„Wenn das deutsche Volk den Kokainekrieg verliert, hat es sich als meiner nicht würdig erwiesen.”
(apokryph)
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Da wird er aber aufhorchen, der weltweite Antisemitismus!
Auch der heutige Eintrag der Acta diurna soll deshalb unter anderem eine Reaktion auf den weltweiten Antisemitismus sein, vor allem aber die globale Zwischenmenschlichkeit befördern und letztlich zur Trockung aller Tränen beitragen.
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Religiöse Riten, überhaupt Rituale, sind überaus sinnvolle Einrichtungen, denn sie dienen der ästhetischen Formung des menschlichen Teigs. Wenn Menschen ausschließlich tun, wonach ihnen gerade der Sinn steht, kommen meistens unerfreuliche oder unappetitliche Ergebnisse zustande. Solche Rituale müssen natürlich keineswegs religiöser Natur sein, auch Manieren, Vorstellungen des Angemessenen und Schönen, Umgangsformen, Verbindlichkeiten, Tischsitten, Bekleidungsnormen, Gewohnheiten etc. gehören dazu. Aber man wird feststellen, dass es sich dabei, wo nicht um unmittelbare, so doch meistens um abgesunkene religiöse Bräuche handelt. Der vulgären, infantilen, zügellosen, brutalen Masse Mensch haben vor allem religiöse Riten und Gebote eine erträglichere, mitunter sogar ansprechende Form aufgezwungen, bis hin zum schönen Jahresrhythmus der Feste.
Freilich können Rituale auch Exklusivität fördern und Fremdheit verstärken. Der Anblick öffentlich betender Muslime ist in vielen Städten Westeuropas ein alltäglicher geworden, allenthalben ruft inzwischen auch der Muezzin zum Gebet. So naturwüchsig diese Verrichtungen in orientalischen Ländern wirken mögen, so fremd und deplatziert erscheinen sie hierzulande, zumal ihrer Zelebrierung vor aller Augen der Hautgout einer Machtdemonstration innewohnt. Öffentlich betende Moslems bezeugen eine Islamisierung des Westens, die es offiziell so wenig zu geben hat wie einen sogenannten Bevölkerungsaustausch, welchen täglich zu beobachten jedermann gleichwohl freisteht und dessen Erwünschtheit, Richtigkeit und Weltheilsplanrundheit ihm (m/w/d) aus allen Kanälen und von sämtlichen Podien, Bühnen und Kanzeln permanent entgegengepredigt wird.
In den Klausuren verschiedener Kollektive geltende Regularien können schlechterdings miteinander unverträglich sein. Zum Beispiel verhindert das koranische Weinverbot nahezu jeglichen Kontakt zwischen mir und einem frommen Muslim, denn fremde Menschen nüchtern zu ertragen ist eine Gabe, die mir Allah nicht verliehen hat, während ich, wenn ich schon allein trinken soll, es dann lieber wirklich allein tu’. Mir ist es auch zeitlebens schleierhaft gewesen, weshalb sich ein Mann mit vier Frauen begnügen soll (#warumnurvier?). Ich finde, dass ein Kerl sich rasieren sollte, besonders im Gesicht, und dass die beiden Geschlechter ungehemmt miteinander flirten müssen, weil das Leben sonst unerträglich öde ist. Eine auch nur in Maßen verschleierte Frau versetzt mich in einen teils melancholischen, teils aggressiven Zustand. Eine Kultur, in der die Wiener Klassik vielen als haram gilt und über der ein Bilderverbot schwebt, befremdet mich zutiefst.
Sympathisch, friedlich, attraktiv: Islam eben.
Nicht ganz uninteressant dürfte sein, was für Bilder diese „Schüler im Alter von 12 bis 13” laut Händi-Suchverlauf in den letzten 24 Stunden gesehen hatten, aber sei’s drum.
