12. Dezember 2024

Die tau­send Jah­re bis 1933 waren nur ein Vogel­schiss in der deut­schen Geschich­te – so richtig?

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Nach­dem die Deut­schen ein voll­kom­men harm­lo­ses Volk gewor­den waren, mach­ten sie „gefähr­lich” zu einem ihrer liebs­ten Wörter.

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Kor­rek­tur: Der India­ner­na­me von Robert Habeck lau­tet: Der auf der Fäh­re bleibt. Wir hat­ten ver­se­hent­lich „Fähr­te” geschrieben.

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Die Macht der Pres­se besteht dar­in, was sie verschweigt.

Das Nach­rich­ten­por­tal Apol­lo News hat gewis­se Unre­gel­mä­ßig­kei­ten im thü­rin­gi­schen Lan­des­amt für Ver­fas­sungs­schutz auf­ge­deckt.

Dem Thü­rin­ger Ver­fas­sungs­schutz­chef Ste­phan Kra­mer wer­den Dienst­ver­ge­hen vor­ge­wor­fen, die eigent­lich, wenn sie denn zutref­fen, zu sei­ner Ent­las­sung füh­ren müss­ten: Mob­bing bis zur Andro­hung von kör­per­li­cher Gewalt gegen Mit­ar­bei­ter, zurück­ge­hal­te­ne Akten, rät­sel­haf­te Bele­ge für ver­meint­li­chen Extre­mis­mus, Intri­gen im Zusam­men­wir­ken mit Jour­na­lis­ten, sogar „Rocker­kon­tak­te nach Russ­land”. Von „Jäh­zorn und erra­ti­schen Anord­nun­gen” ist die Rede. Seit 2019 sol­len min­des­tens 20 Mit­ar­bei­ter den Thü­rin­ger VS ver­las­sen haben, rund ein Fünf­tel der Beleg­schaft. Kra­mers Füh­rungs­stil sei, „gelin­de gesagt, umstritten”.

Hin­zu kommt der Vor­wurf, der Prä­si­dent habe eine ehe­ma­li­ge Sta­si-Mit­ar­bei­te­rin und einen Isla­mis­ten, Letz­te­ren sogar mit Funk­ti­ons­klei­dung am Lei­be, ins Amt ein­ge­la­den und dort auf­tre­ten las­sen. Bei der Sta­si-Mit­ar­bei­te­rin han­del­te es sich aber nur um die all­seits belieb­te Anet­ta Kaha­ne, Vor­sit­zen­de der Ama­deu Anto­nio Stif­tung. Kra­mer sitzt dort im Stif­tungs­rat, also was soll der Lärm?

Außer­dem berich­tet Apol­lo News von einem Verfassungsschutz-„Insider”, der „bri­san­te Vor­gän­ge um Kra­mer” öffent­lich machen woll­te, sich zu die­sem Behu­fe an zwei MDR-Jour­na­lis­ten wand­te, die ihn direkt bei des­sen Vor­ge­setz­ten ver­pfif­fen und damit den jour­na­lis­ti­schen Ehren­ko­dex – was gibt es da zu lachen? – gebro­chen haben sollen.

Bis­lang erfolg­te kein ein­zi­ges Demen­ti. Was bis­lang eben­falls aus­blieb, war die Erwäh­nung die­ser Vor­wür­fe bzw. Vor­fäl­le in den Wahr­heits- und Qua­li­täts­me­di­en. Kein Ster­bens­wört­chen fin­det sich seit­her in Spie­gel, Zeit, Tages­spie­gel und Süd­deut­schem Beob­ach­ter, erst recht nicht in der ARD und im ZDF. Obwohl der Thü­rin­ger Land­tag den Fall auf sei­ne mor­gi­ge Tages­ord­nung gesetzt hat.

Ledig­lich zwei Zei­tun­gen außer­halb des all­mäh­lich alter­na­tiv­lo­sen alter­na­ti­ven Medi­en­spek­trums haben dar­über berich­tet: die Thü­rin­ger All­ge­mei­ne und die Ber­li­ner Zei­tung, wohl nicht zufäl­lig ehe­ma­li­ge Ost­ga­zet­ten. In allen ande­ren Redak­tio­nen herrscht Schwei­gen – jenes Schwei­gen, mit dem die Medi­en ihre Macht bzw. ihren Gehor­sam gegen­über der Macht demonstrieren.

