12. Oktober 2024

Das Bes­te am Begriff Faschis­mus ist, dass der Sozia­lis­mus dar­in nicht vorkommt.

Hier ver­sucht ein Schwei­zer Natio­nal­rat namens Ger­hard Pfis­ter, die euro­päi­schen Rechts­po­pu­lis­ten von Blo­cher bis zur AfD in Umber­to Ecos „14 Merk­ma­le des Ur-Faschis­mus” hin­ein­zu­pro­krus­ten, was schon ande­re Bra­ten­rie­cher vor ihm ver­such­ten, aber was soll einer tun, dem für sei­ne offen­bar regel­mä­ßi­ge Kolum­ne nichts mehr einfällt?

Dass die von Eco anno 1995 sta­tu­ier­ten 14 Kri­te­ri­en eine Art von päpst­li­cher Digni­tät besit­zen, scheint für den Gevat­ter Natio­nal­rat aus­ge­macht, womit er selbst ein klei­nes biss­chen unter die Faschis­mus­ver­dachts­merk­mals­trä­ger gerie­te (sie­he dazu im Fol­gen­den die Punk­te 3, 4 und 5), wenn die Eco’schen Kri­te­ri­en denn tat­säch­lich All­ge­mein­gül­tig­keit bean­spru­chen dürf­ten. Schau­en wir sie uns unter dem von Pfis­ter gewähl­ten Aspekt der „heu­ti­gen Ereig­nis­se und Per­so­nen” und mit eini­gen sei­ner exem­pla­ri­schen Hin­zu­fü­gun­gen an.

1. Tra­di­tio­nen­kult. Der Tra­di­tio­na­lis­mus als Gegen­be­we­gung zum Syn­kre­tis­mus (Ver­mi­schung ver­schie­de­ner Reli­gio­nen, Kon­fes­sio­nen, phi­lo­so­phi­scher Leh­ren). „Es kann kei­nen Fort­schritt der Erkennt­nis geben, die Wahr­heit ist ein für alle­mal verlautbart.”

Ich neh­me mal zuguns­ten Ecos, des lite­ra­ri­schen Tra­di­tio­na­lis­ten, an, dass er nicht wie ein deut­scher Grü­ner die gesam­te Tra­di­ti­on sei­nes Lan­des bzw. die west­li­che Kul­tur ablehnt, son­dern tat­säch­lich einen Kult um sie meint, des­sen Exis­tenz inner­halb der deutsch­spra­chi­gen Lan­de und Gaue mir aller­dings ent­gan­gen sein muss. Im Sin­ne des bei­gefüg­ten Zitats fällt mir nur ein ein­zi­ger poli­ti­scher Akteur ein, auf den es zutrifft – auch wenn es sich um einen reli­giö­sen Syn­kre­tis­mus han­delt, aber dank der Erhe­bung Moham­meds zum „Sie­gel der Pro­phe­ten” mit Abso­lut­heits­an­spruch –: der Islam. Die ein für alle­mal ver­kün­de­te Wahr­heit. Das Buch, in dem kein Zwei­fel ist. Ob irgend­wo unter den euro­päi­schen Rech­ten jemand lebt und webt, der so etwas glaubt, wage ich zu bezweifeln.

2. Ableh­nung der Moder­ne: Trotz Tech­nik­ver­eh­rung fußt die Ideo­lo­gie auf Blut und Boden. Im Grun­de wer­den die Auf­klä­rung und die Wer­te von 1789 abgelehnt.

Die Ideo­lo­gie der aktu­el­len Rech­ten fußt zwar sehr wohl auf Boden, zumin­dest sofern sie Sozia­lis­ten bzw. Sozi­al­staat­ler sind, aber kaum mehr auf dem Blut. Das nennt sich Nor­ma­ti­vi­tät des Fak­ti­schen – auch in den Rechts­par­tei­en und den Wahl­krei­sen der Kan­di­da­ten wim­melt es ja von migra­ti­ons­hin­ter­grund­ver­edel­ten Zeit­ge­nos­sen. (Ich hat­te mir, als ich 2021 zu Chem­nitz für den Bun­des­tag kan­di­dier­te, was durch die ver­ein­ten Brief­wäh­ler allah­l­ob ver­hin­dert wer­den konn­te, sogar den Wahl­slo­gan „Blut nein, Boden ja” aus­ge­dacht, der mir aber als zu unver­ständ­lich aus­ge­re­det wur­de.) Ansons­ten: Wer den Begriff „Auf­klä­rung” ohne eine Pri­se Iro­nie ver­wen­det, darf unmög­lich dar­auf hof­fen, selbst ernst­ge­nom­men zu wer­den. Wohin die „Wer­te von 1789” führ­ten, konn­te man 1792/93 stu­die­ren, und auf irgend­ei­ner Art von Scha­fott kön­nen sie immer wie­der enden. Den Wer­ten von Robes­pierre und Saint-Just, den Kopf­ab­schnei­dern und Aus­mor­dern der Ven­dée, soll­te der Kul­tur­mensch jeden­falls durch­aus mit Skep­sis begeg­nen. Gleich­heit ist eine Illu­si­on, und zwar kei­ne schö­ne, Brü­der­lich­keit eine kleb­ri­ge Zumu­tung, nur die Frei­heit zählt wirk­lich, aber die hat den Wes­ten in sein heu­ti­ges Dilem­ma geführt, was zu beden­ken wäre. Eine Zivi­li­sa­ti­on braucht jeden­falls kei­ne Wer­te – wer einen Wert setzt, setzt ja auto­ma­tisch einen Unwert –, son­dern Gesetze.