Man sieht: lauter Unvereinbarkeiten, und wir haben noch nicht einmal den Bezirk der wirklich religiösen Praxis betreten. Von jenem handelt ein Buch, das ich dieser Tage las: „Das islamische Pflichtgebet und der Gebetsruf” von Tilman Nagel, Untertitel: „Eine ritualrechtliche Untersuchung nebst einem Exkurs über falsche Gleichsetzungen”. Der bekannte Orientalist und Islamist, quatsch: Islamwissenschaftler – Islamist bedeutet ja angeblich etwas anderes, ich komme noch darauf – erläutert in dieser kurzen Schrift, wie stark die Vorschriften des Ritualrechts den Alltag vieler bzw. der meisten Muslime bestimmen. Das heißt, der emeritierte Professor der Universität Göttingen beschreibt ein Phänomen, das in den offiziellen Politikerreden und Mediendarstellungen nicht vorkommt und das sich bündig auf Begriffe wie existentielle Fremdheit und lebensweltliche Unvereinbarkeit bringen ließe. Man spricht gern von „Parallelgesellschaften”, aber es können auch verschiedene Planeten sein, die sich auf einem gefährlichen Kollisionkurs befinden.
Ich werde mir erlauben, Nagels Darstellung im Folgenden zu referieren.
Das rituelle Gebet ist im Islam eine „Säule der Daseinsordnung”. Mohammed spricht: „Der Pakt zwischen uns” – also Allah – „und den Menschen ist das rituelle Gebet. Wer es unterlässt, ist ungläubig geworden.“ Der Betende tritt in einen „Weihezustand“ ein: „Der Beginn des rituellen Gebets markiert die Grenze, bei deren Überquerung man den Raum betritt, in dem einzig Allahs Gegenwart zählt.“ Es ist ein Raum, zu dem Satan mit seinen Verführungskünsten keinen Zutritt hat. „Wenn zum rituellen Gebet gerufen wird, dann gibt der Satan Fersengeld“, sagt der Prophet. „Das Gebet ist die beste Handlung des Menschen“, sekundiert ein Hadith. Nach allgemein muslimischer Überzeugung ist das rituelle Gebet die gute Handlung schlechthin. „Die Zeitspannen des Ritenvollzugs”, so Nagel, seien „die Zeitspannen der wahren, reinen Existenz“.
Deshalb ist der brave Moslem gehalten, fünfmal am Tag zu festen Zeiten mit festgelegten Bewegungsabläufen, bis zur Niederwerfung auf die Stirn, sein Gebet zu verrichten, dabei die festgelegten Worte zu sprechen und sich zuvor von irdischem Schmutz zu reinigen. Der Daseinszweck des Menschen ist nach muslimischer Ansicht die „durch Allah gesetzte Seinsbestimmung”, nämlich die „fortwährende Verehrung und Anbetung Allahs“ als „Gegenleistung für Allahs unausgesetztes fürsorgliches schöpferisches Handeln“.
Die fünf täglichen Gebete sind eine Pflicht, deren Erfüllung als „Jenseitsverdienst“ anrechenbar ist. Die schariatischen Normen gliedern sich in zwei Gruppen: diejenigen, die der Kadigerichtsbarkeit unterliegen, und diejenigen, für die der Mensch nur Allah gegenüber Rechenschaft schuldig ist. Letzteres sind die Normen der Anbetung und Verehrung. Verstöße gegen das Ritualrecht werden erst im Jenseits geahndet.
Das Ritualrecht bilde dennoch den größten Teil des islamischen Rechts. „Wenn man sich durch diese Literatur hindurcharbeitet”, schreibt Nagel, „gewinnt man einen lebendigen Eindruck davon, mit welch einem dem Europäer unvorstellbaren Ernst selbst der schariarechtlich ungebildete Muslim das Stehen vor Allah und die Einzelheiten, die auf dessen ausdrücklichen Befehl zurückgeführt werden, mit Blick auf das Jenseitsschicksal beachtet.“ In eine persönliche Zwiesprache mit Gott, wie sie dem Christenmenschen vorschweben mag, tritt ein solcherart konditionierter Beter wohl eher nicht.
