Nichts vermag mehr Sympathien für den Teufel zu wecken als seine Exkommunikation.
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Es ist gleichgültig, ob sie die Verdammten dieser Erde erlösen, die Proletarier von ihren Ketten befreien oder das Klima retten wollen: Das Resultat wird immer dasselbe sein.
(Und das ist meinethalben die traurigste Geschichte von der Welt.)
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Wer mit 20 keine Skrupel hat, der hat kein Herz. Wer mit 60 noch Skrupel hat, der hat keinen Verstand.
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Am Wochenende haben wieder Tausende auf deutschen Straßen demonstriert – die meisten Sender melden „protestiert”; es ging schließlich gegen die Mächtigen –, weil sich in einem Landhaus zu Potsdam ein paar Leute getroffen und darüber geplaudert haben, wie man die Ankündigungen der Regierung, unrechtmäßig in ’schland verweilende Ausländer außer Landes zu schaffen, endlich verwirklichen könne. – Das ist tatsächlich der Anlass.
Es handelt sich um eine Art Satyrspiel zum „Überfall” auf den Sender Gleiwitz.
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Was der Focus aus dem Treffen am Lehnitzsee machte.
Erstens: die AfD zum Veranstalter (was nicht stimmt, man könnte ebenso von einer CDU-Sause reden).
Zweitens: einen Plural („konspirative Treffen”).
Drittens: aus einer privaten Zusammenkunft geladener Gäste, wie sie jeden Tag – gottlob noch – unbeanstandet tausendfach stattfinden, etwas „Konspiratives”, das heißt der Öffentlichkeit Entzogenes – jede Focus-Konferenz und bald wohl auch jedes Focus-Heft wären dann konspirativ – und Verschwörerisches.
Viertens: aus Abschiebungen – aber das ist business as usual – „Deportationen”.
Im vergangenen Jahr wurden 13.512 Menschen allein aus Deutschland deportiert (der perfide Brite deportiert inzwischen sogar direkt ins Mutterland der identity politics, nach Ruanda).
Das reicht der Bundesregierung aber nicht; während sie überall Menschen zusammentrommelt, die gegen Deportationen demonstrieren, will sie ihrerseits dem Deportieren mehr Schwung verschaffen.
Hunderttausende Almans fressen das trotzdem und gehen auf die Straße. Kognitive Dissonanz, wohin man schaut.
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Eine Deportation droht diesem besonders unwillkommenen jungen Mann, sofern er es schafft, die deutsche Grenze zu überqueren, die fürderhin allein um seinetwillen kontrolliert wird.
Sellner ist Österreicher, also Staatsbürger eines EU-Landes. Gegen ihn liegt im strafrechtlichen Sinne nichts vor, seine Auftritte sind von der Meinungs- und Versammlungsfreiheit, seine Reisen von der Personenfreizügigkeit geschützt. Er begeht keine Straftaten, ist weder aggressiv noch propagiert er Gewalt. Trotzdem gilt er Medienmeldungen zufolge als Gefahr für die innere Sicherheit und soll nicht mehr einreisen dürfen.
Anderen Gästen indes ist das Bleiberecht einstweilen so sicher wie jenen die Einreise, die auf ihren Spuren wandeln.
Und das ist gut so! Schließlich ist die Wahrscheinlichkeit, zu Köln in ein Messer zu laufen, noch viel geringer als die, versehentlich auf Youtube ein Sellner-Video anzuklicken.
Köln bleibt bunt!
PS: Der Sellner hat sich tatsächlich an die Grenze gewagt, sogar darüber. „Doch seht! Die brave Polizei/Eilt wie gewöhnlich schnell herbei” (Wilhelm Busch).
Sellner wurde „gegen 18 Uhr rasch von der Grenzpolizei kontrolliert”, meldet die Frankfurter Rundschau. Dabei sei überprüft worden, ob „eine Gefährdung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung“ vorliege, wie ein Polizeihauptkommissar von der Bundespolizei Passau mitteilte. „Wir haben keine Gründe gefunden, die darauf hindeuten, dass er eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt – und deswegen darf er einreisen“, wird der achtbare Beamte zitiert.
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Apropos „konspirative Treffen”.