1789 war auch die Geburts­stun­de der Reac­tion. Als Fort­set­zung des Jako­bi­ner­tums ent­stand im fol­gen­den Jahr­hun­dert der Kom­mu­nis­mus. Des­sen blu­ti­ger Angriff auf die west­li­che Zivi­li­sa­ti­on 1917ff. hat den Faschis­mus als logi­schen und von Klio mit einem gewis­sen his­to­ri­schen Recht aus­ge­stat­te­ten Feind über­haupt erst zur Welt gebracht. Faschis­mus ist Anti­mar­xis­mus. Mit dem Begriff des Anti­fa­schis­mus hat die Lin­ke erfolg­reich kaschiert, dass sie die Angrei­fe­rin war und bis heu­te ist. Grü­ne Poli­tik ist Kul­tur­mar­xis­mus, sie „fußt” auf den­sel­ben Res­sen­ti­ments wie die Jako­bi­ner­di­ka­tur und jene der Bol­sche­wi­ken. Die „Wer­te der Auf­klä­rung” indes, ein­sei­tig inter­pre­tiert als schran­ken­lo­se Gleich­heits- und Frei­heits­rech­te, sind, wie gesagt, am Zer­fall der west­li­chen Gesell­schaf­ten nicht unbe­tei­ligt, weil der frei­heit­lich-säku­la­re Staat, gemäß dem Böcken­för­de-Para­do­xon, von Vor­aus­set­zun­gen lebt, die er selbst nicht garan­tie­ren kann. Unter dem anti­west­li­chen, iden­ti­täts­po­li­ti­schen und post­ko­lo­nia­lis­ti­schen Dau­er­feu­er der Lin­ken, das durch die Boden­trup­pen der Isla­mi­sie­rung einst­wei­len noch unter­stützt wird, wankt der Rechts­staat samt Gewal­ten­tei­lung, Mei­nungs- und aka­de­mi­scher Frei­heit. Es gibt folg­lich Grün­de, nicht „die” Moder­ne abzu­leh­nen, aber zahl­rei­che aus ihr fol­gen­de Irr­we­ge. Wenn die Moder­ne und die „Wer­te von 1789” dazu füh­ren, dass die west­li­chen Natio­nal­staa­ten als Rechts­rah­men und Hei­mat­klau­su­ren ihrer ange­stamm­ten Ein­woh­ner zur Dis­po­si­ti­on gestellt wer­den, sind Abwehr­re­ak­tio­nen der Betrof­fe­nen, die von den Lin­ken als „faschis­tisch” geschmäht wer­den, hof­fent­lich unvermeidlich.

3. Irra­tio­na­lis­mus: „Den­ken als Form der Kas­tra­ti­on”. Kul­tur wird ver­däch­tigt, sobald sie kri­tisch wird. Miss­trau­en gegen­über dem Intellekt.

Die­se Eigen­schaft tei­len sämt­li­che Ideo­lo­gien und auto­ri­tä­ren Herr­schafts­for­men, das gilt auch für Lin­ke und Grü­ne. Sobald sie herr­schen, gerät jede Kri­tik an ihnen und ihrer Ideo­lo­gie unter Ver­dacht und letzt­lich ins Visier staat­li­cher Ver­fol­gung. Das beob­ach­ten wir gera­de in der BRD (dazu wei­ter unten mehr). Heu­te „wird Kul­tur ver­däch­tigt”, sobald sie eben rechts oder tra­di­tio­nell ist, schau­en Sie allein auf die Debat­te um das Ber­li­ner Stadtschloss.

4. Ableh­nung der ana­ly­ti­schen Kri­tik: Wenn die Wis­sen­schaft man­geln­de Über­ein­stim­mung als nütz­lich ansieht, ist es für den Ur-Faschis­mus Verrat.

Das wür­de im Umkehr­schluss hei­ßen: Wenn die Wis­sen­schaft auf Über­ein­stim­mung pocht, ist es Faschis­mus. Inter­es­sant. Wo bzw. von wem wer­den denn heu­te Wis­sen­schaft­ler gecan­celt und jeg­li­cher mate­ri­el­ler Mit­tel beraubt, wenn sie mit „der” Mei­nung „der” Wis­sen­schaft zum aus­schließ­lich men­schen­ge­mach­ten Kli­ma­wan­del, zur Gefähr­lich­keit einer angeb­li­chen Pan­de­mie oder zur Viel­ge­schlecht­lich­keit des Men­schen nicht über­ein­stim­men? (Über Geschichts­dog­men will ich gar nicht reden, weil Geschich­te kei­ne Wis­sen­schaft ist.) Die Rechts­po­pu­lis­ten for­dern die­sen Kon­sens nicht. Was gibt es Auto­ri­tä­re­res („Faschis­ti­sche­res”), als aus­ge­rech­net der Wis­sen­schaft, dem Zen­trum der Erkennt­nis­pro­duk­ti­on durch Ergeb­nis­of­fen­heit, per­ma­nen­ten Fal­si­fi­ka­ti­ons­druck und Streit, eine Ein­heits­mei­nung auf­nö­ti­gen oder andich­ten zu wol­len? Han­nah Are­ndt hat dar­auf hin­ge­wie­sen, dass in tota­li­tä­ren Sys­te­men die Mas­sen mit soge­nann­ten wis­sen­schaft­li­chen Bewei­sen von der Stich­hal­tig­keit der staat­li­chen Plä­ne und Maß­nah­men „überzeugt” wer­den: „Die­se ideo­lo­gisch ver­an­ker­ten Lügen (…) wer­den mit sorg­fäl­tig aus­ge­ar­bei­te­ten Sys­te­men pseu­do­wis­sen­schaft­li­cher Bewei­se geschützt.” – „Im Gegen­satz zu älte­ren For­men poli­ti­scher Pro­pa­gan­da, die dazu neigt, sich auf die Ver­gan­gen­heit zu beru­fen, um Gegen­wär­ti­ges zu recht­fer­ti­gen, benutzt tota­li­tä­re Pro­pa­gan­da die Wis­sen­schaft, um die Zukunft zu pro­phe­zei­en.” Fol­low „the” science!

5. Ableh­nung von Mei­nungs­viel­falt und Plu­ra­lis­mus: Die natür­li­che Angst vor Unter­schie­den wird aus­ge­beu­tet und ver­schärft. Der ers­te Appell des Faschis­mus oder Vor­fa­schis­mus rich­tet sich gegen Eindringlinge.

