„Nach meiner Meinung verdankt Europa seine so vielfältige Entwicklung eben diesem Reichtum der Wege. Aber schon beginnt es, diese Eigenschaft sichtlich zu verlieren. Es strebt entschieden zum chinesischen Ideal – alle gleich zu machen. (…)
In dieser Hinsicht besonders wirksam ist die überall errichtete Macht der öffentlichen Meinung (das heißt die Meinung der kollektiven Mittelmäßigkeit). Früher gewährten verschiedene Ungleichheiten und erhöhte Positionen denen, die sie genossen, die Möglichkeit, diese öffentliche Meinung zu verachten; jetzt gibt es fast keine Deckung mehr. (…) In der Gesellschaft gibt es keine unabhängigen Mächte, die Meinungen unter ihre Obhut nehmen könnten, die mit denen des Publikums nicht übereinstimmen.”
Also sprach John Stuart Mill. Und fügte hinzu:
„Wenn aber die Menschheit zu einem Typus kommt, dann wird ihr alles, was von diesem Typus abweicht, sittenlos und ungeheuerlich erscheinen.”
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Was uns derzeit in einem unheimlichen Crescendo als wokeness und schöne neue Welt der Diversity aufgedrängt wird, ist tatsächlich eine totalitäre Ideologie, die – zumindest was den ihr innewohnenden gedanklichen Totalitarismus betrifft – weder einen Vergleich mit den Bolschewiki in Russland noch mit den Roten Garden der chinesischen Kulturrevolution noch den Roten Khmer scheuen muss. Es handelt sich um eine einstweilen weitgehend unblutige Revolution, deren Protagonisten sich Zeit lassen, um alle Institutionen zu unterwandern und mit ihren Kriterien, Feindbildern, Denkschablonen zu infiltrieren. Im Unterschied zu anderen Revolutionen kommt die woke deshalb ohne das symbolische große Ereignis, ohne festen Umsturztermin aus, sie vollzieht sich allmählich, aber kontinuierlich.
Woran erkennt man aber, da nicht geschossen und (noch) niemand in Lager gesperrt wird, dass eine Revolution stattfindet? Indem man sich anschaut, was Schritt für Schritt durchgesetzt wird. Umschreibung und Auslöschung der Vergangenheit, Abschaffung von kulturellen und religiösen Traditionen, Verhängung von Sprachdiktaten, Ächtung von Worten und Änderung zentraler Begriffe, Sturz aller „falschen” Denkmäler, Säuberung der Bibliotheken, Theater, Museen und Galerien, Etablierung der einen, streng überwachten korrekten Meinung, von den Medien bis zu den Universitäten, aber auch in Unternehmen, Überflutung der Öffentlichkeit mit Propaganda und Verfolgung aller Falschmeiner, das sind durchweg Kennzeichen totalitärer Gesellschaften. George Orwell hat es beschrieben:
Wenn man die Bolschewoken gewähren lässt, werden sie ihre Vorgänger an Radikalität sogar noch übertreffen, egal ob sie nun direkte Opfer produzieren oder „nur” hekatombenweise gecancelte, diskreditierte, denunzierte, beruflich ruinierte und sozial isolierte Outlaws. Die genannten kommunistischen Diktaturen haben zwar sämtliche Menschen in ihrem Einflussbereich unter das Joch ihrer Ideologie gezwungen, aber immerhin noch die Geschlechter und die Naturgesetze als existentielle Grundtatsachen gelten lassen, auch ein Teil des kulturellen Kanons blieb erhalten. Die Bolschewoken werden, wenn man sie lässt, alles ausmerzen. Ihr Verhältnis zur westlichen Kultur ist die Damnatio memoriae. Wer heute weiß und westlich ist, soll jedes Identitätsmerkmal – und zwar auf Jahrhunderte rückwirkend – am Vergnügungslagertor der Brave New World abgeben, wobei nicht klar ist, ob das bereits genügt oder die Abtragung der Erbschuld seiner konstruierten Rasse nicht noch ganz andere Konzessionen erforderlich macht.
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Über dem besagten Tor steht geschrieben: Ihr werdet alle mit dem Zentralcomputer verbunden sein! Ihr werdet alle gesund leben! Ihr werdet alle geimpft sein! Ihr werdet immer Masken tragen! Ihr werdet alle Energie sparen! Ihr werdet alle Heuschrecken essen! Ihr werdet alle wenig besitzen! Ihr werdet alle divers sein, also weder einem Geschlecht noch einer Nation angehören! Ihr werdet alle eine Familie sein und deshalb keine eigene mehr brauchen! Ihr werdet alle rund um die Uhr unter sorgender Beobachtung stehen! Ihr werdet keine bösen Gedanken mehr denken! Ihr werdet Unfriedensstifter und Spalter melden! Ihr werdet alle glücklich sein!
