Vor 120 Jahren lasen Gymnasiasten die „Ilias“ und die „Odyssee“ im Original, eine Generation später dann nur noch in deutscher Übersetzung, aber in Hexametern. Eine weitere Generation später bevorzugten sie einfache Prosafassungen, die schließlich mit textverständnisfördernden Illustrationen versehen wurden. Heute lesen sie die Epen, wenn überhaupt noch, als Comics.
PS: „Also wir haben am staatlichen Knaben-Gymnasium zu Emmerich am Rhein die Ilias und die Odyssee in den Siebziger Jahren noch im Original gelesen. Zur Anfertigung der Hausaufgaben haben wir allerdings illegalerweise die Übersetzung von Heinrich Voß als pons benutzt.”
(Leser ***)
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Was macht eigentlich die DDR-Presse? Zum Beispiel Überschriften wie diese:
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Neue Ehrenämter: Duschzeitkontrolleur. Verdunkelungsdurchsetzungshelfer. Maskensitzkorrektor.
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„ ‚Haben Sie keine Maske? Wir haben nämlich noch immer Karneval’, sagte die ostdeutsche Schaffnerin und wandte sich auf dem Absatz um, ohne zu kontrollieren, ob der angesprochene Fahrgast auch wirklich eine Maske aufsetzte. Er lachte und tat es nicht.”
Berichtet Freund *** aus einer Eisenbahn im Harz.
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Wenn Verschwörungstheorien wahr werden.
Es handelt sich um den merkwürdigen „Medien-Blackout über alles, was Hunter Biden anging”, wie Wegner schreibt.
„Mark Zuckerberg, der Gründer und Chef von Facebook, hat es öffentlich gesagt: Das amerikanische FBI hat in die letzten US-Wahlen eingegriffen, und zwar (mindestens) via ‚Warnungen’ an Facebook, im Effekt zugunsten von Joe Biden und gegen Donald J. Trump. (…)
In einem neuen Interview mit Joe Rogan beschrieb nun Zuckerberg in schockierender Nonchalance, wie auch Facebook diese für Biden schädliche Information zensierte. (…)
Twitter machte es schlicht technisch unmöglich, den Artikel über den Laptop des Biden-Sohnes zu teilen. Facebook dagegen reagierte etwas subtiler auf die ‚Warnung’ des FBI. Man reduzierte die Wahrscheinlichkeit signifikant, dass der Artikel im Newsfeed der Leser auftaucht. Auf gewisse Weise ist solche sanfte Zensur perfider als harte und also sichtbare Verbote.
Der Artikel selbst enthielt Enthüllungen vom Laptop, was der offenbar vom Drogenkonsum verwirrte Joe-Biden-Sohn bei einer PC-Reparatur-Werkstatt vergessen hatte. Das Laptop aber enthielt nicht nur sehr anzügliche Fotos zu Hunter Biden, wohl mit Drogen und Prostituierten, sondern auch Dokumente zu den Geschäften der Biden-Familie, etwa zu den Deals in der Ukraine.”
Es sind dieselben globalistisch orientierten bzw. geschmierten Klüngel des „Deep State” – ihre Schreibkulis nennen auch dieses Phänomen eine Verschwörungstheorie –, die in allen Ländern des Westens ihre immer dichteren Netze spinnen. Trump hatte also nicht nur den eigentlichen politischen Gegner sowie die gesamte Kultur- und Medienwelt inclusive der online-Monopolisten gegen sich – Twitter hat den „mächtigsten Mann der Welt” bekanntlich gesperrt (die Taliban nicht) –, sondern auch den Inlandsgeheimdienst. Kennt man aus ’schland. Und nicht nur beim VS: „Wir haben die gesamte Führung fast aller Berliner Sicherheitsbehörden ausgetauscht und dort ziemlich gute Leute reingebracht. Bei der Feuerwehr, der Polizei, der Generalstaatsanwaltschaft und auch beim Verfassungsschutz. Ich hoffe sehr, dass sich das in Zukunft bemerkbar macht.” (Benedikt Lux, Grüne, zum Großen Austausch.)