Das heißt, dieser Verein bekommt nicht nur Geld von der Regierung, sondern seine Leute tauchen auch regelmäßig in Bundesministerien auf, um sich instruieren zu lassen. So eine staatliche Agitprop-Truppe will man der Öffentlichkeit als neutral, objektiv und investigativ verkaufen, und ihre Denunziationen als „Recherchen für die Gesellschaft”.
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Ein Leser schickt mir einen Videoschnipsel, auf welchem der sächsische Innenminister Armin Schuster, CDU (natürlich kein Sachse), dem „gegen rechts” zusammengetrommelten zivilgesellschaftlichen Publikum erklärt, dass „seine” Beamt*_:Innen, von der Polizistin über den Staatsschützenden bis zur VS-Transsexuellen, zwar „24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche für unsere Demokratie” arbeiteten – „seine” Beamten für „unsere” Demokratie –, aber angesichts von „zehntausenden, ja hunderttausenden Verfassungsschützern” derzeit auf den Straßen genauso gerührt seien wie er.
Lassen wir die Tatsache beiseite, dass sich die Rührung namentlich in den Reihen der Polizei in Grenzen halten wird, wo ein nicht unerheblicher Teil eher mit der Opposition als mit den Regierungsakklamierern sympathisiert, und wenden wir uns gleich dem Traum des Herrn Schuster von Tausenden freiwilligen Verfassungsschützern, formerly IM, zu. Der Innenminister kehrt den Grundgedanken der Verfassung um, nämlich dass sie die staatliche Gewalt und nicht den Bürger bindet – ein Bürger kann nicht verfassungswidrig handeln, auch nicht, indem er sich privat trifft und bespricht, was er will, während die Staatsgewalt verfassungswidrig handelt, wenn sie ihn dabei abhört –, und er spendet der sogenannten Zivilgesellschaft, die man nicht verwechseln sollte mit einer zivilisierten Gesellschaft, seinen Segen dafür, dass sie sich an der Seite der Regierung gegen andersmeinende „Mitbürger” (R. v. Weizsäcker) versammelt, die sich übrigens ebenfalls auf die Verfassung, also das Grundgesetz berufen. Verfassungsschützer sind für den sächsischen Innenminister augenscheinlich Oppositionsbekämpfer. Deswegen muss diese Opposition als verfassungsfeindlich dargestellt werden, also praktisch als das, was man in der DDR „staatsfeindlich” nannte; terminologisch sind Nanny Faeser und ihr Famulus Haltungszwang ja schon recht nah bei Mielkes Einheitsparteischützern.
Es tritt einmal mehr ein, was Günter Maschke selig in seinem Essay „Die Verschwörung der Flakhelfer” anno 1985 sowohl diagnostizierte als auch prophezeite: „Die Bundesrepublik, halb ordentlicher Industriehof, halb Naherholungszone mit regelmäßig geleertem Papierkorb, dieses handtuchbreite Restland, dessen Bewohner nach Harmlosigkeit gieren, ist zugleich das Land, in dem jeder zum Verfassungsfeind des anderen werden kann.“ Das erleben wir nahezu täglich und gerade wieder. „Da niemandem eine auch nur notdürftig verbindliche Definition der Verfassung möglich ist”, so Maschke, „wird sie, anstatt der Boden zu sein, auf dem die (Rest-)Nation ihre Kräfte zusammenfaßt, der Boden, auf dem sie ihre Bürgerkriege austrägt.” Die Verfassung der zweiten deutschen Republik sei „bereits in ihrer Entstehungsphase eine Verfassung gegen Deutschland” gewesen. Wie unvollkommen sie sei, sehe man doch allein an den zahlreichen nachträglich vorgenommenen Änderungen – wobei sich die SPD besonders hervortat und mithin eigentlich im Ruch einer gewissen Verfassungsfeindlichkeit stehen müsste (was mich betrifft: steht sie).
