„Ich gehe nirgendwo mehr hin, wo möglicherweise Rechtsextreme sind. Ins Stadion. In den Supermarkt. Nach Hause.“
Lisa Eckhart
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Die Islamophobie ist eigentlich das, was der Antifaschismus sein sollte.
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Während in Kein-schöner-Land zahlreiche offizielle Stellen eingerichtet wurden, wo kritisch-wachsame (Zeit-)Genossen feindlich-negative Personen unkompliziert und anonym melden können – etwa Feinde der Weiber, der Weibmänner, der Regierung, der Religion des Friedens –, nehmen Hass, Hetze und vorzüglich Desinformation, Letztere aus dem Ausland (Russland, Mittlerer Westen, Ungarn, Zürich) gesteuert, ständig zu. Gegen das wühlerische Treiben dieser neuen Koltschaks und Denikins will sich die bestdeutsche Bürgersowjetdemokratie nun stärker zur Wehr setzen.
Das „Forum gegen Fakes – Gemeinsam für eine starke Demokratie” tritt uns entgegen bzw. eilt uns voran in Gestalt eines „Bürgerrates”. Unter dem Unseredemokratie schirmenden Dach der Bertelsmann-Stiftung hat der besagte Rat ein 58seitiges Papier herausgebracht, in dem beschrieben wird, wie man fürderhin die Fakes und deren Produzenten bzw. Vertreiber zu bekämpfen sowie die Bürger bzw. Landeskinder in Sachen Fakeerkennung und ‑vermeidung zu erziehen gedenkt.
Drei Zitate daraus vorweg, damit Sie wissen, vor welche Schmiede Sie getreten sind (ich fette sonst nie, doch diesmal treibt mich der Enthusiasmus in die markanteste Form der Hervorhebung).
„Erwachsene sind besonders schwer zu erreichen, da sie oft nicht mehr zur Schule gehen und ihre Meinungen gegebenenfalls verhärtet sind. Um genau diese Bevölkerungsgruppe dennoch zu erreichen, können verpflichtende Maßnahmen dabei helfen, die Diskussionsbereitschaft zu erhöhen und gleichzeitig wichtige Kompetenzen zu vermitteln.” (S. 22)
„Wir empfehlen, ein Desinformationsranking von Aussagen politischer Akteurinnen und Akteure während des Zeitraums des Wahlkampfes einzuführen. Das Ranking soll von einem gemeinwohlorientierten, unabhängigen Medienhaus/Kollektiv (beispielsweise Correctiv) aus kontinuierlich gesammelten Daten erstellt werden. Dieses Ranking wird rechtzeitig (2 Wochen) vor den stattfindenden Wahlen medienübergreifend veröffentlicht.” (S. 26)
„Vor dem Posten soll es eine angemessene Bedenkzeit (2–5 Minuten) für alle Inhalte auf Social-Media-Plattformen geben. Innerhalb dieser Bedenkzeit überprüft eine Kl den Inhalt auf mögliche Desinformation (…) beispielsweise im Hinblick auf Schlagwörter, welche auf sensible Themen (wie beispielsweise Wahlbeeinflussung, Migration) hinweisen.” (S. 34)
Das sind die Sponsoren bzw. Zuhälter der Initiative.
Was aber ist ein „Bürgerrat”? Steht das irgendwo im Grundgesetz? „Ein Bürgerrat ist eine Form der Bürgerbeteiligung. Ziele sind die Beratung von Entscheidungsträgern und die Einbindung einer Öffentlichkeit in Entscheidungsprozesse”, belehrt uns die allwissende Zeitgeistschrottsammelstelle. „Bürgerräte werden durch ein Parlament, von der Regierung oder aus der Zivilgesellschaft initiiert.” Früher, als im damals fortschrittlichsten Land der Welt vergleichbare Räte „initiiert” wurden, nannte man sie noch Sowjets; der Begriff ist durch Misswirtschaft und einige bedauerliche Opfer heute etwas verbrannt. Ihr Impetus – der Zugriff aufs Großeganze und die Verkleisterung möglichst jeglicher freiheitlichen Klitze – ist derselbe.
