31. Dezember 2024

Von Jahr zu Jahr kom­men mir die sai­so­na­len Wün­sche ein biss­chen abge­stan­de­ner vor, gera­de am Sil­ves­ter­tag, der nicht nur mit der kon­ven­tio­nel­len For­de­rung nach pünkt­lich zele­brier­ter Aus­ge­las­sen­heit vor­stel­lig wird oder nervt, son­dern über­dies von Jahr zu Jahr mehr zum Erobe­rungs­ze­re­mo­ni­ell jener exo­ti­schen Kli­en­tel ent­ar­tet avan­ciert, die die­ses Land stück­wei­se erben und teils dem Ori­ent, teils der bun­ten Welt der Shit­ho­les anglie­dern soll (sofern nicht die KI oder der Sell­ner mit sei­nen Remi­gra­ti­ons­plä­nen dazwi­schen­pfu­schen). Gleich­wohl wäre es unhöf­lich – also weit­aus schlim­mer –, wenn man die Glück­wün­sche unterließe.

Ich wün­sche denn also allen Besu­chern des Klei­nen Eck­la­dens ein groß­ar­ti­ges, umwer­fen­des, buchen­swer­tes neu­es Jahr; Heil, Segen, Gesund­heit, 365 Tage Bom­ben­stim­mung und immer eine Hand­breit Zell­gift im Glas! Möge auch 2025 das wärms­te Jahr seit Beginn der Auf­zeich­nun­gen wer­den. Nie­mand soll grün regiert wer­den und oben­drein frie­ren müssen.

Zugleich möch­te ich allen Lesern, Lese­rin­nen und Lesen­den von Her­zen dan­ken, die an der Ver­gnü­gungs­zoll­schran­ke nicht acht­los vor­bei­stri­chen, son­dern zum Teil zoll­ten, was das Zeug hielt – und noch dar­über hin­aus! –, und also ein gutes Werk an mei­ner schlech­ten Lau­ne taten. Vergelt’s Gott, lie­be und acht­bar­li­che Leut’! Der Klei­ne Eck­la­den dankt euch und Ihnen sei­ne fort­dau­ern­de Existenz.

***

Es ist kaum zu glau­ben, dass schon wie­der ein Vier­tel­jahr­hun­dert jenes Jahr­tau­sends ver­zischt ist, an des­sen Anbruch ich mich noch recht gut erin­ne­re; damals emp­fan­den es vie­le als etwas Beson­de­res, dass die Eins durch die Zwei ersetzt wur­de, wäh­rend eini­ge Obsku­ran­ten Mill­en­ni­ums-Panik ver­brei­te­ten, wes­halb eine apar­te Focus-Kol­le­gin einen „Alles wird gut!”-Titel für die ers­te Num­mer des Jah­res 2000 vor­schlug. Doch sie­he, die Zif­fer ward ver­tauscht, und nichts geschah. Das ist jetzt schon 25 Jah­re her.

„Owe war sint verswunden
alliu mîniu jâr!
Ist mri mîn leben getroumet,
oder ist ez wâr?”

„O weh, wohin entschwanden
mir alle mei­ne Jahre!
War nur ein Traum mein Leben,
oder ist es wahr?”

(Walt­her von der Vogelweide)

