„Der Lynchmord begleitet den Konsens wie der Schatten den Menschen.”
Philippe Muray
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Gestern las ich bei einem Geheimtreffen in der Berliner Bibliothek des Konservatismus über den Gesinnungsstraftatbestand der „kulturellen Aneignung”, und während ich vortrug, kam mir der Gedanke, dass es den Befürwortern dieses juristisch noch nicht ganz festgestellten Tatbestands fürderhin verwehrt sein müsste, für ihre Einkünfte auf Gehaltszetteln, Spendenquittungen und Bankkonten arabische Zahlen – eigentlich indische, aber das ändert in diesem Kontext nichts – zu verwenden.
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Durch einen Tippfehler ist mir ein neuer Begriff gelungen: beantwirten.
Geehrter Herr, Ihre großzügige Einladung harrt einer Beantwirtung meinerseits.
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Zum Einzelfall der Woche.
Wangen
Ich laufe auf Sozialamtssohlen,
sprach dies Asylerschleichsgenie,
pries Gott beim Messern –, zum Lohn holen
sie aus dem Knast ihn –; Psychiatrie.
Ich kann mir keine Frauen kaufen,
ich sitz auf teuflischem Verlangen:
Gebete –, dann nach kabāb laufen: –
So gehn die Tage hin in Wangen.
Indes die deutsche Edelfäule
an correctiven Fabeln sog,
genoss er noch des Kinds Geheule,
bis man ihn in die U‑Haft zog.
(Da selbst Freund *** das Original nicht kannte: Hier ist es.)
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Die Pyromanen rufen nach der Feuerwehr.
Nanny Faeser, die den Inlandsgeheimdienst und die Polizei missbraucht, um Menschen zu schikanieren, die sich unter anderem über die Importkriminalität erregen, erklärt jetzt ungefähr dasselbe, was die Schwefelpartei seit Jahren sagt. Natürlich ist das eher Symbolik. Aber es läuft auf eine Entwicklung hinaus, die ich hier wiederholt herbeigeunkt habe: Die Altparteien werden peu à peu politische Forderungen der AfD übernehmen und zuweilen sogar in die Tat umsetzen, doch die Opposition weiterhin verteufeln und diskriminieren wie keinen ausländischen Straftäter je.
Zitat: „Die sozialdemokratische Bundesinnenministerin Nancy Faeser relativiert die Bedrohung durch gewaltbereite Jugendliche mit Migrationshintergrund, indem sie deren ‚Gewalterfahrungen durch Terror und Flucht, aber auch Armutsrisiken’ als Ursachen für das Problem identifiziert.”
Die Dame hat einen Amtseid abgelegt, sich für das Wohl des deutschen Volkes einzusetzen. Die Rechtfertigung von Gewaltverbrechen gegen ihre Schutzbefohlenen wegen-was-auch-immer ist Amtseidbruch. Gewalterfahrungen rechtfertigen keine neuen Gewaltaten, sondern Grenzkontrollen, Einreisesperren und Abschiebungen. Dieses Land erscheint zwar vielen als eine Art offene Psychiatrie, ist es aber offiziell (noch) nicht. Wenn ein sieghaft hereingeschneiter bärtiger Jugendlicher einem Familienangehörigen (m/w/d) von N. Faeser ein Messer in den Leib rammte, würde unsere Apparatschika dann immer noch dessen Gewalterfahrungen oder Armutsrisko als mildernden Umstand in Vorschlag bringen?
Isch hab Armutsrisiko, isch fick disch, du Schlampe!
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„Im Paragraf 13 wird geregelt, wann ein freiwilliger Feuerwehrmann in den Dienst genommen werden kann”, schreibt die MDR-Redakteurin. „Da geht es um das Mindestalter und die ärztlichen Atteste. Neu hinzugekommen ist Absatz 1 und der lautet wörtlich: ‚Feuerwehren sind freiwillig und ehrenamtlich im Dienst der Gemeinde tätig. Sie müssen für die Übernahme des Ehrenamtes persönlich geeignet sein und für die freiheitlich demokratische Grundordnung eintreten.’ ”
Ein Stadtbrandmeister wird zitiert mit den Worten: „Wieso wird so was da reingeschrieben? Wir als Feuerwehrleute sind politisch und religiös neutral. Wir helfen jedem, egal welches Geschlecht, welche Hautfarbe er hat oder wo er herstammt. Das ist unsere Grundeinstellung. Und jetzt wird das angezweifelt.”