Ableh­nung von Mei­nungs­viel­falt und Plu­ra­lis­mus ist kei­nes­wegs nur ein Grund­im­puls des Faschis­mus, son­dern zum Bei­spiel auch der Grü­nen oder von Frau Fae­ser. Gera­de die Grü­nen über­zie­hen ja das Land mit Straf­an­zei­gen, weil sich ihre Appa­rat­schiks von irgend­wem belei­digt füh­len. Die natür­li­che lin­ke Angst vor Unter­schie­den konn­te ich im Real­so­zia­lis­mus stu­die­ren; heu­te tobt sie sich im BRD-Schul­we­sen aus und offen­bart sich im Bil­dungs­ver­fall rot­grün regier­ter Bun­des­län­der. Was wie­der­um die „Ein­dring­lin­ge” betrifft, besteht die hal­be Welt­ge­schich­te aus einem Kampf gegen sol­che. El Cid und Jan Sobie­ski sind aus heu­ti­ger lin­ker Sicht Faschis­ten par excel­lence. Dem Ein­dring­ling mit Vor­sicht zu begeg­nen, ist ein auf Empi­rie gestütz­tes ver­nünf­ti­ges Ver­hal­ten. Der angeb­lich faschis­ti­sche Appell gegen Ein­dring­lin­ge wird legi­tim, sobald ihr Auf­tau­chen eine Gefahr für die All­ge­mein­heit dar­stellt und auf eine Ent­eig­nung von Indi­ge­nen hin­aus­läuft. Reden wir nicht von den­je­ni­gen Ein­ge­drun­ge­nen, die sich nicht beneh­men kön­nen. Außer­halb Deutsch­lands hört man sogar sei­tens der Lin­ken nicht mehr nur Appel­le gegen Ein­dring­lin­ge, son­dern sie sind mit von der Par­tie, wenn der Staat ein­dring­lings­ab­wei­sen­de Maß­nah­men ergreift wie in Schwe­den und Dänemark.

6. Ent­ste­hen durch indi­vi­du­el­le oder sozia­le Frus­tra­ti­on: Der Appell an die frus­trier­te Mit­tel­klas­se in einer öko­no­mi­schen Kri­se oder bei poli­ti­scher Demütigung.

Ich zitie­re immer wie­der Wolf­gang Ven­ohrs Satz: „Faschis­mus ist die bür­ger­li­che Gesell­schaft im Bela­ge­rungs­zu­stand.” Das gilt ins­be­son­de­re, wenn die­se bür­ger­li­che Gesell­schaft durch Kul­tur­frem­de geschröpft und suk­zes­si­ve ver­drängt wird. Auf die aktu­el­le Gesamt­si­tua­ti­on gewen­det: War­um soll jemand nicht frus­triert sein, dem eine als Staat ver­klei­de­te sozia­lis­ti­sche Räu­ber­ban­de ganz offi­zi­ell das Geld aus der Tasche stiehlt, um mit die­sem Geld Migran­ten, Wind­müh­len, Gen­der­klos und Rad­we­ge in Peru zu finanzieren?

7. Natio­na­lis­mus: Men­schen, die sich der sozia­len Iden­ti­tät beraubt füh­len, wird ein ein­zi­ges Pri­vi­leg zuge­spro­chen: In dem­sel­ben Land gebo­ren zu sein. Die Wur­zel der urfa­schis­ti­schen Psy­cho­lo­gie ist Ver­schwö­rung. Die Anhän­ger müs­sen sich bela­gert füh­len, am bes­ten durch Fremde.

Oder eben bela­gert und der Iden­ti­tät beraubt wer­den. Immer­hin gesteht die­se Merk­mals­be­schrei­bung zu, dass der Rechts­po­pu­lis­mus, sei­ner his­to­ri­schen Stun­de gemäß, eine aus­schließ­lich defen­si­ve Bewe­gung ist. Ich ken­ne übri­gens einen Hau­fen von deut­schen Rechts­po­pu­lis­ten, deren Wie­ge nicht in ’schland stand.

8. Demü­ti­gung vom Reich­tum und der Macht der Frem­den: Damals: „Juden sind reich und haben ein gehei­mes Netz gegen­sei­ti­ger Unter­stüt­zung.” Heu­te „Flücht­lin­ge krie­gen alles, haben iPho­nes und haben sich zur ‚Inva­si­on’ verschworen.”

Die­se Inva­si­on (inva­de­re = ein­drin­gen) bzw. der Gro­ße Aus­tausch sind kei­ne Ver­schwö­rung, son­dern eine täg­lich in west­li­chen Städ­ten zu beob­ach­ten­de, von allen Alt­par­tei­en und Medi­en als gut und erstre­bens­wert ver­kün­de­te, mit Steu­er­mil­li­ar­den geför­der­te Rea­li­tät. Die Deut­schen ver­lie­ren Haus für Haus, Kita für Kita, Schu­le für Schu­le, Stra­ßen­zug für Stra­ßen­zug, Vier­tel für Vier­tel ihre Hei­mat, aber nur sel­ten an Neu­bür­ger, die wirt­schaft­lich, wis­sen­schaft­lich oder kul­tu­rell etwas auf die Bei­ne stel­len und sich anpas­sen wol­len. Die Juden waren 1933 in Deutsch­land bes­tens inte­griert – wenn die Lin­ken schlau wären, wür­den sie gera­de die­ses Bei­spiel für ihre Anti-Assi­mi­la­ti­ons-Lita­nei­en benut­zen –, wäh­rend die Exis­tenz von fremd­kul­tu­rel­len Par­al­lel­ge­sell­schaf­ten, deren Ange­hö­ri­ge sel­ten Steu­ern zah­len, aber mit Steu­er­gel­dern finan­ziert wer­den, und ghet­to­ar­ti­gen Migran­ten­be­zir­ken, wo Almans eher uner­wünscht sind, eine Tat­sa­che ist. (Danisch beschreibt hier anschau­lich die Über­nah­me von Tei­len Ber­lins durch die noch nicht beson­ders lan­ge dort Lebenden.)

Anschei­nend fin­den Leu­te wie Natio­nal­rat Pfis­ter, um in ihrer Faschis­mus­be­griff­lich­keit zu blei­ben, die offen­si­ve isla­mi­sche Ver­si­on weni­ger schlimm als die defen­si­ve der euro­päi­schen Rech­ten. Alla­hu akbar, Gevatter.

9. „Das Leben ist nur um des Kamp­fes wil­len da.“

Ich will doch hof­fen, dass der „Kampf” gegen „Rechts” jetzt nicht irgend­ei­nem Ver­dikt verfällt?

10. „Eli­te­den­ken“: Man gehört dem bes­ten Volk, der bes­ten Ras­se an. Der Füh­rer weiß, dass ihm die Macht nicht demo­kra­tisch über­tra­gen wer­den kann, dass sei­ne Kraft in der Schwä­che der Mas­se wur­zelt. Jeder Unter­füh­rer ver­ach­tet sei­ne Unter­ge­be­nen. Die Fol­ge ist ein mas­sen­haf­tes Elitebewusstsein.

