Oscars für deutsche Filme sind fast so selten wie gute deutsche Filme. Nach der „Blechtrommel”, „Nirgendwo in Afrika” und „Das Leben der anderen” hat nun „Im Westen nichts Neues” mit vier Preisen bei den Academy Awards für deutsche Verhältnisse geradezu abgeräumt.
Ein nicht unheikler Aspekt in Henckel von Donnersmarcks Stasi-Drama besteht darin, dass es sich als historisch authentisch kostümiert, aber einen Vorgang darstellt, der sich so niemals ereignet hat – es ist kein Fall bekannt, dass ein Stasi-Offizier einen von ihm bespitzelten Oppositionellen gedeckt hätte –, und auch Edward Bergers Verfilmung von Erich Maria Remarques Weltkriegsdrama nimmt an der realen Geschichte sowie an der Vorlage einige Korrekturen vor, natürlich zu Lasten der deutschen Seite. So fallen kurz vor Eintritt der Waffenruhe deutsche Landser unter dem Kommando eines fanatischen Generals, eine Art Proto-Nazi, über arglose Franzosen her, die bereits das Kriegsende feiern, und massakrieren sie – eine gehässige Erfindung. Der Regisseur stellt die „Hunnen” passagenweise als unsympathischste und für den Krieg hauptverantwortliche Partei dar, als habe er während des Drehs in den Werken der englischen Kriegspropaganda gestöbert; es verlangte ihn ersichtlich nach dem Applaus und den Preisen der Zeitgeist-Schickeria. In einem Interview erklärte Berger, die Dreharbeiten seien in die „Zeit von Trump, Brexit, Orbán, der AfD” gefallen, „überall wurden Menschen in Parlamente gewählt, die die Demokratie infrage stellen. Es begann die Zeit des Isolationismus, des Nationalismus und Patriotismus.” Dagegen habe er mit seinem Film, wie man in diesen Kreisen, sich gegenseitig auf die telegen gramgebeugten Schultern klopfend, zu formulieren pflegt, ein Zeichen setzen wollen.
Das ist zwar trendkonform gesprochen und, wenn man so will, gedacht, aber keine besonders gescheite Aussage – wo soll die Gescheitheit allerdings auch herkommen im täglichen Umgang mit Schauspielern? Trump, der arge „Nationalist” und „Isolationist”, war der friedfertigste US-Präsident seit Menschengedenken; anders als Obama, den Leute wie Berger so etwas von toll fanden (und finden), hat er weder Kriege begonnen noch Zivilisten bombardieren lassen; Orbán hat die Welt nicht unsicherer gemacht, Ungarn droht niemandem mit kriegerischen Handlungen, die deutsche Schwefelpartei ebenfalls nicht, deren Nationalismus ist vollkommen defensiv, und was den Brexit betrifft, so wird auch der keinen neuen Krieg über Europa bringen, zumal die Kriege der Zukunft keine Staaten‑, sondern Bürgerkriege sein dürften – oder besser: Stammeskriege –, und der EU-Ausstieg der Briten aus dem Widerstand gegen die Pläne der globalistischen Eliten resultierte, den Kontinent durch Massenmigration einem solchen Risiko auszusetzen. Der Brexit entsprang dem Wunsch nach (innerem) Frieden.
Kurzum: Ein mit Beflissenheit dem Zeitgeist gehorchender Regisseur produziert das konformistisch Gebotene und bekommt dafür verdient den Preis einer Akademie, die kurz zuvor den Präsidenten eines Landes ausgeladen hat, das tatsächlich im Krieg steht – und sogar angegriffen wurde –, weil dort Weiße gegen Weiße kämpfen, nach dem aktuellen Katechismus also Privilegierte gegen Privilegierte (plus ein paar unterdrückte Moslems auf Seiten des Aggressors), weshalb der Ausgeladene unter allen Umständen in die Kategorie der Suprematisten fällt. Ein schwarzer Student, der in einem historischen Buch das Wort „Neger” liest, erleidet Schrecklicheres als ein Soldat, dem an der russisch-ukrainischen Front in den Bauch geschossen wird.
