Bonnie und Clyde der AfD

Eine drin­gend gebo­te­ne Erklä­rung zum unheil­vol­len Ein­fluss des Paa­res Petry/Pretzell auf die ein­zi­ge Oppo­si­ti­ons­par­tei die­ser schlin­gern­den Repu­blik

Unmit­tel­bar vor dem AfD-Par­tei­tag in Köln möch­te ich ein Wort an die Dele­gier­ten rich­ten, über­haupt an alle Mit­glie­der und dar­über hin­aus an alle Men­schen, denen die Exis­tenz einer ech­ten Oppo­si­ti­ons­par­tei in Deutsch­land Her­zens­sa­che ist.

Mei­ne Absicht ist aus­schließ­lich, den Scha­den, wel­chen die AfD der­zeit unüber­seh­bar nimmt, zu begren­zen. Was ich vor­zu­tra­gen habe, ist von Sym­pa­thie diktiert. 

Am 1. Juni 2016 trat ich in die Diens­te von Frau­ke Petry und Mar­cus Pret­zell. Ich ver­ließ einen kom­for­ta­blen und gut­do­tier­ten Job in der Pres­se mit dem Wil­len, einer „umstrit­te­nen“ Par­tei zu hel­fen. Frau Petry schien mir die talen­tier­tes­te und des­halb unter­stüt­zens­wer­tes­te Poli­ti­ke­rin inner­halb die­ser Par­tei zu sein. 

Heu­te muss ich kon­sta­tie­ren: Ich habe mich geirrt. Ich habe mich über Mona­te selbst irre­ge­führt, um das nicht zuge­ben zu müs­sen. Frau Petry mag viel­leicht die talen­tier­tes­te Poli­ti­ke­rin der AfD sein, aber wem das Schick­sal der Par­tei am Her­zen liegt, der darf die­se Frau nicht unter­stüt­zen. Frau­ke Petry soll­te weder die Spit­zen­kan­di­da­tin der AfD für die Bun­des­tags­wahl wer­den noch einem Kan­di­da­ten­gre­mi­um ange­hö­ren, denn auch das wür­de sie im Nu spal­ten und zerstören.

Der Grund ist nicht Frau­ke Petry selbst. Der Grund ist Mar­cus Pret­zell, ihr Ehe­mann. Pret­zell ist eine Hoch­stap­ler­fi­gur, ein unse­riö­ser Mensch mit krank­haf­tem Drang zur Intri­ge und zum Schü­ren von Kon­flik­ten, ein Hasar­deur, der Ver­trä­ge für unver­bind­lich und Ver­spre­chen für elas­ti­sche Flos­keln hält.

Die­ser Mann träumt davon, mit Petry als Werk­zeug und einer Art weib­li­chem Golem die Par­tei zu erobern, alle Kon­kur­ren­ten zu mar­gi­na­li­sie­ren oder hin­aus­zu­drän­gen und dann poli­tisch das gro­ße Rad zu dre­hen. Die Par­tei­vor­sit­zen­de ist ihm auf tra­gi­sche Wei­se erge­ben und wird von ihm gesteu­ert. Das ist fas­zi­nie­ren­des Schmie­ren­ki­no – aber poli­tisch ist es ein Desas­ter. Petry & Pret­zell sind die Haupt­ver­ant­wort­li­chen dafür, dass sich die AfD im stän­di­gen Modus der Selbst­zer­flei­schung befindet.

Nach mei­ner Erfah­rung setzt Frau Petry poli­tisch kaum einen Fuß vor den ande­ren, ohne sich mit Pret­zell abzu­stim­men bzw. sich von ihm die Rich­tung wei­sen zu las­sen. Nach mei­ner Ein­schät­zung ist die AfD aus der War­te von P&P pri­mär kei­ne poli­ti­sche Par­tei, son­dern ein Ver­ein, der sich aus Gefolgs­leu­ten sowie noch nicht kalt­ge­stell­ten Fein­den zusammensetzt.

Die poli­ti­schen Akti­vi­tä­ten unse­res Duos ori­en­tie­ren sich an den inter­nen Kon­flikt­li­ni­en. Vom ers­ten Tag mei­ner Tätig­keit an wur­den mir Par­tei­mit­glie­der nur mit dem Eti­kett „Freund“ oder „Feind“ ver­se­hen vor­ge­stellt. Mit Letz­te­ren waren Kom­pro­mis­se ausgeschlossen.