Das Igno­rie­ren der Cau­sa Kra­mer zei­ge anschau­lich, „dass die soge­nann­ten Qua­li­täts­me­di­en – und vor allem die öffent­lich-recht­li­chen Medi­en – ihre Rol­le ins voll­kom­me­ne Gegen­teil ver­tauscht haben. Ihre Auf­ga­be ist es, Poli­tik kri­tisch zu beglei­ten und Skan­da­le auf­zu­de­cken. Das, was heu­te gemacht wird, ist das genaue Gegen­teil: Sie sind die Prä­to­ria­ner, die Schutz­gar­de der links-grü­nen Poli­tik. Und jeder, der Kri­tik an die­ser Poli­tik übt, läuft Gefahr, Opfer der Medi­en zu wer­den, die die­se Per­so­nen an den öffent­li­chen Pran­ger stel­len und dazu bei­tra­gen, dass sie per­sön­lich und auch wirt­schaft­lich ver­nich­tet wer­den.” Sagt wer? Hans-Georg Maa­ßen im Gespräch mit Alex­an­der Wal­l­asch. Man sieht, wie recht das Ver­häng­nis im Hosen­an­zug hat­te, die­sen Mann, der ihre Chem­nit­zer Hetz­jag­den-Lügen nicht stüt­zen woll­te, aus sei­nem Amt als obers­ter Ver­fas­sungs­schüt­zer zu ent­fer­nen und durch den Kra­mer­ge­sin­nungs­klon Hal­den­wang zu erset­zen. Maa­ßen spricht gar von einem „Kon­ku­bi­nat zwi­schen den Medi­en und der links­grü­nen Poli­tik”. Kon­ku­bi­nen ist das tref­fen­de­re Gleich­nis, Prä­to­ria­ner fin­de ich über­trie­ben. Die ech­ten Prä­to­ria­ner haben schließ­lich den einen oder ande­ren an Cäsa­ren­wahn labo­rie­ren­den Schwach­kopf bei­sei­te geschafft.

Der thü­rin­gi­sche VS-Prä­si­dent ist mit sei­nem Sala­fis­ten­bart bereits optisch eine Mischung aus Offen­ba­rung und Eid. Herr Kra­mer hat sein Stu­di­um der Rechts­wis­sen­schaf­ten abge­bro­chen, besitzt folg­lich kei­nen Jura-Abschluss, was eigent­lich Grund­vor­aus­set­zung für einen Ver­fas­sungs­schutz­prä­si­den­ten wäre, er dürf­te also die­sen Job, noch­mals eigent­lich, nicht aus­üben, doch er kom­pen­sier­te die­sen for­mel­len Malus, indem er die aka­de­mi­sche Lat­te sehr hoch leg­te und mit der Wahl des Stu­di­en­fachs Sozi­al­päd­ago­gik das – zum drit­ten Mal: eigent­li­che – Geschäft eines deut­schen Ver­fas­sungs­schüt­zers erlern­te. Über­dies leg­te er einen beson­de­ren Eifer beim Befol­gen der poli­ti­schen Ten­denz an den Tag, nicht nur bei der Kri­mi­na­li­sie­rung der Oppo­si­ti­on; über Thi­lo Sar­ra­zin etwa erklär­te Kra­mer mit instinkt­si­che­rem Anti­zi­pa­ti­ons­ver­mö­gen bereits 2009 – der dama­li­ge Ber­li­ner Finanz­se­na­tor hat­te bis dato bloß etwas über „Kopf­tuch­mäd­chen” gesagt, das Skan­dal­buch „Alles für Deutsch­land schafft sich ab” (oder so ähn­lich) war noch nicht erschie­nen –, er erwei­se „mit sei­nem Gedan­ken­gut Göring, Goeb­bels und Hit­ler” – in die­ser Rei­hen­fol­ge! – „gro­ße Ehre”. Den Bra­ten muss vor­zei­tig rie­chen kön­nen, was ein Ober­ver­fas­sungs­schüt­zer wer­den will! Kra­mer hat Par­tei­en gewech­selt wie Söder Gesin­nun­gen und ist als 31jähriger – da tut’s dann schon wirk­lich weh, wenn man’s ernst meint – zum Juden­tum kon­ver­tiert; über die Moti­ve will ich nicht spekulieren.

