderte, wieder zum Bahnsteig hinaufzusteigen, erklärte bei seiner Festnahme: ‚Ich habe das gemacht, weil er ein Jude ist. Das nächste Mal mache ich es richtig‘ und ‚Ich hasse alle Juden.‘“
Ich fürchte, hier wurde von den Medien keineswegs nur das Motiv nicht thematisiert. Hamburgs Verfassungsschutzchef Torsten Voß hat soeben seinen Bericht über das Jahr 2021 vorgelegt und erklärt, die Zahl der extremistischen Straftaten mit antisemitischem Hintergrund sei von 45 auf 63 gestiegen. Davon wurden 57 den „Rechten“ zugerechnet, obwohl jeder in Deutschland lebende Jude und gewiss auch der Herr Voß wissen, dass Gewalt gegen Juden fast ausschließlich von Moslems ausgeht, aber vielleicht ging es nur um Hakenkreuze.
Der Täter zu Nürnberg kann selbstverständlich die große Ausnahme sein, einer jener Mann-beißt-Hund-Zwischenfälle, die die Regel zugleich bestätigen und überstrahlen. Die signifikante Zunahme von auf Gleise „geschubsten“ Menschen – die Wahrheits- und Qualitätsmedien schreiben immer „geschubst“ – hängt bekanntlich mit jenen Willkommensexzessen zusammen, gegen die sich gerade die Rechten immer gewehrt haben. In der polizeilichen Statistik gibt es eine Tendenz, Straftaten von Migranten als „rechtsextremistisch“ zu rubrizieren, wenn sich kein anderes Motiv auftreiben lässt, und natürlich ist das politisch gewollt. Zugleich will die Regierung Migranten schneller und unkomplizierter einbürgern. Wenn dann ein Moslem einen Juden aufs Gleis schubst, können die Medien triumphierend das antisemitische Hassverbrechen eines rechtsextremen Deutschen vermelden, ohne mit allzu konkreten Informationen zum Täter das „Narrativ“ zu stören. Wer sich anschließend im Netz in derben Worten über diesen tiefenverlogenen Etikettenschwindel echauffiert, dem kann es passieren, dass die Polizei morgens in aller Herrgöttinnenfrühe bei ihm daheim vorstellig wird. Und da behaupten Leute, es gebe kein Perpetuum mobile!
Wenn ich zurückdenke – ich habe ja nun auch schon 60 Jahre auf dem allmählich sich rundenden Buckel – , dann kann ich mich an keine Periode erinnern, in der so oft von Hass und Hetze geredet bzw. dagegen angepredigt wurde wie derzeit. In der alten Bundesrepublik sowieso nicht. Doch auch in der DDR hörte ich diese Begriffe nicht viertelsooft wie heute.
Was es in Erichs des Einzigen Arbeiter- und Bauernparadies gab, war die sogenannte „staatsfeindliche Hetze“, Nachfolgerin der in den 1950ern – also vor meiner Zeit – noch gebräuchlichen „Boykotthetze“. Im StGB der DDR, § 106, hieß es (ich ziehe den Inhalt etwas zusammen):
„Wer mit dem Ziel, die sozialistische Staats- oder Gesellschaftsordnung der Deutschen Demokratischen Republik zu schädigen oder gegen sie aufzuwiegeln, die staatlichen,
politischen, ökonomischen oder anderen gesellschaftlichen Verhältnisse der Deutschen Demokratischen Republik oder Repräsentanten oder die Tätigkeit staatlicher oder gesellschaftlicher Organe und Einrichtungen diskriminiert, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft.“
Ein Diskriminierungsverbot, damals schon! Sie durften als DDR-Bürger die Genossen Mielke und Honecker nicht mit staatsfeindlicher Hetze diskriminieren, bloß weil die Sie unterdrückten. Davon können heutige Bundesminister nur träumen – und wie wir wissen, tun sie das auch: Der aktuelle Verfassungsschutzbericht listet einen von Faeser und Haldenwang aus dem Gesslerhut gezauberten neuen Deliktbereich namens: „Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“.
