Oha, es wächst wirklich zusammen…

…, was zusammengehört.

Huber­tus Kna­be notiert aus den DDR-Akten dazu:

Zu Scholz wur­de her­vor­ge­ho­ben, dass er der Sta­mo­kap-Grup­pe ange­hö­re, die oft stär­ker bereit sei, „mit Kom­mu­nis­ten zusammenzuarbeiten”. (…)

Wie zuvor ver­ab­re­det, erschie­nen Scholz und sei­ne Genos­sen am Mor­gen des 4. Janu­ar 1984 am Ber­li­ner Grenz­über­gang Fried­rich­stra­ße. Ein Abge­sand­ter der FDJ nahm sie in Emp­fang und brach­te sie ins Gäs­te­haus des DDR-Minis­ter­ra­tes. Da sie im Vor­feld dar­auf gedrun­gen hat­ten, nicht nur mit FDJ-Chef Eber­hard Aurich, son­dern auch mit einem Ver­tre­ter des Zen­tral­ko­mi­tees zu spre­chen, wur­den sie noch am Vor­mit­tag von Egon Krenz emp­fan­gen, dem damals zweit­wich­tigs­ten SED-Funk­tio­när. Auf die­se Wei­se schaff­te es der 25-jäh­ri­ge Scholz nicht nur in die „Aktu­el­le Kame­ra”, son­dern auch auf die Titel­sei­ten des SED Zen­tral­or­gans „Neu­es Deutsch­land” und des FDJ-Organs „Jun­ge Welt”.

Im Bericht des DDR-Fern­se­hens sieht man, wie Olaf Scholz – damals noch mit lan­gen, strub­be­li­gen Haa­ren – gegen­über von Krenz vor einer Scha­le Obst sitzt. An der Wand hängt ein Por­trät des Kom­mu­nis­ten­füh­rers Ernst Thäl­manns, der die SPD in der Wei­ma­rer Repu­blik als „Sozi­al­fa­schis­ten“ beschimpft hat­te. Mit am Tisch sit­zen Hon­eckers Ver­ant­wort­li­cher für Deutsch­land­po­li­tik, Her­bert Häber, FDJ-Chef Eber­hard Aurich sowie wei­te­re Juso-Funktionäre.

Einem inter­nen Bericht der FDJ zufol­ge ersi­cher­ten die Jusos Krenz, dass sie mit­hel­fen woll­ten, in der Bun­des­re­pu­blik „ein sol­ches Kli­ma zu schaf­fen, dass die Gefahr der Rake­ten­sta­tio­nie­rung im Bewusst­sein der Bevöl­ke­rung wach­ge­hal­ten wird”. Sie wür­den des­halb aktiv für eine Volks­be­fra­gung gegen die US-Rake­ten am Tag der Euro­pa­wahl ein­tre­ten. Von einer Kri­tik an den sowje­ti­schen SS 20-Rake­ten ist nir­gend­wo die Rede. In einer gemein­sa­men Pres­se­er­klä­rung setz­ten sich bei­de Orga­ni­sa­tio­nen viel­mehr aus­schließ­lich „für den sofor­ti­gen Sta­tio­nie­rungs­stopp und den Abzug der bis­her auf­ge­stell­ten US-Erst­schlag­waf­fen” ein. Am Ende wür­dig­te der dama­li­ge Juso-Chef Rudolf Har­tung den drei­tä­gi­gen Auf­ent­halt „als den bis­her erfolg­reichs­ten in den Bezie­hun­gen zwi­schen FDJ und Jungsozialisten”.

Für Miss­stim­mung sorg­te am letz­ten Besuchs­tag aller­dings eine Mel­dung, die im West-Ber­li­ner „Tages­spie­gel” erschie­nen war. Unter Beru­fung Har­tung wur­de dar­in behaup­tet, Krenz hät­te den Jusos zuge­si­chert, dass die DDR-Behör­den die Inhaf­tie­rung Boh­leys und Pop­pes „über­prü­fen” wür­den. Im Abschluss­ge­spräch erklär­te der Sekre­tär des Zen­tral­ra­tes der FDJ, Gün­ter Bohn, dass dies „eine Lüge ist und Geist und Inhalt des Gesprächs grob ent­stellt”. Erbost frag­te er Har­tung, ob die Jusos nun „an kon­struk­ti­ven Bezie­hun­gen zur FDJ inter­es­siert sind oder sich in bestimm­te Kam­pa­gnen gegen die DDR ein­rei­hen wol­len”. Der Juso-Chef hät­te dar­auf­hin sicht­lich um Fas­sung gerun­gen und den Bericht bedau­ert. Scholz und ein wei­te­rer Stell­ver­tre­ter hät­ten sich dage­gen „offen vom Inhalt der Mel­dung” distanziert.

In der Fol­ge­zeit tra­fen sich die Jusos regel­mä­ßig mit DDR-Funk­tio­nä­ren. Allein 1984 pas­sier­ten noch sechs wei­te­re Dele­ga­tio­nen die inner­deut­sche Gren­ze. Höhe­punkt war der „Gegen­be­such” Aurichs am 17. Dezem­ber 1984 in Bonn.

Zitat Ende.

Wer in lin­ken Bio­gra­phien gräbt, endet regel­mä­ßig in Kloaken.

 

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