Man sieht, unser Mäuserich ist nicht nur im Kollektivrausch, sondern außer Rand und Band (lediglich Hitlertagebuchfälscher hat er in seiner Aufzählung vergessen). Aus zwei ungläubigen Fragen eines Mannes, der in einem Land lebt, wo Freedom of speech, leider, uneingeschränkt herrscht (außer an den Universitäten und in fortschrittlichen Unternehmen), ob die in Deutschland zumindest versuchten Zensur- und Einschüchterungsmaßnahmen legal seien, strickt er seine in Frageform gekleidete Unterstellung, ob der Onkel aus Übersee demnächst etwa muslimische Holocaustleugner unterstützen will.
Der wirkliche Glanzpunkt des Kommentators ist indes der Therapievorschlag:
„Vielleicht sollten wir (!) uns (!) ein Beispiel an dem brasilianischen Richter Alexandre de Moraes nehmen. Der ist einer von elf Richtern des Obersten Gerichtshofs des Landes. Als solcher hat de Moraes in den vergangenen Jahren den Kampf gegen Desinformation und Propaganda in sozialen Netzwerken aufgenommen. Er ordnete die Sperrung von Konten einflussreicher Anhänger des rechtsextremen Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro an. Der war im Juni 2023 für acht Jahre von allen politischen Ämtern ausgeschlossen worden, weil er das brasilianische Wahlsystem mit Fake News diskreditiert hatte.”
In der englischen Wikipedia lesen wir über de Moraes (einen deutschen Eintrag hat er nicht): „Mehrere Politiker (sowohl progressive als auch konservative), Privatwirtschaft, Mitglieder der Zivilgesellschaft und Medien warfen de Moraes Vetternwirtschaft, politische Einmischung, politische Unterdrückung, Machtmissbrauch und die Einführung einer verfassungsmäßigen Diktatur vor. Der amerikanische Journalist und Anwalt Glenn Greenwald hat mehrere Entscheidungen von de Moraes kritisiert und ihm Zensur und Untergrabung der Meinungsfreiheit vorgeworfen. Er kritisierte die Ausweitung der ihm übertragenen Befugnisse, mutmaßliche Fake News und Angriffe auf die Demokratie einseitig zu regulieren, zu untersuchen und zu bestrafen. ‚Gibt es heute oder gab es jemals eine moderne Demokratie, in der ein einzelner Richter die Macht ausübt, die Alexandre de Moraes in Brasilien ausübt? Ich kann mir kein Beispiel vorstellen, das auch nur annähernd so groß ist.’ ”
Wikipedia zitiert einen im vergangenen Jahr veröffentlichten Artikel der New York Times mit dem Titel: „Er ist Brasiliens Verteidiger der Demokratie. Ist er tatsächlich gut für die Demokratie?” In dem Artikel wird kritisiert, dass er „Menschen ohne Gerichtsverfahren inhaftiert”, „Razzien angeordnet” sowie „Dutzende Konten und Tausende von Beiträgen in den sozialen Medien gesperrt” habe, „praktisch ohne Transparenz oder Berufungsmöglichkeit.”
Kein Wunder also, dass bei einem Diederich-Hessling-Klon die Cowperschen Drüsen vorlustvoll zu nässen beginnen, wenn er den Namen de Moraes hört.
In der aktuellen (und wie immer sehr lesenswerten) Ausgabe von Cato schildert Alex Baur in seiner Kolumne „Brief aus Lima”, wie de Moraes die Opposition bekämpft. Er nennt ihn den mächtigsten Mann Brasiliens und schreibt: „Strafverfahren als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln sind eine veritable Plage in ganz Lateinamerika. (…) Sie sind längst die größte Bedrohung für den Rechtsstaat und die Demokratie, die sie eigentlich beschützen sollten.” De Moraes sei „der Prototyp des enthemmten Politikers. Und weil Brasiliens höchstes Gericht von seinen Gesinnungsgenossen dominiert wird, gibt es niemanden, der ihn bremst.”
Die Herrschaft der „linken Richterkamarilla” habe 2019 mit der „Absolution des mehrfach rechtskräftig wegen Korruption verurteilten Luiz Inácio Lula da Silva” begonnen. „Ein Jahr später entmachtete das Bundesgericht den regierenden Jair Bolsonaro faktisch in der Coronapolitik. Wer Einspruch erhob, musste mit drakonischen Strafen wegen ‚Verbreitens von Fake News’ rechnen. ‚Fake News’ war auch die Wunderwaffe, mit der Alexandre de Moraes 2022 die knappe Wiederwahl von Lula steuerte. Im großen Stil ließ er Werbespots von Bolsonaro blockieren und dessen Anhänger in den sozialen Medien sperren. So war es etwa strengstens verboten, Lulas Verurteilung zu erwähnen oder Bilder zu verwenden, die den alten Marxisten in inniger Umarmung mit Tyrannen wie Maduro, Castro oder Gaddafi zeigten.”