In der „Ehemaligen“ – man nennt sie die ehemalige DDR, um sie besser von der zukünftigen unterscheiden zu können – fiel praktisch jede Kritik an Partei und Regierung unter „staatsfeindliche Hetze“. Tausende gingen deswegen in den Knast. Aber insgesamt war das nur eine kleine Minderheit, noch kleiner als heute die Gruppe der Querdenker, weshalb in progressiven Kreisen bestritten wird, dass die DDR ein Unrechtsstaat war. Ob derzeit jemand wegen Meinungsdelikten einsitzt bzw. wie viele, weiß ich nicht; ich vermute, dass überwiegend Bewährungs- und Geldstrafen verhängt werden. Die Gerichte dürften öffentlichkeitswirksame Auseinandersetzungen mit halbwegs intelligenten Leuten scheuen, die sich einen guten Anwalt leisten können, weil jeder Jurist weiß, welche juristische Moorlandschaft er mit dem Gesinnungsstrafrecht betritt; es werden wahrscheinlich eher Hohlbirnen oder arme Würstchen angeklagt und abgestraft, damit man irgendwelche Erfolge vorweisen und im Einschüchterungs-Schleppnetz noch ein paar Ängstliche mitfangen kann. Ein Staat, der Hausdurchsuchungen durchführt, muss schließlich liefern, sonst wird er unglaubwürdig.
Der aktuelle § 130 Volksverhetzung ist ein ähnlicher Gummiparagraph wie der 106er im DDR-Strafgesetzbuch. Gummiparagraph bedeutet, dass der Zeitgeist und eine ihm hörige, von ihm geformte Richtergeneration daraus sehr elastische Stricke drehen können. Denn was genau unter „kollektive Verächtlichmachung“ fällt, bleibt einer erheblichen Willkür überlassen. Jede Interpretation einer Statistik über Migrantenkriminalität balanciert am Rande der Verleumdung. Also lässt man so etwas besser – und das ist der Sinn der immer stärker politisierten Justiz hierzulande. Was uns Leute wie Nancy Faeser oder auch der Bundespräsident zurufen, lautet: Haltet die Klappe! Wie Umfragen zum Stande der Meinungsfreiheit zeigen, wirkt die Drohung auch.
„Es ist leichter, mit dem Trinken aufzuhören als mit dem Hassen“, befand der Schriftsteller Philip Roth. Der Hass gehört zur menschlichen Natur und ist unabschaffbar wie seine Kehrseite, die Liebe. Die These, dass Hass in Gewalt umschlägt, ist nicht gesicherter als die Vermutung, dass artikulierter Hass Gewalt ersetzen kann. Solange er sich nur verbal austobt und dabei strafrechtlich relevante Sachverhalte nicht berührt, wird man mit ihm leben müssen.
Hass – dieser Aspekt wird oft unterschlagen – richtet sich gemeinhin von unten nach oben. Wo er nicht gestillt werden kann und zum ohnmächtigen Hass wird, sucht er sich Um- und Schleichwege, also ein Ventil, und mit den sozialen Medien steht ihm heute ein recht kommodes Ventil zur Verfügung. Ein Gutteil des sogenannten Hasses ist ohnmächtiger Widerspruch, der sich nicht anders zu artikulieren weiß.
Der Philosoph Aurel Kolnai schrieb in seinem „Versuch über den Haß”: „Man zieht nicht in die weite Welt, um Bösewichter ausfindig zu machen, die man mit Grund und mit Genuß wird hassen können; man haßt nur das Böse, das irgendwie an einen herantritt, in den Lebenskreis des Subjektes eindringt und dort womöglich auch ‚Schaden’ stiftet.”
Umgekehrt würde ich den Böhmermännern und Hengamehs bei ihren auf den ersten Blick so hasserfüllt wirkenden Tiraden keinen wirklichen Hass unterstellen. Sie wissen genau, dass sie nach unten kübeln – diese Figuren wären viel zu feige für den umgekehrten Fall –; wahrscheinlich werden solche Leute von einem Gefühlsgemisch aus Wut über unbotmäßige Andersmeinende und simplem Sadismus angetrieben, vielleicht unterlegt mit einer Spur Selbsthass aus Einsicht in den eigenen peinlichen Opportunismus.
Freunde der Hetze und Connaisseure des Hasses, ich bin am Ende mit meiner heutigen Betrachtung. Ich darf nicht enden, ohne einen Klassiker zu bemühen. „Es ist doch immerhin Charakter im Haß”, erklärte Goethe einer nicht ganz sicheren Überlieferung zufolge. Im „Divan” wurde er deutlicher:
„Dann zuletzt ist unerläßlich,
Daß der Dichter manches hasse,
Was unleidlich ist und häßlich
Nicht wie Schönes leben lasse.”