„Einen schönen Tag der Deutschen Einheit wünsche ich Ihnen. Es ist und bleibt ein Glückstag.”
(Leser ***)
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Bei meiner feiertäglichen Radfahrt nahm ich als blinden Passagier eine Spinne mit zum Starnberger See, die in der vergangenen Nacht ihr Netz zwischen den Drähten der Bowdenzüge am Lenker gewebt hatte und keinerlei Anstalten machte, diese Bleibe aufzugeben, nachdem die plötzlich mobil wurde. Stoisch hielt sie stundenlang aus und sich fest, obwohl sie in ihrem Gespinst entgegen der Fahrtrichtung saß, sich also sowohl der Kräfte der Trägheit als auch des Fahrtwindes erwehren musste. Zum Lohn gingen ihr ein paar kleine Fliegen ins Garn.
So hatte denn auch Tarantula ihr Nationalfeiertagspläsier.
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Schrieb Kamerad Wendt (Publico) vor einer Weile und brachte so die 540-Grad-Wende vom Verfassungs- zum Regierungsschutz auf den Punkt. Der Bürger ist nicht mehr der mit Grundrechten gegen Staat und Regierung ausgestattete Souverän, die Politiker und Staatsbeamten sind nicht mehr seine Dienstleister, sondern er schuldet der Staats- und Einheitsparteienführung Devotion und Gehorsam. Vor allem darf der Bürger Regierungsvertreter nicht mehr kritisieren (delegitimieren). Die Instrumente zur Durchsetzung dieser Verbote sind der Verfassungsschutz sowie staatlich alimentierte Antidelegitimierungsstiftungen wie jene der scheinheiligen Annetta K., die bereits bei jenem Inlandsgeheimdienst Erfahrungen sammelte, dessen Zersetzungsmethoden heute noch state of the art sind.
PS: Meiner Vermutung, in den nicht direkt staatlich organisierten DDR-Parolen könnte sich mitunter eine sachte Ironie artikuliert haben, sekundieren zwei Leser.
Eins: „1974 gab es ein Spruchband an der Balustrade am Theater in Dresden (großes Haus): ’25 Jahre DDR, 25 Jahre sozialistisches Theater’. Leider habe ich davon kein Foto. Es müssten jedoch viele davon im Archiv der Staatssicherheit geben. Die ermittelte damals umfangreich.”
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Die „Reichsbogenflagge“ (Netzfund) hängt nun auch vor der Zollbehörde in Altdorf bei Landshut. Die nächste Bundesbehörde wird von der Regierung für politische Propaganda missbraucht.
Im zweitbesten Deutschland, das es je gab, sah das so aus.
Bei der Regenbogenbeflaggung ist also noch Spielraum bzw. Luft nach oben.
Sogar diejenigen, die uns einst von den allereifrigsten Fahnenaufhängern der deutschen Geschichte (und der einen oder anderen Innenstadt) befreit haben, erkennen heute die Vorzüge der NS-Ästhetik.
(So präsentierte sich die Regent Street im mittlerweile ja auch erfreulich bunten London.)
Das nichttotalitäre Gemüt empfindet es natürlich als einen gewaltigen Unsinn, ein und dasselbe politische Symbol x‑fach zu zeigen, speziell wenn die Flaggenaufzieher obendrein behaupten, mit ihrer Monotonie der Vielfalt zu huldigen. Begonnen hat dieser Unsinn, der den Sinn der Raumergreifung und Einschüchterung in sich trägt, in der Sowjetunion. Die Sowjets waren übrigens auch die ersten, die den Brauch einführten, denselben Orden mehrfach zu verleihen. Das vielfache Immergleiche, das ist der Marschblock, die Baumschule, die genorme Masse – der Lieblingsanblick des Sozialisten.
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Jemand musste Hadmut D. verleumdet haben. In einem sehr ausführlichen Beitrag, dem ein Platz in der Kategorie „Aufbewahren für alle Zeit” sicher ist, schildert Danisch, wie ein breites gesellschaftliches Bündnis aus grünen und roten Politikern, Staatsanwaltschaft, Polizei, Verfassungsschutz, Deutscher Bank und „Initiativen gegen rechts” einen kafkaesken Prozess gegen ihn ins Werk setzte, der unter anderem dazu führte, dass die Bank ihm ohne Angabe von Gründen das Konto kündigte. Es ist ein entlarvender Bericht über die Kaperung der Staatsorgane und die Zerstörung des Rechtsstaats durch SPD und Grüne, über die hinterhältige Funktionsweise des rot-grünen Gesinnungsterrors.
Ausgangspunkt war eine Klage gegen den Blogger wegen seiner Tatsachenfeststellung: „Ricarda Land ist dick.” Wenn das Geschlecht eines Menschen aber eine Zuschreibung ist, sind es die Leibesmaße erst recht. Ricarda Lang ist vollkommen normal gewachsen, für ihre Verhältnisse geradezu schlank. Sie ist auch intelligent. Wie Katrin Göring-Eckardt. Wer das Gegenteil behauptet, achte auf sein Konto.
