„Falsch-Geld ist Geld. Punkt.”
(Leser ***)
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„Um das Jahr 2023 geriet der deutsche Politiker X. in den Ruch der Friedenstreiberei.”
(Aus einer alten Chronik)
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Deutscher Alltagsrassismus
(München. Eigener Bericht)
Am U‑Bahnhof Lehel hat gegen 18.15 Uhr ein betrunkener weißer Trachtler einen jungen Mann mit Migrationsgeschichte beim Einsteigen in die U5 rüde zur Seite gedrängelt. Der Staatsschutz ermittelt.
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Hat eigentlich irgendeine deutsche Fußballerina noch nicht ihren Abscheu über diesen spanischen Siegerehrungskaperer und knutschenden Vergewaltiger geäußert?
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(Netzfund)
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Der Aufreger der Woche ist natürlich die Frage, ob der Chef der Freien Wähler in Bayern, Hubert Aiwanger, seine Mitgliedschaft in der Waffen-SS hätte verheimlichen dürfen, nur weil er damals minderjährig war.
Mehrere Leser aus dem porentiefer gehirngewaschenen Teil unseres Elter-2-Landes schicken mir erstaunlich ähnliche Schilderungen jener Psychomotorik, die solche „Scherze” hervorgebracht haben könnte. Exemplarisch sei Leser *** zitiert:
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Ihre TV-Gebühren bei der Arbeit.
„Wochenlang haben die Vorwürfe gegen Rammstein-Sänger Till Lindemann die Schlagzeilen beherrscht, nun hat die Berliner Staatsanwaltschaft die Ermittlungen nach kurzer Zeit eingestellt. Es habe sich kein hinreichender Tatverdacht ergeben”, meldet der rbb. „Was bedeutet die Einstellung der Ermittlungen und welche Signalwirkung hat sie? Darüber sprechen wir mit der Rechtsanwältin Christina Clemm, die sich seit fast 30 Jahren für Opfer von sexualisierter Gewalt einsetzt.”
Ja, was bedeutet es eigentlich, wenn ein multimedial Vorverurteilter und Rufermordeter plötzlich unschuldig ist? Hat sich die Staatsanwaltschaft überlegt, welche Auswirkungen das auf, erstens, die Moral der Medienschaffenden und, zweitens, die Opfer tatsächlicher sexueller Übergriffe hat? Werden diese Frauen damit nicht praktisch zum zweiten Mal vergewaltigt? Musste man Lindemann wirklich laufen lassen, nur weil es keine Beweise gegen ihn gibt? Ist es nicht höchste Zeit, umzudenken? Fragen über Fragen…
Auch ein Haltungsschaffender vom NDR macht sich tiefschürfende oder zumindest tieferliegende Gedanken.
Zitat: „Für Drepper ist es wichtig klarzustellen, dass die Einstellung des Verfahrens ‚keinen Freispruch’ bedeute, auch wenn das in der öffentlichen Wahrnehmung möglicherweise anders ankomme. Die Einstellung der strafrechtlichen Verfolgung stelle nicht die Richtigkeit oder die Rechtmäßigkeit der Berichterstattung infrage.”
Die Buben vom Rechercherverbund haben nämlich junge Frauen getroffen, die mit ihnen normalerweise nie reden würden, aber von „Menschen aus dem Umfeld von Lindemann gezielt angesprochen” und auf Rammstein-Aftershowpartys eingeladen worden waren, wo sie … – oh là là. Angesichts solcher neiderregenden Ungeheuerlichkeiten hält unser Don Drepper die Verfahrenseinstellung durch die Staatsanwaltschaft für null und nichtig; nur weil es nicht explizit im Strafgesetzbuch verboten ist, darf der Lindemann es sich doch nicht einfach hinter der Bühne von einer attraktiven Frau besorgen lassen als sei er Bono, Grönemeyer oder Rihanna! „Man wirft ihm Dinge vor, die schamlos sind”, zitiert der NDR den Womanizer Heribert P. vom Süddeutschen Beobachter als juristischen Sachverständigen. „Schamlosigkeit als solche ist kein Straftatbestand.”
Sonst säße der Heribert doch schon seit Jahren in Landsberg!