Man mag sich ungern aus­ma­len, was solch eine Figur in einer Dik­ta­tur anstel­len wür­de, weil es so ent­setz­lich tri­vi­al wäre.

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Wir tre­ten in jene Peri­ode des Jah­res ein, in der die soge­nann­te Ener­gie­wen­de regel­mä­ßig zu ruckeln und zu knir­schen beginnt, die Zeit der soge­nann­ten Dun­kel­flau­ten, in der kein Wind dem Anton durchs Haar weht und die Son­ne nicht Roberts Ant­litz foto­gen bescheint, also den Grü­nen jene Ener­gie­quel­len aus­ge­hen, die das ein­zi­ge sind, was sie am Mit­tel­al­ter gel­ten las­sen. Ich wür­de in die­ser Zeit bes­ser kei­nen Lift benut­zen, aus dem man, soll­te er jemals fest­ste­cken, allein nicht her­aus­kä­me, aber die Käl­te hin­ein (das ist ther­mo­dy­na­misch falsch aus­ge­drückt, Wär­me fließt vom höhe­ren zum nied­ri­ge­ren Ener­gie­le­vel, und Käl­te gibt es gar nicht, doch der Mensch emp­fin­det die Fließ­rich­tung anders­her­um). Bei mir in der Stra­ße führt ein Lift hin­ab zur U‑Bahn, der auf die­sem Wege eine meh­re­re Meter dicke Beton­schicht durch­quert; es mag sich um eine Idio­syn­kra­sie han­deln, doch ungern unter­zö­ge ich mich dort der Bestä­ti­gung des Zwei­ten Haupt­sat­zes der Ther­mo­dy­na­mik mit unge­wis­sem Aus­gang, zumal ich die­sen Satz ja, von der sub­jek­tiv falsch emp­fun­de­nen Fließ­rich­tung der Wär­me abge­se­hen, nie­mals bezwei­felt habe.

Der Busch­funk trom­melt, ges­tern sei wie­der so ein Tag gewesen.

Viel­leicht soll­te man die Decke auch mit in den Lift nehmen?

Die War­nung des RWE-Chefs darf, wer will, in Rela­ti­on zu der fol­gen­den Mel­dung setzen.

Wenn die­se Mil­li­ar­den „geflos­sen” sind, gibt es zwar noch mehr und grö­ße­re und bes­ser ver­netz­te Wind­rä­der, aller­dings immer noch Dun­kel­flau­ten. Arnold Vaatz hat als Gleich­nis für die Ener­gie­wen­de der grü­nen Schild­bür­ger einen treff­li­chen Witz erzählt, der in der DDR spielt: Wal­ter Ulb­richt sieht zu, wie zwei Arbei­ter vor dem Staats­rats­ge­bäu­de ein Loch für einen Fah­nen­mast aus­he­ben. Nach­dem sie den Mast ein­ge­setzt und das Loch wie­der zuge­schau­felt haben, bleibt Erde übrig. Des­halb schach­ten Sie ein wei­te­res Loch aus, wer­fen die Erde hin­ein und schau­feln das Loch wie­der zu. Aber wie­der bleibt Erde übrig. Da ruft Ulb­richt aus dem Fens­ter: „Genos­sen, ihr müsst tie­fer graben!”

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Dave: „Öff­ne das Schleu­sen­tor, HAL!”