Wenn das Grundgesetz aber so großartig ist, wie wir immer hören, warum wird es dann zum Kampfplatz von Parteiungen, die jede für sich behaupten, die Verfassung zu verteidigen? Und wie kann es sein, dass eine Verfassung, deren Souverän das deutsche Volk ist – und dieses Volk wurde von den vielzitierten Vätern und Müttern des Grundgesetzes explizit als das ethnisch-kulturelle deutsche Volk als „ewiger” Hauptbestandteil des deutschen Staatsvolkes verstanden – ganz ungeniert dazu benutzt wird, um dieses deutsche Volk Schritt für Schritt durch Migranten zu ersetzen (immer in die Schulen und Kitas schauen!), von denen dann einfach behauptet wird, sie seien eben jetzt das neue deutsche Volk? Und zwar in einem Tempo und in einer Zahl, per Blitzeinbürgerung und über wie Wunden offengehaltene Grenzen, dass eine Anpassung der Nauankömmlinge an die deutsche Kultur bzw. gar deren Übernahme so gut wie ausgeschlossen sind? Stimmt also Maschkes Behauptung, es sei eine Verfassung „gegen Deutschland”?
Nun, Sie kennen meine Antwort, die Verfassung ist eher gleichgültig, weil der herrschende Zeitgeist ohnehin aus ihr macht, was er will. Den rotgrünen Deutschland-Abwicklern, zu denen das Verhängnis im Hosenanzug unbedingt zu rechnen ist, ist es gelungen, sämtliche Grundrechte, ja sogar die Ewigkeitsklauseln des Grundgesetzes unter einen aus Artikel 1 abgeleiteten Generalvorbehalt zu stellen, der trotz einer unglaublichen intellektuellen und auch formallogischen Dürftigkeit inzwischen praktisch den Kerngehalt der deutschen Staatsräson bildet; er lässt sich auf die transparenttaugliche Floskel zusammenschnurren: Im Grundgesetz steht, die Würde des Menschen ist unantastbar, nicht die Würde des Deutschen. Und diese Würdegarantie beschränkt sich grundgesetzneukonform keineswegs nur auf das deutsche Staatsgebiet. Niemand hätte es sich 1949 alpträumen lassen, dass der Infantilisierungs- bzw. Debilisierungsgrad dieses ja damals schon als für Irrationalismus und kollektive Hysterien besonders anfällig geltenden Volkes einmal darauf hinauslaufen könnte, dass es einem symbolischen Artikel seiner Verfassung weltweite Geltung zuschreiben und so den aggressiven Hitlerismus um 180 oder eben 360 Grad gedreht in autoaggressiver Weltheilsdurchglühtheit gegen sich selbst wenden würde. Doch genau damit „argumentiert” der Verfassungsschutz gegen die einzige Oppositionspartei.
(Hier kann der mündige Bürger übrigens eine Erklärung der Vorsitzenden der Schwefelpartei-Ostverbände zur Remigration lesen und sich vielleicht eine nicht ganz Tagesschau-kompatible Meinung dazu bilden.)
Natürlich stehen die Deutschen nicht allein mit dieser absurden Wiedergutmachungsmigrationssicht, alle ehemaligen Kolonialnationen haben sich dieses Problem aufgeladen, und die Agenten der aktuellen postkolonialistischen Gesinnungsmode profitieren kräftig davon, doch die Almans sind eben besonders närrisch, auch in dieser Sache, sie betrachten den größten Teil der Migration als Asylrechtsgewährung und überhaupt nicht unter dem Gesichtspunkt der Nützlichkeit für ihr Gemeinwesen, nicht einmal der Verträglichkeit, sondern als einen hypermoralischen sozialen Liebesdienst am millionenfachen fremden Kunden zum Zwecke der Genesung des deutschen Wesens von seiner allahlob unsühnbaren allgemein weißen und speziell nationalsozialistischen Erbschuld. Mir versicherte einmal ein Geschäftsmann aus den Emiraten, er verstehe die Deutschen nicht; in die Emirate hole man Ausländer, damit sie dort arbeiten, während die Deutschen Ausländer zu sich holten, um für sie zu arbeiten (man müsste diesen Mann als Rassisten bezeichnen, wenn das nicht auf antimuslimischen Rassismus hinausliefe). Dass sich dagegen Widerstand regt, speziell in den am meisten abgemolkenen sowie den weniger wohlhabenden Milieus, die ja den Hauptstoß der Migration abbekommen, ist ziemlich normal.