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Schamlosigkeit ist wahrscheinlich die Grundvoraussetzung für eine Bühnenkarriere. Erst recht für eine politische und journalistische.
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Wer oder was das Attribut dreist verdient, muss täglich neu ausgehandelt werden.
Und das muss, ja wird sich ändern! Eines Tages soll dieses Land jenen fröhlichen Einwanderern gehören, die anders essen, anders beten, anders schlachten, sich anders kleiden, anders ihr Geschäft verrichten, anders sprechen – auch anders rechtsprechen (resp. Recht sprechen) – als diejenigen, deren rassistische, fremdenfeindliche, sexistische, transphobe, paläo‑, prä‑, proto- und postkolonialistische Vorfahren all die Städte, Kathedralen, Barockkirchen, Schlösser, Burgen, Villen, Brücken, Verkehrswege, Parkanlagen, Universitäten, Fabriken etc. gebaut haben, die per se niemandem gehören, weshalb die Neubürger mählich Besitz davon ergreifen (die Fabriken vielleicht ausgenommen). Die Kartoffel geht, der Fellache bleibt.
Bis dahin gehört Deutschland niemandem, das heißt, die Deutschen haben inzwischen keine Heimat mehr. Allenfalls die Neudeutschen eine Heymat. Ob Frau Foroutan dasselbe auch über bzw. im Iran schriebe oder über die Türkei oder Saudi-Arabien? Das können Sie ruhig fragen, geneigte Leserin mit wahrscheinlich Nazihintergrund, aber erwarten Sie keine Antwort, sondern achten Sie auf den Trockennebel, mit dem die Maid ihre magische Migrationsshow beginnt!
Für die „Idee” eines postottonischen „Gründungsdeutschlands” sollte unserer Migrationsastrologin wohl doch ein Lehrstuhl für Restdeutsche Geschichte an der Berliner Humboldt-Uni generös quotiert und kultursensibel zugeschanzt werden.
„39 kulturell unterschiedliche, nicht zu einem Land gehörende Fürstentümer und Freie Städte, die sich zum Teil jahrhundertelang wegen religiöser Differenzen bekriegt hatten und die zudem unterschiedliche Sprachen sprachen, beschlossen, ein Deutschland unter einem Dach zu gründen. Die Sprachen dieses Landes waren Sorbisch, Russisch, Polnisch, Französisch, und Deutsch.”
Und zwar in dieser Reihenfolge! Deutsch war Minderheitensprache, obwohl die Mehrheit deutsch sprach, aber eben so grundverschieden, dass sich bis heute Hessen und Brandenburger überwiegend auf Sorbisch verständigen, Schwaben und Sachsen bevorzugt auf Russisch, bis Annalena es verboten hat; nun haben sie den Salat bzw. ihre Ruhe und lernen Arabisch. Halten wir fest: 1848 wollten sich nicht deutsche Kleinstaaten mit gemeinsamer Kultur, Geschichte, Sprache – und ein paar anderssprachigen Kleinstminderheiten darin, die aber alle Deutsch konnten – zunächst informell vereinen, sondern kulturell total unterschiedliche Regionen, in denen verschiedene Sprachen gesprochen wurden, zur multikulturellen deutschen Nation zusammenfügen, um später der Diversität und spezialbegabten Migrationshintergrundveredelten aus dem Orient Tür und Tor zu öffnen.
„Auch wenn der Horror der Homogenität im Dritten Reich der Nazis einen Großteil der Vielfalt vernichtet hatte, waren bis Mitte der 1970er Jahre bereits 11 Millionen Migranten nach Deutschland eingewandert.”
„Deutschland ist das Land seiner Einwohner und Einwohnerinnen.”
Korrekt formuliert: Deutschland ist das Land all derer, die einen Aufenthaltstitel besitzen oder aus anderen Gründen nicht abgeschoben werden können. (Die Gründe sitzen u.a. in der Bundesregierung.)
„Es gehört niemandem per se, weil er oder sie Urahnen hatten, die schon immer hier gelebt haben. Etabliertenrechte prallen also auf Neuaushandlungen und Erwartungen der Gleichbehandlung – jenes grundgesetzliche Versprechen, das in Artikel 3 des Grundgesetzes verankert ist.”