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Die Reichsrabenmutti hat bekanntlich keine leiblichen Kinder. Nun verleugnet sie auch noch ihren illegitimen Sprössling.
Das ist doch ungefähr so, als wenn sich Erich der Einzige gegen die Montagsdemonstrationen ausspricht (was er bekanntlich auch tat) oder der Blitz Unverständnis über den Donner äußert.
Da will unser ranghöchster Spaltpilzexperte nicht abseits stehen. Den Tagesthemen gegenüber zeigte sich der Bundespräsident, den sein Amt zur politischen Neutralität, sagen wir: nötigt, „besorgt” über die hohen Umfragewerte einer Partei.
Steinmeier ist indes nicht nur besorgt, sondern auch von amtswegen generös. „Nicht alle, die im Augenblick in den Umfragen auftauchen, sind Extremisten”, sagte er – und ich dachte mir: Ei der Daus, nicht alle, ja leck mich im Arsch –, „sondern viele von denen wollen ihre Unzufriedenheit zum Ausdruck bringen, und ich sage zunächst mal: Ich hab ja Verständnis dafür.” Unser gütiger und nachsichtiger Bundespräsident hat Verständnis für Unzufriedenheit – reicht, Hetzer, euch das immer noch nicht? Doch Negativ-Diskussionen bringen uns nicht weiter, Genossen. Diese Menschen besitzen zwar das Recht, sich demokratisch einzubringen, zum Beispiel durch Eingaben an die Behörden und Vertreter jener demokratischen Parteien, deren höchstes und auch edelstes Ziel es ist, den Bürgern bei der Überwindung persönlicher Schwierigkeiten zu helfen, ihr Vertrauen zu den Staatsorganen zu stärken, ihre Bereitschaft zur Teilnahme an der Lösung der staatlichen Aufgaben zu fördern und die sozialistische Gesetzlichkeit zu festigen. Aber er, Pahl-Rugensteinmeier, hat „kein Verständnis dafür, dass man seine demokratische Stimme gebraucht, um Bewegungen zu unterstützen, die auf der Grundlage der Verachtung der Demokratie bestehen.” Also sprach Gevatter Steinmeier mit einem bewegungsfeindlichen Tremolo in der Stimme. Freilich, dürfen „Bewegungen” überhaupt bei einer Wahl in ’schland antreten?
„Deshalb plädiere ich sehr dafür”, plädierte Steinmeier sehr dafür, das Beben in seiner Stimme professionell haltend wie Carlo Bergonzi am Schluss von „Celeste Aida” das von Verdi vorgeschriebene pianissimo, „mit der eigenen Stimme verantwortungsvoll umzugehen.”
Also mich hat er erreicht, der Brave. Sogar sehr. Ich finde zwar die Kategorie „Verachtung der Demokratie” etwas okkult – mit dem Verachten verhält es sich wie mit dem Essen, man will schon was Reelles zwischen die Zähne bekommen –, aber die Verachtung des Demos, die kenne ich gut. Weshalb ich mit meiner Stimme bei der Wahl hier in Bayern verantwortungsvoll umgehen werde. Keine Bewegung, die den Demos verachtet, wird sich ihrer erfreuen dürfen.
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Alter kommunistischer Wein in neuen Schläuchen.
„Wenn wir glauben, die Welt vor der Klimakatastrophe zu retten, betrügen wir uns selbst”: Die dtv-Klappentextautomatin (m/w/d) ahnt gar nicht, wie recht sie (w/w/d) hat.
Die Abschaffung des Staates, die für Marx, Engels und sogar noch für Lenin die Krönung des emanzipatorischen Kommunismus bilden sollte, ist für Harich eine schlichte Torheit. Der Staat bildet nämlich, Harich zufolge, das unentbehrliche Instrument, um das durchzusetzen, was angesichts der Grenzen des Wachstums notwendig ist: Konsum-Verzicht, Geburten-Limitierung, Waren-Rationierung, Formung der menschlichen Bedürfnisse, zum Beispiel durch ‚gesetzlich verfügte Massen-Entziehungskuren’.” Nur so sei „die gerechte Verteilung der von der Erschöpfung bedrohten Ressourcen der Menschheit” überhaupt zu realisieren.
Dem Spiegel-Autor fiel auf, dass die von Harich skizzierte Öko-Diktatur in mehrerlei Hinsicht „ein Abbild des Staates, in dem Harich lebt und der ihn einst ins Gefängnis warf, der DDR also” wäre.
Was auch immer sein japanischer Wiedergänger zu Papier gebracht hat: Kein Kommunismus wird je irgendwelche anderen Probleme lösen als die privaten seiner Anführer. Der Klimawandel ist, verglichen mit einem kommunistischen Maßnahmen- und Überwachungsstaat, das deutlich kleinere Übel. Die derzeitige Häufung solcher Schriften illustriert, dass die Beschwörung einer Klimakatastrophe samt versuchter Klimarettungsmandatserschleichung die aktuelle Masche der Neo‑, Krypto- oder Pseudomarxisten ist, um nach der Macht zu greifen.
Nein.
Weiß nicht.