Das autoritäre Gefuchtel von Regierung, VS und den gelenkten Medien sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass es den sogenannten Eliten vollkommen klar ist, auf welchem Absurditätslevel sie argumentieren, und ich wette, dass sie, sobald sie die Schwefelpartei irgendwie kleingekriegt haben, diesen Nonsens sofort revidieren werden. Bis dahin wird er freilich wachsen und anschwellen und womöglich außer Kontrolle geraten.
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Was nun mich betrifft: Ich fühle mich nicht von Migranten bedroht. Ich lebe in einer bürgerlichen Münchner Gegend, die Ausländer, mit denen ich Kontakte pflege, sind allesamt gutverdienende, gesittete, unbewaffnete Akademiker, und furchterregende Flüchtlinge tauchen hier nicht auf. Wenn in einem Asylantenheim in einem bayerischen Dorf ein Afghane ein fünfjähriges Kind ersticht und dessen Mutter schwer verletzt, dann ist mir das egal, denn ich verkehre nicht in solchen Heimen, und es steht auch keins in meiner Straße. Mit den Worten „einen Abstecher machen” verbinde ich persönlich den Tegernsee und nicht die Notaufnahme. Wenn ich lese, dass die Polizei in Freiburg einen 28jährigen Mann aus Eritrea festgenommen hat, der sich an zwei Frauen sowie, weil nicht immer Mädels zur Hand waren, an mehreren Schafen und Ziegen vergangen hat, ist mir das gleichgültig, weil ich weder Haustiere habe noch in Freiburg lebe; aus letztgenanntem Grund habe ich auch keine Angst um meine Tochter, wenn ich lese, dass acht Männer, darunter sieben „Flüchtlinge” aus Syrien, dort eine 18jährige vergewaltigt haben. Auch wenn ich erfahre, dass ein Asylbewerber aus Somalia gerade in München vor Gericht steht, weil er mit zwei anderen Fachkräften nachts in der St.-Bonifatius-Straße einem Mann das Fahrrad gestohlen und diesen dabei so zusammengeschlagen hat, dass der Zärtling zwei Wirbelbrüche, einen Bruch der linken Augenhöhle, Hämatome an beiden Augen und massive Sehstörungen davontrug, sorgt mich das kaum, denn ich wohne nicht in Giesing und verkehre auch nicht dort, weil die Giesinger Gastronomie eher unbedeutend ist. Die Sorge, selber einmal zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein – dieser dumme Zufall ist der einzige Grund, der Einzelfälle überhaupt möglich macht –, schreckt mich nicht, denn ich bin situiert genug, um falsche Orte meiden zu können. Wenn mir Lehrer oder Eltern erzählen, dass deutsche Kinder an vielen Schulen zur Minderheit werden und muslimische Jünglinge sie mobben oder verprügelen, weil sie Schweinefleischfresser, Kartoffeln und Unreine sind, schreckt mich das nicht, denn meine Kinder gehen nicht auf solche Schulen.
Freilich muss ich noch hinzufügen, dass ich mich auch nicht von einer Havarie in einem japanischen Atomkraftwerk bedroht fühle, die noch nicht einmal dort, in 10.000 Kilometer Entfernung, jemanden getötet hat. Ich habe keine Angst vor teuflischem Kohlendioxid, Dieselabgasen und Feinstaub, denn ich bekomme auf meinem Balkon blendend Luft. Ich fürchte mich nicht vor Neonazis, weil ich keine kenne, ich würde mich auch nicht vor einer Reinkarnation des NSU ängstigen (hier einmal unterstellt, die Buben haben tatsächlich all das getan, was man ihnen zur Last legt), denn mir täten sie ja nichts. Ich habe keinen Bammel vor Putin, weil ich nicht im Osten der Ukraine lebe. Die Erderwärmung lässt mich auch dann völlig kalt, wenn sie tatsächlich stattfindet, denn ich habe es gern warm. Die Polkappen können meinethalben abschmelzen, ich wohne 600 Meter über dem Meeresspiegel. Sela, Psalmenende.