Wie sich Klein-Moritz eben den ech­ten Fascho so vor­stellt. Dem bes­ten Volk, der bes­ten Ras­se gehört übri­gens der Ara­ber an, denn in sei­ner Spra­che hat Allah den Koran geof­fen­bart, und für ihn müs­sen die Ungläu­bi­gen arbei­ten. Ich höre aber, dass auch der Japa­ner, der Tür­ke, der Ukrai­ner, der Chi­ne­se, der Kon­go­le­se und der Alba­ner dem bes­ten Volk und der bes­ten Ras­se ange­hö­ren. Und der Mas­sai! Wie sich dort das Ver­hält­nis der Unter­füh­rer zu Unter­ge­be­nen gestal­tet bzw. nie­der­schlägt, ist eine Fra­ge, deren Beant­wor­tung man nicht faschis­ti­schen Besat­zungs­so­zio­lo­gen über­las­sen darf.

11. Erzie­hung zum Hel­den­tum: Ein Held ist in der Mytho­lo­gie ein außer­ge­wöhn­li­ches Wesen. Im Faschi­mus ist der Held die Norm. Das Hel­den­tum hängt eng mit einem Todes­kult zusam­men. Der Held im Faschis­mus sucht unge­dul­dig den heroi­schen Tod als bes­te Beloh­nung und schickt in die­ser Unge­duld ger­ne ande­re in die­sen Tod.

Wer hat gesagt: „Ihr liebt das Leben, aber wir lie­ben den Tod?”
a) Björn Höcke
b) Gior­gia Meloni
c) Schampus-Maxe
d) Osa­ma bin Laden?

12. Über­tra­gung des Wil­lens zur Macht und des Hel­den­tums auf die Sexua­li­tät: Das ist der Ursprung der Frau­en­ver­ach­tung und der Into­le­ranz gegen­über unge­wöhn­li­chen Sexu­al­prak­ti­ken (von Keusch­heit bis Homo­se­xua­li­tät) und die Nei­gung zur „phal­li­schen Ersatz­übung“, dem Spiel mit der Waffe.

Huch, man soll­te den Schwuch­teln in den west­li­chen Schwe­fel­par­tei­en wohl mal die Mori­tat von Ernst Röhm vor­tra­gen! Die Frau­en­ver­ach­tung der Rech­ten ist übri­gens höchst selek­tiv und wird z.B. in die­sem soge­nann­ten Meme recht anschau­lich dargestellt.

Der­zeit wer­den die schlim­men Par­tei­en in Ita­li­en und Frank­reich von Frau­en ange­führt, die deut­sche Schwe­fel­par­tei sogar von einer Les­bie­rin. Das ist wahr­schein­lich die sub­lims­te, am meis­ten über­fei­ner­te, ja die über­kan­di­delts­te Form der heroi­schen faschis­ti­schen Frauenverachtung.

13. Selek­ti­ver Popu­lis­mus: Der indi­vi­du­el­le Bür­ger wird durch den Volks­kör­per ersetzt.

Den durchs Kol­lek­tiv sub­sti­tu­ier­ten Indi­vi­du­al­bür­ger haben wir zuletzt bei den „zivil­ge­sell­schaft­lich” orga­ni­sier­ten Mas­sen­de­mons­tra­tio­nen „gegen rechts” gese­hen, in denen die #wir­s­ind­mehr-Volks­ge­mein­schaft wie paw­low­sche Pudel auf eine von der Regie­rung zumin­dest orches­trier­te Lügen­ge­schich­te eines staats­fi­nan­zier­ten Medi­ums mit erhöh­tem Gei­fer­fluss reagierte.

14. Urfa­schis­mus spricht „Neu­spra­che“: Ein ver­arm­tes Voka­bu­lar mit Framing und Deu­tungs­ho­heit. Von „Lügen­pres­se“ bis „Umvol­kung“ wer­den Begrif­fe neu etabliert.

Das ist, von den bei­den kon­kre­ten Bei­spie­len abge­se­hen, die noch halb­wegs Wirk­lich­keit abbil­den – wobei die Medi­en eher ver­schwei­gen als lügen, wes­halb der Ter­mi­nus „Lücken­pres­se” pas­sen­der scheint –, natür­lich eine exak­te Beschrei­bung der glo­ba­lis­ti­schen Lin­ken und ihrer polit­me­dia­len Agen­ten, die alles, was nicht der woken Agen­da applau­diert, irgend­wie mit „rechts” oder „faschis­tisch” framen, und zur all­ge­mei­nen deu­tungs­ho­heit­li­chen Des­ori­en­tie­rung einen gan­zen Schwarm von Begrif­fen, die etwas ande­res, das Gegen­teil oder gar nichts bedeu­ten, auf die Öffent­lich­keit los­ge­las­sen haben, etwa: „Hass und Het­ze“, „Schwurb­ler“, „Erneu­er­ba­re Ener­gien“, „Kli­ma­leug­ner”, „Fake News“, „Zei­ten­wen­de“, „Rechts­ruck“, „femi­nis­ti­sche Außen­po­li­tik“, „Demo­kra­tie­ab­ga­be“, „Mobi­li­täts­wen­de“, „ange­bots­ori­en­tier­te Ener­gie­ver­sor­gung“, „Son­der­ver­mö­gen“, „Selbst­be­stim­mungs­ge­setz“, „Trans-Frau“, „Hin­weis­ge­ber”, „Demo­kra­tie­fein­de“, „Schutz­su­chen­de“, „See­not­ret­tung“, „Bür­ger­geld“, „Kli­ma­ka­ta­stro­phe”, „Pan­de­mie”, „digi­ta­ler Gesund­heits­pass“, „Anti­ras­si­mus”, „Demo­kra­tie­för­der­ge­setz“, „Ernäh­rungs­wen­de“, „Kli­ma-Streik“, „Gen­der­wis­sen­schaft”, „Mikro­ag­gres­si­on“, das „Treib­haus­gas CO2“ und und und.

Ich kom­me zum Resü­mee. Der Faschis­mus gehört in sei­ne Epo­che, wie der Nazi in die Requi­si­ten­kam­mer sei­ner Zeit – und nir­gend­wo­hin sonst. Umber­to Eco war ein Lin­ker oder argu­men­tier­te wie ein sol­cher, indem er einen his­to­risch kon­ta­mi­nier­ten Begriff defi­ni­to­risch wie­der­be­leb­te, um ihn all den­je­ni­gen anzu­kle­ben, die lin­ke Poli­tik ableh­nen. Jedes zwei­te sei­ner angeb­li­chen Faschis­mus-Merk­ma­le trifft auch auf die heu­ti­gen soge­nann­ten Anti­fa­schis­ten zu. Die­se gan­ze Auf­zäh­lung ist letzt­lich bull­shit und für nichts zu gebrau­chen als zur Stig­ma­ti­sie­rung poli­tisch Andersdenkender.

