Menschen, die in der Vergangenheit hausen, sind meistens harmloser als Menschen, die in der Zukunft zu leben meinen.
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Multikulturalismus heißt ein Euphemismus für eine Reihe gut sichtbarer ethnischer Sollbruchstellen innerhalb eines größeren Siedlungsgebietes.
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Die Verehrung der Frau als Dame und die männliche Konkurrenz um die Frauen hatte den Westen groß gemacht; aus der Verehrung wurde Privilegierung; am Ende brachte die Privilegierung von Idiotinnen den Westen um.
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Widmen wir uns heute, es ist ja Sonntag, der schönen Literatur.
Wohl dem (bzw. der), dessen Debüt mit folgender Packungsbeilage begeleitbetrommelt wird (Leseexemplar des Steidl Verlages von Annika Büsing: „Nordstadt”; das Buch erscheint im Februar, der Hinweis steht auf der Titelrückseite):
Frau Büsing hat Germanistik und Theologie auf Lehramt studiert und unterrichtet an einem Gymnasium in Bochum; da der Mensch das kompensierende Wesen ist (Homo compensator), droht von ihr natürlich einiges.
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Auf dem neuen Roman von Michel Houellebecq, der wohl sein letzter sein wird, denn man weiß nicht recht, was danach noch kommen soll (die finalen Danksagungen enden mit dem Satz: „Für mich ist es Zeit, aufzuhören”), steht keine Inhaltswarnung, obwohl es selbstredend dringend geboten wäre, den Leser zu bitten, dass er auf sich achten möge, auch wenn die wenigen Gewaltszenen in Träumen, im Virtuellen oder in der Ferne stattfinden. Ich habe von Houellebecq jedes Buch und nahezu jede Zeile gelesen, ich halte ihn für den bedeutendsten Literaten – nicht bedeutendsten Romancier – unserer Zeit; warum, habe ich hier ausgeführt, und ich werde ihn weiter lesen und verehren, bis es für mich Zeit wird, aufzuhören. „Vernichten” ist große Literatur; alle Rezensenten, die etwas anderes sagen, das schwöre ich auf den Koran, sind selber nicht imstande, auch nur eine passable Erzählung zu schreiben.
Ich lese zwar selten Kritiken und erst recht nicht von Büchern, mit deren Lektüre ich mich gerade beschäftige, aber auf gleichsam osmotischem Wege teilt sich einem bei so weithin angekündigten und vielrezensierten Werken zumindest deren Tendenz mit, und die lautete cum grano salis, der „Provokateur” und „Skandalautor” – diese beiden Zuschreibungen gehören so fest zu Houellebecq wie Latexkorsage und Peitsche zum Klischee einer Domina – sei überraschend sanft und versöhnlich geworden. Ist er nicht. „Vernichten” ist ein untröstliches, ein erschütterndes Buch, und, wenn wir die beiden Eselswörter wieder zu ihrem Recht bringen wollen, durchaus „provokativ” und „skandalös” – was widerspräche denn dem LSBTQ- und „Diversity”-Zeitgeist mehr als ein Roman, der die Familie und die Ehe als „die beiden verbliebenen Pole” beschreibt, „die das Leben der letzten Bewohner des Abendlandes in der ersten Hälfte des 21. Jahrhunderts ordneten”? „Andere Modelle waren von Menschen, denen das Verdienst zukam, die Abnutzungserscheinungen der traditionellen Modelle vorauszuahnen, vergeblich in Betracht gezogen worden, ohne dass es ihnen gelungen wäre, neue zu entwickeln, und deren historische Rolle war daher gänzlich negativ gewesen.”
„Vernichten” ist ein Geheimdienstthriller – die Handlung beginnt mit einer Serie mysteriöser und mysteriös perfekter Anschläge –, ein politischer Roman – Paul, die Hauptperson, ist der engste Mitarbeiter eines Ministers und Präsidentschaftskandidaten in spe – und ein Familienroman – Pauls Vater erleidet einen Schlaganfall, was die Sippe wieder zusammenbringt. Aber in der Hauptsache handelt das Buch vom Tod. Der Roman verschränkt das vergleichsweise rasche individuelle Sterben mit dem allmählichen Sterben einer Zivilisation. „Er befand sich in der merkwürdigen Situation, stetig und sogar mit einer gewissen Hingabe an der Erhaltung eines Gesellschaftssystems zu arbeiten, von dem er wusste, dass es unweigerlich verloren war und in wahrscheinlich nicht allzu ferner Zukunft untergehen würde”, heißt es über die Hauptperson. „Dieser Gedanke hielt ihn jedoch keineswegs vom Schlafen ab, sondern versetzte ihn vielmehr für gewöhnlich in einen Zustand geistiger Erschöpfung, der ihn rasch einschlafen ließ.”
An anderer Stelle: „Paul hatte Menschen gekannt, die nicht im Traum daran gedacht hätten, ein einmal gegebenes Wort zurückzunehmen, bei ihnen war es nicht einmal nötig, auf die Formalität des Versprechens zurückzugreifen. Es war überraschend, dass es solche Menschen immer noch gab, und das nicht einmal allzu selten. … Seit ungefähr einem Jahrhundert waren immer mehr Menschen anderer Art aufgetaucht; sie waren spaßig und schmierig, sie besaßen nicht einmal mehr die relative Unschuld von Affen, sie waren beseelt von der höllischen Mission, jedes Band zu zernagen und zu zerfressen, alles, was notwendig und menschlich war, zu zerstören. Leider hatten sie am Ende die breite Öffentlichkeit, die einfachen Menschen erreicht.”
