2. August 2024

Es erscheint drin­gend gebo­ten, dar­auf hin­zu­wei­sen, dass Poli­ti­ker gewähl­te Ver­tre­ter der Bür­ger sind; es obliegt die­sen Ver­tre­tern kei­nes­falls, jenen Bür­gern vor­zu­schrei­ben, wen sie als ihre Lands­leu­te zu emp­fin­den haben.

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Gün­ter Maschke hat ein­mal gegen das Gere­de von einer vor­bür­ger­kriegs­ar­ti­gen Situa­ti­on gesagt, zu den not­wen­di­gen Vor­aus­set­zun­gen eines Bür­ger­kriegs gehö­re, dass sich die Spal­tung der Gesell­schaft bis in die bewaff­ne­ten Orga­ne erstre­cke, also bei­de Sei­ten im Kon­flikt­fall über hin­rei­chend vie­le Bewaff­ne­te ver­füg­ten. Stün­den Mili­tär und Poli­zei hin­ter der Regie­rung, wer­de die Staats­macht Unru­hen immer schnell ersti­cken können.

Da die gesell­schaft­li­chen Kon­flik­te der Zukunft ent­lang eth­nisch-kul­tu­rel­ler Trenn­li­ni­en aus­bre­chen dürf­ten, soll­te man sich unter die­sem Aspekt die Zusam­men­set­zung von Mili­tär und Poli­zei in den west­li­chen Staa­ten anschau­en. Bekannt­lich sind in den ver­gan­ge­nen Jah­ren zahl­rei­che Migran­ten dort ein­ge­stie­gen, und ihr Anteil nimmt natur­ge­mäß immer mehr zu; es ist denk­bar, dass in Städ­ten wie Ber­lin und Bre­men irgend­wann „rech­te” Demons­tran­ten einer über­wie­gend „migran­ti­schen” Poli­zei gegen­über­ste­hen. So unfair es wäre, Beam­te und Sol­da­ten aus Ein­wan­de­rer­fa­mi­li­en per se unter einen Illoya­li­täts­ver­dacht zu stel­len, so naiv wäre es, die mög­li­chen Loya­li­täts­kon­flik­te inner­halb der Reprä­sen­tan­ten des staat­li­chen Gewalt­mo­no­pols igno­rie­ren zu wol­len. Nur der Ernst­fall kann es an den Tag brin­gen, wer zu wel­cher Sei­te gehört.

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Netz­fund:

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Hohe Wel­len, wie ein Qua­li­täts­jour­na­list for­mu­lie­ren wür­de, schlug der womög­lich kür­zes­te olym­pi­sche Box­kampf aller Zei­ten zwi­schen der Ita­lie­ne­rin Ange­la Cari­ni und Ima­ne Khe­lif, einer alge­ri­schen Sport­le­rin, „die bei der Welt­meis­ter­schaft 2023 in Neu-Delhi nicht antre­ten durf­te, weil sie angeb­lich männ­li­che Chro­mo­so­men habe, also ‚XY’ statt ‚XX’ ” (Bild). A pri­ma vis­ta ist die Maid ein Kerl, und mit einem Schlag mach­te sie/er alles klar.

Auf der nicht ein­mal mit Vor­sicht genieß­ba­ren Web­sei­te Volks­ver­pet­zer fand ich die Erklä­rung, Ima­ne Khe­lif sei „nicht trans, son­dern eine Cis-Frau” – so hei­ßen Frau­en in der okkul­ten Welt derer, die an vie­levie­le Geschlech­ter glau­ben –, habe aber „mög­li­cher­wei­se eine sel­te­ne gene­ti­sche Dis­po­si­ti­on, eine Vari­an­te der Geschlechts­ent­wick­lung. Laut einer Stu­die sol­len 6,4 von 100.000 Frau­en XY-Chro­mo­so­men auf­wei­sen. Es gibt auch Frau­en mit XY-Chro­mo­so­men, die Kin­der zur Welt gebracht haben. Falls dies bei ihr zutref­fen wür­de – es könn­te aller­dings auch etwas ande­res sein – könn­te das mög­li­cher­wei­se zu (manch­mal?) erhöh­ten Tes­to­ste­ron-Wer­ten führen.”

