Gestern habe ich es doch getan und mir zumindest die Verlängerung des Endspiels der Fußball-Europameisterschaft der Damen angeschaut. Ich wurde nicht enttäuscht. Ent-täuscht werden kann ja nur, wer sich ge-täuscht bzw. täuschen lassen hat. Man muss in den Ligen der Männer ziemlich tief hinabsteigen, in Regionen, wo mit guten Gründen keine Kameras mehr laufen, vielleicht in die Oberliga (aber ich will den Kickern dort keineswegs zu nahe treten), um dergleichen zu sehen zu bekommen. In einer halben Stunde keine einzige nennenswerte Torchance, von einer herausgespielten zu schweigen, überhaupt waren Spielzüge über sechs, sieben Stationen so gut wie nicht zu beobachten, das Tempo war bescheiden, die Ballbehandlung vieler Mädels erinnerte eher an einen Flipper, und obwohl es sich um die Verlängerung eines Finales handelte, kam so gut wie keine Spannung auf, da nach dem Siegestor der Engländerinnen, das die Schützin bezeichnenderweise ins Netz stocherte, nachdem sie vorher über den Ball geschlagen hatte (ist Lewandowski 2013 bei Schachtjor Donezk auch passiert, ich weiß), die Deutschen nur wenig Anstalten machten bzw. Fähigkeiten erkennen ließen, noch einmal vor das gegnerische Tor zu kommen.
Ich beschreibe lediglich, was ich gesehen habe.
Für diese limitierte Darbietung waren nun 80.000 Menschen ins Stadion gekommen. Die wochenlange Propaganda hat Wirkung gezeigt. Aber gut, das ist die Sache des Publikum; es soll jeder selbst entscheiden, was er mit seiner Zeit anfängt. Je mehr Menschen solche Spiele gesehen haben, desto weniger werden es künftig tun.
Zwischen Frauenfußball und Fußball liegen Welten.
Kurzum: Man muss sich diese Art Sport nicht aufnötigen lassen, erst recht nicht als moralisch erwünschtes Statement. Offenbar taten dies hinreichend viele brave Michels und Michelinen dennoch unter dem Druck zivilgesellschaftlich-staatsmedialen PR-Furors, aber: siehe oben. Ihre Sache. Um gewissen mit pawlowscher Reflexhaftigkeit vorgetragenen Unterstellungen sogleich den, wie eine Metaphernsalatmamsell formulieren könnte, Wind aus den Segeln zu nehmen, sei hier eingestreut, dass ich die Leichtathletikwettbewerbe der Mädels gern schaue oder, um eine Mannschaftssportart zu nennen, Damen-Volleyball, und auch die Tour de France Femmes habe ich verfolgt. Aus sexistischer Warte ließen sich meine Präferenzen wohl am besten damit begründen, dass mich gar nicht der eigentliche Sport, sondern die Schönheit der Körper, die Grazie der Bewegungen, die Sexiness des Kampfes und des Schwitzens enthusiasmieren. Einverstanden.
Doch theoretisch müssten das auch die Kickerinnen bieten. Tun sie aber nicht. Obwohl dort einige aparte Mädels herumlaufen. Aber dieser Leibesübung eignet etwas, das sie für Frauen unpassend macht.
Vielleicht liegt es daran, dass sich im Fußball zwei konkurrierende (männliche) Jagdrudel gegenüberstehen, dass der Platz zu groß ist für die Passschlagkraft des weiblichen Beines – von Torschüssen aus bereits mittlerer Distanz wollen wir nicht reden –, dass überhaupt der gesamte Bewegungsablauf unweiblich ist. Ich kann es nicht erklären. Nur konstatieren.
Wenn die Qualität dessen, was Frauen fabrizieren, im Vergleich mit den Toxischen nicht besonders viel taugt, sind bekanntlich nicht die Frauen dafür verantwortlich, sondern ihre Diskrimierung durch die Letztgenannten.