Wie Sie sehen, ist unsere Kommentatorin eine Multibegabung, auch juristisch erschließt sie nebenher Neuland. Nicht mehr nur Artikel 1 GG gilt heute für jeden Menschen auf Erden, der nach ’schland wandern will, sondern auch Artikel 3. Und der Klimabeschluss des BVerfG sowieso!
„Gegenwärtig kippt diese Konfliktdynamik jedoch in stark minderheitenfeindliche Positionen.”
Und das völ-lig grund-los! Etwa weil manche indigenen Troglodyten sich aufregen, dass in ein 500-Seelen-bzw.-Nazis-Dorf ebensoviele schmucke Asylforderer einziehen sollen.
„Dies mag auch ein Grund dafür sein, dass so viele nach Deutschland eingewanderte Fachkräfte angeben, wieder auswandern zu wollen.”
Das „migrantische Gold” ist, von jenen paar Nuggets abgesehen, die Madame für ihr Palaver allmonatlich in die Schürze geworfen bekommt, ganz offenkundig etwas anderes als jene Goldstücke, die hier weniger auf der Straße liegen als vielmehr lungern. Ich würde, und das sogar jauchzend-frohlockend, eine Million der Letzteren verschenken, aber kein Land der Welt mag sich dieses Pyrit, auch Narrengold genannt, andrehen lassen, am wenigsten jene Länder, die es glücklich losgeworden sind. Echtes migrantisches Gold kommt kaum mehr nach ’schland; was soll man in einem Land, das seine Wirtschaft abwickelt, dessen Unis im internationalen Vergleich abschmieren, dessen Bahnen nicht pünktlich fahren, dessen Innenstädte und Verkehrswege verwahrlosen, das bei der Digitalisierung um eine Epoche zurückliegt, von Regulierungen erdrosselt wird, wo man keine Wohnung findet und in dem die Steuern so absurd hoch sind wie die Heizungs‑, Strom- und Benzinpreise?
„Die Zeit ist reif für eine Kommission, die dem defätistischen, von Misstrauen und Abwehr geprägten migrationspolitischen Kanon ein neues Leitbild entgegensetzt. Festung Europa war gestern – heute brauchen wir die Plaza Europa, den Marktplatz der Zukunft, um uns nicht moralisch und ökonomisch ins Dunkel zu manövrieren.”
„Wir” brauchen – einen solchen Satz sprechen in der Regel Menschen aus, die auf Kosten anderer leben, und solchen alimentierten Menschen, die ja genau deshalb alimentiert werden, weil sie mit ihrer Arbeit oder ihren Ideen nie auf dem freien Markt überleben könnten, fällt am Ende immer ein, alimentierte Kommissionen für ihre alimentierten Gleichgesinnten zu fordern.
Dass ein solcher Bullshit überhaupt von einem, nun ja, etablierten Medium veröffentlicht wird, scheint mir ein weiteres Indiz dafür zu sein, wie dieses Land intellektuell in Richtung Shithole abdriftet. Wobei die Shitholes zwar viele unangenehme Eigenschaften haben mögen, aber alimentierte Sozialwissenschaftler*:_Innen, die einem Märchen erzählen, gibt es dort immerhin nicht.
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Mein Problem mit der Glossierung solcher immergleichen Texte besteht darin, dass die Interessierten und die Esel unter meinen Lesern daraus eine Aversion gegen Einwanderer zu konstruieren pflegen, die nicht meine Sache ist, im Gegenteil, ich fände das Land mit „der Vorliebe für Zäune, Reihen, Mittelmäßigkeit” (Nabokov) ohne fremdes Blut schwer erträglich, ich mag die meisten meiner Landsleute nicht, die deutsche Hochkultur war nie das Werk der Deutschen, sondern ihrer in der Regel „umstrittenen” und verhöhnten Besten, aber ich weiß bei Einwanderen zu unterscheiden zwischen solchen, die ein Segen sind, und jenem Gesindel, dessen Existenz eine freundliche Sozialpädagogik wegzudiskutieren versucht, obwohl jeder dieser Wohlmeinenden sofort die Straßenseite wechselt, wenn ihm ein paar Exemplare entgegenkommen.