Nied­lich, wie sie ver­su­chen, die Wir­kung von Tes­to­ste­ron auf den Mus­kel­auf­bau und die gesam­te ath­le­ti­sche Dis­po­si­ti­on zu ver­klei­nern – erin­nert sich noch jemand an den Solo­ritt des tes­to­ste­ron­ge­dop­ten Floyd Lan­dis auf der 17. Etap­pe der Tour de France 2006? Der kör­per­li­che Unter­schied zwi­schen bei­den Kämpfer*:innen war, wie gesagt, mit blo­ßem Auge zu erken­nen. Bezeich­nen­der­wei­se gibt es sol­che Wun­der­tie­re nur im Frau­en­sport, kei­ne als Mann „gele­se­ne” ehe­ma­li­ge Frau ver­an­stal­tet Ver­gleich­ba­res im Sport der Her­ren. Letzt­lich obliegt es dem Ver­an­stal­ter, in die­sem Fall dem IOC, sol­che Auf­trit­te zu unter­bin­den, weil sie dem Fair play wider­spre­chen. Das ist ein­fach eine Fra­ge der Rechtsabwägung.

(Netz­fund)

Inter­es­sant in die­sem Zusam­men­hang ist der Hin­weis auf „Frau­en mit XY-Chro­mo­so­men, die Kin­der zur Welt gebracht haben” (man ach­te auf den Plu­ral). Als Beleg dient ein Fall, der sich in Indi­en zutrug: Eine Frau mit „95 Pro­zent männ­li­chen Chro­mo­so­men”, die nie Eizel­len pro­du­ziert oder menstru­iert hat­te, brach­te mit außer­ge­wöhn­li­cher medi­zi­ni­scher Unter­stüt­zung zwei Babys zur Welt. Die Ärz­te „ent­wi­ckel­ten Embryo­nen aus einer Spen­der­eizel­le und setz­ten die­se nach der Behand­lung in die Gebär­mut­ter ein. Dadurch konn­te die Frau schwan­ger wer­den. Anschlie­ßend muss­ten die Ärz­te der Frau hel­fen, die Schwan­ger­schaft ‚in einem Kör­per aus­zu­tra­gen, der nicht dafür vor­ge­se­hen war’, wie Ans­hu Jind­al, medi­zi­ni­scher Direk­tor des Kran­ken­hau­ses, das die Babys zur Welt brach­te, es gegen­über der Times of India beschrieb.” Der Ute­rus der Mut­ter „was descri­bed as infan­ti­le”, aber immer­hin besaß sie einen, denn sonst hät­te es nicht funktioniert.

Das erin­nert mich an einen ande­ren Fall, wie­der­um aus Indi­en. Er trug sich im Frühjahr 2009 in der Stadt Tiru­varur zu, wo Chir­ur­gen bei einer Her­ni­en-Ope­ra­ti­on im Bauch eines 70‑jährigen Man­nes eine Gebär­mut­ter ent­deckt hat­ten. Der Mann war vier­fa­cher Vater, besaß also ein funktionstüchtiges männ­li­ches Geni­tal, wäh­rend der Ute­rus in sei­nem Bauch ein funktionsuntüchtiger Irr­läu­fer war, eine Art blin­der Pas­sa­gier. „Such cases are uni­que”, gab der behan­deln­de Arzt zu Pro­to­koll. Natür­lich hät­te der Mann nie emp­fan­gen und ein Kind gebä­ren kön­nen. Auch die­se Skur­ri­li­tät war, von einem woken Gast­bei­trä­ger der Ber­li­ner Zei­tung, im Plu­ral vor­ge­tra­gen wor­den: „Man hat schon bei kin­der­rei­chen Vätern Gebärmütter gefunden.”