(Mancher wird das für maßlos übertrieben halten. Ich kann das verstehen. Ich hielt „1984”, als ich das Buch ungefähr um jenes Jahr in der DDR las, auch für maßlos übertrieben.)
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Wer einmal nolens volens den Zug einer neuen Welttendenz mitbestiegen hat, ist gehalten zu extrapolieren, wohin die Reise gehen mag.
Die Generalweltanbrennung schreitet voran.
Vielfaltsvervielfältigungskompetenz ist die Tugend unseres Epöchleins.
Die Toleranz erreicht den Fernverkehr.
Die schöne neue Schuluniform in Verbindung mit dem neuen deutschen Gruß stärkt den Lerneifer der Jüngsten.
(„Amüsant”, schreibt Leser ***, „dass am Kragen des Mäderls zur Rechten be yourself steht.”)
Der Führer hat Härte befohlen.
Applaus, Applaus!
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Vorschlag zur Güte (von Archi Bechlenberg):
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Eine bewährte Gesinnungsvermarkterin von der Hamburger Relotiusspitze erklärt, dass Fachkräfte und Goldstücke zwar ihre Gründe haben mögen, Juden zu hassen, so etwas aber in ’schland nicht artikulieren dürfen, denn wenn „wir” schon nie wieder Fußballweltmeister und Papst werden, wollen woke Kartoffeln wenigstens den Antisemitismus für sich allein haben.
Susanne Beyer, Journalistin mit Nazihintergrund. Eigentlich überflüssig, darauf hinzuweisen. Man bemerkt es auch so.
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Diese Schwester vom selben Büßerorden wird sich allerdings vom Vorwurf des antimuslimischen Rassismus – daraus, dass es keine Rassen gibt, folgt nahezu zwingend, dass antimuslimischer Rassismus möglich ist! – nimmermehr reinwaschen können.
Obwohl sie in ihrem Kommentar – das weiß ich, ohne ihn zu lesen (er steht hinter der Bezahl- bzw. Schamschranke) – diese Klientel gewiss nicht mit einer Silbe erwähnt.
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Gestern gab es viel und teilweise stürmischen Beifall im Bundestag für die mit großer Mehrheit verabschiedete Abschaffung des Abtreibungswerbeverbots.
Merke: Die moderne Frau bestimmt ganz allein über ihren Körper und alles, was darin ist! Mit Ausnahme der Impfstoffe natürlich.
Für Frauen, die die Abtreibung bereuen, aber nicht allzuviel Stress mit einem echten Baby wünschen, hält die Brave New World hier oder hier eine süße Alternative bereit.
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Wir müssen uns Nancy Faeser auf dem Rücken eines Tigers in nostalgischen Träumen hängend vorstellen.
Im aktuellen Verfassungsschutzbericht ist der von Faeser und Haldenwang aus dem Gesslerhut gezauberte neue Deliktbereich „Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“ wie folgt definiert:
„Die Akteure dieses Phänomenbereichs zielen dabei darauf ab, wesentliche Verfassungsgrundsätze außer Geltung zu setzen oder die Funktionsfähigkeit des Staates oder seiner Einrichtungen erheblich zu beeinträchtigen. Sie machen demokratische Entscheidungsprozesse und Institutionen von Legislative, Exekutive und Judikative verächtlich, sprechen ihnen öffentlich die Legitimität ab und rufen zum Ignorieren behördlicher oder gerichtlicher Anordnungen und Entscheidungen auf. Diese Form der Delegitimierung erfolgt meist nicht durch eine unmittelbare Infragestellung der Demokratie als solche, sondern über eine ständige Agitation gegen und Verächtlichmachung von demokratisch legitimierten Repräsentantinnen und Repräsentanten sowie Institutionen des Staates und ihrer Entscheidungen. Hierdurch kann das Vertrauen in das staatliche System insgesamt erschüttert und dessen Funktionsfähigkeit beeinträchtigt werden. Eine derartige Agitation steht im Widerspruch zu elementaren Verfassungsgrundsätzen wie dem Demokratieprinzip oder dem Rechtsstaatsprinzip.”
Sie wollen DDR spielen und gleichzeitig diejenigen bestrafen, die ihnen das vorwerfen.
