Ist ein Mann, der sich für eine Frau hält, eine Frau? Devianzfreundlicher gefragt: Ist eine Frau, wer sich dafür hält? Mit dieser a prima vista ziemlich närrischen, wenngleich durchaus popcornkinotauglichen Frage wird sich demnächst der Bundestag noch inniger als bisher beschäftigen müssen, denn einer der Abgeordneten, naheliegenderweise ein Grüner, meint, eine Frau zu sein, obwohl er es evidentermaßen nicht ist. Was derzeit einen Keil zwischen Paläofeministinnen und spitzenwoke Linke treibt und mittelfristig im Plenum zur Behandlung der Frage führen muss, wie die Person offiziell anzusprechen ist.
Der oder die Betroffene meldet sich auch zu Wort.
Zu den Persönlichkeitsrechten gehören zwar das Recht, einen eigenen Namen zu wählen, sowie das auf Selbstdarstellung, wobei Letzerem natürlich dahingehend Grenzen gesetzt sind, dass bei jener nicht die Wünsche zu stark mit der Realität kollidieren dürfen. Es geht in der Emma schlicht darum, dass Ganserer, obwohl biologisch und auch juristisch ein Mann, auf dem Frauenticket in den Bundestag eingezogen ist und damit einer biologischen Frau das Mandat weggenommen hat.
In der Schrottsammelstelle steht dazu der unschlagbare Satz:
Wobei das Augenmerk auf dem „etwa” liegen soll, denn nicht immer schlägt der Blitz neben jemandem ein, der dann halb erschrocken, halb glückstaumelnd ausrufen kann: „Hilf, Sankt Christopher, ich will ein Weiberl werden!” und den Ereignistermin sodann zeitlebens fix im Kalender hat.
Freilich, liest man in der Wikipedia weiter, steht dort: „Im August 2019 erklärte Ganserer, dass sie sich dem im Transsexuellengesetz festgelegten weiteren Verfahren für eine rechtliche Namensänderung und für die Personenstandsänderung verweigern werde: ‚Ich werde mich nicht vor einen Richter stellen, um mir intimste persönliche Fragen zu meinen frühkindlichen Erlebnissen, meinen sexuellen Präferenzen und Partnerinnen gefallen lassen, damit er für diesen Staat entscheiden kann, dass ich die Frau bin, die ich schon immer war.’ Im Geburtenregister bleiben deshalb der Eintrag ‚männlich’ und der Geburtsvorname bis auf Weiteres unverändert bestehen.”
„Seit etwa 2009” steht in Konkurrenz zu „schon immer”, wobei in neulinker Weltsicht zehn Jahre durchaus als „schon immer” durchgehen.
Aber ich will nicht lästern, wenn Ganserer sich als Frau fühlt und gern privat als Maid angesprochen zu werden begehrt, dann ließen sich unter Aspekten wie Höflichkeit, Toleranz, Gleichgültigkeit und Humor Gründe finden, diesem Wunsch zu willfahren. Wer indes altmodisch an der empirisch, juristisch und wissenschaftlich gedeckten Ansicht festhalten will, dass eine Frau ein Wesen ist, welches zumindest theoretisch Kinder gebären kann, muss sich keineswegs zur erwünschten Version bekehren lassen, offiziell und biologisch ist Ganserer ja ein Mann. Wir sprechen also von einer Entscheidung, die beim Betrachter liegt, also letztlich im Privaten, und dort gehört sie auch hin.
Allerdings ist Ganserer Bundestagsabgeordneter (!), das heißt, er (!) gehört einem Gremium an, das allgemein als Gesetzgeber verstanden wird und teilweise sogar noch als solcher fungiert. Der Gesetzgeber in einem Rechtsstaat aber hat in Rechtsfragen besonders penibel und eindeutig zu agieren. Gerade die Abgeordneten müssen deutlich zeigen, dass sie nicht über oder außerhalb des Rechts stehen. Niemand im Volke will schließlich, dass im Parlament jemand über Gesetze entscheidet, beispielsweise über die Verbindlichkeit von Frauenquoten, der nicht einmal mit seinem eigenen Geschlecht rechtskräftig im Reinen ist.
