13. Juli 2024

Als ich ges­tern Abend in Markt­ober­dorf (All­gäu) ankam, wo ich auf Vor­la­dung der Schwe­fel­par­tei aus mei­nem gesam­mel­ten Geschreibs vor­trug, war dort eine mit­tel­gro­ße Men­schen­men­ge ver­sam­melt, die mit Chor­ge­sän­gen, Anspra­chen, Regen­bo­gen­fah­nen und Trans­pa­ren­ten ein soge­nann­tes „Pick­nick für Viel­falt” abhielt – von einem tat­säch­li­chen Pick­nick war nichts zu sehen –, um gegen mei­ne Lesung zu protestieren.

Sogar von einer „Ent­wei­hung” des Mode­on – so heißt der dor­ti­ge Ver­an­stal­tungs­flach­bau mit sei­nem dis­kre­ten Rast­stät­ten-Chic – war die lokal­pa­trio­ti­sche Rede. Als letz­ter vor mir hat übri­gens Söder im Mode­on gespro­chen; von den Maß­stä­ben der Syn­tax her betrach­tet, habe ich den Laden also weni­ger ent­weiht als viel­mehr ausgeräuchert.

Ich nahm das alles nicht per­sön­lich; wahr­schein­lich hat kei­ner der Pro­test­ler je eine Zei­le von mir gele­sen bzw. einen Schim­mer davon beses­sen, wel­che The­men ich auf welch wei­he­vol­le Wei­se trak­tie­ren wür­de, aber genau das ver­lieh dem Schau­spiel sei­ne gro­tes­ke Unangemessenheit.

Ich las denn also drin­nen über die Selbst­iro­nie als Kon­ter­ka­rie­rung männ­li­cher Potenzansprüche und hei­te­re Art, mit der eige­nen Hin­fäl­lig­keit umzu­ge­hen, bevor ich ein Kapi­tel aus mei­nem Roman „Land der Wun­der” und zuletzt einen Text über den Wein als abend­län­di­sches Grund­nah­rungs­mit­tel vor­trug, und drau­ßen pro­tes­tier­ten Leu­te gegen Rechts­extre­mis­mus. Das hät­ten sie auch getan, wenn ich aus dem Brief­wech­sel zwi­schen Lenin und Cla­ra Zet­kin oder Gedich­te von Mascha Kalé­ko vor­ge­le­sen hät­te, weil der Ver­an­stal­ter AfD hieß. Die­ses Volk ist hoff­nungs­los bescheuert.

***

Auch eini­ge gebe­ne­dei­te „Omas gegen Rechts” befan­den sich unter den Enga­gier­ten; als sich einer der Lesungs­be­su­cher erkun­dig­te, wo denn die dazu­ge­hö­ri­gen „Opas” sei­en, mel­de­te sich immer­hin einer zur Stel­le. Mir ist es ja unbe­greif­lich, war­um Leu­te auf sol­che Gegen­ver­an­stal­tun­gen gehen – wis­sen die Armen nichts Geschei­tes mit ihrer Zeit anzu­fan­gen? Zumal Senio­rin­nen, bei denen das Stund­glas immer schnel­ler aus­rinnt? Ich ver­mu­te frei­lich, dass vie­le der ange­jahr­ten Damen aus Lan­ge­wei­le und Ein­sam­keit dort mit­tun; ein nicht uner­heb­li­cher Teil zumin­dest dürf­te jener trau­ri­gen Gene­ra­ti­on von Deut­schen ange­hö­ren, deren Ferns­ten­lie­be aus dem Man­gel an Nächs­ten rührt, weil sie von ihren Kin­dern um ihre Enkel betro­gen wurden.

PS: Lese­rin *** sen­det mir zum The­ma „zwei Leser­zu­schrif­ten aus der Welt (zu einem Arti­kel über Sell­ner in Ber­lin und eine ‚Gegen­de­mons­tra­ti­on’ dort­selbst): ‚Jür­gen F: Omas gegen Rechts mal wie­der gegen Bezah­lung unter­wegs. Mit Schild gibt es mehr Geld als ohne. Selbst erlebt in Osna­brück, wo eine Oma eine ande­re frag­te, ob sie wis­se, wo sie das Geld abho­len kön­ne, was ihr ver­spro­chen wur­de. Ich stand direkt dane­ben. Seit­dem wun­dert mich nichts mehr.