Das Gebet soll überdies möglichst in der Gruppe verrichtet werden, denn der kollektive Vollzug bezeugt, festigt und stärkt das Gemeinschaftsgefühl. Mohammed spricht: „Kein Schritt, den jemand tut, ist Allah lieber als ein Schritt, den jemand geht, um in eine Reihe zu gelangen.“ Die Muslime „bilden während des Vollzugs des Gebets in unanfechtbarer Weise das nach islamischer Überzeugung einzig wahre Gemeinwesen, dasjenige Allahs“, kommentiert Nagel. Es sei die „beste Gemeinschaft, die je für den Menschen hervorgebracht” wurde (Sure 3, Vers 110), dafür geschaffen, „das Billigenswerte (zu) befehlen und das Abscheuliche (zu) verbieten“ (Sure 7, 157). In den islamischen Menschenrechtserklärungen heiße es ausdrücklich, der Islam sei die „natürliche Religion“ des Menschen. Die Schariagelehrsamkeit nimmt den Menschen grundsätzlich von der Zugehörigkeit zur muslimischen Gemeinschaft in den Blick, nicht als Individuum. Überhaupt gilt Individualität im Islam nicht viel, Unterwerfung ist alles, weshalb es einem auch ungeheuer leicht gemacht wird, Moslem zu werden – nach islamischer Ansicht ist jeder Mensch ja qua Geburt Moslem und bleibt es, sofern er kein anderes Bekenntnis annimmt; ich bin praktisch Moslem –, und dementsprechend spielt auch der menschliche Verstand bzw. die Vernunft nur eine subalterne Rolle. Die Scharia etwa erkennt fünf grundsätzlich schützenswerte Rechtsgüter des Muslims: seinen Islam, seine körperliche Unversehrtheit, sein Eigentum, seine Mannesehre und seinen Verstand, der ihn befähigt, den Ritualpflichten bewusst nachzukommen. Das heißt, die Hauptfunktion des Verstandes besteht im Befolgen der Rituale.
Aus all dem ergibt sich, dass zwischen der christlichen und der islamischen Art zu beten erhebliche Unterschiede bestehen. „Der Vollzug des rituellen Gebets, der wichtigsten Ritualpflicht des Muslims, bildet einen unmittelbaren und unauflösbaren Zusammenhang mit der islamischen Machtausübung”, hält Nagel fest. „Dieser Sachverhalt wird von islamischer Seite ad nauseam in der Formel zum Ausdruck gebracht, der Islam sei Religion beziehungsweise gottgegebene Daseinsordnung und Staat in einem.“ Die jenem Glauben angemessene Staatsform ist folglich die Theokratie. „Um die Breite des damit ausgesprochenen Geltungsanspruch zu verstehen, muss man sich vor Augen führen, dass die islamische Auffassung von ‚Staatlichkeit‘ das Prinzip der Territorialität nicht kennt”, fährt der Islamkenner fort. „Die Welt als ganze wird fortwährend durch Allah geschaffen und ist deshalb fortwährend seiner Herrschaft unterworfen, die sich gemäß den auf seine Offenbarung zurückgehenden Regelungen der Scharia verwirklicht. Es ist demnach keine andere politisch-religiöse Ordnung legitim außer der islamischen.”
Das nächste Charakteristikum des islamischen Ritus ist der Gebetsruf. Ist er nicht im Grunde dasselbe wie das Glockengeläut? Rufen nicht die Glocken ebenfalls zum Gebet? Nagel: „Die Bezeugung der Einsheit Allahs, nämlich ‚dass es keinen Gott gibt außer Allah und dass Mohammed der Gesandte Allahs ist‘, wird durch den Gebetsruf fünfmal am Tag im Idealfall über den fortwährend durch Allah geschaffen werdenden Kosmos ausgebreitet, um die Wahrheit der einzig gültigen Daseinsordnung zu bekräftigen und um zu bekunden, dass es die Muslime gibt, die Menschen, die sich bereits dieser Wahrheit verpflichtet wissen, und dass diese Muslime mit der Bezeugung eben dieses Wissens den von Allah gewollten rechtgeleiteten Zustand des ganzen Kosmos vorwegnehmen.“
Ich habe vor Jahren einmal geschrieben, dass jeder Muezzinruf eine Feinderklärung beinhalte, was mir, natürlich von linken Deutschen, als islamophob angekreidet wurde – für viele Muslime besteht darüber eigentlich kein Zweifel. Die etwas moderateren unter ihnen sagen, es sei doch derselbe Gott, der angerufen werde, Allah und Gott seien dasselbe, aber mit der Beifügung „und Mohammed ist sein Prophet” dürfte wohl klar sein, welcher Gott gemeint ist. Auch die einleitende, viermal gerufene Formel „Allahu akbar!” – „Allah ist größer!” bzw. „Allah ist der Allergrößte!” – bezeugt das, wenngleich die kuffār sich selbst gern ein X für ein U vormachen.