Wäre Ganserer so recht bei Trost, würde er sich genau so erklären: Ich bin formell und juristisch ein Mann, fühle mich indes als Mädel und stelle es Ihrem privaten Wohlwollen anheim, mich als ein solches zu behandeln; bei Abstimmungen im Bundestag bin ich aus Respekt vor dem Souverän natürlich der Herr Ganserer. Aber offenbar will der Gute die Aufmerksamkeit und das Bohei, um sich als bedeutender Pionier dazustellen und zugleich die Wonnen auszukosten, die einem Menschen beschieden sind, der sich vor allen Kameras und auf sämtlichen Kanälen über sein Diskriminiertwerden beklagen kann.
Man wird nicht als Frau geboren, man wird zur Frau gemacht: Dieser entzückend dumme Satz der Simone de Beauvoir, der am Beginn der sogenannten zweiten Welle des Feminismus steht, erfährt im antifeministischen Abbruchunternehmen Trans eine späte Bestätigung. Längst ist sogar dem Publikum auf den billigen Plätzen klar geworden, dass die Transgender-Fraktion die feministische Konkurrenz sowohl aufmerksamkeitsökonomisch als auch bei der Erzeugung des höchsten moralischen Erpressungsdrucks auf die Plätze verwiesen hat. Immer mehr Transfrauen, also ehemalige Männer, verdrängen Frauen aus ihren Soziotopen, am auffälligsten natürlich im Sport und den anhängenden Umkleidekabinen. Mit so einem Backlash haben unserer Feministinnen nie und nimmer gerechnet!
Dieser Kampf von Tunichtguten gegen Taugenichtse, die sich beide für die Spitze des Fortschritts halten, besitzt einen gewissen Amüsementwert. Interessant ist, in welchen Weltgegenden er nicht stattfindet.
***
Noch sehr zum Vorigen.
Bei der Valdai-Konferenz – einer wichtigen geopolitischen Diskussionsveranstaltung in Russland – tritt Wladimir Putin alljährlich mit einer Rede auf und stellt sich anschließend Fragen aus dem Publikum. Im vergangenen Oktober sagte er in seiner Rede unter anderem dies:
„Wir sind überrascht von den Prozessen, die sich in Ländern abspielen, die sich früher als Vorreiter des Fortschritts verstanden haben. Die sozialen und kulturellen Umwälzungen, die sich in den USA und Westeuropa abspielen, gehen uns natürlich nichts an; wir mischen uns da nicht ein. Irgendwer in den westlichen Ländern ist davon überzeugt, dass die aggressive Auslöschung ganzer Seiten der eigenen Geschichte, die ‚umgekehrte Diskriminierung’ der Mehrheit zugunsten von Minderheiten oder die Forderung, das übliche Verständnis von so grundlegenden Dingen wie Mutter, Vater, Familie oder sogar dem Unterschied zwischen den Geschlechtern aufzugeben, dass das Meilensteine der Bewegung zur sozialen Erneuerung sind.
Ich möchte noch einmal betonen, dass es ihr Recht ist, dass wir uns da heraushalten. Wir bitten sie nur, sich von unserem Haus fernzuhalten. Wir – oder korrekt ausgedrückt, die große Mehrheit der russischen Gesellschaft – haben eine andere Sichtweise und meinen, dass wir uns auf unsere geistigen Werte, auf die historischen Traditionen, auf die Kultur unseres multi-ethnischen Volkes stützen müssen.
Die Vordenker des sogenannten sozialen Fortschritts glauben, dass sie der Menschheit ein neues Bewusstsein bringen, das richtiger ist als das vorherige. Und Gott mit ihnen, sollen sie – wie man bei uns sagt – mit der Fahne in der Hand voranstürmen. Aber wissen Sie, die Rezepte, die sie anbieten, sind absolut nicht neu, das haben wir in Russland alles schon durchgemacht, auch wenn es manchen seltsam vorkommen mag, aber bei uns gab es das schon. Die Bolschewiken erklärten nach der Revolution von 1917 auch, gestützt auf die Dogmen von Marx und Engels, dass sie die gesamte gewohnte Lebensweise ändern würden, nicht nur die politische und wirtschaftliche, sondern auch die Vorstellung davon, was die menschliche Moral ist, die Grundlage für die gesunde Existenz der Gesellschaft. Die Zerstörung jahrhundertealter Werte, Überzeugungen, zwischenmenschlicher Beziehungen bis hin zur völligen Abschaffung der Familie – das gab es –, die Ermutigung zum Anschwärzen von Verwandten, all das wurde zum Fortschritt erklärt und fand übrigens damals in der Welt breite Unterstützung und war in Mode, genauso wie heute. Übrigens: Die Bolschewiken waren gegenüber anderen Meinungen auch vollkommen intolerant.