Mein Traum einer künftigen Entmischung beider Ingredienzien sieht deshalb auch keine ethnische, sondern eine kulturell-zivilisatorische Scheidung vor; eine innerdeutsche Zwei-Staaten-Lösung. Klingt verrückt, aber mich im Frack über eine Baseler Balkonbrüstung lehnen, das bekäme ich fürs erste hin.
„Dieser Planet wird mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Pluriversum bleiben, nur muss man sich darin um die Deutschen und die Europäer überhaupt große Sorgen machen dergestalt. Die Deutschen sind vermutlich noch zu zahlreich, und unter ihnen eben zu viele vom rot-grünen Bildungssystem produzierte Dummköpfe und Mario-Barth-Gucker, hausgemachte und importierte Alimentierte, antideutsche Intellektuelle und One-world-Spinner, um den Ernst der Lage zu erkennen; dieses Land bzw. Volk muss womöglich entschieden geschrumpft werden, auf dass es in einem bis dahin ohnehin tribalisierten Europa wieder Zusammenhalt entwickelt und seine kollektive Intelligenz im eigenen Interesse einsetzt.
Wie Israel und Palästina könnte auch die Bundesrepublik eine Zwei-Staaten-Lösung anstreben. Der eine Staat soll von denen besiedelt werden, die an die Freiheit und die ‚konventionelle’ Familie glauben, die nicht an Sozialismus oder ’sozialer Gerechtigkeit’, sondern an Eigenverantwortung interessiert sind, die sich nicht den absonderlichen Diktaten eines Zentralkomitees mit Sitz in einer belgischen Kleinstadt unterwerfen, denen der Rechtsstaat so heilig ist, dass sie ihn mit Gewalt gegen jedermann durchsetzen, der ihn angreift, die einen weltoffenen Patriotismus pflegen und religiös tolerant sind, ohne sich ihre Traditionen wegdiskutieren zu lassen, die Sozialleistungen nur für wahrhaft Bedürftige zahlen und Zuwanderer, die ihre Rechnungen selbst bezahlen wollen, willkommen heißen, die anderen aber stracks vor die Tür setzen. In den zweiten, den fortschrittlichen, emanzipierten, sozialistischen, ‚antirassistischen’ Staat mag dann der Rest ziehen und, Gott befohlen, sehen, wo er bleibt.”
(Acta diurna vom 30. November 2013)
Dazwischen muss natürlich eine mächtige, prachtvolle, gut bewachte Grenze stehen.
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„Kamelgeruch liegt über Europa.”
Paul Claudel
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Zum Artikel von Frau Foroutan schreibt Leser ***: „Wie würde der Text ausfallen, wenn es um die Bewahrung der kulturellen Eigenheiten eines Ureinwohnerstammes in Südamerika ginge? Oder um das Land der Urahnen ihrer Herkunftsfamilie, die dort ’schon immer gelebt haben’? Weiß Frau F. wovon sie spricht, wenn sie den ‚Horror der Homogenität’ fabuliert? Hat sie jemals Huntington gelesen und geistig verarbeitet? Sind ihr Begriffe wie Staatsbürgerschaft, Staatsgebiet und Staatsrecht inhaltlich verfügbar? Schließt sie ihre Haustür ab oder lässt sie jedes ‚migrantische Gold’ in ihren privaten ‚Plaza Europa’ und handelt bereichernd das Zusammenleben täglich neu aus, während sie ihre ‚Selbstverständlichkeiten’ hinterfragt, da sie ihr ‚per se’ gar nicht gehören?”
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Fragen über Fragen.
Sie wissen, dass sie lügen, sie wissen, dass alle Welt weiß, dass sie lügen, und sie lügen trotzdem. Irgendwo habe ich gelesen, dass Alexander Solschenizyn den Zwang zur Lüge für das größte Unrecht hielt, das die Sowjetdiktatur ihren Untertanen antat, schlimmer noch als die polizeiliche Verfolgung und das materielle Elend.
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Aber die sekundierenden Idioten sägen fidel weiter am eigenen Ast, nur weil ein paar mickrige Kröten für sie abfallen.