Da können nur Quoten helfen, Gleichstellung, Privilegierung durch „positive Diskriminierung”. Die Forderungen nach möglichst publikumsandrangsunabhängiger Bezahlung und gleich hohen Siegesprämien wie bei den Männern sind so einleuchtend wie der eigentlich logische Wunsch, Schwestern sollten dasselbe verdienen wie Chirurgen.
Während Männer frei aufspielen und ungeniert die Beine spreizen können, ächzen die Kickerinnen unter der Bürde sexistischen Präsentiertwerdens. Aber vielleicht bekommt bald jeder Sozialpunkte, der zu einem Frauenfußballspiel geht, dort sensibel die Knie zusammendrückt und von „temporären Konkurrentinnen unterm gemeinsamen Dach der Diversivität” spricht?
Jedenfalls waren wir alle angehalten, diese Europameisterschaft großartig und epochal zu finden. Ob nun von den Öffentlich-Rechtlichen:
Vom stern:
Oder von den bis in die Bandscheibenschäden durchtrainierten Grazien beiderlei (!) Geschlechts (!) bei der Zeit:
Die neue Vielfalt, soso. Ist jemandem aufgefallen, dass sich im Endspiel zwei bis zu den Auswechselbänken nahezu komplett blütenweiße Mannschaften gegenüberstanden? „Selbst den wokesten ‚Nur-Menschen-Sehern’ an meiner Sofaseite entfleuchte unreflektiert ein ’so viele Blondinen!’ ”, schreibt Leser ***, und fügt hinzu: „Lächelnd verschwieg ich in dem Moment den wahren Grund meiner Aufmerksamkeit für das Treiben.”
PS: Und ich hatte mich so auf das Elfmeterschießen geschadenfreut …
PPS: „Sie haben nur den Schluss des Spiels gesehen. Viel interessanter” fand Leser ***, „was vor dem Anpfiff gezeigt wurde – oder eben nicht gezeigt wurde. Nicht nur trugen beide Kapitäninnen pflichtgemäß ihre Regenbogen-Binden (um den Oberarm), nicht nur wurde der Ball von einem ferngelenkten Regenbogenauto zum Mittelkreis gefahren (‚auf die angemessene Art und Weise für so ein großes Spiel’, kommentierte die BBC-Kommenteuse). Nein, die Mädels Englands und der Nie-wieder-Nation fielen natürlich auch wie ein Mann für Black Lives Matter aufs Knie. Aber genau an dem Punkt wurde ich in meinen mittlerweile eingeübten Sehgewohnheiten irritiert: Live im staatlichen Briten-TV sah man den Kniefall gar nicht, weil gerade da die Bildregie zum Überflug einer Kampfjet-Formation über Wembley schnitt (BBC: ‚Angeführt von einer rein weiblichen Besatzung’). Heißt das, der Sieg gegen Putin ist wichtiger als der Sieg gegen den Rassismus? Enthielt man uns den Anblick des Duckmäusertums deshalb vor, weil kniende Frauen eher das Gegenteil von Empowerment vermitteln könnten, also das Niederdrückende des Patriarchats? Hatten gar männlich-heteronormative UEFA-Funktionäre instinktlos den Befehl zur Fällung eines ganzen Geschlechts gegeben?
Ach ja, eine Art Fußball wurde dann gestern auch noch gespielt. Aber dazu haben Sie ja schon alles gesagt.”
PPPS: „Leider muss ich sagen, dass Sie das mit dem sogenannten Frauenfußball noch nicht richtig erfasst haben”, setzt Leser *** hinzu. „Die Mädels spielen gar nicht Fußball. Sie spielen nur, dass sie Fußball spielen.”
Ah, geehrter Herr, das haben Sie aus der „Tante Jolesch”, nicht wahr? Dort wird ein „Aphoristiker des Kartentischs” mit der Sentenz zitiert: „Frauen spielen nicht Bridge, sie spielen Bridgespielen.” (Ich hätte selber drauf kommen müssen, da ich das Buch neulich ausführlich empfohlen habe.)