„Lieber Herr Klonovsky, am 9. November 1969 scheiterte ein Bombenanschlag auf das Jüdische Gemeindehaus in Berlin nur an einem verrosteten Draht in der Bombe. Es waren keine Rechtsradikalen, die die Bombe platziert hatten, auch keine Araber.*
Es waren die ‚Tupamaros Berlin’, eine linksradikale Splittergruppe. Der Bombenleger war Albert Fichter, Bruder des SPD-Funktionärs Tilman Fichter (der verhalf seinem jüngeren Bruder Albert zur Flucht nach Schweden, als er irrtümlich als RAF-Mitglied gesucht wurde). Die Bombe bekam Albert Fichter von Peter Urbach, einem V‑Mann und Agent Provocateur des Verfassungsschutzes; ob der Verfassungsschutz die Bombe absichtlich unbrauchbar gemacht hatte, weiß man nicht, da die Akten systematisch vernichtet wurden. Wäre die Bombe hochgegangen, hätte es mit Sicherheit viele Tote gegeben. Höchstwahrscheinlich hätte man in der Öffentlichkeit einen rechtsradikalen Hintergrund vermutet.
Gründer der Tupamaros Berlin, die sich in palästinensischen Lagern die Grundlagen des Guerillakampfes beibringen ließen, war Dieter Kunzelmann gewesen, 1983–85 Abgeordneter der ‚Alternativen Liste’ in Berlin (die AL schloss sich später mit anderen Gruppierungen zur Grünen Partei zusammen). Er und seine Gesinnungsgenossen waren nicht nur linksextremistisch, sondern stramm antisemitisch.
Traditionell war die deutsche Linke, schon aus ihrer Attitude der Verurteilung ihrer Vätergeneration, sehr israelfreundlich gewesen. Dies änderte sich mit dem Erstarken der 68iger-Bewegung. Der Focus wurde jetzt gelegt auf den ‚Antikolonialismus’, der zum ‚Antizionismus’ und zum nur dünn camouflierten Antisemitismus mutierte, ganz im Sinne der ostdeutschen Geldgeber der 68er-Bewegung (‚Sudel-Ede” Schnitzlers Ehefrau Inge Keller organisierte sogar eine Sammelaktion für die Genossen im Westen). Als die 68er sich zur „ ‚Friedensbewegung’ entwickelten, floss noch reichlicher Geld, direkt von der Stasi.
Eigentlich legen nicht nur die gewaltsamen Methoden der 68er (die ich selbst noch zu Anfang meines Studiums erlebte), sondern auch ihre politischen Ziele eine zumindest teilweise Nähe gerade zu dem, was sie scheinbar vehement bekämpften, nämlich dem Faschismus, nahe.
Schon früh haben Soziologen wie Erwin Scheuch (‚Die Wiedertäufer der Wohlstandsgesellschaft’, 1968**, m.W. nur noch antiquarisch erhältlich) und – später – Historiker wie Götz Aly auf die innere Nähe der 68er zum Faschismus hingewiesen. Sogar Habermas hatte schon 1967 diese Frage gestellt. Das ging allerdings unter im Geheul der linken Sympathisantenszene.
Die 68er Bewegung war nicht nur ‚antizionistisch’, antiamerikanisch, ‚religioid’ im Sinne Simmels, sondern auch globalistisch. Rudi Dutschke *** erklärte: ‚Jede radikale Opposition gegen das bestehende System … muss heute notwendigerweise global sein. Die Globalisierung der revolutionären Kräfte ist die wichtigste Aufgabe der ganzen historischen Periode, in der wir heute leben und an der menschlichen Emanzipation arbeiten.’
