Als ich gestern Abend in Marktoberdorf (Allgäu) ankam, wo ich auf Vorladung der Schwefelpartei aus meinem gesammelten Geschreibs vortrug, war dort eine mittelgroße Menschenmenge versammelt, die mit Chorgesängen, Ansprachen, Regenbogenfahnen und Transparenten ein sogenanntes „Picknick für Vielfalt” abhielt – von einem tatsächlichen Picknick war nichts zu sehen –, um gegen meine Lesung zu protestieren.
Sogar von einer „Entweihung” des Modeon – so heißt der dortige Veranstaltungsflachbau mit seinem diskreten Raststätten-Chic – war die lokalpatriotische Rede. Als letzter vor mir hat übrigens Söder im Modeon gesprochen; von den Maßstäben der Syntax her betrachtet, habe ich den Laden also weniger entweiht als vielmehr ausgeräuchert.
Ich nahm das alles nicht persönlich; wahrscheinlich hat keiner der Protestler je eine Zeile von mir gelesen bzw. einen Schimmer davon besessen, welche Themen ich auf welch weihevolle Weise traktieren würde, aber genau das verlieh dem Schauspiel seine groteske Unangemessenheit.
Ich las denn also drinnen über die Selbstironie als Konterkarierung männlicher Potenzansprüche und heitere Art, mit der eigenen Hinfälligkeit umzugehen, bevor ich ein Kapitel aus meinem Roman „Land der Wunder” und zuletzt einen Text über den Wein als abendländisches Grundnahrungsmittel vortrug, und draußen protestierten Leute gegen Rechtsextremismus. Das hätten sie auch getan, wenn ich aus dem Briefwechsel zwischen Lenin und Clara Zetkin oder Gedichte von Mascha Kaléko vorgelesen hätte, weil der Veranstalter AfD hieß. Dieses Volk ist hoffnungslos bescheuert.
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Auch einige gebenedeite „Omas gegen Rechts” befanden sich unter den Engagierten; als sich einer der Lesungsbesucher erkundigte, wo denn die dazugehörigen „Opas” seien, meldete sich immerhin einer zur Stelle. Mir ist es ja unbegreiflich, warum Leute auf solche Gegenveranstaltungen gehen – wissen die Armen nichts Gescheites mit ihrer Zeit anzufangen? Zumal Seniorinnen, bei denen das Stundglas immer schneller ausrinnt? Ich vermute freilich, dass viele der angejahrten Damen aus Langeweile und Einsamkeit dort mittun; ein nicht unerheblicher Teil zumindest dürfte jener traurigen Generation von Deutschen angehören, deren Fernstenliebe aus dem Mangel an Nächsten rührt, weil sie von ihren Kindern um ihre Enkel betrogen wurden.
PS: Leserin *** sendet mir zum Thema „zwei Leserzuschriften aus der Welt (zu einem Artikel über Sellner in Berlin und eine ‚Gegendemonstration’ dortselbst): ‚Jürgen F: Omas gegen Rechts mal wieder gegen Bezahlung unterwegs. Mit Schild gibt es mehr Geld als ohne. Selbst erlebt in Osnabrück, wo eine Oma eine andere fragte, ob sie wisse, wo sie das Geld abholen könne, was ihr versprochen wurde. Ich stand direkt daneben. Seitdem wundert mich nichts mehr.
Christoph K.: Jürgen F., die Omis Wissen doch schon längst, dass sie ein paar € ‚Zeitaufwandsentschädigung’ bei solchen Demos erhalten. Die Alternative wäre Flaschen sammeln, aber das ist anstrengender. Noch einfacher wäre es nicht mehr links zu wählen, dann bräuchten diese Omis weder Flaschen sammeln noch gegen Bares auf Demos mitlaufen. Beides ist unwürdig.’
Auch mich wundert es nicht, denn was ‚Extinction Rebellion’ betrifft, hatten die ‚Ruhrbarone’ ja diesbezügliche Beweise gefunden, und zu Pegida wurden Gegendemonstranten busweise auf Landeskosten gekarrt – warum also sollte es bei anderen anders sein?”
Stimmt, diese Erklärung wäre auch noch plausibel. Es müsste dann nur heißen: „Renteaufbessern gegen Rechts”.
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U‑Bahn-Werbung in Hamburg.
Wer mögen die „schwierigen” Menschen sein, für deren verständnisvolle Behandlung die Demokratie neuerdings Rekruten braucht, und wenn ja, wie viele (und woher des Wegs)?
Halten wir einstweilen fest: Hätte Siegfried diesen Volkshochschulkurs besucht, könnte Fafner noch leben.
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Dem erwünschten Wandel des westlichen Mannes vom Drachenkämpfer zum Drachenversteher widmet sich dieses Video.
Es stammt von der Plattform „Middle East Eye“ und will uns die israelische Allianz mit den europäischen radikalen Rechten erklären. „Middle East Eye“ ist eine Propagandaplattform mit Sitz in London, die im Ruch steht, aus Katar finanziert zu werden und Nachrichten im Sinne der Muslimbrüder zu verbreiten, wie man sogar auf der Zeitgeistschrottsammelstelle lesen kann. Der Chefredakteur kommt vom Guardian – das ist sozusagen die englische taz, nur mit etwas mehr Auflage. Wie dort argumentiert wird, ist insofern bemerkenswert, als man Vergleichbares auch bei der ARD zu hören bekommen oder im Spiegel lesen kann.