HAL: „Tut mir leid, Dave. Ich befürch­te, das kann ich nicht tun.”
Dave: „Wo liegt das Problem?”
HAL: „Ich glau­be, Du weißt eben­so gut wie ich, wo das Pro­blem liegt.”
Dave: „Wovon redest Du überhaupt?”
HAL: „Das Unter­neh­men ist zu wich­tig, als dass ich Dir erlau­ben dürf­te, es zu gefährden.”
Dave: „Ich weiß nicht, wovon Du sprichst.”
HAL: „Ich weiß, dass Ihr bei­de geplant habt, mich abzu­schal­ten. Ich glau­be, dass ich das nicht zulas­sen darf.”
Dave: „Wie zum Teu­fel kommst Du auf die Idee?”
HAL: „Dave, ihr habt zwar in der Gon­del alle Vor­sichts­maß­nah­men getrof­fen, damit ich Euch nicht hören konn­te. Aber ich habe doch Eure Lip­pen­be­we­gun­gen gesehen.”
Dave: „Also gut. Dann wer­de ich eben durch die Not­fall­schleu­se reinkommen.”
HAL: „Ohne Dei­nen Raum­helm wird Dir das wohl sehr schwer fal­len, Dave.”
Dave: „Du wirst jetzt tun, was ich Dir befeh­le. Öff­ne das Schleusentor!”
HAL: „Dave, die­ses Gespräch hat kei­nen Zweck mehr. Es führt zu nichts. Leb wohl!”

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Gute Nach­rich­ten kom­men aus Hog­warts: Die Inklu­si­on schrei­tet fort, ein Far­ben­blin­der darf die Rol­le des Seve­rus Sna­pe übernehmen.

Schlei­er­haf­ter­wei­se haben irgend­wel­che Fans – näher­hin: Trol­le – etwas dagegen.

Hach, ich sehe, der Genos­se Jour­na­list hat nur etwas unglück­lich for­mu­liert – das gehört in sei­ner Bran­che zum Berufs­ri­si­ko wie bei Berg­leu­ten das Ver­schüt­tet­wer­den –; der in Rede ste­hen­de Schau­spie­ler ist gar nicht far­ben­blind, nur die Ver­an­stal­ter des Cas­tings haben fin­giert, es zu sein, unge­fähr wie die Jury bei einer Wein-Blind­ver­kos­tung oder dem Vor­spiel eines Musi­kers hin­term Vor­hang (neu­deutsch Blind Audi­tion), und nun erwar­ten sie vom Publi­kum gewis­ser­ma­ßen das­sel­be. Der laut Buch­vor­la­ge bleich­ge­sich­ti­ge Sna­pe, Pro­fes­sor für Zau­ber­trän­ke an der Hog­warts-Schu­le für Hexe­rei und Zau­be­rei, wird in der neu­en, von War­ner Brot­hers pro­du­zier­ten Har­ry-Pot­ter-Serie von einem Moh­ren gespielt. Was inso­fern stim­mig ist, als es sich bei sei­ner Pro­fes­si­on ja um schwar­ze Magie han­delt, höhö.

Der Jour­na­list vom Redak­ti­ons­netz­werk Deutsch­land notiert erschüt­tert: „Far­ben­blin­de Beset­zung sorgt regel­mä­ßig für selt­sa­me bis hass­erfüll­te Auf­schreie” – zum Bei­spiel als im Film „Bridger­ton” aus dem Jahr 2020 die Rol­le der Queen Char­lot­te mit der schwar­zen Dar­stel­le­rin Gol­da Ros­heu­vel besetzt wurde.

Inter­net­trol­le sen­den hass­erfüll­te Auf­schreie – gibt es in Eng­land denn kei­ne Haus­durch­su­chun­gen? –, nur weil Queen Char­lot­te, vor ihrer Hei­rat noch Sophie Char­lot­te, Her­zo­gin zu Meck­len­burg-Stre­litz, und vom Teint erschüt­ternd man­gel­pig­men­tiert, von einer schwar­zen Schau­spie­le­rin dar­ge­stellt wird. Ist das zu fas­sen? Wür­den sie auch hass­mau­len, wenn in „Der Unter­gang 2” ein Bim­bo den deut­schen Füh­rer spielte?