Das Hauptproblem an deutschen Filmen besteht darin, dass sie früher oder später, aber mit enervierender Sicherheit ins Pädagogische abfallen. Abschwirren? Um Fördermittel und Preise betteln. Sogar deutsche Komödien möchten, nachdem alle Gags abgefeiert sind, das Publikum schließlich belehren und zu besseren Menschen erziehen; jedes Genre wird durch solche Zeigefingerwedelei verdorben. Das Dilemma deutscher Kriegsfilme besteht darüber hinaus noch in dem über sie verhängten Heroismus-Tabu. Heldentum, wir lasen es neulich in der Zeit, kollidiert nämlich mit den „Menschenrechten”. (Dass Letzere ohne Heroismus nicht zu retten sind, fällt den Toren niemals ein; ich erinnere an Oskar Lafontaines Sottise, mit Sekundärtugenden könne man auch ein KZ führen, und Hermann Lübbes Replik, ohne Sekundärtugenden könne man auch kein KZ befreien.)
Die beiden bekanntesten deutschen Romane über den Ersten Weltkrieg stammen aus der Feder von Kriegsteilnehmern, aber aus grundverschiedener Perspektive: Während „Im Westen nichts Neues” das Werk eines Pazifisten ist – oder zumindest eines Mannes, der den Krieg als sinnlos verachtet –, eröffnet Ernst Jünger in seinen „Stahlgewittern” die Sicht des Kriegers. Während Jünger vier Jahre an der Westfront im Feuer stand, mehrmals verwundet wurde und vom Waffenstillstand im Lazarett erfuhr, erlebte Remarque die Front nur einen Monat lang (und wurde ebenfalls verwundet). Jünger erhielt 1918 den Pour le Mérite, Remarque des Eiserne Kreuz I. Klasse. Beider Perspektive ist legitim und gehört zum Gesamtbild des Krieges, aber nur jene von Remarque kann unterm heutigen Stand der kulturpolitischen Gestirne in ’schland verfilmt und in Hollywood preisgekrönt werden.
Übrigens hat Remarque die „Stahlgewitter” rezensiert, der Artikel erschien am 18. Juni 1928 in der Zeitschrift Sport im Bild und enthält unter anderem folgende Worte: „Den Ablauf der Geschehnisse zeichnen die ‚Stahlgewitter’ mit der ganzen Macht der Fronterfahrung am stärksten, ohne jedes Pathos geben sie das verbissene Heldentum des Soldaten wieder, aufgezeichnet von einem Menschen, der wie ein Seismograph alle Schwingungen der Schlacht auffängt” (Zitiert nach Helmuth Kiesel: „Ernst Jünger. Die Biographie”, München 2007, S.208).
Sogenannten Unmut gab es dieser Tage wegen der Art des Auftretens von Vizekanzler Habeck und dessen Adabei Cem Ö. im brasilianischen Busch. Robert der Dreitagebärtige hat Medienberichten zufolge beim Besuch des Dorfes Kambeba die Eingeborenen begrüßt, als hätten die noch nie einen Europäer gesehen, und sich mit den Worten vorgestellt: „Ich bin Robert, das ist Cem, und wir sind Minister in der deutschen Regierung – das ist so etwas wie euer Häuptling, aber in einem anderen Land” (Habeck soll das Wort „Chief“ verwendet haben, das Anführer, Chef etc. bedeutet, aber eben auch Häuptling).
Außerdem sagte der Häuptling aus dem waldreichsten Land Mitteleuropas, das zu einem Drittel von Bäumen bedeckt ist und mehr Holz hat als jedes andere Land der EU: „Für uns ist das sehr spannend zu verstehen, wie ihr im Wald leben könnt und den Wald schützen könnt, weil in Deutschland vor tausend Jahren die Deutschen alle Bäume gefällt haben. Also unser Wald ist mehr oder weniger weg.“
Bei dieser Auskunft handelte es sich vermutlich weniger um einen Blick in die periodische deutsche „Holznot” der Vergangenheit als vielmehr um Wahrsage und Orakellallerei. Habeck gestattete dem Amazonas-Publikum einen Blick in die deutsche Zukunft nach der vollzogenen Energiewende. Spätestens an dieser Stelle könnte das südamerikanische Publikum geargwöhnt haben, dass die Gäste aus Germany in Wirklichkeit gar keine Häuptling, sondern allenfalls Schamanen, Regenzauberer, sind.