Wer die Autorität des Gerichts auch nur bezweifle, werde mit absurd hohen Geldbußen in den Ruin getrieben. Eine Klage von Bolsonaros sozialliberaler Partei wegen Unregelmäßigkeiten bei den Wahlen „taxierte de Moraes als Angriff auf die Demokratie – und ordnete statt einer Untersuchung ein saftiges Strafgeld an. Nach dem ‚Sturm auf das Regierungsviertel’ am 8. Januar 2023 ließ de Moraes fast 2000 Protestler verhaften, von denen viele nicht einmal vor Ort waren. Vorwurf: Staatsstreich. Ein Jahr später sitzen immer noch 66 von ihnen im Gefängnis, hunderte Oppositionelle tragen elektronische Fußfesseln.”
Alexandre de Moraes agiere als Gesetzgeber, Ermittler, Ankläger und Richter in Personalunion. Eine Berufungsmöglichkeit gegen seine Entscheidungen gebe es nicht. „Peu à peu lässt er nun auch Leute aus dem Vertrauenskreis von Jair Bolsonaro verhaften, den er schon einmal mit einer Ausreisesperre belegt hat. Zwar gab es in Brasilien nicht einmal den Versuch eines Staatsstreichs, doch laut Kronzeugen, die mit Strafandrohung weich geklopft wurden, soll Bolsonaro mit diesem Gedanken gespielt haben.” Baur fühlt sich durch den Richter an den Inquisitor Tomás de Torquemada erinnert.
Gevatter Maus vom Haltungsorgan stern würde seine journalistischen Weihrauchfässchen begeistert für einen Staatsjuristen schwenken, der so etwas in Deutschland mit der Opposition veranstaltet: „Vielleicht könnten sich die deutschen Gerichte den Fortlauf des brasilianischen Verfahrens einmal etwas genauer anschauen. Im Falle von Martin Sellner zum Beispiel könnten sich eventuell noch interessante Möglichkeiten auftun. Denn obwohl Sellner in Deutschland Einreiseverbot hat, kann er hierzulande über X immer noch seine menschenverachtende Propaganda verbreiten. Und das nur, weil Elon Musk sein Konto nach jahrelanger Sperrung im vergangenen März wieder freigeschaltet hatte. Vielleicht zeigt das brasilianische Beispiel ja Möglichkeiten auf, wie man auch rechtem Gedankengut ein wirksames Einreiseverbot erteilen kann.
Und vielleicht kann die Argumentation von Richter de Moraes ja auch bei der Beurteilung von Höckes Hilferuf auf X helfen.”
Die woke Linke hat keine Argumente, sondern nur noch feuchte totalitäre Träume.
Andernorts sind sie bereits Realität. Zwei Länder, die von „Rechtspopulisten” regiert und deshalb von den woken Öffentlichkeitsarbeitern in den vergangenen Jahren verlässlich angeprangert wurden, erleben gerade den Backlash der Globalprogressisten: eben Brasilien – und Polen (wie in unserem östlichen Nachbarland ohne jeden Begleit#aufschrei die Demokratie geschleift wird, hat David Engels beschrieben). Demokratische Spielregeln, bürgerliche Grundrechte und Gewaltenteilung sind keine Kriterien mehr, wenn die woken Wohlmeinenden ganze Völker auf den Weg des Heils zurückführen müssen.
Der Vergleich mit der Inquisition ist völlig zutreffend. Mit Teufelsbündnern diskutiert man nicht. Scheiterhaufen wären vielleicht nichts für ein effemiertes Sensibelchen im stern-Offizium, womöglich müsste es sich dann nicht nur in Worten übergeben. Gegen die Mundtotmachung und Existenzvernichtung Andersmeinender haben diese hasserfüllten Heilsdurchglühten aber nichts einzuwenden.
PS: Vielleicht, meint Freund ***, wäre es gar nicht schlecht, wenn in ’schland X, formerly Twitter, verboten würde, und die sogenannten alternativen Medien gleich mit. „In der DDR gab es solche Ventile nicht. Und wenn es keine Ventile gibt, steigt der Druck im Kessel.”