Es gibt bio­lo­gi­sche Bizar­re­ri­en und Fehl­bil­dun­gen, Men­schen mit pri­ma­ten­haf­ter Gesichts­be­haa­rung etwa oder mit sechs Fin­gern an jeder Hand, Ele­fan­ten­men­schen, sia­me­si­sche Zwil­lin­ge. Und in die­se Wun­der­kam­mer gehö­ren auch die tote Gebär­mut­ter des kin­der­rei­chen Pen­sio­närs und der mit ärzt­li­cher Hil­fe akti­vier­te Ute­rus der erwähn­ten Frau. Für die Regel bedeu­tet das – nichts.

PS vom 4. August: Der Vater der Boxerin/des Boxen­den hat die Geburts­ur­kun­de vor­ge­legt, was die Zwei­fel eher nährt als aus­räumt, denn das Papier – es gibt womög­lich nicht nur die ara­bi­schen zehn Minu­ten, son­dern auch das ara­bi­sche Doku­ment – stammt aus dem Jahr 2018, wur­de also 19 Jah­re nach der Geburt Khe­lifs ausgestellt.

Ich hege übri­gens den Ver­dacht, dass bei man­chen Trans­men­schen nicht nur die Geschlechts­iden­ti­tät, son­dern auch das Scham­ge­fühl gestört ist.

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„Suc­cess is 10% luck, 20% skill and 70% say­ing ‚I iden­ti­fy as female‘.”
(Netz­fund)

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Bun­tes Bestever­land.

„Ein 21-Jäh­ri­ger soll auf einen obdach­lo­sen Mann am Bochu­mer Haupt­bahn­hof mas­siv ein­ge­tre­ten und ihm lebens­ge­fähr­li­che Ver­let­zun­gen zuge­fügt haben. Wie Poli­zei und Staats­an­walt­schaft mit­teil­ten, sprach der Angrei­fer den schla­fen­den 38-Jäh­ri­gen an, der der­zeit ohne fes­ten Wohn­sitz in Deutsch­land lebt und sich in einen Eck­be­reich der Gepäck­auf­be­wah­rung zurück­ge­zo­gen hat­te. Dort sei es zu dem ver­such­ten Tötungs­de­likt gekom­men. ‚Die Hin­ter­grün­de der Tat sind der­zeit noch offen.’ ”

Der Hin­ter­grund des Täters – in die­sem Fal­le ein nige­ria­ni­scher – natür­lich ausgenommen.

Die las­sen sich nichts sagen! Viel­leicht weil sie kein Deutsch ver­ste­hen? Ja, dann kann man wohl nichts machen. Oder die schi­cken mal die Grü­ne dort­hin, die sich auf die Lau­ser so gefreut hat. Für ein klä­ren­des Gebärdengespräch.

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Stel­len Sie sich vor, Sie gehen in Deutsch­land zum Arzt, und in der Pra­xis ver­langt man von Ihnen, Ihre gesund­heit­li­che Beein­träch­ti­gung auf deutsch zu beschreiben.

Und zwar mit dem faden­schei­ni­gen Argu­ment, man sehe sich aus recht­li­chen Grün­den gezwun­gen, Pati­en­ten kor­rekt über eine medi­zi­ni­sche Behand­lung auf­zu­klä­ren, bei­spiels­wei­se bei einer Imp­fung, denn sonst bege­he man Kör­per­ver­let­zung, und das sei mög­li­cher­wei­se strafbar.

Nament­lich der deut­sche Aus­wan­de­rer bzw. Aus­ge­wan­der­te ver­steht das Pro­blem nicht: Ob in Thai­land, Boli­vi­en, Marok­ko oder Japan, über­all wird er von deutsch­kun­di­gem Per­so­nal behan­delt, sonst gin­ge in den sozia­len Medi­en dort aber die Post ab!

„Wir haben nicht eine nega­ti­ve Reak­ti­on bekom­men. Auch nicht von Pati­en­ten mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund”, wird einer der Aus­gren­zer in Weiß zitiert. Die hiel­ten sich näm­lich an die For­de­rung und bräch­ten einen Dol­met­scher mit. Ist das zu glauben?

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Als ich die­se Mel­dung las, dach­te ich mir zweierlei.