Chris­toph K.: Jür­gen F., die Omis Wis­sen doch schon längst, dass sie ein paar € ‚Zeit­auf­wands­ent­schä­di­gung’ bei sol­chen Demos erhal­ten. Die Alter­na­ti­ve wäre Fla­schen sam­meln, aber das ist anstren­gen­der. Noch ein­fa­cher wäre es nicht mehr links zu wäh­len, dann bräuch­ten die­se Omis weder Fla­schen sam­meln noch gegen Bares auf Demos mit­lau­fen. Bei­des ist unwürdig.’

Auch mich wun­dert es nicht, denn was ‚Extinc­tion Rebel­li­on’ betrifft, hat­ten die ‚Ruhr­ba­ro­ne’ ja dies­be­züg­li­che Bewei­se gefun­den, und zu Pegi­da wur­den Gegen­de­mons­tran­ten bus­wei­se auf Lan­des­kos­ten gekarrt – war­um also soll­te es bei ande­ren anders sein?”

Stimmt, die­se Erklä­rung wäre auch noch plau­si­bel. Es müss­te dann nur hei­ßen: „Ren­te­auf­bes­sern gegen Rechts”.

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U‑Bahn-Wer­bung in Hamburg.

Wer mögen die „schwie­ri­gen” Men­schen sein, für deren ver­ständ­nis­vol­le Behand­lung die Demo­kra­tie neu­er­dings Rekru­ten braucht, und wenn ja, wie vie­le (und woher des Wegs)?

Hal­ten wir einst­wei­len fest: Hät­te Sieg­fried die­sen Volks­hoch­schul­kurs besucht, könn­te Faf­ner noch leben.

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Dem erwünsch­ten Wan­del des west­li­chen Man­nes vom Dra­chen­kämp­fer zum Dra­chen­ver­ste­her wid­met sich die­ses Video.

Es stammt von der Platt­form „Midd­le East Eye“ und will uns die israe­li­sche Alli­anz mit den euro­päi­schen radi­ka­len Rech­ten erklä­ren. „Midd­le East Eye“ ist eine Pro­pa­gan­da­platt­form mit Sitz in Lon­don, die im Ruch steht, aus Katar finan­ziert zu wer­den und Nach­rich­ten im Sin­ne der Mus­lim­brü­der zu ver­brei­ten, wie man sogar auf der Zeit­geistschrott­sam­mel­stel­le lesen kann. Der Chef­re­dak­teur kommt vom Guar­di­an – das ist sozu­sa­gen die eng­li­sche taz, nur mit etwas mehr Auf­la­ge. Wie dort argu­men­tiert wird, ist inso­fern bemer­kens­wert, als man Ver­gleich­ba­res auch bei der ARD zu hören bekom­men oder im Spie­gel lesen kann.

„Gibt es“, fragt die won­ni­ge Maid – und sie wür­de nicht fra­gen, wenn sie nicht auch die Ant­wort auf der Pfan­ne hät­te – „gibt es eine isla­mo­pho­be Alli­anz zwi­schen Isra­el und weit rechts ste­hen­den Regie­run­gen in Euro­pa?“ Ich erin­ne­re dar­an, dass der Begriff „Isla­mo­pho­bie“ von Aya­tol­lah Cho­mei­ni geprägt wur­de, um jeg­li­che Kri­tik, ja bereits Zwei­fel am Islam als etwas Krank­haf­tes zu stig­ma­ti­sie­ren. Die mul­ti­kul­tu­rel­le euro­päi­sche Lin­ke, die nie­mals von Chris­tia­no­pho­bie oder Okzi­den­to­pho­bie spre­chen wür­de, obwohl star­ke Grün­de für die Unter­stel­lung sol­cher Aver­sio­nen in deren eige­nen Rei­hen vor­lie­gen, hat die­sen Begriff im Wes­ten eta­bliert. Seit­dem sind alle Men­schen, die den Islam ableh­nen, isla­mo­phob. Das ist eine beacht­li­che Dres­sur­leis­tung für einen Kon­ti­nent, auf dem die Reli­gi­ons­kri­tik erfun­den wurde.