Der „Bürgerrat”, der gegen Fakes zu Felde ziehen will, besteht aus ca. 120 Personen, die sich am Anfang der Broschüre auf einem Gruppenfoto präsentieren und so tun, als ob sie irgendjemanden repräsentieren; er ist also selbst bereits ein Fake. Dort ist außerdem die Rede von „423.992 Teilnehmende(n) an den drei Online-Beteiligungen” (die Teilnahme an online-Beteiligungen ist praktisch die Zukunft von Unseredemokratie in einer Zeit, wenn endlich der letzte Fake aus dem Netz eliminiert worden ist), die den „Bürgerrat” in seiner Zusammensetzung offenbar legitimieren sollen. Wahrscheinlich hat man sie allesamt aus dem Teilnehmendenkreis jener Demos gegen „Rechts” rekrutiert, die nach der gemeinwohlorientierten Correctiv-Erfindung einer Wannseekonferenz am Lehnitzsee aus der Zivilgesellschaft initiiert wurden. In dem Papier wird nicht erklärt, warum und nach welchen Kriterien die Mitglieder des „Bürgerrates” ausgewählt und von wem sie mit welchen Kompetenzen ausgestattet wurden, weil man es ja eh ahnt; unter den dort versammelten Hanseln wird sich mit Sicherheit weder ein Rechtspopulist noch ein Libertärer, ja nicht einmal ein veritabler Konservativer befinden. In den originalen Sowjets gab es solche Figuren schließlich auch nicht (ein Leser meint anders; siehe das Zitat im Anschluss).
Der „Bürgerrat” gibt 15 Empfehlungen, die sich mit den Vorstellungen der Ampelregierung zu ca. hundert Prozent decken, was einmal mehr beweist, dass die Ampelregierung die Bürger vollständig repräsentiert und eigentlich nicht mehr abgewählt werden dürfen sollte. Ich liste ein paar Beispiele und übersetze sie sogleich in eine pointiert verständliche Sprache:
– „Schaffung einer zentralen Stelle zu Desinformation” (= eines Zensurbüros, wo möglichst viele Haltungsmenschen auf Steuerzahlerkosten im Netz „gegen Rechts kämpfen”).
– „Durchführung einer jährlich stattfindenden bundesweiten Aktionswoche zur Aktivierung der Bevölkerung gegen Desinformation” (= Hasswochen auf Steuerzahlerkosten; auf S. 20 heißt es dazu: „Die Aktionswoche soll die gesamte Bevölkerung befähigen, Desinformation zu erkennen”).
– „Prüfung einer strafrechtlichen Verfolgung und/oder Sanktionierung der Verbreitung von Desinformation” (= Zensur auch „unterhalb der Strafbarkeitsgrenze”).
– „Entwicklung von Technologien zur Kennzeichnung von Desinformation” (= staatlich nicht lizenzierte online-Plattformen, Hassblogger und Hetzeposter werden markiert, reichweitenreduziert oder gesperrt, potentielle Besucher dieser Seiten darauf hingewiesen, dass ihre Visite persönliche Folgen haben kann).
– „Verpflichtung der Social-Media-Plattformen zur effektiven Bekämpfung von Desinformation” (= zur Zensur).
– „Gütesiegel für qualitativen Journalismus” (= für Bosetti, Böhmermann, Restle und ihre Gesinnungsklone).
– „Bereitstellung von Material zum Themenbereich Desinformation für Medienhäuser” (= das Presseamt der SED nimmt seinen Dienst wieder auf).
– „Vermittlung von Medienkompetenz an Erwachsene” (= sie wollen in die Betriebe und Büros kommen und die Mitarbeiter zu sozialistischen Werktätigen umschulen).
– „Medienkompetenz in den Lehrplänen” (= die Indoktrination beginnt in der Schule).
– „Rechtliche Verankerung von Medienkompetenz in der Bildung” (= die Teilnahme an Indoktrinationsseminaren ist für die Schüler verpflichtend und fließt in die Benotung ein).
Ich empfehle die Lektüre des Papiers ausdrücklich, insonderheit all jenen, denen „1984” zu lang, zu belletristisch oder zu unmodern ist, die aber dennoch ein Bedürfnis danach haben, sich vom kalten Hauch eines im zarten Werden begriffenen Totalitarismus umfächeln zu lassen, wozu im derzeitigen Höllenherbst nördlich der bayrisch-sächsischen Kälteeinbruchs- und Starkregengebiete wohl sogar noch einiger Anlass besteht.