Ein Hoch­stap­ler, der jah­re­lang auch die NRW-Lan­des­re­gie­rung in Islam­fra­gen bera­ten hat, ist wegen Betrugs zu einer Bewäh­rungs­stra­fe von zwei Jah­ren ver­ur­teilt wor­den. … Als ver­meint­li­cher Pro­fes­sor und Dok­tor hat­te er Kar­rie­re im NRW-Schul­mi­nis­te­ri­um und in der Wis­sen­schaft gemacht – dabei hat­te er tat­säch­lich kei­nen ein­zi­gen Abschluss an der Hoch­schu­le bestanden.”

Näm­lich ers­tens: War­um soll in einem Land, in der ein per­sön­lich­keits­struk­tu­rell hoch­pro­ble­ma­ti­scher Blen­der wie Lau­ter­bach oder eine aka­de­misch unfrucht­ba­re Lebens­lauf­kos­me­ti­ke­rin wie Baer­bock Bun­des­mi­nis­ter wer­den kön­nen, nicht ein Hoch­stap­ler zum Regie­rungs­be­ra­ter avan­cie­ren, zumal im Home­land NRW? Wel­chem in ’schland Stu­dier­ten jen­seits der MINT-Fächer soll­te so etwas über­haupt – und anhand wel­cher Kri­te­ri­en – auffallen?

Zwei­tens dach­te ich mir: Der Mann, der in der Mel­dung aus­schließ­lich als „48-Jäh­ri­ger” erscheint, hat bestimmt den exis­tenz­ver­edeln­den Hin­ter­grund, der ihn qua­si auto­ma­tisch dazu befä­higt, eine deut­sche Regie­rung in Migra­ti­ons­be­lan­gen zu bera­ten und dafür zu kas­sie­ren. Und sie­he, in der FAZ und sogar in der taz fand sich der Name: Ahmet Ü.

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Ande­re Län­der sind will­kom­mens­kul­tu­rell deut­lich fort­ge­schrit­te­ner als ’schland. Der Münch­ner Mer­kur teilt mit:

Jeder weiß, dass nie­mand das ahnen konn­te. Und das wirk­li­che Pro­blem resul­tiert ja erst aus dem scheinbaren.

Es kann der Frömms­te nicht in Frie­den mor­den, wenn es die bösen Rechts­po­pu­lis­ten sich zunut­ze machen. Lösungs­an­sät­ze haben die­se tris­ten Figu­ren natür­lich kei­ne – oder eben die fal­schen: Gren­zen kon­trol­lie­ren, Kri­mi­nel­le und Ille­ga­le abschie­ben, das typi­sche Her­um­dok­tern an den Sym­pto­men, statt das Pro­blem an der sozia­len Wur­zel zu packen.

Wie man es rich­tig macht, erklärt ein wirk­li­cher Exper­te, Tobi­as Etzold mit Namen, der Lösungs- bzw. Poli­tik­wis­sen­schaf­ten an den Uni­ver­si­tä­ten von Müns­ter und Mar­burg stu­diert hat und klar­stellt: „Ein­wan­de­rung per se ist nicht die Ursa­che für die Ban­den­kri­mi­na­li­tät. Viel­mehr ist es zu gro­ßen Tei­len eine ver­fehl­te Sozi­al- und Inte­gra­ti­ons­po­li­tik und eine mas­si­ve Segre­ga­ti­on gan­zer Bevöl­ke­rungs­tei­le. Dafür ist Schwe­den ein her­aus­ra­gen­des Beispiel.“