„Der Gebetsruf bedeutet, wie aus seinem Wortlaut hervorgeht, stets auch eine Herabwürdigung aller anderen Religionen, Gesetze und Daseinsordnungen und wird von den Schariagelehrten nicht zuletzt als ein wesentliches Mittel zur unabwendbar allmählichen Ablösung dieser Religionen, Gesetze und Daseinsordnungen durch den Islam verstanden”, statuiert Professor Nagel, Allah erfülle seine Wünsche im Diesseits wie im Jenseits. Der Gebetsruf sei eine permanente Aufforderung, den Islam anzunehmen. Die „prinzipiell in Anspruch genommene Überlegenheit des Islams über alle anderen Formen menschlicher Gesellung“ werde durch ihn ständig aufs Neue bekräftigt.
Hier ist nun ein theologischer Einschub fällig. Er betrifft die Handlungsohnmacht der Geschöpfe Allahs.
Nach islamischer Lehre bestimmt Allah durch sein fortgesetztes Schöpfungshandeln jede Tat eines jeden Menschen, und Er ist auch imstande, wenn Er nur will, die Naturgesetze zu ändern. Folglich gibt es keinen freien Willen außer jenem Allahs. In diesem Falle wäre aber nicht erklärbar, warum Ungläubigen oder Abtrünningen die Hölle droht, denn sie folgen ja nur Seinem Willen. Oder aber, der Mensch kann sich frei zum Bösen entscheiden. Dann aber ist Gott nicht allmächtig.
Der theologische Trick besteht nun in der Behauptung, gerade durch seinen freiwilligen Verzicht darauf, sämtliche Taten des Menschen zu bestimmen und seinem Geschöpf stattdessen die Freiheit der Entscheidung zu lassen, habe Gott seine Allmacht demonstriert. Der Koran sagt dazu (13:27): „Allah lässt in die Irre gehen, wen Er will, und leitet zu Sich, wer sich Ihm reuig zuwendet.“ Oder (2:26): „Er lässt damit viele in die Irre gehen und leitet viele damit recht, doch lässt Er damit nur die Frevler in die Irre gehen.“ Erst der Frevel, dann die Irre – doch wer entscheidet, dass gefrevelt wird?
Dem Glauben daran zu widersprechen, dass Allah alles, was im Kosmos geschieht, lenkt und vorherbestimmt hat, wäre „Beigesellung“, also wiederum Frevel. Wie löst der Islam dieses Problem? Durch Gläubigkeit und Ritentreue, erklärt Nagel. Die Gläubigkeit folgt in Analogie der aus dem Christentum bekannten Maxime Credo quia absurdum. Die „bestürzende Konsequenz aus dem Prädestinationsglauben” sei von islamischen Gelehrten im 11. Jahrhundert „nüchtern auf den Begriff gebracht” worden, notiert der Gelehrte. „Die Handlungen des Menschen seien eben nichts anderes als ‚Wegmale und Zeichen für die Urteile Allahs, und es ist keineswegs abwegig, ein Malzeichen aufzupflanzen, das den gar nicht berührt, für den es errichtet wurde‘. Wie Allah das durch ihn an einem Menschen geschaffene Handeln beurteilt, hat mit dem betroffenen Menschen nichts zu tun“ (Hervorhebung von mir – M.K.). Erträglich werde dieser Widerspruch aus der Sicht des Gläubigen „durch eine für den heutigen Europäer nahezu unverständliche Ritenfrömmigkeit, aus der sich die Detailbesessenheit in den Fragen des gültigen Vollzugs erklärt”, schreibt der Emeritus. Die „Übererfüllung der durch Allah geforderten Anbetung” korrespondiere im frommen Idealfall mit der gleichzeitigen „Unterdrückung aller Regungen des Ich”. Beides zusammen führe dazu, „dass der Widerspruch zwischen der völligen Fremdbestimmtheit des Menschen und den schariatischen Normen, denen der Muslim zu genügen hat, überdeckt bleibt”.
Die naheliegende Sorge, dass diese Konstellation auf Autoaggressionen hinauslaufe, lässt sich leicht beschwichtigen – oder verstärken – durch den Hinweis, dass sich dergleichen Aggressionen ja auch nach außen umlenken lassen können. Da Allah fortwährend alles schaffe, führt Nagel aus, seien alle Geschöpfe zu fortwährender Dankabstattung verpflichtet; diese erfolge ausschließlich im Islam und in der von Allah selbst angeordneten Form. Daraus folge, dass alle anderen Religionen und Daseinsordnungen Widersetzlichkeiten gegen Allah darstellten. „Sie zu bekämpfen heißt deswegen, den Islam verteidigen.”