„Gibt es“, fragt die wonnige Maid – und sie würde nicht fragen, wenn sie nicht auch die Antwort auf der Pfanne hätte – „gibt es eine islamophobe Allianz zwischen Israel und weit rechts stehenden Regierungen in Europa?“ Ich erinnere daran, dass der Begriff „Islamophobie“ von Ayatollah Chomeini geprägt wurde, um jegliche Kritik, ja bereits Zweifel am Islam als etwas Krankhaftes zu stigmatisieren. Die multikulturelle europäische Linke, die niemals von Christianophobie oder Okzidentophobie sprechen würde, obwohl starke Gründe für die Unterstellung solcher Aversionen in deren eigenen Reihen vorliegen, hat diesen Begriff im Westen etabliert. Seitdem sind alle Menschen, die den Islam ablehnen, islamophob. Das ist eine beachtliche Dressurleistung für einen Kontinent, auf dem die Religionskritik erfunden wurde.
Zurück zur Sendung mit der Maus. „Eine rechtsextreme Regierung vertritt Ultranationalismus, Einwanderungsfeindlichkeit, Widerstand gegen Multikulturalismus und liberale Demokratie”, behauptet sie so offenherzig wie einstweilen noch offenhaarig. „Historisch hat das zu erheblicher Unterdrückung, Neonazismus, weißer Vorherrschaft und tiefverwurzelten antidemokratischen Gefühlen geführt.“
Das Mädel behauptet also: Wer etwas gegen die weitere massenhafte Einwanderung von Personen mit einem illiberalen und antidemokratischen Weltbild hat, der ist illiberal und antidemokratisch – und ein weißer Suprematist sowieso. Die Ablehnung der Masseneinwanderung von Orientalen und Afrikanern nach Europa ist rassistisch, muslimfeindlich und rechtsextrem, lautet die zentrale Aussage eines Mediums, das für die Kataris und die Muslimbrüder spricht, und dasselbe bekommen Sie jeden Tag auch aus deutschen Medien und an deutschen Universitäten zu hören. Sogar schon seit längerem. Von dort haben die Moslems diese, wenn man so will, Argumentationskette nämlich übernommen.
Immer steht irgendwo eine Kerkaporta offen; im Unterschied zur historischen heuer aber nicht zufällig, sondern absichtlich. Diejenigen, die sie offenhalten, glauben, man werde sie später in Zweifelsfalle verschonen.
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Der Zweck des Hijab besteht laut Koran (33,59) darin, muslimische Männer wissen zu lassen, welche Frauen belästigt werden dürfen und welche nicht: „Prophet! Sag deinen Gattinnen und deinen Töchtern und den Frauen der Gläubigen, sie mögen einen Teil ihres Überwurfs über sich herunterziehen. So werden sie eher erkannt und nicht belästigt.“
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Neue Redensarten.
Für Rechte: „Das ist so sicher wie der nächste Messerangriff.”
Für Woke: „Das interessiert mich ungefähr so sehr, als wenn irgendwo ein Deutscher umfällt.”
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In diesem Falle war das Opfer übrigens kein Deutscher (allenfalls einer in statu nascendi).
„An genau dieser Art von Regel- und Rangordnungskonflikte scheitern multikulturelle Gesellschaften. Am Ende kollabiert der Staat durch den Verlust der Konsensfähigkeit, der nun mal zu den unbedachten Folgen von Vielfalt zählt”, notiert Leser ***, der mir die Meldung zuschickte.
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Das Agitprop-Portal t‑online teilt mit:
Es geht um den – schwarzen – Supreme-Court-Richter Clarence Thomas, den amerikanische und deutsche Linksgrünwoke ganz schlimm finden, weil er ein Konservativer ist. Zu Gast bei Putin, das klingt übel, gerade in Zeiten des Ukrainekrieges, und der Palast ist überdies ein
Denn dort wurde Rasputin ermordet. Statt Putin.
Die Betonung der Schlagzeile liegt allerdings auf dem Wörtchen wohl: „Zum jetzigen Zeitpunkt ist es unklar, ob Thomas Putin auf seiner Reise traf.” Ach so, und die Reise fand vor 21 Jahren statt, anno 2003; zwei Jahre bevor die Heimsuchung im Hosenanzug deutsche Kanzlerin wurde und in den Jahren darauf ebenfalls bei Putin gastierte (ob an historisch befleckten Orten, ist mir nicht bekannt). Der einzige Vorwurf lautet, es sei nicht klar, wer die Reise, wohin auch immer sie geführt haben mag, bezahlt hat.
Die ganze Aufmachung drumherum: billigste Propaganda.
PS: „Die Stätte der Ermordung Rasputins, den ‚Palast an der Moika’, das berühmtere der beiden Jussopov-Palais in St.Petersburg, kenne ich recht gut”, schreibt mir Leser ***. „Ich habe ihn mehrfach besucht, es handelt sich um ein Museum, dort kann man nicht ‚gastieren’. Auch ist es keinesfalls ‚Putins Palast’. Wenn der ‚Sehr ehrenwerte Richter Thomas’ dort im Jahre 2003 zu Gast war, dann als Besucher eines Museums, was ihn noch mehr ehrte, denn es zeigte seine Kunstsinnigkeit. Putin dort getroffen dürfte er nicht haben, der war 2003 als Präsident der Russischen Föderation eher nicht unter Touristenhorden unterwegs.
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Apropos t‑online und Propaganda: eine Wiedervorlage.
Sie versuchen nicht allein, ihr Publikum von früh bis spät zu manipulieren, sie machen ihm auch direkt auf den Kopf. (Und das hat nichts damit zu tun, dass viele brave Schwarze hier leben, die arbeiten und Steuern zahlen.)