Als solche sind sie dort- bzw. hierzulande leider recht erfolgreich: Die deutsche Medienöffentlichkeit glaubt an den von ihnen verheißenen Regen, die deutschen Unternehmen, voran die Energiewiewirtschaft, richten sich auf ihre Orakel ein, und etwa jeder neunte deutsche Wähler war bereit, seinem Land zu Weltrettungszwecken den grünen Rest zu geben.
Einmal in die politische Akzeptanz erhöht, machen diese Klima-Schamanen inzwischen bis in die letzte Pore des von ihnen bezauberten Landes Ernst. Klima ist ja schließlich auch überall.
Deutschland ist ein Organismus, in dessen Hirn sich ein Parasit eingenistet hat, der ihn steuert.
Ich habe gestern meinem Jüngsten zu erklären versucht, dass es zwei Möglichkeiten gibt: Entweder, die Klimahysteriker haben unrecht, oder sie haben recht – mit allen Abstufungen des Rechthabens –, aber beides werde am Klimawandel überhaupt nichts ändern; die Frage sei lediglich, wie viel von Deutschland diese Figuren im Namen der Weltklimarettung bis dahin kaputtgeschlagen haben, während die anderen Länder sich mehr oder weniger unbehelligt mit den Folgen des Klimawandels zu arrangieren suchen.
Desto bemerkenswerter, dass nun auch der Reinhardswald bei Kassel, einer der letzten „Urwälder” Mitteleuropas – man nennt ihn den „Märchenwald der Gebrüder Grimm” – der grünen Ideologie in Gestalt gigantischer Windräderr weichen soll.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (ESFA, die zu den Gen‑, Biotech- und Food-Multis ebenso rege Beziehungen unterhält wie die für Gesundheit zuständige ECDC zur Pharmaindustrie) hat nun mit Mehlwürmern, Heuschrecken, Grillen und Fliegen die Nahrungskonkurrenten als Lebensmittel freigegeben. Auf den Märkten geht’s schon los, aber die Multis überlassen die Marktvorbereitung vorerst woken Start-Ups: „Essento zeigte Bio-Falafelbällchen aus Schweizer Mehlwürmern und gewann damit einen Innovation Award.“ Und – man glaubt es kaum – Soylent ist tatsächlich auch dabei („Soylent Products Fit Your Lifestyle“). Wem die Anspielung unverständlich bleibt, der kann sich hier (bei YouTube) kundig machen. Von der industriellen Nahrungsmittelproduktion also ohne Umwege zurück ins vorkulturelle Sammlertum? Falls Sie keine Mehlwurm-Falafel essen wollen, finden sie bei uns vielerlei Besseres.
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„Die Doppelnamensträgerinnen
Sind meistens Nervensägerinnen.
Zum Beispiel Frau Strack-Zimmermann,
Die alles noch viel schlimmer kann
Als jeder alte weiße Sack,
Frau Zimmermann, von vorne: Strack.
Die ist zwar weißer noch als Merz,
Vor allem oben, himmelwärts,
Doch eine Zierde des Geschlechts
Der Flintenweiber – und nicht rechts!
Ein Flintenweib in seiner Wut
Ist freigiebig mit fremdem Blut,
Das irgendwo im Osten fließt,
Derweil sie die Levkojen gießt.
Und ihre fesche Föhnfrisur
Ist neue Nato-Leitkultur.
Hofreiter-Anton prescht voraus,
Ihm folget kühn, Applaus, Applaus,
Dass sie uns gegen Russland führe,
Strack-Zimmermann, Beruf: Walküre.
Bei Stracki wird das Herz mir warm,
Verströmt sie ihren Panzercharme.
Ob Puma, Leo und bald Flieger,
Am liebsten schickte sie den Tiger.
Sie träumt vom Durchbruch bis zur Krim,
Zehntausend Tote sind nicht schlimm.
Hauptsache ist, dass sich was ändert,
und man in Charkow künftig gendert.
Gebt uns ein Feindbild!, ruft Frau Strack,
vertreiben wir das Russenpack!
Die Werte, die ich vor mir her trag,
beschützen mich vorm Nuklearschlag.
Wie tief sie sei, des Krieges Spur,
Eins überlebt: meine Frisur!”