Viel ist gesche­hen seit­her, und kei­nes­wegs nur ich habe den Ein­druck, dass damals eine geneig­te Ebe­ne beschrit­ten wur­de. Anno 2000 regier­te das Kabi­nett Schröfisch. Noch war der Euro nicht ein­ge­führt und die Mark damit prak­tisch hal­biert wor­den – den­ken Sie nur dar­an, was eine Por­ti­on Pas­ta oder ein Wie­ner Schnit­zel im Restau­rant kos­te­ten –; noch stan­den die Zwil­lings­tür­me, und nur beson­ders sen­si­ti­ve Geis­ter wie Samu­el Hun­ting­ton oder Rolf Peter Sie­fer­le hat­ten längst erkannt, wohin die Rei­se gehen wür­de. Es ist seit­her aus Euro­pa nichts von Bedeu­tung mehr gekom­men (viel­leicht mit Aus­nah­me des Gegen­pres­sings). Der Erd­teil, der 500 Jah­re lang die Geschi­cke der Welt präg­te, hat den Staf­fel­stab mehr weg­ge­wor­fen als abge­ge­ben und sich aufs Alten­teil zurück­ge­zo­gen. Das hät­te eine ganz plä­sier­li­che Zeit­span­ne wer­den kön­nen, wenn nicht Tei­le der glo­ba­lis­ti­schen Klas­se und die nei­di­schen Lin­ken begon­nen hät­ten, Euro­pa mit migran­ti­schen Analpha­be­ten zu flu­ten, um ver­mit­tels der demo­gra­fi­schen Abriss­bir­ne glo­ba­le Gerech­tig­keit her­zu­stel­len. Bis heu­te las­sen Anna­le­na und ihre Spießgesell*:innen Afgha­nen und Somalier:*innen ein­flie­gen; der Zer­stö­rungs­wil­le die­ser Cote­rie ist unge­bro­chen, ihr Hass aufs frem­de Eige­ne so gren­zen­los wie unser armes Land seit 2015ff.

Man­cher mag die Zeit um 2000 als hei­le Welt erin­nern. Doch alles, was heu­te geschieht, hat­te sich damals schon ange­kün­digt; zumin­dest in der schlau­mei­ern­den Retro­spek­ti­ve. Es hat­te immer Hexen­jad­gen auf oder gegen „Rech­te” gege­ben, ob nun Moh­ler, Jün­ger, Nol­te, Jen­nin­ger, Botho Strauß, Heit‑, Hoh- oder Zitel­mann; dane­ben erfolg­te die per­ma­nen­te Nach­jus­tie­rung der dis­kur­si­ven Git­ter­stä­be wie im His­to­ri­ker­streit, außer­dem  maso­chis­ti­sche Schand­schau­en wie Wehr­machts­aus­stel­lung und Gold­ha­gen-Debat­te, die Errich­tung der Ber­li­ner Zep­pe­lin­wie­se der Zer­knir­schungs­si­mu­lan­ten nach einem Ent­wurf von Peter Beton­man etc. ad nau­seam pp. Der Schoß war frucht­bar noch und längst wie­der, aus dem schließ­lich die deli­rie­ren­den Will­kom­mens­veits­tän­zer und die Agen­ten der Woke­ness kro­chen, um das Werk der ritu­el­len Hek­tor­schlei­fer zu vollenden.

Am 24. Novem­ber 2000 las man im Ham­bur­ger Abend­blatt, das öffent­li­che Abspie­len des Lie­des „Deutsch­land muss ster­ben“ der Punk-Band „Slime“ stel­le kei­ne Ver­un­glimp­fung des Staa­tes dar. So habe das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt ent­schie­den. Das Lied wur­de über Laut­spre­cher­wa­gen in Ber­lin mehr­fach abge­spielt. Der Ers­te Senat befand, das Abspie­len sei durch das Grund­recht auf Kunst­frei­heit gedeckt. Einen Tag zuvor hat­te die Stutt­gar­ter Zei­tung gemel­det, dass der Lie­der­ma­cher Frank Ren­ni­cke vom Amts­ge­richt Böb­lin­gen zu zehn Mona­ten auf Bewäh­rung ver­ur­teilt wur­de, weil er das soge­nann­te „Hei­mat­ver­trie­be­nen­lied“ gesun­gen hat: „Packt eure Snack­bars und Kol­cho­sen ein, lasst uns wie­der Deut­sche in Deutsch­land sein. Amis Rus­sen und Fremd­völ­ker raus, end­lich wie­der Herr sein im eige­nen Haus.“ Das sei Volks­ver­het­zung. (Ein­schal­tung für Esel: Ich neh­me aus­schließ­lich am zwei­ten Urteil Anstoß.)