Mal sehen, wie lange die Sensibelchen die kognitive Dissonanz zwischen den erhofften und den realen Tätern aushalten.
Bei den Impotenten ersetzt die prahlende Selbstbezichtigung die Selbstbefriedigung.
(Quelle)
Ich bin es müde, diesen Dreck zu kommentieren. Der Kolonialismus, dieser Einbruch der weißen Sklavereiabschaffer mit ihren Straßen, Eisenbahnen, Krankenhäusern und Schulen in die schwarze Hochkultur, hat Afrika um Äonen zurückgeworfen. Musste das wirklich sein? Ich finde, nein. Wir sollten uns gegenseitig alles wieder zurückgeben.
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Apropos: Sie erkennen Ihr Land nicht mehr.
EUdSSR, das ist Grünenherrschaft plus elektronische Zensur, wie unser Iljitsch sinngemäß meinte.
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Themenwechsel. Die „Welthirnjauche” (Karl Kraus) wabert nicht allein im Westen. Für die Putinisten unter den Eckladenbesuchern, die mir in letzter Zeit auf den Wecker gehen, schichte ich ein paar Beißhölzer auf.
„Die russische Propaganda erinnert uns ständig daran, dass Kiew der Geburtsort des russischen Staates war, was durchaus richtig ist. Die Kreml-Ideologen leiten daraus ab, dass die Ukraine russisch ist, und begründen damit das Verschwinden der ukrainischen Identität. Die Ukraine sei von einem Groß-Russland absorbiert worden, das von Wladiwostok bis Lemberg reiche – morgen vielleicht bis Minsk und Riga, und übermorgen bis nach Warschau. Aber wir können das Argument auch umdrehen. Es entspricht allen Ernstes der historischen Wahrheit, wenn man sagt, die Ukraine sei nicht russisch, sondern Russland sei ukrainisch.”
Rémi Brague, französischer Philosoph, im aktuellen Tumult.
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„Der christoide Faschismus, welcher nun die russischen Gehirne erfaßt, ist historisch und kulturell in der ‚orthodoxen Zivilisation’ tief verankert. Er hat sich verkettet mit einer mentalen Konstante aller Machteliten seit Peter dem Großen: Ihnen allen ist das Konzept des Nationalstaates ebenso fremd geblieben wie den Bolschewiki. Putin, Medwedjew und die anderen sind außerstande, nationalstaatlich zu denken; sie denken in imperialen Bildern und Konzepten. Daß die ethnischen Komponenten des zaristischen Reiches und der Sowjetunion sich zu regelrechten Nationen heranbilden könnten, ist für sie geradezu undenkbar. Daß die russische Regierung sich am 24. Februar 2022 dermaßen verschätzte, rührt aus dieser Undenkbarkeit. Hinzu kommt, worauf der Historiker Jörg Baberowski hinwies: Die Sowjetunion ist nicht durch Krieg oder Revolution aufgelöst worden, sondern durch einenVerwaltungsakt. Die Power-Elite der Föderation glaubt, diesen Verwaltungsakt mühelos korrigieren zu können, nämlich wiederum mit Verwaltungsakten, unterstützt durch paramilitärische Einheiten vor Ort. Indes, der Widerstand ist ein doppelter: Zum einen hat die Nationenbildung eingesetzt, zum anderen kollidieren nun die völkerrechtlichen Vorstellungen: Der Westen akzeptierte die neuen Staaten als souveräne Nationalstaaten. Doch nach der Jelzin-Ära betrachtete die russische Regierung diese Staaten anfänglich als Satelliten im alten Einflußgebiet. Daher überraschte Putin auf der Münchener Sicherheitskonferenz 2007 sogar die Aufmerksamen, als er plötzlich von Interessensphären sprach und einen ‚hegemonialen Groß-raum’ meinte. Doch je tiefer die neue Ideologie sich in den Köpfen der politischen Elite der Föderation einnistete, desto stärker wuchs die Neigung, die ehemaligen Bestandteile nicht bloß als Satelliten anzusehen, sondern als heimzuholende terra irredenta. Die gelungene Annexion der Krim 2014 hat dieser Version des imperialen Gedankens einen Auftrieb gegeben, der die Heimholung der Ukraine in handgreifliche Nähe rückte.