Zurück zur Sen­dung mit der Maus. „Eine rechts­extre­me Regie­rung ver­tritt Ultra­na­tio­na­lis­mus, Ein­wan­de­rungs­feind­lich­keit, Wider­stand gegen Mul­ti­kul­tu­ra­lis­mus und libe­ra­le Demo­kra­tie”, behaup­tet sie so offen­her­zig wie einst­wei­len noch offen­haa­rig. „His­to­risch hat das zu erheb­li­cher Unter­drü­ckung, Neo­na­zis­mus, wei­ßer Vor­herr­schaft und tief­ver­wur­zel­ten anti­de­mo­kra­ti­schen Gefüh­len geführt.“

Das Mädel behaup­tet also: Wer etwas gegen die wei­te­re mas­sen­haf­te Ein­wan­de­rung von Per­so­nen mit einem illi­be­ra­len und anti­de­mo­kra­ti­schen Welt­bild hat, der ist illi­be­ral und anti­de­mo­kra­tisch – und ein wei­ßer Supre­ma­tist sowie­so. Die Ableh­nung der Mas­sen­ein­wan­de­rung von Ori­en­ta­len und Afri­ka­nern nach Euro­pa ist ras­sis­tisch, mus­lim­feind­lich und rechts­extrem, lau­tet die zen­tra­le Aus­sa­ge eines Medi­ums, das für die Kata­ris und die Mus­lim­brü­der spricht, und das­sel­be bekom­men Sie jeden Tag auch aus deut­schen Medi­en und an deut­schen Uni­ver­si­tä­ten zu hören. Sogar schon seit län­ge­rem. Von dort haben die Mos­lems die­se, wenn man so will, Argu­men­ta­ti­ons­ket­te näm­lich übernommen.

Immer steht irgend­wo eine Ker­ka­por­ta offen; im Unter­schied zur his­to­ri­schen heu­er aber nicht zufäl­lig, son­dern absicht­lich. Die­je­ni­gen, die sie offen­hal­ten, glau­ben, man wer­de sie spä­ter in Zwei­fels­fal­le verschonen.

***

Der Zweck des Hijab besteht laut Koran (33,59) dar­in, mus­li­mi­sche Män­ner wis­sen zu las­sen, wel­che Frau­en beläs­tigt wer­den dür­fen und wel­che nicht: „Pro­phet! Sag dei­nen Gat­tin­nen und dei­nen Töch­tern und den Frau­en der Gläu­bi­gen, sie mögen einen Teil ihres Über­wurfs über sich her­un­ter­zie­hen. So wer­den sie eher erkannt und nicht belästigt.“

***

Neue Redens­ar­ten.
Für Rech­te: „Das ist so sicher wie der nächs­te Messerangriff.”
Für Woke: „Das inter­es­siert mich unge­fähr so sehr, als wenn irgend­wo ein Deut­scher umfällt.”

***

In die­sem Fal­le war das Opfer übri­gens kein Deut­scher (allen­falls einer in sta­tu nas­cen­di).

„An genau die­ser Art von Regel- und Rang­ord­nungs­kon­flik­te schei­tern mul­ti­kul­tu­rel­le Gesell­schaf­ten. Am Ende kol­la­biert der Staat durch den Ver­lust der Kon­sens­fä­hig­keit, der nun mal zu den unbe­dach­ten Fol­gen von Viel­falt zählt”, notiert Leser ***, der mir die Mel­dung zuschickte.

