„Point de bonheur sans liberté.”
Wappenspruch der Schopenhauers
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Neu im Charakterlarvensortiment: der konformistische Rebell.
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Er war entzückt beim abendlichen Anblick geschenkter Menschen, die von dem Wunsch vibrierten, dieses Land voranzubringen.
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Woran erkennt man einen Deutschlandfeind? Daran, dass er die deutsche Energieversorgung auf eine sichere Grundlage stellen will? Dass er ein militärisch verteidigungsfähiges Deutschland wünscht? Dass er dem Land ethnische Segregation, Ghettos und die Kataklysmen molekularer Bürgerkriege ersparen will?
Wahrscheinlich gilt Madame Le Pen im Springer-Satirebataillon auch als frankreichfeindlich.
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Im glücklichsten Fall unterbricht der Tod irgendeine Gewohnheit.
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„Wenn jemand ein bedingungsloses Recht auf eine materielle Zuwendung hat, etwa ein Zuwanderer auf Teilhabe am Sozialstaat, muss es jemand anderen geben, der eine Pflicht hat, diese zu erbringen, und zwar ohne dafür irgendwelche Rechte zu erhalten, da sie ja auf der anderen Seite bedingungslos sind. Ein solches Postulat ist nicht nur rechtlich, sondern auch moralisch ein äußerst fragwürdiges Unterfangen.”
(Titus Gebel)
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Xavier Naidoo möchte wieder bei den Guten mitspielen dürfen. Wir werden die wahren Hintergründe seines Sinneswandels nicht erfahren, aber man kann sie sich denken.
Welche Verschwörungstheorien mag der sangesfreudige Irrgänger meinen? Vielleicht dass wir alle demnächst rund um die Uhr und egal an welchem Ort elektronisch überwacht werden, und zwar zunächst per App, später vermittels von Chips, die in unseren Körpern installiert sind, um die Volks‑, ja Weltgesundheit zu schützen? Dass bald auf diese Weise auch die individuelle Klimabilanz der Menschen – Menschen, so nennt man sie doch noch? – von staatlichen Stellen kontrolliert und reguliert werde? Und dass Corona den Staaten, gleich ob auto- oder demokratisch verfasst, einen lange gesuchten und endlich willkommenen Anlass für die Etablierung der totalen Kontrolle lieferte?
Genau diese Thesen vertritt der bekannte, die Sachbuchbestseller nur so hervorkreißende Autor Yuval Harari angelegentlich eines offenbar von der New York Times veranstalteten Podiumsgesprächs – also, wie manche Schwurbler meinen, direkt im Herzen der Finsternis (wobei Harari aus diesem Herzen immerhin keine Mördergrube macht), aber außerhalb von Verschwörungstheoretikerkreisen. Stattdessen unter Verschwörungspraktikern? Gemach. Wenn etwas so offen ausgeplaudert wird, ist ja die ganze Verschwörung futsch.
Mir wurde das Video mit dem Kommentar zugeschickt, die „WEF-Marionette” Harari plädiere dafür, dass „Menschen durch Algorithmen analysiert und nonstop überwacht werden sollen, damit man zu jeder Zeit weiß, was wir denken, planen, wollen, fühlen. Alles! Und Covid soll das Ganze einleiten. Sie sagen es uns ins Gesicht, immer wieder! Es ging nie um unsere Gesundheit!”
Wer den Ausführungen des israelischen Historikers folgt, wird allerdings feststellen, dass er diese Entwicklungen zwar prophezeit, allerdings rein deskriptiv und nicht ohne ein gewisses Gruseln; er heißt sie keineswegs per se gut. Man könnte seine Worte sogar als Warnung verstehen.
Harari spricht von einer neuen technischen Möglichkeit: dem „Hacken von Menschen“. Die wichtigsten Daten seien nicht, was jemand lese oder kaufe oder mit wem er verkehre, sondern das, was in seinem Körper passiere. Wir erlebten derzeit, wie die Infotech- und die Biotech-Revolution sich zum Paarlauf vereinten; beide „verschmelzen im biometrischen Sensor“, der biologische Daten in digitale umwandle, die von Computern analysiert werden könnten. Dies sei einer der bedeutendsten „Wendepunkte” in der gesamten Gattungsgeschichte; es gebe auf einmal einen „Schlüssel, um Menschen besser kennenzulernen, als sie sich selbst kennen“. Die Covid-Krise sei dafür die entscheidende Wegmarke gewesen, weil sie die Menschen davon überzeugt habe, die totale biometrische Überwachung zu akzeptieren.
Mit den Schlüsseln ist das bekanntlich so eine Sache; irgendwer bekommt sie in die Hände und darf über sie verfügen; die anderen werden entweder ein- oder ausgesperrt.