Nachdem ein in Diensten des französischen Geheimdienstes stehender Nerd die Struktur der Anschläge entdeckt und damit die nächste Attacke, diesmal auf ein Zentrum der Neuroinformatik, vereitelt hat, versichert ihm ein DGSE-Offizier: „Damit haben Sie das Leben der weltweit führenden Vertreter im Bereich der neuen Technologie gerettet; im Grunde genommen weiß ich nicht, ob das gut war; aber sie haben es getan.“
Wie gesagt, das Buch handelt vom Tod und es endet mit einem Tod; was im siebenten und letzten Teil über den Leser hereinbricht, hat mir das Herz zerknüllt und die Kehle zugeschnürt.
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Im Roman taucht ein Aktivist namens Brian auf, der dabei hilft, den kranken Vater aus dem Pflegeheim, in dem er unweigerlich zugrunde gehen würde, zu entführen. Brian erhält einen kurzen Monolog; darin erklärt er: „Fast alle sind heute der Meinung, dass der Wert eines Menschen mit zunehmenden Alter abnimmt, dass das Leben eines jungen Menschen und erst recht eines Kindes deutlich mehr wert sind als das eines sehr alten Menschen.” Das sei „eine völlige Umkehrung, ein radikaler anthropologischer Umbruch … In allen früheren Zivilisationen beruhte die Wertschätzung oder gar die Bewunderung, die man einem Menschen beimaß, das, was es ermöglichte, seinen Wert zu beurteilen, auf der Art und Weise, wie er sich sein Leben lang tatsächlich verhalten hatte. …
Indem wir dem Leben eines Kindes höheren Wert beimessen – ohne zu wissen, was aus ihm wird, ob es klug oder dumm, ein Genie, ein Verbrecher oder ein Heiliger werden wird –, leugnen wir den Wert unseres tatsächlichen Handelns. Unsere heldenhaften oder noblen Taten, alles, was wir erreicht haben, unsere Errungenschaften, unser Schaffen, all das hat in den Augen der Welt – und dann sehr bald auch in unseren eigenen Augen – keinen Wert. So entziehen wir dem Leben jeden Ansporn und jeden Sinn; genau das ist es, was man als Nihilismus bezeichnet.”
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Noch zum Vorigen schreibt Leser ***:
„Das bei Ihnen angeführte Zitat: ‚…alles, was wir erreicht haben, unsere Errungenschaften, unser Schaffen, all das hat in den Augen der Welt – und dann sehr bald auch in unseren eigenen Augen – keinen Wert. So entziehen wir dem Leben jeden Ansporn und jeden Sinn; genau das ist es, was man als Nihilismus bezeichnet.’
wünschte ich vom Autor präziser formuliert zu sehen, da es in der unspezifizierten Anwendung einer Fehldeutung der wirkenden Kräfte Vorschub leistet. Diese ist nicht unbedeutend für die Lagebeurteilung im Ganzen.
Denn das von Houellebecqs Brian Beklagte ist nicht einfach ‚Nihilismus’, sondern genau das, was der Betriebswirt als Nettobarwert, im WEF spräche man von: Net Present Value, bezeichnet. Selbst mit einem zukünftigen Verbrecher lässt sich ja, etwa durch Zulieferarbeit für IKEA aus der Impfbeugehaft heraus, noch mehr erwirtschaften als mit verflossenen Jetzt-eh-da-Meriten noch so verdienter Veteranen der Zivilgesellschaft. Für’s Gehabte gibt der Schwab halt nix. Auch Ansporn und Sinn lassen sich, in Trippelschritten sogar über Epochen, mittels Plan, Selbstverpflichtung und Übererfüllung in der Stakeholder Economy managen. Vom ZK. Oder eben WEF. Denn weiterhin gilt die eiserne Regel des Kapitalmarktberichtes: Biste immer im nächsten Quartal noch da, biste im nächsten Quartal noch da. Dieses Prinzip ist in sich ein eigenes soziales Konstrukt und damit nicht per se ‚Nihilismus’. Ihren Einwand vorausahnend: Nein, nicht einmal ethischer Nihilismus, denn der Weg in unsere glückliche Bewirtschaftung ist keinesfalls Ausdruck einer Ungültigkeit von Allem, sondern hat seine eigene Schönheit und Eleganz. Und er spricht von Nihilismus, ich bitte Sie!”
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Bleiben wir noch bei den Künsten. Im Westen keimt auch Hoffnung.
Das war gewiss nötig angesichts der momentanen planetarischen Streichinstrumenteschwemme! Aber mal unter uns verganen Betschwestern: Ein Panzer oder ein F16 werden doch auch weitgehend ohne tierische Produkte hergestellt, oder?
PS: Wussten Sie eigentlich, dass jenes Rosshaar, mit dem die Bögen bespannt werden, zumindest bei den Celli, ausschließlich von Hengsten stammt, weil nämlich die Stuten beim Pipi-Machen ihre Schwänze immer mit vollpinkeln, was die Haarqualität für die gattungstypischen Belange zwar nicht einschränkt, sie aber für die Verwendung als Bogensaiten ungeeignet macht? (Hat mir ein melomaner Freund erzählt.)
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Irgendwie immer noch zum Vorigen. Ihre Steuergelder bei der Arbeit.
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Zur mehrfach auf diesen Seiten thematisierten Umbenennung von Straßennamen schreibt Leser ***: