Notizen zum Wahlabend.
Der große öffentliche Intelligenztest in Bayern und Hessen zeitigte halbwegs zufriedenstellende Resultate. Die Mehrheit der Wähler votierte gegen den rot-grünen Gesellschaftsumbau. Während der wachsende blaue Balken die Fieberkurve des Landes beschreibt, signalisiert der schwindende grüne den Wohlstandsverlust. Grün zu wählen, muss man sich leisten können. Aber Deutschland ist kein reiches Land mehr und war es im Grunde nie, Pro-Kopf-Vermögen und Immobilienbesitzeranteil sind im europäischen Vergleich lächerlich niedrig; Deutschland war leistungsfähig. Das heißt, die Politiker konnten hinreichend viele Steuern eintreiben, um ihre sozialdemokratische Innen- und pazifistische Außenpolitik zu bezahlen. Bis dieses arme Land sich die grüne Krankheit einfing. Dagegen, dass sie chronisch und schließlich letal wird, rebelliert anscheinend das kollektive Immunsystem nun doch.
***
Die Statements der Politiker in den TV-Runden am Wahlabend sind so unendlich langweilig und abgeschmackt, dass es einen Tantalos graust. Einzig der jeweilige AfD-Vertreter, gegen den sich alle anderen samt Moderator sofort zusammenschließen, bringt eine gewisse Unberechenbarkeit und damit etwas Unterhaltung ins Spiel.
***
Die öffentlich-rechtlichen Demoskopen vermelden dem Publikum die Wählerwanderung bis auf die Zehntausenderstelle; ich frage mich, wie sie das überhaupt messen können*. Aber sei’s drum, auch diesmal sind wieder Wähler gewandert, unter anderem zwischen CDU und SPD, und da die SPD gerade regiert mehrheitlich in Richtung CDU. Der sturheil deutscheste und mir unverständlichste Wählerschlag sind diejenigen, die wie ein Pulsar zwischen Union und Sozis oszillieren, also erst die einen wählen, von ihnen enttäuscht werden, dann zu den anderen wechseln, um sich neuerlich enttäuschen zu lassen und zu den ersteren zurückzukehren, wo sie ihren nächsten Murmeltiertag erleben. Ist das Dummheit? Weltflucht? Illusionsbedürftigkeit? Herdentrott? Stabilitätswunschnarrentum? Wahrscheinlich von allem etwas. Sowie der Stumpfsinn einer schlechten, aber anerkannten Gewohnheit.
***
Es wird immer penetranter, wie sämtliche Alt-oder Blockparteivertreter, die Figuren von der SED eingeschlossen, von sich als „den demokratischen Parteien” sprechen und damit, nach derzeitigem Umfragestand, ca. zehn Millionen Wählern bescheinigen, ihre Stimme Nichtdemokraten zu geben – die Termini „Demokratie” und „Demokraten” seien wie hier gewohnt nicht ohne ironischen Beiklang verwendet. Besonders „demokratisch” verhalten sie selbst sich nicht. Nächste Woche wird im Bundestag ein Antrag des MdB Wanderwitz, CDU, verhandelt, der dem neubundesdeutsch-neodemokratischen running gag, die Opposition einfach verbieten zu wollen, einen neuen Anlauf verschaffen – also die genannten zehn Millionen Stimmabgeber komplett entmündigen – soll.
Aus Angst vor den Medien und dem Twittermob begibt sich die Union (außerhalb Bayerns) der politischen Option, konservative Koalitionen zu bilden, und geht den Linken auf den Leim, die sie über diesen bequemen Hebel fest in der Hand haben. Mit dem Resultat, dass die Union entweder mit den Roten oder den Grünen regiert oder gar nicht. In Hessen gibt es eine konservative Mehrheit, doch die Union koaliert mit den Grünen, die weder vom deutschen Volk, noch von der deutschen Wirtschaft, noch von der deutschen Kultur viel übrig lassen wollen – von der deutschen Natur strenggenommen auch nicht –, und lässt sich von den Medien und dem NGO-Unterstützersumpf deren extremistische Agenda aufdrängen. Ein erbärmliches Schauspiel.
In den ostdeutschen Landesverbänden, heißt es, rumort Widerwille gegen diese Selbstkastration. Ex oriente lux – warum sollte das nicht auch bald für die CDU gelten?
***
„Verließ man vor dem Bau der Mauer den unfreien Teil Berlins, musste man ein Schild passieren: ‚Sie verlassen den Demokratischen Sektor von Berlin’. Lässt man derzeit bei Wahlen die sich selbst so bezeichnenden ‚Demokratischen’ Parteien hinter sich, erzielt man ein vergleichbares Gefühl von Freiheit.” (Leser ***)
***
Bei den TV-Gesprächsrunden am Wahlabend gab es praktisch nur ein Thema: die Massenmigration. Kein Mensch (außer dem abgewählten Linken) redete mehr vom Weltklimanotstand und dessen Genesung am deutschen Wesen. Speziell die Brandstifter aus der Merkeltruppe rufen heute „Feuer!“ Insofern kann von einem AfD-Wahlsieg gesprochen werden.
Was die AfD außer dem Migrationsthema anzubieten habe, frugen mehrfach die TV-Interviewer. Haben Sie außer der Schicksalsfrage Europas wirklich nichts auf der Pfanne? Geschlechtergerechtigkeit? Toiletten für Diverse? Feministische Außenpolitik in Nigeria? Radwege? Elektromobilität? Mehr Sozialwohnungen?
***
Der SED-Vertreter in der Berliner Runde empfand übrigens keinen Widerspruch zwischen seiner Klage, es gebe zu wenige bezahlbare Wohnungen in ’schland, und dem Verlangen seines Vereins nach unbeschränkter Einwanderung.
***
München bleibt die Hauptstadt der Bewegung: Fast jeder Dritte – über 30 Prozent – wählt die Grünen. Zur Belohnung sollten mindestens 30 Asylantenheime in die Stadbezirke mit besonder hoher Wohlmeinendendichte gepflanzt werden. (Der Begriff „Urnenwahl” könnte dann da und dort nachträglich eine völlig neue Bedeutung gewinnen.)
***
Es war, glaube ich, ein CSU-Mann (es kann aber auch jeder beliebige Andersparteifarbige gewesen sein), der erklärte, eine Partei, die während der Rede von Charlotte Knobloch am Holocaust-Gedenktag geschlossen den Plenarsaal verlasse, sei rechtsextrem/antisemitisch/unwählbar/etc., aber er erwähnte nicht, warum die Teufelsbrüder und ‑schwestern am 23. Januar 2019 genau das taten: Sie wollten sich nicht länger beschimpfen lassen. Knobloch hatte nämlich gesagt: „Heute und hier ist eine Partei vertreten, die diese Werte (es handelt sich wahrscheinlich um die „demokratischen” – M. K.) verächtlich macht, die die Verbrechen der Nationalsozialisten verharmlost und enge Verbindungen ins rechtsextreme Milieu unterhält. Diese sogenannte Alternative für Deutschland gründet ihre Politik auf Hass und Ausgrenzung und steht – nicht nur für mich – nicht auf dem Boden unserer demokratischen Verfassung.”
Niemand ist verpflichtet, sich so etwas anzuhören. **
***
Es war eigentlich jedem Verständigen klar, dass die FDP sich in dieser „Ampel” ruinieren würde. Aber Verständige sucht man in einer Partei, die sich freiheitlich nennt und zugleich ein „Hinweisgeberschutzgesetz” verabschiedet, Minderjährigen die Geschlechtsumwandlung ermöglichen und Migranten noch schneller und bedingungsloser einbürgern will als die Grünen, wohl vergebens. Und Charakternaturen, denen Mitregieren nicht über wirklich jeden politischen Standpunkt geht, erst recht.
***
Unsere Bundesministerin für Haltungszwang, Hassprophylaxe und Hausdurchsuchungen, Nancy „Nanny” Faeser, hat für ihre Partei ein peinlich schlechtes Ergebnis „eingefahren”, doch ein Mensch mit einem Empfinden für Peinliches wird ja nicht Politiker. Sonst müsste sie nach einer solchen Blamage sofort zurücktreten. Als Ideologin und Gesinnungstäterin wird sie aber nicht darauf verzichten, noch zwei Jahre lang die Opposition und überhaupt Andersdenkende („Rechte”) mit allen Mitteln der gelenkten Demokratie und des okkupierten Rechtsstaates nach Bonz*:_innenherzenslust drangsalieren zu dürfen.
***
Franz Josef Strauß sprach am 7. Oktober 1986 auf dem CDU-Parteitag in Mainz die Orakelworte: „Wenn diese Bundesrepublik Deutschland einen fundamentalen Wandel in Richtung Rot-Grün vollziehen würde, dann wäre unsere Arbeit der letzten vierzig Jahre umsonst gewesen, dann wäre das Schicksal der Lebenden ungewiß, und die Zukunft der kommenden Generationen würde auf dem Spiele stehen.“
Genau das ist eingetreten: Das Schicksal der Lebenden ist ungewiss geworden, die Zukunft kommender Generationen steht auf dem Spiel. Und Söder würde Strauß heute einen Rechtspopulisten nennen, sofern die Umfragen nicht etwas anderes hergäben.
* „Die Wählerwanderung wird mit sog. Exit-Polls ermittelt”, erläutert Leser ***. „Der, der das Wahllokal verlässt, wird gefragt, was er gewählt habe. Zur Wahrheitsüberprüfung wird weiters gefragt, was er bei der letzten Wahl gewählt hat, deren Prozentverhältnisse bekannt sind. Stimmen die Verhältnisse überein, wird vermutet, dass er bzgl. der aktuellen Wahlauskunft nicht gelogen hat.”
** Leserin *** meldet Widerspruch an: „Wenn ich meinem vordergründig auf Informationsbedarf, doch auch – Gott sei‘s geklagt –, Sensationslust fußenden Impuls nachgebe, Bundestagsdebatten anzuschauen, ärgere ich mich regelmäßig über die fast schon exhibitionistisch zur Schau gestellte Verachtung der Opposition durch die Alteingesessenen. Gelingt es einem Marginalisierten am Redepult, seinen Wortpfeil im Bullseye zu platzieren (ein Fall, der relativ häufig eintritt), fällt den gescholtenen Mainstreamern nichts Besseres ein, als im Reflex der Übersprungshandlung plötzlich unheimlich wichtige, unaufschiebbare Vieraugengespräche zu initiieren oder das Mobiltelefon zu zücken und hochgradig betriebsam darauf herumzuwischen. Oder, ganz ‚konsequent’, den Saal zu verlassen. Das ist einfach, denn dafür ist ihnen der Applaus der zahlreichen Haltungsgenossen im Lande gewiss, die einen hingeworfenen Blumenstrauß als Pseudofehdehandschuh zu identifizieren nicht in der Lage sind.