Zusammengefasst: Die Beschränkung auf wenige durch Allah selber angeordnete Formeln und Gesten „als Ausdruck des Knechtszustand des Geschöpfes gegenüber dem niemals ruhenden Allschöpfer”, die Einbindung des Einzelnen in das Gemeinwesen, „verknüpft mit dem Anspruch, dieses Gemeinwesen über den ganzen Erdball auszudehnen, damit der geziemende Dank für Allahs Schöpfungshandeln durch die gesamte Menschheit nach den gottgegebenen Vorschriften abgestattet werde”, das und nichts anderes bedeute Islam. Die in der westlichen Publizistik gebräuchliche Bezeichnung „politischer Islam“ – analog dazu als Steigerung: „Islamismus“ – sei degegen eine Autosuggestion, eine „Fiktion wohlmeinender zeitgenössischer Westler“, die in der islamischen Welt nicht verstanden oder milde belächelt werde, denn es lasse sich „schon bei oberflächlicher Kenntnisnahme der islamischen Geschichte ein unpolitischer Islam nicht finden“. Selbst der alltägliche Ritenvollzug sei „eine höchst politische und die Gesellschaft formierende Angelegenheit“.
Im Übrigen sei es nach den Bestimmungen der Scharia dem einzelnen Muslim überlassen, zu ermitteln, ob der Staat seiner Pflicht zur Ausbreitung des Islams beziehungsweise zur „Verteidigung des Islams” hinreichend nachkomme. „Hat der Einzelne festgestellt, dass das nach seiner Ansicht nicht der Fall ist, darf er sich nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet sehen, sich dem Dschihad zu widmen und die bestehende Regierung zu bekämpfen.“
Ein Schelm, wer glaubt, es handele sich um ein Eroberungsprogramm. Und ein Erzschelm, wer überdies meint, dass westliche Harpyien mit unverfänglichen, immerhin aber das A des Allwissenden, Allsehenden und Allerbarmers in sich tragenden Namen wie Angela oder Annalena mehr für die Ausbreitung dieses Glaubens in Deutschland getan haben bzw. tun als das Gros der Imame.
Letztlich müsste man jeden Moslem in Europa mit den folgenden Fragen konfrontieren:
Ist der Koran ein Buch, an dem kein Zweifel ist und dessen Vorschriften uneingeschränkt gelten?
Steht das schariatische Recht über jenem des säkularen Staates?
Ist der Abfall vom Islam ein todeswürdiges Verbrechen?
Ist der Islam die alternativlos beste aller Gemeinschaften?
Soll der Islam die Welt erobern?
Es ist bereits eine unangenehme Vorstellung, den Planeten mit Menschen teilen zu müssen, die von dergleichen Glaubensgewissheiten durchdrungen sind – aber das eigene Land? Auf jenen Teil der Muslime, der diese Fragen bejaht, müsste eine politische Antwort erfolgen, was letztlich heißt, solchen Leuten, sofern man sie nicht direkt ausweisen kann, das Leben im Westen erheblich zu erschweren. Dazu gehört unter anderem, wie Nagel schreibt, die bedingungslos gewährte Religionsfreiheit zu überdenken, denn wenn diese fromme Denkungsart Mehrheiten hervorbringt, ist Schluss mit dem freien Leben der Andersmeinenden; man hat es bei der Reislamisierung der noch vor einem halben Menschenalter äußerlich völlig verwestlichten arabischen Gesellschaften gesehen. Weder sollte in Europa der Muezzin rufen, noch sollten Gebete im öffentlichen Raum stattfinden, noch sollten Imame antiwestlichen Agitprop verbreiten dürfen. Für meine Begriffe gehört der Muezzinruf exakt so in den Orient wie das Geläut der Kirchenglocken ins Abendland, und dabei soll es in Gottes Namen in alle Ewigkeit bleiben. Ich bin für freundschaftliche, gutnachbarschaftliche Beziehungen zum Islam, aber getrennt durch große, sichere und, wie Donald Trump sagen würde, schöne Grenzen.