Die inte­gra­ti­ons­un­wil­li­gen Schwe­den sind letzt­lich selbst schuld. Nun wol­len sie von den Almans ler­nen. „Exper­ten set­zen eher auf Prä­ven­ti­on, und die Poli­zei arbei­tet inten­siv dar­an, die hoch­kom­ple­xen Clan­struk­tu­ren bes­ser zu ver­ste­hen. So wol­len die Ermitt­ler direk­te Kon­tak­te zu den Ober­häup­tern der Ban­den auf­bau­en, erklär­te Eri­ka Hal­len­bo von der Poli­zei in Göte­borg vor eini­gen Mona­ten bei einem Kon­gress zum The­ma Clan­kri­mi­na­li­tät in Düs­sel­dorf. ‚Wir wol­len den Clan-Chefs klar­ma­chen: Wir wis­sen, wer du bist und was du machst’, so Hal­len­bo. Und das deut­sche Pro­jekt ‚Kur­ve krie­gen’ aus NRW, das Kin­der und Jugend­li­che unter ande­rem mit­hil­fe von Anti-Aggres­si­ons­trai­nings aus dem kri­mi­nel­len Milieu holen soll, dient inzwi­schen als Vor­bild: In meh­re­ren schwe­di­schen Städ­ten ist ein ähn­li­ches Pro­jekt mit dem Namen ‚Rätt Kur­va’ (‚rich­ti­ge Kur­ve’) gestartet.”

Wet­ten, dass die Clan­kri­mi­na­li­tät jetzt zurückgeht?

Bleibt nur eine Fra­ge offen – den­ken Sie an die Mel­dung aus der Nach­bar­stadt Köln –: Was, wenn auch die sich nichts sagen lassen?

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(Netz­fund)

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Ich habe den Ver­dacht, dass da wie­der irgend­wel­che post­ko­lo­nia­len Wei­ßen dahinterstecken.

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Zum Medi­tie­ren.

Eigent­lich muss es ja hei­ßen: Kri­mi­nel­le has­sen die Grünen.

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Lese­rin *** möch­te „kurz eine Erfah­rung zum The­ma Fach­kräf­te­man­gel schil­dern. Mei­ne Toch­ter, wel­che 38 Jah­re alt ist und seit ihrem 18 Lebens­jahr in Madrid lebt, sucht wie­der die Nähe der Fami­lie und möch­te nun zurück­wan­dern nach Deutsch­land. Sie ist deut­sche Staats­bür­ge­rin und auch der deut­schen Spra­che mäch­tig. Mein Mann und ich haben dies sehr begrüßt mit den Wor­ten, na klar, Deutsch­land sucht hän­de­rin­gend Fach­kräf­te und Leu­te, die arbei­ten kön­nen und dies auch wol­len. Und du kommst aus der EU, und das ist ja alles ganz easy. Aber wir wuss­ten nicht, was sie und uns erwartet…

Eine Woh­nung in Deutsch­land zu fin­den, für jeman­den, der nicht vor Ort sein kann, ist schier unmög­lich. Die Mak­ler inse­rie­ren, doch ant­wor­ten nicht auf Anfra­gen. Außer man trifft auf Fake­an­zei­gen, die wol­len dann ganz schnell eine Über­wei­sung haben und sen­den sogar Per­so­nal­aus­wei­se und Fotos von sich selbst, natür­lich ist das Daten­klau von ande­ren, die rein­ge­fal­len sind. Damit zur Poli­zei zu gehen, naja, der Auf­wand lohnt sich wohl kaum.

Ist dann end­lich was gefun­den, ist eine Online­be­sich­ti­gung im digi­ta­li­sier­ten Deutsch­land das nächs­te Pro­blem, nein, es muss jemand vor Ort sein. Auch die­se Hür­de haben wir dann geschafft. Aber: Es soll­te schon eine Min­dest­miet­dau­er von 24 Mona­ten sein, die Mie­te beträgt 650 €, und da der Arbeits­ver­trag noch nicht in Sicht ist bzw. nur auf Pro­be, wer bürgt dann? Ah, ihre Mut­ter, okay. Nein, ihre Mut­ter ver­dient zu wenig (2000 € net­to), oder hat sie noch ein Spar­buch, das sie uns vor­le­gen kann? Ist doch sicher kein Pro­blem, wir brau­chen halt eine Sicher­heit. Also nicht? Naja, dann bit­te sechs Mona­te im Vor­aus zah­len plus Kau­ti­on, also rund 5000 €. Für eine klei­ne But­ze von 60 m² im Hin­ter­haus in ***, ohne Bal­kon und Küche und und und… Nun ist es geschafft, letzt­end­lich hat sie ein möblier­tes Appar­te­ment zum sel­ben Preis ange­mie­tet, so etwas wie ein Stu­den­ten­wohn­heim, für Kin­der mit wohl­ha­ben­den Eltern, die das zah­len können.

