„Sehr geehrter Herr Klonovsky, ich kann mich nicht erinnern, wann ich zuletzt ‚Tagesthemen’ oder ähnliches gesehen habe, und hoffe, mich eines Tages ebensowenig erinnern zu können, wann ich zuletzt einen ‚Mund-Nasen-Schutz’ – ist das eigentlich ein spezifisches Phänomen des Deutschen, dass noch der fürchterlichste Bürokraten-Jargon wie selbstverständlich in die Alltagssprache übernommen wird? – aufgesetzt habe. Was diese Tätigkeiten gemeinsam haben, fiel mir kürzlich wie Schuppen von den Augen, als ich in verschiedenen Läden nicht wenige Menschen sah, die ihre Maske trotz Aufhebung der Maskenpflicht weiterhin trugen, und zwar unter der Nase oder gar unter dem Kinn: Es handelt sich um Rituale einer auf bestimmte Weise konditionierten Population, deren ganz überwiegende Mehrheit als sozusagen politisch hirntot gelten muss. Als anständiger Bundesbürger schaut man eben ‚Tagesthemen’, ‚Heute-Journal’ usw., gleich ob man sich die dreiste Propaganda wirklich anhört oder nur als Hintergrundrauschen laufen lässt, während man seinen Instagram-Feed checkt; man setzt seine Maske auf, bevor man ein Geschäft betritt, gleich ob die Maske den ihr zugedachten Zweck überhaupt erfüllen kann.
Viele werden das sicherlich auch aus Überzeugung tun (wobei man fragen muss, wessen Überzeugung sie eigentlich für die ihrige halten), jedoch scheint es mir gerade das Wesen eines Rituals zu sein, dass Überzeugungen dabei keine Rolle spielen, dass gar nicht mehr verstanden und gefragt wird, worum es bei der zum Ritual erstarrten Handlung eigentlich ging und wozu sie mittlerweile dient. Im schlimmsten Fall wird es auch mit der Impfung – ob verpflichtend oder nicht – so kommen, insbesondere wenn Biontech so weit ist, für jede neue Variante unverzüglich den passenden Impfstoff parat zu haben. Man könnte sich durchaus noch andere ‚Impfungen’ im eigentlichen und im übertragenen Sinn vorstellen, die dem ganzen Land in regelmäßigen Abständen verabreicht werden müssten, um den ‚drohenden Lockdown’ zu verhindern. Zum politischen Hirntod gehört nämlich auch, dieses ‚Drohen’, das in Wahrheit eine von Menschen ausgesprochene Drohung ist, unhinterfragt so zu verstehen, wie ein Waldbrand ‚droht’, wenn man im Sommer eine Zigarette ins trockene Unterholz wirft.
Ob Journalisten wie Frau Frühauf den politischen Hirntod der Bürger mit ihren unfassbaren Ergüssen vorsätzlich fördern wollen oder bereits selber lobotomiert wurden, ist schwer zu sagen. Politiker sollen nicht ‚ihr Leben in den Dienst ihrer Karriere stellen’? Was tat denn Frau Spiegel, indem sie den Rücktritt verweigerte, wozu sie laut Frau Frühauf offenbar jedes Recht hatte? Sie wollte ihre Karriere unbedingt retten, rechtfertigte sich mit den Bedürfnissen ihrer Familie, stellte also quasi ihr Privatleben ‚in den Dienst ihrer Karriere’. Allein, so meint es Frau Frühauf natürlich nicht, sondern: Wenn die Familie vier Wochen Urlaub nötig hat oder der alte Ehemann nicht mit den halbwüchsigen Töchtern zurechtkommt, darf eine Ministerin selbst im akuten Notfall ihre Amtspflichten missachten und sich zudem als Opfer des Patriarchats aufspielen, wenn es jemand wagt, sie an jene Pflichten zu erinnern. Herrscht in einem solchen Weltbild noch der blasseste Schimmer, wem die Inhaber öffentlicher Ämter eigentlich dienen sollen? Was ein ‚Amt’ ist? Nein, wahrscheinlicher ist die Ausweitung dieser Denkweise auf andere Gebiete mit noch viel schlimmeren Folgen: Soldaten sind zwar Mörder, aber Soldat ist auch nur ein ‚Job’, in dem es auf die ‚Work-Life-Balance’ ankommt, also Pech, wenn die Russen eines Tages wieder an der Oder stehen und der kommandierenden Generalin der Heeresgruppe Ost einfällt, dass nun endlich einmal die Flitterwochen auf St. Croix nachgeholt werden müssen.”
***
So einer kann doch keine imperialistischen Angriffskriege seit Tschetschenien und Georgien führen! So einer, ein Einmetersechziger, errichtet doch kein stalinistisches Zarendach mit der Knute eines KGB-Regimes! So einer betreibt doch nicht seit der Wahl 2000 Oligarchen-Politik mit Ziel der Schaffung einer Machtelite zu imperialen Eroberungszwecken, in deren Verlauf ehemalige Mitstreiter der ersten Riege exilierten und zu Tode kamen – mit quasi einem Überlebenden, der Marionette Medwedew.
* Es handelt sich übrigens um das erste (aber hoffentlich nicht letzte) Schreiben dieses Lesers an mich.
** Ich habe keine Ahnung, wovon der Mann spricht.
*** Helmut Markwort hat beharrlich darauf hingewiesen, dass „der” (hui!) Leser Ironie nicht verstünde, selbst die eindeutigste, idotensicherste und plumpeste nicht, aber hier im Kleinen Eckladen regiere ich!
PS: „Das geht so natürlich nicht. Es heißt ‚der Russe’.”
(Leser ***)
Ich frage mich bei solchen Leuten immer, warum sie nicht einfach auf den Besuch verzichten. Ist es eine Art Sucht? Dafür gibt’s Therapeuten, aber die verlangen – im Gegensatz zu mir, der ich es lediglich anheimstelle – ein Honorar.
Frohe Ostern!