(Tilman Nagel: „Das islamische Pflichtgebet und der Gebetsruf”, Basilisken-Presse, Dresden 2024, 125. S., 19,60 Euro; das Buch ist bestellbar über: [email protected])
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Post scriptum zum Vorigen: „Die islamische Daseinsordnung wurde offenbart, um den Verstand des Menschen auf den rechten Weg zu weisen, und zwar in allen Dingen des diesseitigen Daseins, abgesehen von der Physik”, notiert Nagel, um als Fußnote anzuschließen: „Eine Konzession an die modernen Naturwissenschaften, die aber von vielen Schariagelehrten zurückgenommen wird; sie behaupten, naturwissenschaftliche Erkenntnisse müssten grundsätzlich durch Aussagen des Korans legitimiert werden.“
Aus der Sicht eines Frommen kann es keine fixen Naturgesetze geben, denn wenn Allahs Schöpfungshandeln auf Permanenz gestellt ist, kann Er in seiner Unbegreiflichkeit auch jederzeit die Lichtgeschwindigkeit oder die Gravitationskonstante ändern. Die Angst vor dem Einspruch der Schariagelehrten ist auch der Grund, warum die Naturforschung in islamischen Ländern nicht besonders populär ist, im Gegensatz übrigens zur technischen Anwendung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse. Letztlich hat ja Allah das Smartphone geschaffen, mit Hilfe seiner Knechte wie Steve Jobs.
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Noch zum Vorigen.
Die Kollaborations- und Unterwerfungswissenschaften blühen (einstweilen noch). Auch wenn es bei dem angekündigten Vortrag um etwas anderes geht – die Exotisierung von Juden, die natürlich hinreichend oft tatsächlich Orientalen waren (und sind) –, markiert doch die blindwütig ins Feld geführte antiwestliche, „postkolonialistische” Begrifflichkeit die Stereotypie der Woken. Der „Begriff” Orient mag während eines welthistorisches Intermezzos westliches Machtdenken „zementiert” haben, die Tatsache Orient indes existierte jahrhundertlang als eine Bedrohung des Westens durch islamisches Machtdenken. Es waren Moslems, die Europäer zu Hunderttausenden versklavten, nicht umgekehrt. Es waren Moslems, die Spanien eroberten und Kleinasien bis Konstantinopel überrannten. Orientalisches Machtdenken hat den Westen weit länger bedroht als umgekehrt.
Der eine oder andere und namentlich Schwarze denkt bei „Orient” vielleicht nicht an Lieder oder an fliegende Teppiche, sondern er assoziiert Sklavenschiffe; nicht „Träume” von „Märchenwelten” kommen ihm in den Sinn, sondern der Alptraum der Kastration, den die Moslems an seinen Rassengenossen – Vorfahren durften sie ja nicht sein – verübten, weil sie ihre schwarzen Sklaven – wegen des „orientalischen” Frauenbildes, Sie verstehen? – zu entmannen pflegten. (Ich habe hier darüber geschrieben; bitte scrollen bis: „Ein junger Mensch, sagen wir: ein Schüler oder Student (m/w/d), der erstmals davon erfährt, dass der islamische Sklavenhandel den amerikanisch-europäischen in seinem Umfang noch deutlich übertraf…”). Last but not least war es die muslimische Versklavungspiraterie, die den Kolonialismus auslöste, welcher wiederum die Abschaffung der Sklaverei in Afrika bewirkte, egal welches Begleitgejaule aus der Steppe des Postkolonialismus zu dieser Tatsachenfeststellung ertönen mag.
Der „Begriff” Orient, erläutert der Deutschlandfunk, fungiere „als Bezeichnung für bestimmte Staaten und Länder, deren Anderssein im Verhältnis zu europäischen Ländern” durch ihn „betont wurde”. Immerhin betont, nicht zementiert. Dieses Anderssein ist, wie jedes Anderssein, den Agenten der „Diversity” bekanntlich ein Dorn im Zeh oder Hühnerauge. Das wirklich Abstoßende an den „Postkolonialisten” besteht darin, dass sie das aufrichtige, generationenübergreifende Interesse westlicher Gelehrter bzw. Forscher an den Kulturen der nichtwestlichen, also im weitesten Sinne auch „orientalischen” Völker, dem diese Völker im konservatorischen Sinne unendlich viel zu verdanken haben, heute als Kolonialherrenarroganz und kulturelle Aneignung schmähen. Der Westen ist die einzige Kultur, die eine Gelehrsamkeit hervorgebracht hat, die sich für andere Kulturen im selben Maße interessierte wie für die eigene. Die anderen waren und sind sich – die Begeisterung vieler Asiaten für die deutsche klassische Musik als Ausnahme in die Regel inbegriffen – kulturell eher selbst genug.