„Ich bin nicht gegen Überwachung”, erklärt Harari, „sie ist ein wichtiges Instrument zur Bekämpfung von Epidemien. Die Frage ist nur, wer sie durchführt und wie. Wenn man es Sicherheitsdiensten überlässt, ist das extrem gefährlich. Zuerst benutzen sie die Methode, um festzustellen, ob Sie das Coronavirus haben. Aber genau dieselbe Technologie kann auch herausfinden, was Sie über die Regierung denken.”
Zum Beispiel könnten die Herrschenden auswerten lassen, mit welchen Gefühlen jemand die Rede des Präsidenten oder des Führers verfolge – die Rechenleistung, um die gesamte Bevölkerung jedes beliebigen Landes in diesen Test einzubeziehen, werde zur Verfügung stehen. Während etwa der KGB, so Harari, bei einer Stalinrede über die Beobachtung der äußerlich sichtbaren Reaktionen des Publikums nicht hinauskam (korrekt muss es heißen: das NKWD; der KGB wurde erst nach Stalins Tod gegründet), werde ein Diktator des 21. Jahrhunderts seinen Untertanen förmlich in die Herzen und Köpfe blicken können. Das Ergebnis wäre „das schlimmste totalitäre Regime der Geschichte”. Und begonnen habe es mit und dank Covid-19.
Was der Israeli hier beschreibt, ist weder sonderlich neu noch originell. Martin van Creveld hat, um ein beliebiges Beispiel zu nennen, 2009 in einem Interview das Bild einer künftigen Welt skizziert, „in der jedem Neugeborenen eine Kapsel implantiert wird, die ihm ein Leben lang Psychopharmaka injiziert, sobald sein Pegel an Aggressionshormonen steigt. Gleichzeitig würde das Implantat jedesmal einen Bericht an einen Zentralcomputer im Innenministerium senden, damit man dort informiert ist und die Methoden der Gefühlskontrolle weiter verbessern kann. Eine furchtbare Vision, doch zumindest für manche Menschen, Kriminelle und Geisteskranke, wird sie bereits Realität. Und ich befürchte, in einigen Jahrzehnten wird auch der Rest von uns an der Reihe sein.” Technisch wäre die Sache bereits damals realisierbar gewesen, und es ist seinerzeit ja versucht worden, unter anderem von Herrn Drosten, die Schweinegrippe zu einer ähnlich großen Bedrohung aufzublasen wie heute Covid-19 (ich sage das ganz wertfrei bzw. schwurbelfern). Aber bis 2020 fehlte der alle Bedenken unterpflügende große globale Angstauslöser. Ein für seine Verhältnisse exzentrisches Coronavirus hat ihn geliefert. Die Menschheit steht kurz davor, in die Falle des letzten und totalsten Totalitarismus zu gehen. Der Schlüssel dafür befindet sich in den Händen der globalistischen Eliten, von der UN bis zur EU, von Google bis Amazon, von der WHO bis zum WEF – und vergessen wir nicht die Kommunistische Partei Chinas!
(Nein, Luisa, nein Xavier, die Globalisten sind keine Juden. Nur ein paar von ihnen. Nichts zu danken!)
Und es geht los.
Das „Pilotprojekt“ beginnt in Bologna – der Name der armen Stadt symbolisiert ja bereits die Normierung und Nivellierung der europäischen Universitäten – und nennt sich „Smart Citizen Wallet“. Sich die dafür nötige App herunterzuladen, heißt es, sei natürlich freiwillig; sie funktioniert wie ein Sozialkreditsystem aus dem Lehrbuch bzw. Reich der Mitte: Bürger, die ihren Müll trennen, die öffentlichen Verkehrsmittel benutzen, keine Verwaltungsstrafen kassieren – immer brav Masken tragen, den Anweisungen der Behörden Folge leisten – etc. pp., werden „Punkte” sammeln; welche Belohnungen man für diese Punkte später eintauschen kann, werde „derzeit definiert”. Wenn es sich für den Einzelnen lohnt und die Sache einen kollektivistischen Drive bekommt, wird es künftig gute und weniger gute, tugendhafte und weniger tugendhafte Bürger geben. Welchem Teil die staatlichen bzw. „zivilgesellschaftlichen” Sympathien gehören werden, kann sich jeder ausmalen bzw. in China studieren.
Aber sind Sie gegen die Klimarettung?