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„Ihren Ausführungen zu Minister (Richter am Obersten Gericht) Alexandre de Moraes muss ich widersprechen”, schreibt Leser ***. „Die Darstellung seines Wirkens ist so grotesk verzerrt, dass ich mich einfach dazu verpflichtet fühle, Sie darauf hinzuweisen. Die einzige Behauptung von Alex Baur, der ich zustimmen würde, ist dies: ‚Strafverfahren als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln sind eine veritable Plage in ganz Lateinamerika.’ Das ist für Brasilien (über andere lateinamerikanische Staaten maße ich mir kein Urteil an) zustimmungswürdig. Allerdings ist das die logische Folge der verbreiteten kriminellen Machenschaften der brasilianischen Regierungseliten (aller Parteien). Die restlichen Ausführungen von Baur sind nicht korrekt, sie missachten völlig die tatsächlichen Befugnisse des STF.
Schon die Behauptung Baurs, es habe keinen Putschversuch gegeben, ist hahnebüchen. Damit ignoriert er sämtliche Ermittlungsergebnisse und diskreditiert Zeugenaussagen mit der Behauptung, man habe sie ‚mit Strafandrohung weichgeklopft’.
Bolsonaros Partei als ’sozialliberal’ zu bezeichnen, ist völlig irreführend. Die Partei ist auch nicht in Andeutungen das, was wir als sozialliberal verstehen, und er war auch nur von 2018 bis 2019 Mitglied einer Partei dieses Namens. Dass er insgesamt neun Parteien angehörte, zeigt schon, dass Parteien in Brasilien eine völlig andere Rolle haben als hierzulande. Baur verkennt völlig die Funktion des Obersten Bundesgerichts. Es ist nicht zuständig für Einzelpersonen, kein Bundesrichter kann allein eine Urteil fällen (es muss vom Gericht bestätigt werden); der – ich gebe ihm mal den Titel: Generalstaatsanwalt – Procurador-Geral da República ist für die meisten der von Baur de Moraes zugeschobenen Taten zuständig. Ich lebe seit zwölf Jahren in Brasilien und habe alles ‚life und in Farbe’ mitbekommen.”
Das würde, wenn es zutrifft, aber nur einen Teil der Vorwürfe gegen de Moraes entkräften. Ich kann das nicht beurteilen.
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Noch zum Vorigen.
Bei Danisch fand ich den Hinweis auf einen Artikel im New Yorker „How Chinese Students Experience America”. Die bemerkenswerteste Aussage ist jene:
One engineer had taken a Pitt psychology class that frequently touched on race, and he said that it reminded him of the political-indoctrination classes at Sichuan University. In both situations, he felt that students weren’t supposed to ask questions. „They’re just telling you how to play with words,” he said. „Like in China when they say socialism is good. In America you will say, ‘Black lives matter.’ They are actually the same thing. When you are saying socialism is good, you are saying that capitalism is bad. You are hiding something behind your words. When you say, ‘Black lives matter,’ what are you saying? You are basically saying that Asian lives don’t matter, white lives don’t matter.”
Zu deutsch: Ein Ingenieur hatte an einem Pitt-Psychologiekurs teilgenommen, in dem es häufig um Rasse ging, und er sagte, dass dieser Kurs ihn an die politischen Indoktrinationskurse an der Sichuan-Universität erinnerte. In beiden Situationen hatte er das Gefühl, dass die Schüler besser keine Fragen stellen sollten. „Sie zeigen einem nur, wie man mit Worten spielt“, sagte er. „Wie in China, wo man sagt, der Sozialismus sei gut. In Amerika werden Sie sagen: „Schwarze Leben sind wichtig.“ Es ist eigentlich dasselbe. Wenn Sie sagen, dass der Sozialismus gut ist, sagen Sie zugleich, dass der Kapitalismus schlecht ist. Du versteckst etwas hinter deinen Worten. Was meinen Sie, wenn Sie sagen: „Schwarze Leben sind wichtig“? Sie sagen im Grunde, dass das Leben von Asiaten keine Rolle spielt, das Leben von Weißen spielt keine Rolle.“
„Die USA sind längst so sozialistisch geworden, dass selbst Chinesen darin China wiedererkennen”, folgert Danisch. „Was dann auch recht deutlich erklärt, woher der ganze woke Mist eigentlich kommt: aus den Tiefen der kommunistischen Ideologie.”
So sieht es aus.