***

Das Agit­prop-Por­tal t‑online teilt mit:

Es geht um den – schwar­zen – Supre­me-Court-Rich­ter Cla­rence Tho­mas, den ame­ri­ka­ni­sche und deut­sche Links­grün­wo­ke ganz schlimm fin­den, weil er ein Kon­ser­va­ti­ver ist. Zu Gast bei Putin, das klingt übel, gera­de in Zei­ten des Ukrai­ne­krie­ges, und der Palast ist über­dies ein

Denn dort wur­de Ras­pu­tin ermor­det. Statt Putin.

Die Beto­nung der Schlag­zei­le liegt aller­dings auf dem Wört­chen wohl: „Zum jet­zi­gen Zeit­punkt ist es unklar, ob Tho­mas Putin auf sei­ner Rei­se traf.” Ach so, und die Rei­se fand vor 21 Jah­ren statt, anno 2003; zwei Jah­re bevor die Heim­su­chung im Hosen­an­zug deut­sche Kanz­le­rin wur­de und in den Jah­ren dar­auf eben­falls bei Putin gas­tier­te (ob an his­to­risch befleck­ten Orten, ist mir nicht bekannt). Der ein­zi­ge Vor­wurf lau­tet, es sei nicht klar, wer die Rei­se, wohin auch immer sie geführt haben mag, bezahlt hat.

Die gan­ze Auf­ma­chung drum­her­um: bil­ligs­te Propaganda.

PS: „Die Stät­te der Ermor­dung Ras­pu­tins, den ‚Palast an der Moi­ka’, das berühm­te­re der bei­den Jus­so­pov-Palais in St.Petersburg, ken­ne ich recht gut”, schreibt mir Leser ***. „Ich habe ihn mehr­fach besucht, es han­delt sich um ein Muse­um, dort kann man nicht ‚gas­tie­ren’. Auch ist es kei­nes­falls ‚Putins Palast’. Wenn der ‚Sehr ehren­wer­te Rich­ter Tho­mas’ dort im Jah­re 2003 zu Gast war, dann als Besu­cher eines Muse­ums, was ihn noch mehr ehr­te, denn es zeig­te sei­ne Kunst­sin­nig­keit. Putin dort getrof­fen dürf­te er nicht haben, der war 2003 als Prä­si­dent der Rus­si­schen Föde­ra­ti­on eher nicht unter Tou­ris­ten­hor­den unterwegs.

‚Putins Palast’ gibt es bei St.Petersburg aller­dings wohl, es han­delt sich hier aber um den Kon­stan­tins­pa­last, wel­cher zur 300-Jahr­fei­er 2003 kom­plett saniert und der rus­si­schen Prä­si­di­al­ver­wal­tung als Prä­si­den­ten­re­si­denz und Kon­gress- und Tagungs­stät­te unter­stellt wur­de. Hier könn­te Rich­ter Tho­mas zu Gast gewe­sen und sogar ‚gas­tiert’ haben, auch den Prä­si­den­ten könn­te er hier getrof­fen haben, nur gibt die­ser Palast kei­ner­lei ‚dunk­le Geschich­te’ her, er wur­de im 19. Jahr­hun­dert pri­vat von Groß­fürst Kon­stan­tin Pav­lo­witsch bewohnt und nach der Revo­lu­ti­on als Wai­sen­haus genutzt.
Auch die Fra­ge nach der Finan­zie­rung der Rei­se stellt sich nicht wirk­lich, nach St. Peters­burg rei­sen konn­te man um das Jahr 2003 für Klein­geld, ich habe mir die­sen ‚Luxus’ just in jenem Jahr gan­ze vier Mal geleis­tet, aller­dings ohne dabei Herrn Putin begeg­net zu sein. Lei­der. Der Erfin­dungs­ga­be unse­rer Leid  Leit­me­di­en sind offen­bar kei­ner­lei Gren­zen gesetzt.”

***

Apro­pos t‑online und Pro­pa­gan­da: eine Wiedervorlage.

Sie ver­su­chen nicht allein, ihr Publi­kum von früh bis spät zu mani­pu­lie­ren, sie machen ihm auch direkt auf den Kopf. (Und das hat nichts damit zu tun, dass vie­le bra­ve Schwar­ze hier leben, die arbei­ten und Steu­ern zahlen.)

 

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