Das sollte uns – meiner Meinung nach – irgendwie an das erinnern, was wir jetzt erleben. Wenn wir uns ansehen, was in einer Reihe westlicher Länder geschieht, stellen wir mit Erstaunen sowjetische Praktiken fest, die wir selbst zum Glück hinter uns gelassen haben und die hoffentlich in der Vergangenheit bleiben. Der Kampf für Gleichheit und gegen Diskriminierung wird zu einem aggressiven Dogma am Rande der Absurdität, wenn die großen Autoren der Vergangenheit – zum Beispiel Shakespeare – nicht mehr in Schulen und Universitäten gelehrt werden, weil sie, wie man glaubt, rückständig sind. Die Klassiker werden für rückständig erklärt, da sie die Wichtigkeit von Gender oder Rasse nicht verstehen. Hollywood schreibt vor, wie ein Film sein und wovon er handeln soll, wie viele Figuren welcher Hautfarbe oder welchen Geschlechts darin vorkommen sollen. Das ist schlimmer als die Agitations- und Propagandaabteilung des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion.
Sich dem Rassismus entgegenzustellen, ist eine notwendige und edle Sache, aber in der neuen ‚Cancel Culture’ wird daraus eine ‚umgekehrte Diskriminierung’, also ein umgekehrter Rassismus. Die Besessenheit bei dem Thema Rasse spaltet die Menschen weiter, während der Traum der wahren Bürgerrechtler darin bestand, die Unterschiede verschwinden zu lassen und die Unterscheidung der Menschen nach ihrer Hautfarbe abzulehnen. (…) In Russland ist es übrigens der überwiegenden Mehrheit unserer Menschen egal, welche Hautfarbe jemand hat, und es ist auch nicht so wichtig, ob jemand Männlein oder Weiblein ist. Jeder von uns ist ein menschliches Wesen, das ist das Wichtigste.
Die Debatte über die Rechte von Männern und Frauen ist in einer Reihe von westlichen Ländern zu einem völligen Hirngespinst geworden. (…) Die Eiferer gehen so weit, dass sie diese Begriffe selbst abschaffen wollen. Diejenigen, die zu sagen wagen, dass es Männer und Frauen gibt und dass das eine biologische Tatsache ist, werden regelrecht geächtet. ‚Elternteil Nummer eins’ und ‚Elternteil Nummer zwei’, ‚gebärender Elternteil’ anstelle von ‚Mutter’, ein Verbot der Verwendung des Begriffs ‚Muttermilch’ und dessen Ersetzung durch ‚menschliche Milch’ – damit sich Menschen, die sich über ihr eigenes Geschlecht nicht sicher sind, nicht aufregen. Ich möchte wiederholen, dass das nicht neu ist: In den 1920er Jahren wurde der so genannte ‚Neusprech’ auch von den sowjetischen Kulturregimen erfunden, die glaubten, auf diese Weise ein neues Bewusstsein zu schaffen und die Werteordnung zu verändern. Und wie ich bereits sagte, haben sie so viel angerichtet, dass es manchmal heute noch schmerzt.
Ganz zu schweigen von der Ungeheuerlichkeit, die geschieht, wenn Kindern von kleinauf beigebracht wird, dass ein Junge ohne weiteres ein Mädchen werden kann und umgekehrt, wenn ihnen die Wahl, die angeblich jedem offensteht, aufgezwungen wird. Sie wird aufgezwungen, indem die Eltern aus der Verantwortung genommen werden, indem das Kind gezwungen wird, Entscheidungen zu treffen, die sein Leben ruinieren können. Und niemand zieht Kinderpsychologen zu Rate: Ist ein Kind in irgendeinem Alter in der Lage, eine solche Entscheidung zu treffen oder nicht? Um die Dinge beim Namen zu nennen: Das grenzt schlichtweg an ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, und das alles im Namen und unter dem Banner des Fortschritts.