Als ich die Web­sei­te „Der blaue Kanal“ auf­bau­te, die ich als ein Forum des frei­en Mei­nungs­aus­tauschs eta­blie­ren woll­te, ver­kli­cker­ten mir P&P, dass kei­nes­wegs jedes (intel­li­gen­te) Par­tei­mit­glied dort publi­zie­ren dür­fe, son­dern nur Getreue. Ich hat­te näm­lich Marc Jon­gen als Bei­trä­ger emp­foh­len und erfuhr sogleich, dass der ein „Meu­then-Mann“ und also ein Feind sei und ohne­hin nur auf irgend­ei­nen Lis­ten­platz spe­ku­lie­re. Heu­te ist der Blaue Kanal die Ver­laut­ba­rungs­platt­form des P&P‑Clans. Sämt­li­che Tex­te, die ich dort ver­öf­fent­licht hat­te – auch die pseud­ony­men –, sind inzwi­schen wie von Geis­ter­hand gelöscht wor­den. Das­sel­be gilt übri­gens für die Tex­te von Mat­thi­as Moos­dorf. Das dua­le Polit­bü­ro hat die Erin­ne­rung an unlieb­sa­me eins­ti­ge Mit­ar­bei­ter getilgt. 

Anfang August 2016 orga­ni­sier­te ich in der Ber­li­ner Woh­nung einer ehe­ma­li­gen Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ten ein Tref­fen von P&P mit kon­ser­va­ti­ven Intel­lek­tu­el­len, die mit der AfD sym­pa­thi­sier­ten. Ich sage: sym­pa­thi­sier­ten – nach zwei Stun­den hat­te unser fide­les Duo die Sym­pa­thien in Befrem­den und auch Fas­sungs­lo­sig­keit ver­wan­delt. Die bei­den rede­ten nur über par­tei­in­ter­ne Kon­flik­te und Kon­kur­ren­ten, die aus dem Weg geräumt wer­den müss­ten. Die ande­re Sei­te woll­te über poli­ti­sche Inhal­te und Stra­te­gien spre­chen. Nun erfuh­ren die­se Naiv­lin­ge, dass sich Pro­fis wie P&P mit sekun­dä­ren The­men erst nach der Besei­ti­gung der inner­par­tei­li­chen Geg­ner beschäf­ti­gen könnten.

Wenn Ent­schei­dun­gen der Par­tei­che­fin am Küchen­tisch oder im Ehe­bett vor­be­rei­tet wer­den, mag das pikant sein, wäre aber an sich noch kein Grund, ihr die Gefolg­schaft zu kün­di­gen. Das Pro­blem ist, dass Frau­ke Petry den Filou, des­sen Kind sie unter ihrem Her­zen trägt, für ein poli­ti­sches Genie hält, das sich allen­falls mit der Bis­marck­schen Elle mes­sen lässt. Ihr eine Idee Pret­zells aus­zu­re­den ist unge­fähr so sinn­voll, als hät­te man Erich Hon­ecker von den Vor­zü­gen der Markt­wirt­schaft über­zeu­gen wol­len. Eros ist unbe­herrsch­bar und schlägt die Men­schen mit der süßes­ten aller Blind­hei­ten. Ich ver­mag die per­sön­li­che Tra­gik die­ser Kon­stel­la­ti­on nach­zu­emp­fin­den. Doch so sehr ich als Lite­rat für solch lie­be­vol­le Ver­blen­dung emp­fäng­lich bin, so rigo­ros muss ich sie als poli­ti­scher Bera­ter ablehnen. 