PS: Der eine oder andere Leser wird vielleicht bemerkt haben, dass dieser Text eine nur um ihren Anlass gekürzte Wiedervorlage der Acta-Paraphrase eines Kommentars von Jan Fleischhauer zur „Gemeinsamen Erklärung 2018” ist. Die Entsolidarisierung der Moral-Elite, wie Freund Alexander Wendt diese Leute nennt (der gerade ein Buch darüber beendet hat), mit den einheimischen Unterschichten ist inzwischen noch weiter fortgeschritten, und die Verachtung, die woke Gutsituierte gegenüber den unwoken Prekären hegen, ebenso.
Wie gesagt, bei den Hochgestellten gilt das Reden von Problemen mit Migranten als niedrig. Das kommt: In ihren Wohngebieten gibt es keine problematischen Migranten.
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Die ehrenamtlichen Verfassungsschützer bei der Arbeit (oder: die Nazi-Mentalität auf Nazi-Suche).
Bitte größer.
Danke.
(Hier wird die Aktion beschrieben.)
PS: Leser schreiben mir, dass die Kaffedealer diese Gesinnungsverpflichtung geändert haben.
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Jemand sagte: Ein Extremist will die freiheitlich-demokratische Grundordnung abschaffen. Ich kann also kein Extremist sein, denn ich bin der Ansicht, dass sie gar nicht – oder nicht mehr – existiert.
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Bislang dachte man, dass der Eintritt in die grüne Partei den Allerweltsdeutschen von der Last seiner historischen Schuld befreit, während sich namentlich bei AfD-Mitgliedern der auf ihnen lastende Nazinachkommensdruck in gelegentlichen Tourette-artigen Ausbrüchen unkontrollierbar artikuliert. Aber nein.
„Blut ist ein besondrer Saft.”
(Mephisto)
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Ein Bekannter schreibt mir: „Ich las gerade mit Erstaunen in der FAZ, daß der NDR die frühere Moskaukorrespondentin des Deutschlandradios Gesine Dornblüth ‚um eine journalistische Expertise zu Hubertus Seipel’ gebeten habe. Sie sei zu einem klaren Ergebnis gekommen: ‚In seinen Filmen und Interviews’ habe Seipel ‚Positionen Putins und der russischen Machteliten übernommen, ohne diese kritisch zu hinterfragen – und das, obwohl die Informationen für eine kritische Einordnung vor der Veröffentlichung des jeweiligen Films verfügbar waren’. ‚Besonders heikel’ seien diese Filme dadurch geworden, ‚daß der Kreml sie ausführlich zur Selbstbespiegelung genutzt hat’. Seipel habe ’sich mißbrauchen oder einspannen lassen’.
Frau Dornblüth erlebte ich erstmals in den 2000er Jahren, als sie einen Vortrag an der Humboldt-Universität über Tschetschenien hielt. Zu meinem bassen Erstaunen lobte sie damals die Entwicklung in Tschetschenien. Diese sei ohne Kadyrow nicht möglich gewesen. Informationen über dessen Verbrechen waren zuhauf verfügbar. Ich frage mich, was Herr Doktor Freud zu den Worten Frau Dornblüths gesagt hätte. Aber ich vermute, solch eine Charakterisierung ist eine besondere Form kollegialer Anerkennung. Honi soit qui mal y pense.”
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Tweet des Tages, eins.
Tweet des Tages, zwei.