PS: „Sehr geehr­ter Herr Klo­novs­ky, neben den theo­re­ti­schen Erwä­gun­gen zum Faschis­mus soll­te man auf die heu­te tat­säch­lich prak­ti­zier­te Defi­ni­ti­on hin­wei­sen. Die hat Molo­tow im Rah­men des deutsch-sowje­ti­schen Nicht­an­griffs­pakts gege­ben: ‚Sowje­ti­sche Pro­pa­gan­da und Ver­tre­ter unter­nah­men gro­ße Anstren­gun­gen, um die Bedeu­tung der Tat­sa­che, dass sie die Deut­schen vor der Unter­zeich­nung des Pak­tes ein Jahr­zehnt lang auf ver­schie­de­ne Wei­se bekämpft hat­ten, her­un­ter­zu­spie­len. Molo­tow ver­such­te, die Deut­schen von sei­nen guten Absich­ten zu beru­hi­gen, indem er gegen­über Jour­na­lis­ten sag­te: Faschis­mus ist Geschmacks­sa­che.’ (Quel­le)

So hält es heu­te die Mehr­heit. Beque­mer geht es nicht.”

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Apro­pos Faschismus.

Über­all, wo Lin­ke regie­ren, grei­fen sie die Mei­nungs­frei­heit an – in allen ihren For­men, also auch die Wis­sen­schafts- und Ver­samm­lungs­frei­heit, die freie For­schung und Leh­re, sie schrei­ben die Geschich­te um und ver­än­dern das Bil­dungs­sys­tem in ihrem Sin­ne, sie schal­ten erst die Medi­en und Uni­ver­si­tä­ten gleich, instru­men­ta­li­sie­ren den Ver­fas­sungs­schutz, spä­ter ver­su­chen sie es dann in der Jus­tiz und ver­wan­deln die Poli­zei in eine poli­ti­sche Behör­de. Jeder kann das wis­sen, es ist oft genug gesche­hen, war nie anders, und zur Anschau­ung ver­an­stal­ten die Roten und Grü­nen das­sel­be Spiel ein­mal mehr. Sie füh­ren das Instru­men­ta­ri­um ein, mit dem die AfD, soll­te sie jemals regie­ren und wäre sie tat­säch­lich gefähr­lich, durch­aus einen faschis­ti­schen Staat errich­ten könn­te. Oder jemand, von dem man es gar nicht erwar­tet hätte.

„Die Bun­des­re­gie­rung plant eine neue Geset­zes­ver­schär­fung. Danach sol­len öffent­li­che Äuße­run­gen oder ‚uner­wünsch­te Kon­takt­auf­nah­men’, die poli­ti­sche oder staat­li­che ‚Funk­ti­ons­trä­ger psy­chisch belas­ten könn­ten’, als ‚Gemein­wohl­ge­fähr­dung’ gel­ten und hart bestraft wer­den kön­nen.” (Link)

Nach den „Staats­de­le­gi­ti­mie­rern” hat die Bun­des­re­gie­rung, ver­tre­ten durch einen FDP-Minis­ter, einen neu­en Straf­tat­be­stand samt dazu­ge­hö­ri­ger Täter­grup­pe erfun­den: die „Gemein­wohl­ge­fähr­der”. Der 20-sei­ti­ge Gesetz­ent­wurf ver­mischt auf die übli­che, halb­wegs geschick­te Wei­se sowohl die zu schüt­zen­den Kol­lek­ti­ve als auch jene, von denen die Angrif­fe aus­ge­hen: Auf der zu ver­tei­di­gen­den Sei­te ste­hen Ret­tungs­kräf­te, Feu­er­wehr und Poli­ti­ker, auf der ande­ren Clans, Kri­mi­nel­le und Regierungskritiker.

Die Bun­des­re­gie­rung, heißt es, set­ze „im Lich­te der aktu­el­len Ent­wick­lun­gen ein kla­res Zei­chen gegen gemein­wohl­schäd­li­che und demo­kra­tie­feind­li­che Straftaten“.

Gemein­wohl­schäd­lich – das ist sowohl DDR-Deutsch als auch NS-Sprech, das ist die Spra­che des Kol­lek­ti­vis­mus und des Tota­li­ta­ris­mus. Die Regie­rung will mit die­ser Geset­zes­än­de­rung (auch) ganz nor­ma­le Ver­hal­tens­wei­sen unzu­frie­de­ner Bür­ger wie kri­ti­sche Äuße­run­gen, Beschwer­de­brie­fe, öffent­li­che Pro­tes­te unter Straf­bar­keits­an­dro­hung stel­len; man muss der­glei­chen nur als Angriff auf die sen­si­ble Psy­che eines leid­ge­stähl­ten Amts- oder Man­dats­trä­gers der Alt­par­tei­en umdeu­ten. Unse­re­de­mo­kra­ten wol­len künf­tig Regie­rungs­kri­tik ad libi­tum kri­mi­na­li­sie­ren dürfen.

Aus iden­ti­schem Grund tat die Bun­des­netz­agen­tur Anfang Okto­ber kund und zu wis­sen, dass in Bestever­land ab sofort so genann­te Trus­ted Flag­ger tätig wer­den, zu deutsch „ver­trau­ens­wür­di­ge Hin­weis­ge­ber”, aller­dings kei­ne Inof­fi­zi­el­len Mit­ar­bei­ter, kurz IM, son­dern OM. Die anony­men Ver­trau­ens­wür­di­gen sol­len Ein­trä­ge auf Face­book, X, You­Tube und ande­ren Platt­for­men kon­trol­lie­ren und nach Gut­dün­ken mar­kie­ren, was sie für „Hass”, „Het­ze”, „Fake news“ und gewiss auch für „Dele­gi­ti­mie­rung” resp. „gemein­wohl­schäd­lich” hal­ten. Mar­kie­ren bedeu­tet: mel­den. „Die Platt­for­men sind ver­pflich­tet, auf Mel­dun­gen von Trus­ted Flag­gern sofort zu reagie­ren”, erklär­te Klaus Mül­ler, der Prä­si­dent der Bun­des­netz­agen­tur. „Ille­ga­le Inhal­te, Hass und Fake News kön­nen sehr schnell und ohne büro­kra­ti­sche Hür­de ent­fernt wer­den. Das hilft, das Inter­net siche­rer zu machen.” Die Grund­la­ge für die­se Anma­ßung wur­de, wie stets, auf dem Umweg über die EU in auto­ri­tä­ren Beton gegos­sen: der soge­nann­te Digi­tal Ser­vices Act. Ein füh­ren­der Euro­krat, der EU-Kom­mis­sar Thier­ry Bre­ton, hat ja Elon Musk gegen­über schon ange­kün­digt, „dass in Euro­pa Regeln zur Ver­brei­tung von Des­in­for­ma­ti­on gel­ten” (Spie­gel) und damit gedroht, EU-weit  – man darf das nicht mit euro­pa­weit ver­wech­seln – des­sen Platt­form X, form­er­ly twit­ter, abzu­klem­men. Am Ran­de bemerkt: Ein EU-Kom­mis­sar ist mäch­ti­ger als gan­ze Land­tags­frak­tio­nen, wird aber von kei­nem Demos gewählt, wes­halb die­se Herr­schaf­ten auch so gut wie nie­man­dem nament­lich bekannt sind.