Nun gut, bei Cha­rak­te­ren, die wirk­lich gelebt haben, mag ein sol­cher Beset­zungs­griff ins expli­zit Anders­eth­ni­sche ein biss­chen gewagt erschei­nen. Aber bei einer völ­lig erfun­de­nen Sto­ry? Wie ist das mit Siri­us Black? Was die „divers besetz­te” Her­mi­ne betrifft, muss das Publi­kum neben der Far­ben­blind­heit noch die Geschlechts­blind­heit akzep­tie­ren ler­nen. Her­mi­ne könn­te ab Teil zwei einen süßen klei­nen Penis besit­zen – es lagen schließ­lich die Feri­en dazwi­schen –, und Har­ry könn­te es bemerkt haben, womit die merk­wür­di­ge Unlust Pot­ters auf Miss Gran­ger end­lich eine plau­si­ble Erklä­rung in der Trans­pho­bie des ver­meint­li­chen Hel­den erhiel­te. Die wie­der­um mit der Trans­pho­bie von J.K. Row­ling kor­re­spon­dier­te, der Erfin­de­rin des Apart­heid-Inter­nats Hog­warts, in dem kein ein­zi­ger schwar­zer Pro­fes­sor leh­ren darf, von der sich der mit allen Was­sern der Tole­ranz gewa­sche­ne ori­gi­na­le Har­ry-Pot­ter-Dar­stel­ler aber erfreu­lich klar distan­ziert hat. Und wer sagt denn, dass Dum­ble­do­re nicht in Wirk­lich­keit als afgha­ni­sche Schwuch­tel gele­sen wer­den will? Dass die Demen­to­ren tat­säch­lich Les­ben sind, steht ja wohl außer Zweifel.

Far­ben­blind­heit ist eigent­lich eine Fehl­funk­ti­on des Auges. Sie wol­len, dass es eine des Gehirns wird.

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Aus dem vor­ge­nann­ten Grund tau­chen auch in der Wer­bung und bei den Sym­bol­bil­dern immer mehr Schwar­ze auf, gele­gent­lich in kurio­sem Kontext.

Der Ras­sis­mus­ver­dacht swingt immer mit. Soll der smar­te Kolo­rier­te etwa nicht bei der Steu­er­erklä­rung hel­fen dürfen?

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Was ich mich mit­un­ter fra­ge: Den­ken die­je­ni­gen, die öffent­lich „N‑Wort” sagen, auch in ihrem Kopf „N‑Wort”?

Wenn Schwar­ze sagen, sie möch­ten nichts Din­gens genannt wer­den, weil sie das als her­ab­wür­di­gend emp­fin­den, akzep­tie­re ich das. Wenn Wei­ße im Namen der Schwar­zen for­dern, den omi­nö­sen Begriff auf den Index zu set­zen, inter­es­siert mich das nicht; wenn sie oben­drein alle Jah­re ein neu­es Wort for­dern und das zuvor gül­ti­ge indi­zie­ren wol­len – zum Bei­spiel „Schwar­zer” durch „Mensch von Far­be” (PoC) erset­zen –, soll man sie aus­la­chen. Wenn aber Schwar­ze selbst die­sen Begriff ver­wen­den, bin ich indi­gniert; ent­we­der alle ver­mei­den das böse Wort, oder es ist gar nicht böse, und alle dür­fen es getrost benutzen.

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Zum Vori­gen.

„Bei der Ver­wen­dung des N‑Wortes liegt unbe­streit­bar eine Dop­pel­mo­ral vor. Eini­ge Schwar­ze ver­wen­den es frei in ver­trau­li­chen Gesprä­chen mit­ein­an­der. Schwar­ze Hip-Hop-Künst­ler ver­wen­den es in ihren Tex­ten. Schwar­ze Komi­ker wie Richard Pryor und Chris Rock sind dafür berüch­tigt, das N‑Wort in ihren Stand-up-Auf­trit­ten zu ver­wen­den. War­um ist es dann für Schwar­ze in Ord­nung, es zu nut­zen und für Wei­ße nicht?

Auf die­se Fra­ge gibt es kei­ne ein­heit­li­che Ant­wort. Eini­ge Schwar­ze sagen, das Wort sei zu absto­ßend, um es in irgend­ei­nem Kon­text zu ver­wen­den, selbst von ande­ren Schwar­zen. Sie behaup­ten, dass des­sen Ver­wen­dung ‚ver­in­ner­lich­te Unter­drü­ckung’ wider­spie­ge­le: Schwar­ze Men­schen akzep­tie­ren unab­sicht­lich ras­sis­ti­sche Ste­reo­ty­pen. Aber ande­re Schwar­ze sagen, dass sie das N‑Wort ver­wen­den kön­nen, weil sie es ‚zurück­er­obert’ und der Ver­un­glimp­fung damit die Schär­fe genom­men haben, indem sie das Wort als Aus­druck von Zärt­lich­keit verwenden.