Wenn es jemandem gefällt, soll er das tun. Ich habe mal gesagt, dass wir uns bei der Gestaltung unserer Ansätze von der Ideologie eines gesunden Konservatismus leiten lassen. Das war vor einigen Jahren, damals hatten die Leidenschaften auf der internationalen Bühne noch nicht ihre heutige Intensität erreicht, obwohl man natürlich sagen kann, dass sich die Wolken schon damals verdichtet haben. Jetzt, da die Welt einen strukturellen Zusammenbruch erlebt, hat die Bedeutung eines vernünftigen Konservatismus als Grundlage für die Politik um ein Vielfaches zugenommen, gerade weil sich die Risiken und Gefahren vervielfachen und die Realität um uns herum zerbrechlich ist.
Der konservative Ansatz ist keine stumpfsinnige Bevormundung, keine Angst vor Veränderungen und kein Spiel des Festhaltens, geschweige denn des Sich-Einschließens in sein Schneckenhaus. Er ist vor allem das Vertrauen in die bewährte Tradition, die Erhaltung und Mehrung der Bevölkerung, der realistischen Einschätzung von sich selbst und den anderen, der genaue Aufbau des Prioritätensystems, das Verhältnis zwischen dem Notwendigen und dem Möglichen, die durchdachte Formulierung von Zielen, die prinzipielle Ablehnung des Extremismus als Handlungsweise. Und offen gesagt, für die bevorstehende Periode der Neuordnung der Welt, die ziemlich lange dauern kann und deren endgültige Ausgestaltung unbekannt ist, ist ein gemäßigter Konservatismus – zumindest meiner Meinung nach – die vernünftigste Verhaltenslinie. Er wird sich natürlich verändern, aber im Moment scheint der medizinische Grundsatz ‚Erstens nicht schaden’ am vernünftigsten zu sein.
Auch dies sind für uns in Russland keine spekulativen Postulate, sondern Lehren aus unserer schwierigen und manchmal tragischen Geschichte. Die Kosten schlecht durchdachter sozialer Experimente sind manchmal unschätzbar. Solche Handlungen können nicht nur die materiellen, sondern auch die spirituellen Grundlagen der menschlichen Existenz zerstören und moralische Trümmer hinterlassen, an denen lange Zeit nichts mehr aufgebaut werden kann, um sie zu ersetzen.”
(Die ganze Rede auf englisch hier.)
***
Kognitive Dissonanz oder „Gaslighting” bedeutet, zu akzeptieren, dass man mit eigenen Augen Dinge sieht und mit eigenen Ohren Aussagen hört, die offiziell als Verschwörungstheorien abqualifiziert und demnächst womöglich als „Hetze” strafverfolgt werden.
(hier)
***
Oha!
Und wenn der Strom mal weg ist, fahren die Dinger sogar noch eine Weile.
***
Zum Corona-Block.
Die Fragen haben es wahrlich in sich (weiter hier).
***
Derweil in ’schland.
(Netzfund)
***
Tja.
(Leser ***)
Interessanter Beitrag im Ärzteblatt.
„Wer eine Infektion mit SARS-CoV‑2 überstanden hat, kann erneute Attacken des Virus erstaunlich effektiv abwenden”, heißt es dort, was sich mit meinen kummernährend vergeblichen Auffrischungsinfektionsversuchen deckt.
Unter Berufung auf wissenschaftliche Studien aus den USA und Schweden schreibt die Autorin: „Ausnahmslos alle der ehemaligen COVID-19-Patienten und immerhin 96 % der Pflegekräfte entwickelten Anti-Spike-IgG-Antikörper gegen das Spike-Glycoprotein des SARS-CoV-2-Virus. Die Nachweise blieben über die Monate der Nachbeobachtung hinweg positiv. Gerade Pflegekräfte stellen in Studien häufig die Kollektive der Genesenen, waren sie doch zu Beginn der Pandemie als erste hohen Viruslasten und ‑kontakten ausgesetzt. Dass deren Immunstatus sich nach durchgemachter Infektion als derart abwehrbereit gegen SARS-CoV‑2 erweist, wurde schon früh in der Pandemie beobachtet und bestätigt sich nun sukzessive und immer öfter in deren weiterem Verlauf.”
Die Immunantwort von Genesenen funktionierte übrigens unabhängig von der jeweiligen Virus-Variante.
(Der gesamte Artikel hier.)
Dazu passend:
Hélas!
***
Überlassen wir das Schlusswort für heute diesem Herren.