Nun zum The­ma arbei­ten. Sie hat einen Arbeits­ver­trag bekom­men, naja, aber ohne deut­sche Adres­se? Wir brau­chen also eine Adres­se. Die sie nun hat. Wo sind Sie kran­ken­ver­si­chert? Okay, sie küm­mert sich um eine Kran­ken­ver­si­che­rung. Was? Sie waren im Aus­land? Bit­te laden Sie diver­se Doku­men­te und Beschei­ni­gun­gen ihrer letz­ten KV etc. hoch. Sie ist im Umzugs­stress und hat die­se natür­lich nicht. Der neue Chef fragt nun auch noch nach einem Nach­weis der letz­ten Masern­imp­fung, das war sicher vor 30 Jah­ren und nein, sie hat kei­nen Nach­weis dar­über, da in Spa­ni­en alles digi­tal ging und man kei­nen Impf­aus­weis mit­schlep­pen muss. Ich habe ihn auch nicht, aber nun kann sie gegen ein Ent­gelt die Immu­ni­sie­rung nach­wei­sen las­sen. Kos­ten über Kos­ten. Und sie fragt mich: Mama, wie konn­te ich vor 20 Jah­ren nach Spa­ni­en gehen ohne Bele­ge, Nach­wei­se etc.? Und wie konn­te ich dort 20 Jah­re arbei­ten? Ohne Probleme?

Nun fra­gen wir uns: Wie geht das mit Men­schen, die nicht deutsch spre­chen? Kei­nen Aus­weis oder über­haupt einen Nach­weis haben? Kein Geld haben? Kei­ne Imp­fun­gen haben, geschwei­ge denn eine Vor­kran­ken­ver­si­che­rung? War­um wer­den die­se mit offe­nen Armen emp­fan­gen und einem arbeits­wil­li­gen Deut­schen nur Stei­ne in den Weg gelegt? Obwohl es täg­lich heißt, wir brau­chen mehr Arbeits­kräf­te? Was läuft hier ver­kehrt? Dass es nicht ein­fach wird, wuss­ten wir, aber dass es so schlimm wird, hät­ten wir uns nicht zu träu­men gewagt.

So, das muss­te ich mal los­wer­den und dach­te, viel­leicht inter­es­siert es Sie ja auch.”

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Der New Yor­ker Phy­sik-Pro­fes­sor Michio Kaku erklärt in einem Gespräch, die bei­den größ­ten Geheim­nis­se, wel­che die Wis­sen­schaft ken­ne, fän­den sich in den Fra­gen: Was war vor dem Urknall/der Schöp­fung? Und: „Was ver­birgt sich hin­ter Ihren Augen? Sie haben hun­dert Mil­li­ar­den Neu­ro­nen in Ihrem Gehirn” – inzwi­schen hat man die Zahl angeb­lich auf 86 Mil­li­ar­den prä­zi­siert –, „mehr als die Milch­stra­ße Ster­ne hat, und jedes Neu­ron ist mit 10.000 ande­ren Neu­ro­nen ver­bun­den. Was ist das Gehirn?”

Zunächst ein­mal: die kom­ple­xes­te (dem Men­schen bekann­te) Struk­tur im Uni­ver­sum. Sogar im Ober­stüb­chen von Clau­dia Roth oder Kat­rin Göring-Eckardt befin­det sich ein neu­ro­na­les Netz von so außer­or­dent­li­cher Kom­ple­xi­tät, dass mit­un­ter sogar Men­schen, in deren „Gedan­ken­fach” (Wil­helm Busch) es noch ein biss­chen ver­netz­ter zugeht, die Welt nicht mehr verstehen.