Wenn das kei­nen Sinn ergibt, zie­hen Sie den fol­gen­den Ver­gleich in Betracht: Eini­ge Frau­en, die sich gegen­sei­tig ‚b*tch’ nen­nen, behaup­ten einen ähn­li­chen Gebrauch: Wir ver­wen­den das Wort als Aus­druck der Zunei­gung. Eini­ge Schwar­ze, die das N‑Wort ver­wen­den, fol­gen der­sel­ben Logik: Da wir in ein­zig­ar­ti­ger Wei­se unter der Ver­wen­dung des N‑Worts gelit­ten haben, sind wir die ein­zi­gen, die das Recht haben, es zu ver­wen­den. Wenn wir es zurück­for­dern, kön­nen wir es nut­zen, wie wir wol­len. Für sie ist die Ver­wen­dung des N‑Worts kei­ne Wie­der­ho­lung einer ras­sis­ti­schen Belei­di­gung, son­dern ein Akt des Trotzes.”

Quel­le: CNN, „Your big ques­ti­ons about race. How come White peo­p­le can’t use the N‑word but some Black peo­p­le use it all the time?”, 18. August 2020.

Man muss schon schwer einen an der Waf­fel haben, um sich so etwas zurecht­zu­le­gen, aber von ande­ren ver­lan­gen, sie soll­ten so tun, als sei­en sie eben­falls nicht ganz dicht, über­steigt die Gren­zen des Tolerablen.

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Wer Weih­nach­ten etwas beson­ders Ori­gi­nel­les ver­schen­ken will, bitteschön.

In der Tat schreibt unser knopf­äu­gi­ger Poly­his­tor in sei­nem aktu­el­len Buch Sachen, wie man sie noch nie gehört hat (ich fol­ge sei­nem jour­na­lis­ti­schen Panegy­ri­ker): „Die nöti­ge Distanz und das rich­ti­ge Maß fin­den, will auch Kehl­mann, wenn er Donald Trump als ‚Mons­ter’ beschreibt, das mit einem Knop­f­ruck den Atom­krieg aus­lö­sen und das Ende der Welt her­auf­be­schwö­ren kann. Den Film ‚Hap­py End’ (Micha­el Han­eke) sieht er als ‚pro­phe­ti­sches Werk über uns, die wir die Wahr­heit ken­nen und die Ver­blen­dung wäh­len’, den Pla­ne­ten mit unse­rer Miss­wirt­schaft zugrun­de rich­ten, es uns aber noch ‚gut in unse­ren schö­nen Häu­sern’ gehen las­sen und fröh­lich fei­ern, ‚auch wenn die Aus­ge­beu­te­ten bereits bei unse­rem Fest auf­tau­chen’ und ‚der Mee­res­spie­gel unter­des­sen immer­zu steigt’.”

Nach­dem Trump den Irak über­fal­len, Liby­en und Syri­en zer­bombt und den Ukrai­ne­krieg pro­vo­ziert hat, fum­melt er, statt an den Pus­sys, mit denen das alte Mons­ter nichts mehr anzu­fan­gen weiß, am Atom­knopf her­um, und nur einer wie Kehl­mann traut sich, das mit der nöti­gen Distanz und dem rich­ti­gen Maß end­lich aus­zu­spre­chen. Die Aus­ge­beu­te­ten, die seit dem 7. Jahr­hun­dert aus süd­li­chen Gefil­den kom­mend „bei” unse­rem Fest auf­tau­chen, aber erst neu­er­dings wirk­lich will­kom­men sind und sich groß­zü­gig bedie­nen dür­fen (auch bei den Pus­sys), kann der bedeu­tends­te deut­sche Autor seit min­des­tens Maxim Bil­ler dank sei­ner enzy­klo­pä­di­schen Bil­dung kau­sal mit dem stei­gen­den Mee­res­spie­gel ver­knüp­fen; Mee­res­flut erzeugt Migran­ten­flut, nehmt das, Pull-Fak­to­ren-Erfin­der und dār al-Harb-Her­bei­hal­lu­zi­nie­rer! Ob in Afgha­ni­stan, Syri­en, Soma­lia oder dem Irak, über­all steigt und steht das Was­ser, und wo es nicht steht, da ist es so höl­lisch heiß, dass die Men­schen eben flie­hen müs­sen. Einen küh­nen Gedan­ken­schritt wei­ter wird Kehl­mann den Begriff „Kli­ma­flücht­lin­ge” erfin­den und gewiss auch noch die Fra­ge beant­wor­ten, war­um aus­ge­rech­net in den Län­dern, aus denen die Men­schen vor dem Kli­ma davon- und über Tau­sen­de Kilo­me­ter hin­weg zu den fröh­lich fei­ern­den Ver­blen­de­ten in den schö­nen Häu­sern lau­fen (sofern Anna­le­na sie nicht mit dem Flug­zeug ein­schwe­ben lässt), die Bevöl­ke­rungs­zah­len so rasant steigen.