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PS: „Die bisherigen Bürgerräte wurden angeblich unter allen Einwohnern (nicht ‚Wahlberechtigten’) ausgelost”, schreibt Leser ***. „Bei dem neuen Bürgerforum wird das allerdings nicht mehr gesagt. Auf Dauer dürfte es sich empfehlen, hier eine Aufsichtsbehörde analog zur Wahlaufsicht zu fordern. Dass sich die ‚Teilnehmenden’ aus ‚Online-Beteiligungen’ ergeben, würde ich so verstehen, dass es Online-Foren bzw. Online-Aufrufe zur Einsendung von Vorschlägen gegeben hat. Auch da wäre zu prüfen, wie die Aufrufe formuliert waren.
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PPS: Leser *** hat die Instrumente der Brave New Fakefree World schon mal getestet.
„Wohl dem”, lautet sein angehängter Kommentar, „der nicht mehr am Ort ist, sobald die KI nicht mehr nur die Anklage verliest, sondern auch gleich das Strafmaß verkünden darf.”
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Zum Vorigen.
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Freund *** erzählte mir gestern, sein Sohn habe im Unterricht gefragt, ob es Intelligenzunterschiede zwischen Völkern oder überhaupt großen Menschengruppen gebe. Die Lehrerin habe ihm geantwortet, dass sie diese Frage nicht beantworten, ihn aber bestrafen werde, wenn er sie jemals wiederhole.
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Wessen Kinder?
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Nicht die Sonne, aber die Deutsche Welle bringt es an den Tag.
„Rassismus-Vorwürfe ist die Polizei in Deutschland gewohnt. Manche sprechen von Einzelfällen, andere von einem grundsätzlichen Problem”, hebt der Beitrag an. Inzwischen gebe es „dazu einige Untersuchungen, ohne eindeutigen Befund”. Warum das so ist, weiß jeder, der in Bielefeld Soziologie studiert hat: Es liegt an den Studien. Denn die Polizei kann in einem strukturell rassistischen Land ja nicht nicht rassistisch sein. Der polizeiliche Rassismus zeigt sich deutlich in der Struktur der als Täter beargwöhnten Tatverdächtigen sowie, zwingend daraus folgend, im Anteil rassistisch Gelesener in den Gefängnissen. Wäre die Polizei nicht strukturell rassistisch, würde sie nicht so viele Ausländer oder ausländisch gelesene Menschen mit Migrationsgeschichte verhaften – weit mehr als fortschrittliche Staatsanwälte und Richter wieder laufenlassen (bzw. auswildern) können. Wäre die Polizei nicht strukturell rassistisch, würde sie nicht so viele Ausländer oder ausländisch gelesene Menschen mit Migrationsgeschichte tatverdächtigen und auf der Straße kontrollieren. Der strukturelle Rassismus der Polizei ist verantwortlich dafür, dass eine immer noch – obwohl die Grünen gute Leute hineingebracht haben – strukturell rassistische Justiz so viele Ausländer und ausländisch gelesene Menschen mit Migrationsgeschichte in die Strafvollzugsanstalten sperrt.
Der strukturelle Rassismus der Polizei ist aber vielen Polizisten nicht bewusst, sonst hieße er ja bewusster und nicht struktureller Rassismus. Deshalb haben Forschende nun eine Studie veröffentlicht, die zeigen soll, wie und wo sich struktureller Polizeirassismus äußert.
Den Forschern hab ich vertraut, den Forschenden glaube ich nimmer,
Das Partizip römisch eins raubt den Armen den Schlaf.
Zitat: „Astrid Jacobsen und ihr Team von der Polizeiakademie Niedersachsen haben hinter die Kulissen geschaut. Dabei haben sie Polizistinnen und Polizisten über einen Zeitraum von zwei Jahren mehrmals wochenlang bei ihrer Arbeit begleitet. Sie saßen mit im Einsatzauto, am Tisch im Polizeirevier und waren immer wieder vor Ort. Dort, wo es auch gefährlich werden kann: wenn die Polizei wegen häuslicher Gewalt zu Hilfe gerufen wird, zu Tötungs- und Einbruchsdelikten ermittelt oder Fußballspiele begleitet.”