„Und im Hintergrund läuft auf großer Ebene das große Projekt: das ‚European Digital Identity Wallet’ – ein Projekt der EU-Kommission und Ursula von der Leyens. Hinter all den Projekten versteckt sich noch kein offenes Sozialkreditsystem wie jetzt in Bologna, doch es ist ein deutlicher Schritt in die Richtung. Ein kleines ‚Feature’ mehr auf der App und die Sortierung der Bürger durch die Autorität kann beginnen. Zugleich entwickelt sich ein verdeckter Smartphone-Zwang: Zuerst kann der Führerschein digitalisiert werden, der analoge Ausweis wird aber noch akzeptiert werden. Irgendwann aber nicht mehr. Dann bedeutet das: Smartphone-Ausweis oder kein Führerschein.
Die EU-Kommission agierte hier im Schatten der sogenannten Corona-Pandemie äußerst ambitioniert. Laut der ‚Thales-Group’, die an der Entwicklung der ‚European ID wallet’ arbeitet, will die Kommission, dass bis Herbst 2023 jedem EU-Bürger eine solche App angeboten werden kann.”
Auch hier wird man die Menschen sortieren: in jene, die eine solche App besitzen, und die „Verweigerer”. Was das mit biometrischer Überwachung zu tun hat? Ungefähr so viel wie ein Aufklärungstrupp mit dem Artilleriebeschuss: Das Gelände wird sondiert und vorbereitet. Ich erinnere an die geflügelten Worte von Jean-Claude Juncker: „Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.”
Bis es kein Zurück mehr gibt. Schritt für Schritt. Land für Land.
Im Freistaat Bayern zirkulieren Pläne für ein vergleichbares System. Mit dem sogenannten „Bayerischen Nachhaltigkeitstoken” will das Staatsministerium für Umwelt- und Verbraucherschutz das „ökologische Verhalten” der Bürger bewerten und gegebenenfalls belohnen (hier ab Seite 92).
Stellen Sie sich vor: aktueller Aufenthaltsort, Impfstatus, Kontostand, Sozialverhalten, politische Präferenzen, persönlicher Energieverbrauch, alles auf einer App, einsehbar für die Lauterbach-Truppe und die Faeser-Truppe und die Haldenwang-Combo und das Finanzamt, und wenn endlich auch noch das Bargeld weg ist und man Ihnen mitteilen kann, dass Sie im Sozialpunkteminus sind, indem man Ihnen die Kreditkarte sperrt, obwohl sie sich dort im Plus bewegen …
Der Staat ist nicht Ihr Freund. Er ist das kälteste aller kalten Ungeheuer. Er hat es so oft vorgeführt.
PS: Leserin *** weist mich darauf hin, dass der Bayrische Landtag im Dezember einen von der SPD-Fraktion vorgeschlagenen „Ökotoken” abgelehnt hat. Ob diese Ablehnung auch eine Zurückweisung der hier verlinkten Pläne bedeutet, kann ich nicht sagen. Das Umweltministerium wird seit November 2018 von Thorsten Glauber, Freie Wähler, geführt.
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Apropos China. Gestern erzählte ein Geschäftsmann, die totale Abschottung Shanghais habe in erster Linie mit einem Machtkampf zu tun, die Kommunistische Partei in Peking bekämpfe das zu einflussreich gewordene Shanghaier Wirtschaftskartell, Corona sei nur ein Vorwand.
Weiß jemand da draußen Genaueres oder gar Bescheid?
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Die Medien produzieren heute einen Regierungsglorifizierungskitsch, wie ich ihn nicht einmal im DDR-TV erlebt habe.
Dass die Grünen endlich wieder in der Regierung sitzen, verschafft dieser Staatsfunker:_*In ein solches Entzücken, dass ihr Drang, davon zu künden, ungefähr so enorm wird wie jener entschieden harmlosere, der sich im Biergarten spätesten nach der dritten Maß einstellt.
Eines glaube ich sofort: dass Annalena B. in ihrem täglichen Verkehr selten auf normale Menschen trifft und mit einer Reise nach Afrika die Wahrscheinlichkeit dafür deutlich erhöht.
Zwar gibt es für diese These keinen belastbaren Beleg geschweige einen Beweis, aber ist es nicht entzückend, dass eine deutsche (eigentlich: amerikanisch-satrapische) Außenministerin nigrische Interessen vertritt?
Eine kernthematisch wertegeleitete Außenministerin zum Abklatschen und Anfassen – das hatten wir noch nie! (Darf man sie eigentlich überall anfassen?)
Denn dazu ist die Völkerrechtlerin der Herzen berufen, befähigt, begabt, begnadet und beschleimt.
„Sie machen Idioten zu Idolen,
das ist DDR konkret.”
Sang der DDR-Dissident Gerulf Pannach. Und überdies:
„Mensch, wir werden fett gefüttert.
Mit Kampagnen immer neu.
Und ich krieg das große Kotzen.