Allein die­se Tat­sa­che spricht bereits dafür, dass sich, bild­lich gespro­chen, das Uni­ver­sum einen Witz mit uns macht. In Wahr­heit macht das Uni­ver­sum nicht ein­mal das. Es hat Geschöp­fen auf einem absei­ti­gen Pla­ne­ten eine phan­tas­ti­sche Struk­tur unter die Schä­del­de­cke gepflanzt, wel­che die­sen Wesen die (nach deren Kennt­nis) ein­zig­ar­ti­ge Fähig­keit ver­leiht, das Sein, ihm gewis­ser­ma­ßen gegen­über­tre­tend, zu den­ken, das Uni­ver­sum in der drit­ten Per­son anzu­spre­chen – Gil­bert Ches­ter­ton tat es sogar in der zwei­ten –, sowie die Zahl der Neu­ro­nen im Hirn und jene sämt­li­cher Ster­ne im All aus­zu­rech­nen – es sol­len 70 Tril­li­ar­den sein –, aber ein struk­tu­rell höchst simp­ler Aste­ro­id von der Grö­ße Dort­munds wür­de aus­rei­chen, die­se Geschöp­fe samt ihrer wun­der wie kom­ple­xen Gehir­ne aus­zu­lö­schen, sofern sie kein Wun­der­mit­tel dage­gen ersin­nen und die fina­le Been­di­gung ihrer Exis­tenz der sich zum Roten Rie­sen auf­plus­tern­den auch nicht son­der­lich kom­ple­xen Son­ne zu überlassen.

Was kann das ande­res sein als ein Witz?

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Abwechs­lungs­hal­ber mal etwas Prak­ti­sches – aber womög­lich erzäh­le ich nur eine Bin­se. Sei’s drum.

Vor zwei Tagen geschah es, dass mir, aus­ge­rech­net beim Anhe­ben einer Beet­ho­ven-Büs­te, jener glü­hend­hei­ße Stich in die Len­den­wir­bel­säu­le fuhr, der im Deut­schen unter dem frau­en­feind­li­chen Namen Hexen­schuss fir­miert. („An Beet­ho­ven”, jux­te ein Freund, „hat sich schon man­cher ver­ho­ben.”) In einem sol­chen Moment weiß der Betrof­fe­ne und wuss­te auch ich, dass etwas wirk­lich Unan­ge­neh­mes gesche­hen ist. Am Mor­gen danach hat­te sich die betrof­fe­ne Regi­on trotz reich­lich Wein und Ibu 600 alles ande­re als ent­spannt; nächt­li­che Schmer­zen hat­ten es ange­deu­tet; ich schaff­te es kaum und nur unter stüt­zen­der Zuhil­fe­nah­me des Mobi­li­ars zur Toilette.

Gemein­hin schleppt man sich in einem sol­chen Fall zum Ortho­pä­den und lässt sich eine Sprit­ze geben, aber wegen der erwähn­ten nächt­li­chen Unbe­quem­lich­kei­ten hat­te ich sehr schlecht geschla­fen und war zu spät für die Not­auf­nah­me auf­ge­wacht. Auf ärzt­li­chen Rat­ge­ber­sei­ten zur Lum­ba­go-Behand­lung las ich, dass ein vom Hexen­schuss Getrof­fe­ner weder lie­gen noch sit­zen noch ste­hen, son­dern, wenn mög­lich, gehen soll­te. Die­ses wenn mög­lich war aller­dings der Haken, denn es schien nicht mög­lich. Sit­zen, ste­hen oder lie­gen war aller­dings eben­falls unmög­lich, und ich gab mir den berühm­ten Ruck, schlepp­te mich die Trep­pen hin­ab und trat gleich­sam als ein Hun­dert­jäh­ri­ger auf die Stra­ße. Und ging. Nach einer Stun­de hat­te ich den Eng­li­schen Gar­ten erreicht – nor­ma­ler­wei­se dau­ert es allen­falls fünf­zehn Minu­ten –, und dann ging ich und ging und ging. Drei Stun­den spä­ter lief ich fast wie gewohnt. Nach fünf Stun­den hat­te ich mein bio­lo­gi­sches Alter prak­tisch wiedererlangt.

Soll­ten es Ihnen jemals ins Kreuz fah­ren, kann ich nur raten: Gehen Sie, was die Bei­ne hergeben.

Das Wet­ter.

 

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