Frau Jacobsen studierte übrigens Soziologie an den Universitäten Bamberg und Bielefeld und promovierte 2002 in Bielefeld mit einer ethnografischen Untersuchung polizeilichen Handelns. „Nach Tätigkeiten in Lehre und Forschung als freie Soziologin und als interkulturelle Trainerin und Beraterin arbeitet sie seit 2009 als Professorin an der Polizeiakademie Niedersachsen.” Wir haben es also mit harter evidenzbasierter Wissenschaft zu tun (überdies mit einer Fachfrau, die sich als Kandidatin für den nächsten „Bürgerrat” anböte).
Diskriminierung könne „auch durchaus ohne Absicht der Polizeibeamten und ‑beamtinnen passieren”, wird die Polizeiethnografin zitiert. Insbesondere geschehe dies bei sogenannten anlasslosen Kontrollen, die für den Polizeirassismus ein Kernritual bilden.
„Jacobsen nennt ein Beispiel, bei dem sie und ihr Team dabei waren: ‚Wir konnten beobachten, wie pauschal gesucht wurde nach Albanern, die mit Kokain handeln. Diese Pauschalisierung steuert dann die Beobachtung.’ Nur das Verhalten der in den polizeilichen Fokus gerückten Personen habe eine Rolle gespielt, kritisiert Jacobsen. Denn: ‚Alle anderen werden eben nicht beobachtet.’ ”
Die deutschen Seniorinnen etwa, die derzeit Schwung in den Fentanylmarkt bringen, gehen den Bullen durch die Lappen. Im Übrigen werden durch die pauschale Fixierung auf Albaner jene Mohren durch Ignoranz diskriminiert, die gewinnbringend und integrationsfördernd mit derselben Substanz handeln, aber vielleicht in Niedersachsen unterrepräsentiert sind. Sogenannte „Südländer” indes, notierten die Forschenden nicht ohne Bestürzung, würden von den All Cops Are (Structural) Racists als „besonders impulsiv” und „unberechenbar” vorverurteilt bzw. mislabelt. Bei einem Einsatz in einem sozialen Brennpunkt habe es geheißen, die Gegend kenne man schon, das sei eine besondere Klientel. Wörter wie „Zigeuner” und „Sippe” seien gefallen. „Da wurde deutlich, dass die Gefahreneinschätzung verschärft wurde durch ethnisierende und rassifizierende Zusatzkategorien.”
Die Bullen versuchten dann, sich auf ihre jahrelange Erfahrung mit besonderen Klientelen herauszureden. In der Studie wird ein Polizist mit den Worten zitiert: „Man erkennt die Dealer am äußeren Erscheinungsbild. Das beruht auf Erfahrung.” Weil Menschen aussähen, „wie sie aussehen”, und nicht, weil sie sich verdächtig verhielten, gerieten sie „systematisch” (= strukturell) in den „Fokus der polizeilichen Beobachtung”, moniert das „Studienteam”. Und dann ist es doch nur folgerichtig, wenn bescholten aussehende Zeitgenossen besonders impulsiv oder gar unberechenbar reagieren!
Quasi nebenher ist das Forschenden-Team noch tief in die Motivstruktur des Messermannes von Solingen eingedrungen: „Ein Gegensteuern sei vor dem Hintergrund des mutmaßlich islamistischen Anschlags mit drei Toten dringend notwendig, meint die Polizei-Expertin: ‚Menschen, die Diskriminierung erfahren, radikalisieren sich leichter.’ ” Also sprach Astrid Jacobsen, eine dank ihrer Rassismusunterstellungsexpertise fernab von Zigeunern, Sippen und unberechenbaren Südländern siedelnde Polizeiastrologin.
Tusch!
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Bei dieser Gelegenheit fällt mir ein schöner, schon etwas gereifter Witz ein. In einem Auto sitzen: ein Syrer, ein Türke, ein Afghane und ein Rumäne. Wer fährt?
Der (strukturell rassistische) Polizist.
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