Es muß der russischen Machtelite klar sein, daß ihre geostrategische Lage sich jährlich dramatisch verschlechtert. Rußland schrumpft in vielen Hinsichten. Es hat noch 143 Mio. Einwohner; doch die Bevölkerung schrumpft. Hingegen wächst das muslimische Zentralasien demographisch. Das Bruttosozialprodukt Rußlands ist etwa so groß wie das Italiens; es reicht nicht aus, um die Erfordernisse einer Weltmacht zu befriedigen; und es läßt sich nicht wesentlich steigern, vor allem wegen der Ausgedehntheit des Landes, der enormen Transportkosten und der inselartigen Isolation der städtischen Zentren. Eine Eroberung der Ukraine dürfte Rußlands letzte Chance sein, um die demographischen und ökonomischen Potentiale zu vergrößern und die geopolitischen Gegebenheiten in Osteuropa grundsätzlich zu verändern, bevor das immer mächtiger werdende neoosmanische Reich Rußland aus Zentralasien abdrängt. Ganz abgesehen davon, daß Rußland gegenüber China in eine Abhängigkeit abrutscht, die nicht weit entfernt ist von jener Nordkoreas. Also muß die russische Führung sehr viel daransetzen, um diesen Krieg zu gewinnen. Sehr viel, aber nicht alles. Denn sie muß verhindern, daß daraus ein Krieg wie der afghanische wird – mit einer Niederlage und der erneuten Korrosion des ohnehin prekären Staatswesens.”
So der Historiker Egon Flaig im aktuellen Tumult
„Everybody knows the war is over,
Everybody knows the good guys lost.
That‘s how it goes.
Everybody knows.”
(Leonard Cohen)
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Leser *** moniert den Vergleich der russischen Wirtschaftsleistung mit der italienischen und sendet mir diesen Artikel.
Kernaussage: „Der Fehler bei diesem Vergleich liegt jedoch darin, dass man sich auf die Messung des nominalen BIP selbst verlässt, da dabei die Wechselkurse und die Kaufkraftparität (KKP) nicht berücksichtigt werden, die Auskunft über den Lebensstandard und die Produktivität (und von dort aus das Wohlergehen pro Kopf – und wichtig: den Ressourcenverbrauch) geben. Der renommierte französische Ökonom Jacques Sapir hat auf die Unzulänglichkeit dieser Kennzahl hingewiesen und argumentiert, dass das BIP Russlands, gemessen in Kaufkraftparitäten (3,74 Billionen US-Dollar im Jahr 2013, 4,81 Billionen US-Dollar im Jahr 2021), näher am deutschen BIP (3,63 Billionen US-Dollar im Jahr 2013, 4,85 Billionen US-Dollar im Jahr 2021) liege als am italienischen (2,19 Billionen US-Dollar im Jahr 2013, 2,74 Billionen US-Dollar im Jahr 2021). Dies ist ein entscheidender Unterschied, und es ist sowohl rätselhaft als auch beunruhigend, dass so viele weiterhin den Vergleich zwischen Russland und Italien nachplappern.”
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Was gibt’s Positives, Genosse? Nun, das beispielsweise.
Ist nicht mehr ganz taufrisch, aber so grandios zeitgeistverblödet, dass ich es einfach einrücken muss.
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Ein Wort pro domo. Niemals, verehrte Eckladenbesucher, würde ich Ihnen, angesichts von Inflation, steigenden Energiepreisen und all den anderen grünen Zumutungen, eine nachlassende Zahlungsmoral unterstellen. Allerdings verzeichne ich zwar eine konstant hohe Zahl von Zuschriften, aber eine gewisse Abnahme jener Obolusse, die mich bei guter schlechter Laune halten sollen. Das heißt, viele lesen für lau (ein herzliches Vergelt’s Gott! an alle anderen!). Womöglich ist auch so etwas wie eine wechselseitige Ermüdung eingetreten; immerhin trällere ich meine Rohrspatziaden nun schon länger als ein Jahrzehnt ins Keinschönerland. Soll ich die Bude mal für eine schöpferische Pause dichtmachen? Was meinen Sie?