Ein paar Wochen spä­ter, am 25. Janu­ar 2001, stand in der FAZ zu lesen: Post­bank kün­digt der Jun­gen Frei­heit das Kon­to. Ein Spre­cher der Bank bezeich­net dies „als Bei­trag zur Demokratie“.

Die geneig­te Ebe­ne jeden­falls war beschrit­ten – auch wenn aus der dama­li­gen Per­spek­ti­ve Haus­durch­su­chun­gen wegen eines „Schwachkopf”-Postings oder 30 Tage Haft dafür, eine Poli­ti­ke­rin als „Mär­chen­er­zäh­le­rin” und ihr Gere­de als „dum­mes Zeug” bezeich­net zu haben, noch nicht vor­stell­bar schie­nen. Die ers­te rot-grü­ne Bun­des­re­gie­rung änder­te das Staats­bür­ger­schafts­recht, erleich­ter­te Dop­pel­staats­bür­ger­schaf­ten und beschleu­nig­te durch das Zuwan­de­rungs­ge­setz von 2004 die Mas­sen­mi­gra­ti­on, nach­dem der Asyl­kom­pro­miss unter der Regie­rung Kohl die Ein­wan­de­rungs­wel­le auf dem Asyl­ti­cket – 1992 hat­ten 438.191 Aus­län­der, das Gros immer­hin aus Euro­pa, in Deutsch­land einen Asyl­an­trag gestellt – zwi­schen­zeit­lich gebro­chen hat­te. Die Kon­stanz anti­deut­scher grü­ner Poli­tik sym­bo­li­sie­ren am bes­ten die bei­den Außen­mi­nis­ter Joseph Fischer und Anna­le­na Baer­bock. Der „gemüts­ver­gam­mel­te” (Eck­hard Hen­scheid) Fischer­jo­ckel, Taxi­fah­rer­prü­fungs­ab­sol­vent und Visa­af­fä­ren­aus­sit­zer, war der kon­per­fi­de Vor­gän­ger der tram­pol­in­durch­rüt­tel­ten Lebens­lauf­kos­me­ti­ke­rin aus dem Völ­ker­recht, bei­de trans­at­lan­tisch dres­siert wie nur je ein Rött­gen, bei­de vol­ler Miss­trau­en gegen die Deut­schen und an deren Wohl­erge­hen herz­lich des­in­ter­es­siert, son­dern wie umge­kehr­te Igel nach innen sta­chelnd und nach außen kuschelnd, bei­de gepam­pert und fel­la­tio­niert von den Press­strol­chen, bei­de einig in ihrer Mis­si­on, mög­lichst vie­le Frem­de ins Land zu holen, um die eth­ni­sche deut­sche Täter­volks­sub­stanz aus­zu­dün­nen und das „Wir sind das Volk!”-Volk zur leich­ter beherrsch­ba­ren Bevöl­ke­rung zu spal­ten – divi­de et impe­ra –, oder weiß die Geier*in, war­um; wer mag schon in die ver­ranz­ten Hir­ne von Ideo­lo­gen schau­en? Ihre Pen­sio­nen sind jeden­falls gesi­chert, fern­ab von den Pro­blem­be­zir­ken, die sie mit­ge­schaf­fen haben. Indes: Wer weiß, was die Neme­sis plant, und ob sie nicht am Ende mei­ne Träu­me träumt…

Wo aber Gefahr ist, naht dann und wann das Ret­ten­de auch. Die Wahl von Donald Trump mag für die deut­sche Wirt­schaft gewis­se Pro­ble­me mit sich brin­gen – ver­gli­chen mit jenen, die ihr ein der dunk­len Sei­te der ame­ri­ka­ni­schen Macht zuar­bei­ten­der anti­deut­scher Minis­ter bescher­te, wer­den sie sich gering­fü­gig aus­neh­men –, in jedem Fall aber war es ein Votum für die Frei­heit. Wenn Donalds bun­te Trup­pe ab Janu­ar den Frie­den schafft und die Zen­sur abschafft, wird das für die woken Besat­zer von Noch­bun­ter­land nicht ohne Schram­men abgehen.