Die westliche Kultur ist bekanntlich überdies die einzige, die sich selbst kritisiert und infrage stellt. Weshalb sich ihre Forschenden, jedenfalls sofern sie weiß sind, für anderen Kulturen nicht mehr interessieren dürfen sollen.
Das sagt diese Hyäne nach Zigtausenden nunmehr zu Deutschland gehörenden Messerattacken und Vergewaltigungen. Machen sie doch (Und Wulff soll erst mal Silvester abwarten!):
„In Kassel soll eine Gruppe von Jugendlichen einen Mann im Nikolauskostüm angegriffen haben. Wie die Polizei in der nordhessischen Stadt mitteilte, gehen die Beamten von einem politischen Tatmotiv aus. Der Staatsschutz übernahm daher die weiteren Ermittlungen wegen Körperverletzung, Beleidigung und Sachbeschädigung. Die Beamten suchten nach möglichen Zeugen. Demnach war der 54-Jährige am Mittwoch vergangener Woche, dem 6. Dezember, am frühen Abend als Nikolaus verkleidet in der Stadt unterwegs, als er nach eigenen Angaben angegriffen wurde. Fünf bis sechs Jugendliche mit Migrationshintergrund im Alter zwischen 14 und 16 Jahren sollen laut seinen Aussagen auf ihn zugekommen sein und ihn aufgefordert haben, das Kostüm auszuziehen. Wie die ‚Bild’-Zeitung berichtete, sollen die Jugendlichen den Mann als ‚Fettsack’ und ‚Hurensohn’ beleidigt und betont haben, dass sie Muslime seien und das ‚ihr Land’ sei. Der Vorfall soll sich am frühen Abend des Nikolaustags abgespielt haben.”
Aber das hat doch nichts mit dem Islam zu tun …
Doch.
Auch wenn diese neuen Deutschlandbesitzer nicht wissen, dass Nikolaus von Myra einer der bekanntesten christlichen Heiligen ist, wissen sie doch, dass diese Figur irgendetwas Christliches darstellt, und genau so haben sie reagiert.
Hätten die Buben das im wirklich besten Deutschland aller Zeiten, im Kaiserreich, veranstaltet, würden Sie zunächst einmal Keile von der gleichaltrigen deutschen Jugend bezogen haben. Danach aber hätte es obendrein noch Dresche von der eigenen Gruppe gegeben, denn im Kaiserreich hätten die Moslems sehr darauf geachtet, sich nicht kollektiv unbeliebt zu machen.
Ende der nostalgischen Abschweifung.
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Immer noch zum Vorigen.
Dass die SPD (= Sie Plündern Deutschland) von Persönlichkeiten aus bildungsfern gelesenen Haushalten geführt wird, ist so bekannt wie letztlich auch irgendwie konsequent.
Die weit interessantere und auch aktuellere Frage wäre allerdings, inwieweit muslimisch gelesene Menschen am derzeitigen Wiederabriss Deutschlands beteiligt sind, den die Sozis und die Grünen ja nicht ganz alleine bewerkstelligen können. Darüber wird gewiss noch zu befinden sein.
Was aber die historische Behauptung von Genossin Esken betrifft, rücke ich fortan nur noch den (hier schon mehrfach präsentierten) Minimalkommentar ein, bis er bei wirklich jedem auswenig „sitzt” – vielleicht macht mal jemand eine „Kachel” oder eine Postkarte daraus –, und der lautet:
Im Jahr des Gastarbeiteranwerbeabkommens, anno 1961, herrschte in (West-)Deutschland Vollbeschäftigung. Vorausgegangen war ein kontinuierliches Wirtschaftswachstum, das anno 1955, im wachstumsstärksten Jahr der deutschen Geschichte, den Begriff „Wirtschaftswunder” hervorbrachte. Sowohl die Wirtschaft als auch die Reallöhne waren in diesem Jahr um jeweils mehr als zehn Prozent gewachsen. Die Investitionen in der Bundesrepublik stiegen von 1952 bis 1960 um 120 Prozent, das Bruttosozialprodukt nahm um 80 Prozent zu. Die deutsche Fahrzeugindustrie hat ihre Produktion zwischen 1950 und 1960 verfünffacht. Industrie und Dienstleister konnten innerhalb weniger Jahre zwei Millionen Arbeitslose sowie die Arbeitsfähigen unter den acht Millionen Vertriebenen und den 2,7 Millionen Menschen, die aus der DDR geflohen waren, in Lohn und Brot bringen. Die erwähnte Vollbeschäftigung trat in den späten 1950er Jahren ein. 1961, im Jahr des Anwerbeabkommens, lag die Arbeitslosigkeit unter einem Prozent, eine absurd niedrige Quote, die tatsächlich einen akuten Arbeitskräftemangel beschreibt. Nur weil das Land mitsamt seiner Industrie und Infrastruktur wieder aufgebaut war, konnte es überhaupt ausländische Arbeitnehmer beschäftigen.