Wie man fal­sche Mei­nun­gen ohne büro­kra­ti­sche Hür­den aus der Öffent­lich­keit tilgt, wuss­te man dort am bes­ten – und weiß es heu­te noch –, wo jenes Sym­bol das Regime repräsentiert(e), unter dem die Trus­ted Flag­ger von REspect! ihre Rei­ni­gungs­diens­te anbieten.

Im Grun­de han­delt es sich um das RAF-Logo ohne Knar­re. Dass der fünf­za­cki­ge rote Stern ein kom­mu­nis­ti­sches oder lin­kes Sym­bol ist, soll­te all­ge­mein bekannt sein. Inso­fern wür­de ich die­ses Logo halb als Freud’sche Fehl­leis­tung, halb als Tri­um­pha­lis­mus wer­ten. Der Ver­ein wird vom Bun­des­fa­mi­li­en­mi­nis­te­ri­um, gelei­tet von Lisa Paus (Grü­ne), finan­ziert und bekommt För­der­mit­tel aus Lan­des­mi­nis­te­ri­en. Pikan­ter­wei­se ist der Direk­tor der Mel­de­stel­le, die künf­tig ihre Mar­kie­rungs­fat­was ver­hängt, ein mus­li­mi­scher Islam­wis­sen­schaft­ler aus Ägyp­ten namens Ahmed Hay­kel Gaa­far, der in Kai­ro peni­bel stu­diert hat, was künf­tig in Deutsch­land als Hass und Demo­kra­tie­feind­lich­keit gel­ten soll. Ich wüss­te gern, ob der Mensch über­haupt die deut­sche Staats­bür­ger­schaft besitzt. Danisch stellt die Fra­ge, ob die­se Mel­de­stel­le „eine getarn­te Isla­mi­sie­rungs­be­hör­de” sei, und schil­dert den Fall, als „REspect!“ Straf­an­zei­ge nach § 188 StGB gegen ihn erstat­te­te, obwohl kei­ne Straf­tat vor­lag; er hat­te Ricar­da Lang als „dick” bezeich­net, wor­auf­hin das LKA Ber­lin und die Staats­an­walt­schaft Ber­lin ein Straf­ver­fah­ren gegen ihn eröff­ne­ten (lan­ger Text mit sehr gewag­ter Con­clu­sio, aber er zeigt, in was für einem per­fi­den Gesin­nungs­staat wir längst leben).

Die Grü­nen lügen einst­wei­len mun­ter wei­ter, hier in Per­son einer Euro­pa­ab­ge­ord­ne­ten (man muss even­tu­ell dif­fe­ren­zie­ren zwi­schen denen, die genau wis­sen, dass sie lügen, und sol­chen, die aus Man­gel an Urteils­ver­mö­gen ihre Lügen glau­ben). Allein dass ein staat­lich finan­zier­ter Ver­ein Daten über Bür­ger sam­melt, ist nicht erlaubt.

Die smar­tes­te Idee unse­rer neu­en Link­szen­so­ren war zwei­fel­los die, den eigent­li­chen Zen­sur­vor­gang der Pri­vat­wirt­schaft auf­zu­hal­sen, und zwar unter dem Druck def­ti­ger Straf­zah­lungs­dro­hun­gen. Das begann mit dem Netz­werk­durch­set­zungs­ge­setz des Genos­sen H. Maas und wird hier nur perpetuiert.

Die­sel­be Argu­men­ta­ti­on – das sei alles Sache der Anbie­ter und fal­le unter deren Wirt­schafts­frei­heit – bekommt man von Link­strol­len auch dann zu hören, wenn der Schwe­fel­par­tei Räu­me für Ver­an­stal­tun­gen oder ihren Funk­tio­nä­ren Hotel­über­nach­tun­gen ver­wehrt wer­den, weil die Betrei­ber Angst vor beschmier­ten Fas­sa­den, ein­ge­wor­fe­nen Schei­ben und nega­ti­ver Pres­se haben. Oder in sol­chen Fällen:

Das ken­ne ich ganz gut, ich bekom­me in Kein-schö­ner-Land-zu-die­ser-Zeit nahe­zu nir­gend­wo einen Saal, um eine Buch­le­sung oder eine musi­ka­lisch-lite­ra­ri­sche Soi­ree mit mei­ner Frau zu ver­an­stal­ten, weil die Geschäfts­frei­heit derer, die Bam­mel vor Boy­kot­ten haben, mit­un­ter auch strik­te behörd­li­che Wei­sungs­ab­hän­gig­keit oder simp­les Gesin­nungs­stre­ber­tum dem, wie man sagt, ent­ge­gen­ste­hen – wenn auch nicht gera­de im Sturm. (Mein Kum­mer dar­über hält sich in Gren­zen. Was geht mich die­ses Land noch an und wem es Krän­ze flicht?)

Auch das dümms­te Dumm­chen weiß, dass der nächs­te Post ein Fake ist.

Das deut­sche Straf­recht kennt kei­ne Hass­straf­ta­ten. Jeder darf has­sen, wen er will. Hass ist eine  nor­ma­le, übli­che und oft­mals legi­ti­me Gefühls­re­gung. Da die Grü­nen wahr­schein­lich nur noch ein paar Mona­te in der Regie­rung sind, wird es einst­wei­len dabei blei­ben; sonst has­sen wir Zivi­li­sier­ten eben auch noch den Merz mit. Der ehe­ma­li­ge Außen­mi­nis­ter der USA und Biden-Bera­ter John Ker­ry beklag­te unlängst „das Feh­len einer Art von Wahr­heits­rich­tern” in den west­li­chen Staa­ten („absence of a sort of truth arbi­ter”; s. Acta vom 7. Okto­ber); nicht dass jemand glaubt, die hie­si­gen Grü­nen agier­ten unko­or­di­niert. „Truth arbi­ter”, schreibt Freund ***, „kann man am ehes­ten mit ‚Wahr­heits­rat­ge­ber’ über­set­zen – es ist offen­bar eine Ablei­tung von arbi­ter ele­gan­ti­arum. Oder eben gleich, mit Blick auf die Zukunft und den ers­ten in Deutsch­land zuge­las­se­nen Trus­ted flag­ger: Rechtleiter.”