Da capo: „Diese Form der Delegitimierung erfolgt meist nicht durch eine unmittelbare Infragestellung der Demokratie als solche, sondern über eine ständige Agitation gegen und Verächtlichmachung von demokratisch legitimierten Repräsentantinnen und Repräsentanten sowie Institutionen des Staates und ihrer Entscheidungen.”
Was sie Delegitimierung nennen, heißt in zivilisierten Ländern Meinungsfreiheit bzw. parlamentarische und außerparlamentarische Opposition. Wer so etwas schreibt, ist ein Verfassungsfeind.
Das Bundesverfassungsgericht hat im November 2011 erklärt (und man sollte dieses Urteil, wie es heißt, an alle Wände schreiben):
„Vom Schutzbereich der Meinungsfreiheit umfasst sind zum einen Meinungen, das heißt durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens geprägte Äußerungen. Sie fallen stets in den Schutzbereich von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, ohne dass es dabei darauf ankäme, ob sie sich als wahr oder unwahr erweisen, ob sie begründet oder grundlos, emotional oder rational sind, oder ob sie als wertvoll oder wertlos, gefährlich oder harmlos eingeschätzt werden. Sie verlieren diesen Schutz auch dann nicht, wenn sie scharf und überzogen geäußert werden. Der Meinungsäußernde ist insbesondere auch nicht gehalten, die der Verfassung zugrunde liegenden Wertsetzungen zu teilen, da das Grundgesetz zwar auf die Werteloyalität baut, diese aber nicht erzwingt. Neben Meinungen sind vom Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG aber auch Tatsachenmitteilungen umfasst, soweit sie Voraussetzung für die Bildung von Meinungen sind beziehungsweise sein können. Nicht mehr in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG fallen hingegen bewusst oder erwiesen unwahre Tatsachenbehauptungen, da sie zu der verfassungsrechtlich gewährleisteten Meinungsbildung nichts beitragen können. Allerdings dürfen die Anforderungen an die Wahrheitspflicht nicht so bemessen werden, dass darunter die Funktion der Meinungsfreiheit leidet. Im Einzelfall ist eine Trennung der tatsächlichen und der wertenden Bestandteile nur zulässig, wenn dadurch der Sinn der Äußerung nicht verfälscht wird. Wo dies nicht möglich ist, muss die Äußerung im Interesse eines wirksamen Grundrechtsschutzes insgesamt als Meinungsäußerung angesehen werden, weil andernfalls eine wesentliche Verkürzung des Grundrechtsschutzes drohte.”
Im Übrigen muss man Faeser und Haldenwang nur zitieren, um sie verächtlich zu machen.
PS. Leser *** ergänzt „§ 220 aus dem StGB der DDR:
„Öffentliche Herabwürdigung.
(1) Wer in der Öffentlichkeit die staatliche Ordnung oder staatliche Organe, Einrichtungen oder gesellschaftliche Organisationen oder deren Tätigkeit oder Maßnahmen herabwürdigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Verurteilung auf Bewährung, Haftstrafe, Geldstrafe oder mit öffentlichem Tadel bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer Schriften, Gegenstände oder Symbole, die geeignet sind, die staatliche oder öffentliche Ordnung zu beeinträchtigen, das sozialistische Zusammenleben zu stören oder die staatliche oder gesellschaftliche Ordnung verächtlich zu machen, verbreitet oder in sonstiger Weise anderen zugänglich macht.”
Und kommentiert lakonisch: „Delegitimierung gab’s noch nicht.”
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Höhepunkte der Willkommenskultur, unausgesetzte Fortsetzung.
Mitteilung des Bundesinnenministeriums: Wer versucht, die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung der BRD zu schädigen und gegen sie aufzuwiegeln, indem er – m(ännlich)/w(eiß)/d(eutsch) – Einzelfälle zu angeblichen Strukturen kumuliert, betreibt verfassungschutzrelevante Delegitimierung des Staates und wird seiner gerechten Haldenwangisierung nicht entgehen!
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Das Vorurteil Andere Länder, andere Sitten wird im Malstrom des Multikulturalismus wohl bald untergehen.
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Die amerikanischen Republikaner reagieren auf typisch ewiggestrige Weise.
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Zum Corona-Block, neuerlich unkommentiert.
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Am Dienstag gehe ich auf Sendung, sofern die Technik funktioniert, was bei jener zwar sicher ist, aber in Verbindung mit mir nicht mehr ganz. Der Podcast wird mit Bild laufen (inschallah), und sollte er sich ausreichenden Zuspruchs erfreuen, wird er an jedem Dienstag, den Gott werden lässt, zur selben Zeit live ausgestrahlt.
Und zwar unter diesem Link.