Dass Deutschland damals türkische Gastarbeiter einwandern ließ, war keine wirtschaftliche Entscheidung, sondern geschah auf Druck der USA und folgte geostrategischen Erwägungen; die NATO brauchte die Türkei als Vorposten gegen die UdSSR, Deutschland nahm einen Teil des damals türkischen Bevölkerungsüberschusses auf, wie es sich in der Folgezeit als Überlaufbecken für weitere Bevölkerungsüberschüsse empfahl (und es sollte so lange nicht mehr damit aufhören, bis die Migranten selbst jede weitere Migration beendeten). Ab Anfang der 1960er Jahre ging der Investitionsboom langsam zurück.
Dann kamen die Gastarbeiter und bauten Deutschland auf.
Nichts zu danken.
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Irgendwie immer noch zum Vorigen.
„Auch vier Tage nach dem Auftritt der Metal-Band ‚Craving’ im Jugendzentrum (Juz) in Bamberg sorgt ein Zwischenfall weiter für Gesprächsstoff”, meldet BR24. „Auslöser war, dass der Gitarrist auf der Bühne sein T‑Shirt ausgezogen hatte.” Daraufhin habe der Veranstaltungsleiter ihm den Strom abgeklemmt und das Konzert vorübergehend unterbrochen.
In Rede steht ein Konzert als Teil eines „Workshops” unter dem Titel „Musik für echte Männer?! Wieso ist der Metal so männerdominiert und was muss passieren, um diesen Status Quo zu verändern?”, erklärte eine Sprecherin des Vereins. „Die Hausordnung für diesen Abend habe vorgesehen, dass alle Menschen vor Ort unter anderem ihre T‑Shirts anbehalten sollten. Konzertbesucherinnen und Konzertbesucher hätten sich sonst unwohl fühlen können.”
Wen wundert’s, wenn sie auf die Fresse bekommen?
Das Wetter.
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„Ein Komma würde dem Satz jetzt guttun.”
(Hemingway im Gespräch mit Marcel Reif)
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Mehrere Leser haben meine Frage vom 10. Dezember, wessen Lebensbeschreibung mit dem zitierten Passus anhebt, richtig beantwortet, einer sogar mit Quellenangabe: Es handelt sich um die ersten Sätze der Talleyrand-Biographie von Duff Cooper, erschienen 1932.
Cooper stammte übrigens aus einer englischen Aristokratenfamilie, besuchte das Eton College, studierte in Oxford, war befreundet mit dem Sohn des Premierministers Herbert Henry Asquith und gut bekannt mit Winston Churchill. Er trat in den Auswärtigen Dienst ein, kämpfte im Ersten Weltkrieg als Soldat an der Westfront, war Unterhausabgeordneter, später Staatssekretär im Kriegsministerium, 1935 wurde er Kriegsminister, 1937 Marineminister, 1938 verließ er aus Protest gegen das Münchner Abkommen das Kabinett. Er trat als Informationsminister ins Kriegskabinett Churchills ein und war britischer Botschafter in Paris. Er wurde nach dem Krieg zum Ritter geschlagen und für seine literarischen und politischen Verdienste zum Viscount Norwich erhoben.
Im Übrigen konnte er schreiben; außerdem trank er gern und galt als Don Juan. Mit anderen Worten: Cooper wusste, als er den Diplomaten und Lebemann Talleyrand literarisch porträtierte, anders als ein Geschichtsprofessor oder Journalist, wovon er schrieb.