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Die Produkte des sogenannten Regietheaters sind meistens abstoßend, verkaspert und dumm, doch wie überall gibt es auch hier Ausnahmen. Auf eine solche machte mich gestern zu später Stunde Freund *** aufmerksam: Christof Loys Inszenierung der „Salome” an der Finnischen Nationaloper Helsinki.
Zunächst einmal: Ich liebe dieses Werk. Das Textbuch ist, neben jenem der „Meistersinger” und dem des „Rosenkavalier”, das beste des gesamten Genres. Es handelt sich bekanntlich um eine gestraffte Version von Oscar Wildes gleichnamigem Theaterstück. Wilde befand sich, wenn die Formulierung gestattet ist, oberhalb seines eigenen Niveaus, als er „Salome” schrieb (übrigens auf französisch). Man lese einfach den Passus im Markus-Evangelium und male sich aus, man müsse sich nun nach dieser Vorlage ein Theaterstück aus den Fingern saugen.
Wildes Version ist abgrundtief verdorben, grandios pervers, überwältigend abartig, von einer schwülen, morbiden, gewalttätigen Erotik. Sämtliche Akteure sind schwerstpathologische Charaktere. Wir befinden uns am Hof des lüsternen und von den umherschwirrenden prächristlichen Heilsbotschaften zutiefst beunruhigten Königs Herodes. Seine Frau Herodias ist eine Hure, ihre Tochter leidet unter des Stiefvaters permanenter Anmache; zugleich ist dieser egozentrische, monomane Backfisch wirklich gemeingefährlich. Da sich die Akteure im Grunde nicht verständigen können, sind es die Blicke, die in diesem Stück die Hauptrolle spielen (es lohnt sich, allein unter diesem Aspekt das Textbuch zu studieren). Ein Verrückter ist auch der Prophet Jochanaan, den Herodes in der Zisterne gefangenhält, ein heilsdurchglühter, keuscher (und blickscheuer) Outlaw. Die kapriziöse Salome begehrt ihn, und was sie nicht bekommt, das macht sie halt kaputt.
So weit, so bekannt. Loy ändert nun die Handlung, aber nicht ins Widersinnige wie etwa jener „Carmen”-Regisseur, der am Ende nicht den unglücklichen Don José seine Angebetete erstechen, sondern die Zigeunerin ihren Stalker erschießen lässt; es geht eher in die Richtung von Ponelles „Tristan”-Inszenierung, in welcher der waidwunde Heros den gesamten Dritten Aufzug lediglich fieberträumt und in Wirklichkeit gar kein Schiff und folglich auch keine Isolde kommt. Der Prophet wird nicht enthauptet. Salome schmeckt die Bitterkeit lebendiger Lippen. Sie tanzt den Tanz der sieben Schleier nicht, sie erzielt die gewünschte Wirkung auch so. Herodes will sie am Ende nicht töten lassen, weil er über ihre nekrophile Abartigkeit entsetzt, sondern weil er eifersüchtig ist.
Wie aber verhält es sich mit Jochanaan? Ich muss für zartere Gemüter unter den Eckladenbesuchern eine sogenannte Triggerwarnung aussprechen: In Loys Version zieht sich zwar Salome zur Abwechslung nicht aus – in früheren Inszenierungen wartete man immer in antizipatorischer Pikiertheit auf diese Szene und freute sich auf den finalen Gesang der Titelfigur, heute, in Zeiten schlankerer, trainierterer Sopranistinnen, ist es meistens umgekehrt –; dafür kommt Jochanaan tatsächlich splitternackt auf die Bühne. Normalerweise wäre ich an dieser Stelle ausgestiegen, doch der Freund beteuerte, die Sache habe schon ihren Sinn, und ich blieb dabei (immerhin ist es erstaunlich, dass ein nackter Sänger so forcieren kann, anstatt schamvoll in der Bühne zu versinken). Am Ende, wenn er Hand in Hand mit der Prinzessin davoneilt, trägt der ehemals heilige Mann Smoking und Fliege. Der Außenseiter hat sein Haupt auf andere Weise verloren; er ist Mitglied der Schickeria geworden.
(Hier der Link.)