***

Gesell­schaf­ten brau­chen einen kleins­ten gemein­sa­men Nen­ner des Abscheus. Jede Groß­grup­pe benö­tigt ein minus eins, durch des­sen Ableh­nung oder Aus­sto­ßung sie sich stabilisiert.

Dass eine sol­che Figur bzw. ein sol­ches Milieu exis­tiert, ist wich­ti­ger als die Fra­ge, wer die­se Rol­le über­nimmt. Irgend­je­mand muss sie jeden­falls spie­len. Von dem- bzw. den­je­ni­gen darf kei­ne wirk­li­che Gefahr aus­ge­hen, aber sie soll­ten als Popanz zur Unter­stel­lung eines von ihnen dro­hen­den Unheils tau­gen, damit die Exklu­si­ons- oder Exkom­mu­ni­ka­ti­ons­ri­tua­le ihre inte­grie­ren­de emo­tio­na­le Kraft ent­fal­ten kön­nen. Nur Abgren­zung erzeugt ech­ten Zusam­men­halt; das gebie­tet die Con­di­tio huma­na. Es gibt kein Groß­kol­lek­tiv ohne Paria, und es ist inso­fern voll­kom­men egal, wer exkom­mun­ziert wird, als die pas­sen­den Eigen­schaf­ten dem Ver­sto­ße­nen unab­hän­gig von sei­ner rea­len Erschei­nung ein­fach ange­hängt wer­den; das ist erlaubt, er wäre sonst ja nicht der Paria. Die Mas­se wird immer jeman­den fin­den, allein wegen des woh­li­gen Gefühls, zu den Ver­sto­ßern und nicht zu den Ver­sto­ße­nen zu gehö­ren. Das ist rei­ne Bio­lo­gie, Rudel- und Her­den­ver­hal­ten, lim­bi­sches Sys­tem, dem Beob­ach­ter mit Distink­ti­ons­be­dürf­nis und Empa­thie pein­lich, aber wohl nicht zu ändern.

Im Grun­de läuft alle Poli­tik in Mas­sen­ge­sell­schaf­ten dar­auf hin­aus, das Groß­hirn, wo – zumin­dest zuwei­len – das Indi­vi­du­um wohnt, aus­zu­schal­ten und das lim­bi­sche Sys­tem anzu­spre­chen, in dem die Grup­pe, die Her­de, die Meu­te mit­samt ihren kol­lek­ti­ven Affek­ten haust, unter wel­chen die Angst der mäch­tigs­te ist. Hat man das lim­bi­sche Sys­tem der Mehr­heit unter Kon­trol­le, droht von den ver­ein­zel­ten Groß­hir­nen kei­ne Gefahr mehr.

***

Im Jakob-Kai­ser-Haus des Bun­des­tags prä­sen­tiert die Bun­des­tags­bi­blio­thek ihre Neu­erwer­bun­gen oder Bücher, die die Mit­ar­bei­ter für beson­ders wich­tig hal­ten; ich ken­ne die Aus­wahl­kri­te­ri­en nicht. Wobei, nach nähe­rem Hin­schau­en erken­ne ich sie doch.

Das hier sah ich noch in der Auslage.

Das Wort grün­ver­sifft trifft es manch­mal schon ganz gut.

***

Ich stieß eben auf eine Mail, die mir ein Leser schon vor eini­ger Zeit zusand­te, der sich damals in Schott­land auf­hielt und „gera­de gelernt” hat­te, „was es zu James Watt – jen­seits sei­ner Dampf­ma­schi­ne – noch zu wis­sen gibt“.

Die Dampf­ma­schi­ne war kei­nes­wegs ein soge­nann­ter Mei­len­stein auf dem Weg zur Befrei­ung des Men­schen von schwe­rer kör­per­li­cher Arbeit, son­dern ein Vehi­kel zur Auf­recht­erhal­tung der Skla­ve­rei. Shame on you, James Watt!

***

„Ich hat­te ges­tern die Gele­gen­heit, am Ran­de einer Ver­an­stal­tung mit einem Direk­tor des (es folgt der Name einer supra­na­tio­na­len Behör­de der Ver­ein­ten Natio­nen, die ich hier ver­frem­de – M.K.) zu plau­dern. Den Vor­trag des Direk­tors kann man dar­auf run­ter­damp­fen, wie wich­tig und segens­reich doch die wei­te­re EU-Inte­gra­ti­on sei (ich will ein­räu­men, es ist ja nicht alles schlecht dar­an, den Bin­nen­markt – und um den ging es haupt­säch­lich im Vor­trag –, den will ja nun nicht mal die AfD auf­kün­di­gen). Genau­er gesagt fand das Gespräch zu dritt statt, auch ein Kol­le­ge von mir war noch dabei.