Gera­de auf dem Köl­ner Par­tei­tag wer­den die Dele­gier­ten vor Augen geführt bekom­men, dass sich die AfD im Bela­ge­rungs­zu­stand befin­det, dass die ver­hetz­tes­ten Tei­le der soge­nann­ten Zivil­ge­sell­schaft mit dem größ­ten Vor­rat an ver­schwend­ba­rer Ener­gie gegen die ein­zi­ge Oppo­si­ti­ons­par­tei des Lan­des mobil machen und den Dele­gier­ten ihr gutes Recht auf Ver­samm­lungs­frei­heit neh­men wol­len. Eine Par­tei in die­ser Lage muss sich zusam­men­rau­fen. Eine Par­tei, die in einer sol­chen Situa­ti­on eine vom Kon­flikt­au­toma­ten Mar­cus Pret­zell gesteu­er­te Frau­ke Petry als Spit­zen­kan­di­da­tin aus­ruft, wäre ver­ra­ten und verkauft.

Eine Par­tei­vor­sit­zen­de muss vor allem als inte­gra­ti­ve Kraft wir­ken. Sie hat, salopp gespro­chen, den Laden zusam­men­zu­hal­ten, statt immer neue Kriegs­schau­plät­ze zu eröff­nen. Hin­ter ihr müs­sen sich die Trup­pen im Zwei­fels­fal­le sam­meln. Wer sich hin­ter Petry ver­eint, sam­melt sich aber unver­meid­lich zugleich hin­ter Pret­zell. Wol­len Sie das wirklich?

Es dürf­te ohne­hin an der Zeit sein, dass neue Gesich­ter nach vorn kom­men, die für Inhal­te ste­hen statt für Frak­tio­nen und Streit. Frau Petry soll­te sich in die zwei­te Rei­he zurück­zie­hen, allein schon aus Grün­den des Selbst­schut­zes. Dort mag sie zur Ruhe kom­men. Es wäre ein Segen, wenn sie sich künf­tig aus­schließ­lich Sach­the­men widmete. 

Ein Blen­der und Spalt­pilz wie Pret­zell wie­der­um stün­de jeder Par­tei schlecht zu Gesicht. Um kurz über mei­nen Fall zu spre­chen: Die­ser Mann hat einen – pri­va­ten – Arbeits­ver­trag mit mir geschlos­sen, mich aber nicht bezahlt. Als Hoch­stap­ler, der er ist, woll­te er sich mit intel­lek­tu­el­len Federn schmü­cken, hat aber nach­träg­lich behaup­tet, der Vogel, von dem sie stam­men, exis­tie­re gar nicht. Er hat sich von mir Reden schrei­ben, eine Web­sei­te auf­bau­en, Ter­mi­ne vor­be­rei­ten, Kon­tak­te anbah­nen las­sen, aber dreist erklärt, ich hät­te nie für ihn gear­bei­tet. Er schul­det mir – gerech­net von Juli bis Dezem­ber 2016 – 24.000 Euro. Ich habe beim Arbeits­ge­richt Mün­chen Kla­ge gegen ihn eingereicht. 

Die AfD ist ange­tre­ten, um dem Par­tei­en­kar­tell die­ser Repu­blik eine bür­ger­lich-kon­ser­va­tiv-libe­ra­le Alter­na­ti­ve ent­ge­gen­zu­set­zen. Die Lage ist zu ernst, als dass man die poli­ti­sche Oppo­si­ti­on Per­so­nen über­las­sen kann, die allen­falls Fin­cas auf Mal­lor­ca ver­mie­ten soll­ten. Pret­zell ist so wenig bür­ger­lich wie Björn Höcke. Er ist eine Belastung. 

Der­zeit ver­sucht Frau Petry, bür­ger­li­che poli­ti­sche Inhal­te als iden­tisch mit ihrer Per­son zu ver­kau­fen. Sie will der Öffent­lich­keit sug­ge­rie­ren, wenn die AfD sich gegen sie ent­schei­de, hand­le es sich um Signa­le eines „Rechts­rucks“ und des Weges in die Unwähl­bar­keit. Ein durch­sich­ti­ges Manö­ver, ver­an­stal­tet nach einem Pret­zell-Dreh­buch. Alle wich­ti­gen The­men, alle guten Kon­zep­te der AfD exis­tie­ren voll­kom­men unab­hän­gig von P&P. Sie exis­tie­ren sogar ganz ohne sie. 

Wenn sich die bür­ger­li­chen Kräf­te in Köln durch­set­zen, fängt die Kar­rie­re der AfD erst rich­tig an.

Dixi et sal­va­vi ani­mam meam.

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