Die Gefahren wurden von Anfang an gesehen. H.D. Ortlieb **** schrieb: ‚Wir Menschen sind von Natur aus in Wünschen …, Hoffnungen und Ängsten denkende Wesen. Dabei sind wir ständig bemüht, … Vorwände zu suchen und Ansehen zu gewinnen. Das Wunsch- und Angstdenken verführt uns ständig dazu, die Umwelt falsch zu interpretieren.’ Die Mittel dieser erkennbar unreifen Uni-Bubis, sich Gehör zu verschaffen, waren einerseits ein möglichst intellektuell klingendes Wort-Gewaber, andererseits die pure Lautstärke. Sie trafen auf eine erstaunlich wehrlose Gesellschaft.
Der Manager Heinz Dirks sah im Jahr 1969 die junge nachfolgende wirtschaftliche Führungsgeneration bereits teilweise vom 68iger Bazillus infiziert, er schrieb *****: ‚Der aktive Kern in den politisch-radikalen Studentengruppen … ist zahlenmässig nur gering. Aber wenn heute wissenschaftliche Kongresse durch ein paar Dutzend radikaler Studenten gesprengt werden können und wenn durch besondere Aktionen im Gerichtssaal die Gerichtsbarkeit verhöhnt wird und wenn der Bürger es erlebt, dass er seinen Heimweg aus dem Theater nur auf Umwegen findet, weil Teile einer Großstadt durch Drahtverhaue vor randalierenden Gruppen abgesichert werden mussten, dann interessiert in diesem Zusammenhang wohl die Frage: Ist unsere Gesellschaft bereits so morbid, dass sie es nicht fertigbringt, sich gegen den Terror kleiner Gruppen zu wehren?’
Angstpropaganda, Posieren als Intellektuelle, Status Seeking, Lautstärke, moralisierender Diskurs: Die Erfolgsmethoden der Linken haben sich seit damals kaum geändert. Unsere Gesellschaft fällt immer auf die gleiche Art Rattenfänger herein. Es ist wie im Fussball. Ein Gegenspieler des großen portugiesischen Mittelfeldspielers Luis Figo sagte einmal (sinngemäß): ‚Wir Verteidiger wissen genau, was er machen wird – aber wir können nichts dagegen tun.’
‚Coronabekämpfung’, ‚Klimarettung’, ‚Flüchtlingsrettung’ – stets kommen die gleichen Manipulationsmuster zum Einsatz. Und wir können wenig dagegen tun. Wir können nur warten, bis sich die Natur dieser Bewegungen so eminent in ihren negativen Wirkungen äußert, dass für eine Mehrheit klar erkennbar wird, was für Freaks uns da jeweils für ihre Zwecke benutzen wollen.
Mit freundlichen Grüßen,
Leser ***
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* Näheres im Buch von Wolfgang Kraushaar: ‚Die Bombe im jüdischen Gemeindehaus’, 2005
** Scheuch: ‚Das ist eine Zeit, einer sich letztlich auf Offenbarung berufenden Erweckungsbewegung [kursiv von mir] mit dem Verstand zu widerstehen.’ Hier klingt sogar eine Vorausschau zur Woke-Bewegung an.
*** K. Seifert, ‚Eine Zeit der großen Hoffnung’, in: ‚Neue Wege – Beiträge zu Religion und Sozialismus’, 3/2018.
**** ‚Gedanken über den Zerfall unserer Wohlstandsgesellschaft’, in: ‚Hamburger Jahrbuch für Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik’, 1970, S. 11f.
***** ‚Einflüsse der jungen Linken auf die Denkstruktur der Führungskräfte von morgen’. In: ‚Personal – Mensch und Arbeit’, 7/1969, S. 194).”
PS: Freund Alexander Wendt verweist auf „ein interessantes Stück Zeitgeschichte”, das dazu beiträgt, „Kunzelmann, der die Deutschen bekanntlich mit der Bombe von ihrem ‚Judenknax’ heilen wollte und der während seiner militärischen Ausbildung in Amman seine kleine Tochter der Obhut eines pädosexuellen Kampfgenossen überantwortete, in all seinen Facetten zu würdigen”, nämlich dieses.