Initia­ler Auf­hän­ger des Aus­tauschs war – der Red­ner hat­te ja die EU-Inte­gra­ti­on geprie­sen –, dass mein Kol­le­ge sei­ne Mei­nung kund­tat, man sol­le die nächs­te Erwei­te­rungs­run­de nur in Angriff neh­men, sofern vor­her das Ein­stim­mig­keits­prin­zip in der EU abge­schafft wür­de, denn sonst, so mein Kol­le­ge, wür­de man sich ja noch mehr Pro­ble­me wie etwa den fürch­ter­li­chen Orbán ein­han­deln. Über­haupt, die­ser Orbán, der sei ein Popu­list der ganz üblen Sor­te, ein hal­ber Dik­ta­tor, der der EU auf jede erdenk­li­che Wei­se scha­det etc. pp. Sie sehen schon, wohin das führt und erah­nen, welch geis­ti­ge Ver­ren­kun­gen ich unter­neh­men muss­te, um mit den Any­whe­res (zu denen ich eigent­lich anhand mei­ner Bio­gra­phie auch gehö­re) an einem Tisch sit­zen zu dür­fen. Nie­mand wird über­rascht sein, dass unser Gesprächs­part­ner zustim­mend nick­te. Natür­lich sei Orbán ein gro­ßes Pro­blem, aller­dings habe man erfolg­rei­che Stra­te­gien ent­wi­ckelt, um den Wider­stand eines ein­zel­nen klei­nen Lan­des wie Ungarn in den Gre­mi­en zu ver­wäs­sern und soweit zu ver­dün­nen, dass dem schäd­li­chen Ein­fluss wei­test­ge­hend Ein­halt gebo­ten sei. Aller­dings kön­ne man die häss­li­che Frat­ze des Popu­lis­mus ja mitt­ler­wei­le über­all beob­ach­ten, man dan­ke nur an die blau­en Schwe­fel­bu­ben in Deutsch­land oder den Kickl in der Alpen­re­pu­blik. Der Herr Direk­tor führ­te sodann wei­ter aus, es sei ja kuri­os, dass gera­de dort, wo es wenig Zuwan­de­rer gäbe, die blau­en Schwe­fel­bu­ben die meis­ten Stim­men geholt hät­ten, ein Para­de­bei­spiel für die abstru­sen Ängs­te und die Zurück­ge­blie­ben­heit die­ser Deplorables.

Bis zu die­sem Punkt ste­he ich, der Some­whe­re unter den Any­whe­res, dane­ben, nicke zustim­mend und mache gute Mie­ne zum bösen Spiel – vie­le wer­den das ken­nen. Dann aber ging’s wei­ter, denn Herr Direk­tor spannt den Bogen zum Land der unbe­grenz­ten Mög­lich­kei­ten, und wie wir alle wüss­ten, trei­be auch und gera­de dort wüs­tes­ter Popu­lis­mus sein Unwe­sen. Über­haupt sei die ille­ga­le Ein­wan­de­rung zum Haupt­the­ma im Wahl­kampf gewor­den – und man darf fest­stel­len, sehr zum Ver­druss der ‚Demo­kra­ti­schen’ Par­tei. Aber auch hier bringt unser Gesprächs­part­ner Licht ins Dun­kel, denn die Ein­wan­de­rung sei volks­wirt­schaft­lich durch­weg posi­tiv zu bewer­ten, die USA stün­den des­we­gen bes­ser da, auch wenn Tei­le der Wäh­ler­schaft dies – dumm wie sie sind – eben nicht hono­rier­ten. An die­sem Punkt stei­ge ich erst­mals ins Gespräch ein und bit­te das zu prä­zi­sie­ren. Nun, das sei sehr ein­fach zu erklä­ren, die hohe Zuwan­de­rung habe dazu geführt, dass die Infla­ti­ons­pro­ble­ma­tik deut­lich gemil­dert wur­de und die Löh­ne – gera­de im unte­ren Bereich – eben nicht gestie­gen sei­en, wes­we­gen die Infla­ti­ons­be­kämp­fung deut­lich ein­fa­cher wur­de. Unter die­sem Gesichts­punkt gese­hen sei die Ein­wan­de­rung ein gro­ßer Erfolg und posi­tiv für das Land, sei­ne Sta­tis­ti­ken zeig­ten dies ganz deut­lich. Die­je­ni­gen, die des­halb den Trump wähl­ten, wüss­ten nicht, was sie tun, und hät­ten eigent­lich kei­nen Grund, so die Botschaft.

Und hier nun kam der Moment, der mög­li­cher­wei­se dazu füh­ren wird, dass ich das letz­te Mal auf einer der­ar­ti­gen Ver­an­stal­tung war, ich frag­te näm­lich noch­mals nach: ‚Ver­ste­he ich Sie rich­tig, Sie sagen Regie­rung und Zen­tral­bank haben die Wäh­rung um irgend­was zwi­schen 20 und 25% infla­tio­niert, und um die zwangs­läu­fig fol­gen­den Lohn­stei­ge­run­gen im ver­gleich­ba­ren Aus­maß zu ver­hin­dern, haben sie gleich­zei­tig Mil­lio­nen von Bil­lig­ar­beits­kräf­ten impor­tiert, die die Löh­ne drü­cken? Und wenn dann die Leu­te in ihrer Ver­zweif­lung den Trump wäh­len, ist unse­re Erklä­rung, die sind ein­fach nur zu dumm zu kapie­ren, wie gut sie es haben?’

Und für alle, die jetzt hier den­ken, es käme eine lang­at­mi­ge Erklä­rung für die Umstän­de und dass eben Opfer gebracht wer­den müs­sen, nein, die kam nicht, son­dern die von mir in nai­ver Wei­se ange­bo­te­ne Erklä­rung war sei­ner Mei­nung nach die rich­ti­ge. Bin­go – die­se Hin­ter­wäld­ler wür­den nicht ver­ste­hen, wie gut es ihnen gin­ge, die durch­schnitt­li­che Ent­wick­lung der Real­löh­ne sei ins­ge­samt sehr posi­tiv und so wei­ter und so fort, alles ein­ge­bil­det, nur Dum­me wäh­len den Trump, sei­ne Sta­tis­tik zei­ge dies ganz genau.

Dabei ist für jeden, der sich dafür inter­es­siert, son­nen­klar, dass das nicht sein kann. Sogar der Chef der US-Zen­tral­bank ist mehr­fach auf den Umstand ein­ge­gan­gen, dass die hohe Ein­wan­de­rung ver­hin­dert hat, dass die Löh­ne im ver­gleich­ba­ren Aus­maß stei­gen. Wenn die Lohn­stei­ge­run­gen nicht mit der Infla­ti­on mit­hal­ten, dann zahlt irgend­je­mand die Zeche, wie soll das sonst auch gehen? Das mag gut für die Inves­to­ren sein (gut für mich, ich bin so einer), das mag gut für den IMF sein, schön für die Regie­rung, aber es ist eine Kata­stro­phe, wenn man von einem Arbei­ter­ein­kom­men in den USA leben muss.

Die­ses Feh­len an Empa­thie, das kal­te ‚mei­ne Sta­tis­tik zeigt etwas ande­res’, die­ses ‚das sind doch nur bedau­erns­wer­te unge­bil­de­te Trot­tel’ – das ist sie, die Frat­ze des Tech­no­kra­ten, für den die alte Logik noch gilt, dass Mil­lio­nen Arme mehr eben auch nur eine (wei­te­re) Sta­tis­tik sind.

Wir dür­fen die­se Leu­te nicht gewin­nen lassen.”

 

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