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Leser *** sendet mir „eine Trouvaille von C. S. Lewis aus seinem Text ‚Screwtape proposes a toast’ aus dem Jahr 1959. Wichtig zur Interpretation ist die Tatsache, daß Lewis hier aus Sicht eines Teufels schreibt, also seine literarische Figur die beschriebene desaströse Entwicklung gutheißt…
„The basic principle of the new education is to be that dunces and idlers must not be made to feel inferior to intelligent and industrious pupils. That would be ‘undemocratic’. These differences between the pupils – for they are obviously and nakedly individual differences – must be disguised. This can be done on various levels. At universities, examinations must be framed so that nearly all the students get good marks. Entrance examinations must be framed so that all, or nearly all, citizens can go to universities, whether they have any power (or wish) to profit by higher education or not. At schools, the children who are too stupid or lazy to learn languages and mathematics and elementary science can be set to doing the things that children used to do in their spare time. Let them, for example, make mud-pies and call it modelling. But all the time there must be no faintest hint that they are inferior to the children who are at work. Whatever nonsense they are engaged in must have – I believe the English already use the phrase – ‘parity of esteem’. An even more drastic scheme is not impossible. Children who are fit to proceed to a higher class may be artificially kept back, because the others would get a trauma – Beelzebub, what a useful word! – by being left behind. The bright pupil thus remains democratically fettered to his own age-group throughout his school career, and a boy who would be capable of tackling Aeschylus or Dante sits listening to his coaeval’s attempts to spell out ‚a cat sat on the mat’. In a word, we may reasonably hope for the virtual abolition of education when ‚I’m as good as you’ has fully had its way. All incentives to learn and all penalties for not learning will vanish. The few who might want to learn will be prevented; who are they to overtop their fellows? And anyway the teachers – or should I say, nurses? – will be far too busy reassuring the dunces and patting them on the back to waste any time on real teaching.”
„Das Grundprinzip der neuen Bildung besteht darin, dass Dummköpfe und Faulenzer nicht das Gefühl haben dürfen, sie seien den intelligenten und fleißigen Schülern unterlegen, denn das wäre ‚undemokratisch’. Diese Unterschiede zwischen den Schülern – denn es handelt sich um offensichtliche und nackte individuelle Unterschiede – müssen verschleiert werden. Dies kann auf verschiedenen Ebenen geschehen. An Universitäten müssen Prüfungen so gestaltet sein, dass nahezu alle Studenten gute Noten bekommen. Aufnahmeprüfungen müssen so beschaffen sein, dass alle oder fast alle Bürger eine Universität besuchen können, unabhängig davon, ob es in ihrer Macht steht, von der Hochschulbildung zu profitieren oder nicht (und ob sie es überhaupt wollen). In der Schule können diejenigen Kinder, die zu dumm oder zu faul sind, um Sprachen, Mathematik und Grundwissenschaften zu lernen, dazu gebracht werden, die Dinge zu tun, die Kinder früher in ihrer Freizeit gemacht haben, man lasse sie zum Beispiel Schlammkuchen backen und nenne es ‚Modellieren’. Aber es darf nie den geringsten Hinweis darauf geben, dass sie den wirklich arbeitenden Kindern unterlegen sind. Welchen Unsinn sie auch immer machen, es muss – ich glaube, die Engländer verwenden den Ausdruck bereits – eine ‚Parität der Wertschätzung’ herrschen. Ein noch drastischerer Plan ist nicht unmöglich. Kinder, die in der Lage sind, in eine höhere Klasse zu wechseln, könnten künstlich mit der Begründung zurückgehalten werden, dass die anderen ein Trauma erleiden würden – Beelzebub, was für ein nützliches Wort! –, wenn man sie zurückließe. Der aufgeweckte Schüler bleibt somit während seiner gesamten Schullaufbahn demokratisch an seine eigene Altersgruppe gebunden, und ein Junge, der in der Lage wäre, es mit Aischylos oder Dante aufzunehmen, muss den Versuchen seines Altersgenossen zuhören, den Satz ‚eine Katze saß auf der Matte’ zu buchstabieren. Mit einem Wort: Wir können vernünftigerweise auf die faktische Abschaffung der Bildung hoffen, wenn sich das Prinzip ‚Ich bin so gut wie du’ durchgesetzt hat. Alle Anreize zum Lernen und alle Strafen fürs Nichtlernen werden verschwinden. Die wenigen, die vielleicht lernen wollen, werden daran gehindert; wer sind sie, dass sie ihre Mitschüler übertrumpfen wollen? Und außerdem werden die Lehrer – oder sollte ich sagen: die Betreuer? – viel zu sehr damit beschäftigt sein, die Dummköpfe zu beruhigen und ihnen auf die Schulter zu klopfen, als dass sie Zeit mit echtem Unterricht verschwenden könnten.”
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„An der Selbstabschaffung der Gattung dürfte einen Philosophen am meisten verdrießen, daß damit nichts gewonnen wäre.”
Jürgen Große