Der Stark­kopf, der in Deutsch­land die Wirt­schaft demo­liert, hat gesagt: „Wir” – immer die­ses gefin­kel­te, tie­fen­ver­gau­ner­te Wir – „kön­nen den demo­kra­ti­schen Dis­kurs nicht in die Hän­de von Elon Musk und chi­ne­si­scher Soft­ware legen.“ Habecks Wahl­kämp­fer Andre­as Aud­retsch – immer wenn ich den sehe, den­ke ich mir die schwar­ze Schirm­müt­ze mit dem Toten­kopf dazu – sekun­diert: „Unse­re Auf­ga­be als demo­kra­ti­sche Kräf­te ist es, das zu stop­pen.“ Wir sind die demo­kra­ti­schen Kräf­te. Nur wir.

Elon Musk, hören wir aus allen Laut­spre­chern und Täter­volks­emp­fän­gern, müs­se gestoppt wer­den, weil er sich in die deut­sche Poli­tik einmischt.

Erin­nern wir uns.

Als Trump dann doch gegen alle Rat­schlä­ge aus Good Old Ger­ma­ny erst­ge­wählt wor­den war, erklär­te die damals noch und allen Erns­tes so genann­te deut­sche Ver­tei­di­gungs­mi­nis­te­rin Ursu­la von der Ley­en, sie fühle sich „schwer scho­ckiert”. Vor die Kame­ra trat der oben zitier­te Frank-Wal­ter, um Trump ausdrücklich nicht zu gra­tu­lie­ren mit den Wor­ten: „Das Ergeb­nis ist anders, als die meis­ten in Deutsch­land sich das gewünscht haben.” Der dama­li­ge Vize­kanz­ler und SPD-Chef Sig­mar Gabri­el kabel­te, Trump sei der „Vor­rei­ter einer neu­en auto­ri­tä­ren und chau­vi­nis­ti­schen Inter­na­tio­na­len”; der Repu­bli­ka­ner wol­le ein „Roll­back in die alten, schlech­ten Zei­ten”. Sein stets ori­gi­nel­ler, wenn auch in der Begriffs­fin­dung nicht ori­gi­na­ler Genos­se Ralf Ste­g­ner notier­te: „Wenn die­ser Rechts­po­pu­list und sexis­ti­sche Hass­pre­di­ger US Prä­si­dent wird, dürfen wir uns auf einen poli­ti­schen Käl­te­schock gefasst machen.”

Ich erlau­be mir noch einen Rück­blick zu den Hoch­ta­len­tier­ten vom jour­na­lis­ti­schen Escort-Ser­vice: „Die Wahl Trumps ist das Ende des Wes­tens”, twit­ter­te wei­land der Pre­mi­um­jour­na­list Jakob Aug­stein. „1776 & 1789 ent­stand der Wes­ten, 2016 ver­ab­schie­det er sich”, ließ sich sein Kol­le­ge Nils Mink­mar nicht lum­pen. „Mein Kum­pel Mink­mar was right: the end is near”, sekun­dier­te welt­ge­wandt der noch coo­le­re Pre­mi­um­jour­na­list Ulf Pos­ch­ardt. Den Drei­en noch weit vor­aus war der an Fascho­la­lie labo­rie­ren­de Moritz von Uslar: „Das Land, das uns vom Faschis­mus befreit hat, wählt den Faschismus.”

Wie man kaum alt und schon so ver­blö­det sein kann.

Zurück in die Gegen­wart. Einen Zau­sel neh­men wir noch mit in den Jahresausklang.

Wer nicht beim Beob­ach­ten von spe­zi­ell deut­schen Poli­ti­kern gele­gent­lich in allen Far­ben des Ekels schil­lert, ist gewiss kein Mensch höhe­ren Geschmacks.

Doch sei’s drum: Wie Sie sehen, wer­den Sie auch 2025 ohne Pop­corn nicht auskommen.

Ex okzi­den­te* lux! Pro­sit Neujahr! 

(* Ich möge doch bit­te­schön occi­den­te schrei­ben, moniert Freund ***.)

 

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