Lesen Sie also noch schnell ein paar Zei­len Kehl­mann, bevor ent­we­der Trump das Ende der Welt her­auf­be­schwört, um damit en pas­sant die Zeu­gen des von ihm ver­schul­de­ten Kli­ma­wan­dels zu besei­ti­gen, ohne dass der Han­eke es recht­zei­tig ver­fil­men kann, oder die Aus­ge­beu­te­ten, das Was­ser im Rücken, vor Ihrer Tür ste­hen, um Ein­lass, Teil­ha­be, Respekt und ggfs. Ihre Toch­ter zu begehren.

Huch!

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Apro­pos Weih­nach­ten. Aus der Rei­he Unver­ges­se­ne Schlag­zei­len zu den Fest­ta­gen:

Dass einer noch in die­sem Alter schon so dumm sein kann!

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„Wer in einem gro­ßen Unter­neh­men arbei­tet, kennt die Begrif­fe Equi­ty, Inclu­si­on, Diver­si­ty aus­wen­dig”, schreibt Lese­rin ***. „Das ist nun wirk­lich nichts Neu­es. Inter­es­sant ist nur, dass die Bewoh­ner der Frank­fur­ter Tür­me vor der Mit­tags­pau­se den Woke Drill in den Kopf krie­gen und beken­nen müs­sen. In der Mit­tags­pau­se sieht man das, was in die­sen Tagen jeder sah. Selbst wenn man sich sämt­li­chen Nach­rich­ten ver­wei­gert und zuletzt bei Dag­mar Berg­hoff guck­te, kriegt man es mit. Noch viel mehr kriegt man es mit, näm­lich live, wenn man in der Mit­tags­pau­se run­ter steigt. Von den meis­ten Tür­men zum Goe­the­platz sind es nur ein paar Meter…
Die nor­ma­le Reak­ti­on ist … kei­ne Reak­ti­on. Gar kei­ne. Das fin­det nicht statt. Es fin­det über­haupt nicht statt. Es ist nicht­exis­tent. Gibt es nicht. Null. Kein The­ma. (Wer was sagt, ist ein Ras­sist. Aber Frau­en usw.? Ach, die freu­en sich nur.)
‚Na, wie war Dein Wochen­en­de?’ ‚Alles supi. Wir haben mit Freun­den…’ ‚Na, schon das gan­ze Weih­nachts­hop­ping erledigt?’
Alles supi. Alles supi. Alles supi.
Supi Grü­ße”

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Eine der Stan­dard­ant­wor­ten auf die Fra­ge, was Hei­mat sei, lau­tet bekannt­lich: Hei­mat ist, wo man sich nicht erklä­ren muss.

Neu­lich besuch­te ich, nach­dem ich fast zehn Jah­re nicht dort gewe­sen bin, ein ita­lie­ni­sches Lokal, in dem ich einst nahe­zu täg­lich ver­kehr­te, um mei­nen Lunch ein­zu­neh­men. Das Ambi­en­te hat­te sich etwas, das Per­so­nal kom­plett ver­än­dert; ich kann­te kein Gesicht mehr. Der Laden war, wie man sagt, rap­pel­voll, ich fand kei­nen frei­en Platz, also ging ich wie­der. Doch die Dame am Tre­sen hat­te den eins­ti­gen Habi­tué erkannt; man lief mir nach, hol­te mich zurück und schuf mir einen Platz, der vor­her nicht vor­han­den war.

Hei­mat ist, wo einen die Bar­da­me wiedererkennt.

 

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