Mensch, ich fraß schon massig Heu.”
Und nun freue dich, Berlin!
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Apropos. Leser *** ist der Ansicht, mein „anscheinend tiefempfundener Wunsch nach dem Untergang des Landes aufgrund der Verrottung unserer politischen Eliten” beruhe „auf falschen Voraussetzungen: Sie sind nicht wesentlich dümmer und dumpfer als die anderer Länder. Was sich von ca. 1900 für Deutschland abgespielt hat, hätte wahrscheinlich auch ein Bismarck nicht ändern können.”
In der Tat – und fürs Erste meine Zustimmung –: Der Welt geht es gar nicht so schlecht, wenn man bedenkt, wer sie regiert (wie Don Nicolás höhnte). Andererseits: Warum sind die historischen italienischen Innenstädte noch da, die deutschen nicht? Warum hat die DDR noch am Betonsozialismus festgehalten, als die Sowjets längst den Kurs geändert hatten? Warum ist der deutsche Atomausstieg – als Reaktion auf einen Reaktorunfall mit null Todesopfern in 10.000 Kilometern Entfernung – radikaler, warum ist der deutsche Willkommensamoklauf irrer und autoaggressiver als alles, was andere Länder sich aufbürden? Warum ist der Holocaust der gründlichste, kälteste und vor allem am meisten selbstschädigende Massenmord der Geschichte gewesen? In welchem Land wurde wenige Tage vor dem extremsten aller Staatszusammenbrüche der Weltgeschichte noch eine Steuerreform auf den Weg gebracht? In welchem Land verachten Regierungsmitglieder das Volk, das sie vertreten, dessen Geschichte und Kultur mehr, als im besten Deutschland aller Zeiten (obwohl sie sie gar nicht kennen)?
Wer sind die Narren Europas seit ca. 1918? Wer hat sich zweimal mit der gesamten restlichen Welt angelegt und kriecht heute aller Welt forderungserfüllungsgeil in den Allerwertesten? Wer ist gerade dabei, das Weltklima durch die Zerstörung der eigenen Industrie, Energieversorgung und Infrastruktur zu „retten”, obwohl es für das Weltklima völlig irrelevant ist? Wer wird am Ende der größte Verlierer des Ukrainekrieges (nach der Ukraine) sein? Wer schafft sich mit einer Begeisterung ab, als hätte der Führer es befohlen?
Einspruch abgewiesen.
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Zum Corona-Block.
Eins.
Was praktisch alles erklärt. Aber Biden könnte sich sowieso nicht erinnnern.
Zwei.
Darf ich Ihr geschätztes sogenanntes Augenmerk auf Schweden lenken?
Drei.
Staat + Solidarität = Postdemokratie.
Der Autor dieses Gastbeitrags ist Präsident des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz. Seine berufliche Laufbahn begann er laut Schrottsammelstelle als Referatsleiter im Wissenschaftlichen Dienst des Landtags dortselbst, zwischenzeitlich war er stellvertretender Leiter des Wissenschaftlichen Dienstes, Vertreter des Parlamentarischen Geschäftsführers und Justitiar der SPD-Landtagsfraktion Rheinland-Pfalz. Im Januar 2007 wurde er Direktor beim Landtag Rheinland-Pfalz. Steuerfinanziert von der Wiege bis zur Bahre.
Fragen?
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Leser *** ist bei der Lektüre von Tony Hillerman: „Hunting Badger” (englischsprachige Taschenbuchausgabe, New York 2001, S. 324f.) auf die folgende Passage gestoßen, „die den Wahnsinn unserer Zeit – ex negativo – hervorragend illustriert”, unter anderem „die Tatsache des Humorverlustes”.
Dem Roman ist ein Ausschnitt aus Hillermans Memoiren beigefügt, und die Szene, um die es geht, müsste sich in den frühen 1970er Jahren abgespielt haben. An der Smithsonian Institution in Washington war eine Abteilung for artifacts from tibal history gegründet und ein Indian als Direktor ernannt worden. Die Abteilung war vertreten durch Angehörige verschiedener Stämme, Hillerman durfte als ‚mongrel-American’ teilnehmen:
„One of the first questions from the audience was what title did the panelists prefer.” Zuerst antwortet ein Hopi: „He said his people preferred to be identified as Hopis, but if you don’t know our tribe, call us Indians.” Dann meldet sich ein Cherokee und weist auf das Problematische am Begriff „Indigenous People” hin: „Since the western hemisphere had no native primates from which humanity descended, that suggested we’d evolved from something else – perhaps coyotes – …” Den Abschluss macht ein Navajo mit der Bemerkung, „that all be happy Columbus hadn’t though’t he’d landed on the Virgin Islands …”